Loveparade 2010 - zehn Monate danach: Neue Erkenntnisse?

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 16.05.2011

In der  heute erschienenen Ausgabe des "Spiegel", die sogar mit dem Titelbild zur Loveparade 2010 aufmacht, wird insbesondere die Veranwortung der Polizei für die Katastrophe untersucht, aber auch Verantwortlichkeiten der Stadt Duisburg  - im geringeren Maße auch solche des Veranstalters - werden benannt . Offenbar liegen dem Spiegel "vertrauliche" Informationen aus dem staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren vor. Das dürfte in der Öffentlichkeit Anlass dazu sein, einige der schon bekannten Umstände noch einmal zu betrachten, andere, bisher noch nicht näher betrachtete, erstmals zu analysieren. Ein erster lesenwerter Kommentar von Lothar Evers liegt bereits vor (hier) . Vielleicht gelingt es auch wieder, hier im Beck-Blog in sachlicher Weise die rechtlichen Implikationen zu diskutieren. Nach wie vor maße ich mir nicht an, allgemein taktische polizeiliche Fehler als solche zu bewerten, sondern werde hier weiter den Fokus auf die strafrechtliche Verwertbarkeit legen. Das schließt aber nicht aus, dass in den Kommentaren auch das polizeiliche Einsatzverhalten näher diskutiert werden darf - so wie es den früheren Diskussionen ja auch schon geschehen ist.

Von den Spiegel-Autoren werden folgende "Fehler" der Polizei genannt:

1. Das Einvernehmen
Die Polizei "hat es laufen lassen in der Zeit der Planung". Auch wenn sie, was näher ausgeführt wird, von vielen Absprachen zwischen Stadt und Lopavent nichts mitbekommen habe, so sei sie doch rechtzeitig vor dem Termin in der Arbeitsgruppe 4 über die Sicherheitsvorbereitungen und evtl. -mängel informiert gewesen. Der Tunneleingang sei auch Gegenstand polizeilicher Inspektionen und Diskussionen gewesen. Die Polizei sei aber trotz Bedenken "nicht hart und entschieden genug [gewesen], um einzugreifen, durchzugreifen, notfalls die Parade abzusagen". Der Düsseldorfer Polizeidirektor Schalk habe sogar im Juni noch die später entscheidenden Fragen gestellt - zum Stau im Eingangsbereich bei gegenläufigen Menschenströmen. Die Polizei habe sich dann aber mit ein paar kleinen Änderungen zufrieden gegeben und danach auch keine Kritik mehr angebracht.
Nach Wiedergabe des Spiegel hält aber selbst die StA dieses Verhalten der Polizei im Vorfeld für strafrechtlich irrelevant, da ein ausdrückliches "Einvernehmen" der Polizei nicht gegeben sei. Die Staatsanwaltschafft habe also geprüft, ob es ein "Einvernehmen" der Polizei gegeben habe, konnte dies aber nicht finden. Und daraus werde gefolgert, dass sich die Stadt Duisburg über das Erfordernis eines Einvernehmens hinweggesetzt oder die bloße Mitwirkung der Polizei als schon ausreichendes Einvernehmen verstanden hat.

Trifft diese rechtliche Bewertung zu? Strafrechtlich wäre der Polizei (wenn man einmal unterstellt, dass ein ausdrückliches  Einvernehmen fehlt) in der Planungsphase demnach nur ein Unterlassen vorzuwerfen, es nämlich unterlassen zu haben, die Veranstaltung mit dieser als gefährlich erkannten Ein-/Ausgangskonzeption zu verhindern. Eine Verhinderung der Veranstaltung durch die Polizei wäre möglich gewesen durch ein ausdrückliches Verweigern ihres für die Genehmigung erforderlichen Einvernehmens - das Beispiel Bochum, wo die LoPa 2009 nach polizeilicher Intervention abgesagt wurde, belegt dies hinreichend. Aber war die Polizei auch zur Intervention verpflichtet? Oder durfte sie es "einfach laufen lassen"? Jedenfalls nach dem Spiegel-Bericht will sich die StA nicht auf dieses unsichere Gelände bewegen, sondern meint, die Verantwortlichkeit läge bei den Mitarbeitern der Stadt, die ohne ausdrücliches Einvernehmen der Polizei eine rechtswidrige Genehmigung erteilt hätten.
Tatsächlich bewegt man sich an diesem Punkt auf unsicherem Gelände: Wenn ein Einvernehmen der Sicherheitsbehörden Vorausetzung für eine solche Veranstaltung ist, unter welchen Voraussetzungen sind dann diese Behörden verpflichtet, ihr Einvernehmen ausdrücklich zu versagen und damit die Veranstaltung zu verhindern? Und lagen diese Voraussetzungen hier vor? Ich denke, dass die Polizei an den Planungen so nah dran war, dass ihre Verantwortlichen erkennen mussten und auch erkannt haben, dass ihr "Schweigen" seitens der Stadt als Zustimmung/Einvernehmen aufgefasst wurde. Ich will nicht behaupten, es handele sich um eine bewusste Taktik, aber wenn es so ist, wie im Spiegel dargestellt, hat sich die Polizei im Vorfeld erfolgreich aus der Verantwortung "geschlichen": Sie hat Kritik angebracht, dann aber die Veranstaltung so wie geplant stattfinden lassen.

2. Der Schichtwechsel
Dass  in der kritischen Phase der LoPa - wenn auch noch weit vor den tödlichen Ereignissen - ein Schichtwechsel der Polizei stattfand, ist lange bekannt (hier nochmal das Foto von 15.30 Uhr). Nicht bekannt war bisher, das man den Schichtwechsel erst auf Intervention des Personalrats und Ministeriums vorsah und dass es zuvor Kritik am Zeitpunkt desselben gab.
Laut Spiegel hat der Schichtwechsel zur Unzeit bewirkt, dass dort neue Kräfte ohne  Vorbereitung in eine schon bedrohliche Lage quasi "hineingeworfen" wurden. Dies hätte beigetragen zur Gefährdung, möglicherweise auch zu Fehlentscheidungen.
Strafrechtlich wird es aber schwer fallen, den Schichtwechsel selbst mit den Todesfällen unmittelbar in einen Kausalzusammenhang zu bringen. Solche möglichen Kausalzusammenhänge lassen sich nicht ausschließen, aber auch nicht hinreichend als "Ursache" beweisen. Wäre etwa ohne Schichtwechsel dasselbe passiert, hätte man möglicherweise die Müdigkeit/Überforderung der Beamten als Negativfaktor angesehen. Einen wichtigen Hinweis gibt allerdings Lothar Evers: Möglicherweise sind infolge des Schichtwechsels einfach nicht genügend Kräfte gleichzeitig dort gewesen, weil man dieselbe Anzahl von Hundertschaften  dann eben nicht gleichzeitig sondern nacheinander eingesetzt hat. Die entscheidende Frage also: Waren genug Kräfte da? Oder wurde die zuvor für nötig befundende Anzahl der Beamten aufgrund des nötigen Schichtwechsels halbiert? Dies ist deshalb so wichtig, weil das Entstehen des Gedränges auf der Rampe damit zusammenhängt, dass das Sperrkonzept der Polizei nicht funktionierte. Mit mehr Kräften an den richtigen Stellen hätten die Sperren aber funktionieren können.

3.  Die fehlende Lautsprecheranlage
Hier im beck-Blog aber auch an anderer Stelle wird als ein ganz wesentlicher Umstand, der die Katatstrophe mitverursachte, angesehen, dass es auf der Rampe praktisch keine Kommunikation zwischen Polizei/Sicherheitspersonal und Besuchern gab. Die Besucher kamen aus den Tunnels und wussten nicht, wo und wie es weitergehen sollte. Auch als sie sich schon drängelten, bemerkten sie nicht, dass in ihrem Rücken nicht weit entfernt genug Platz war. Sie wurden einfach nicht von den Kräften, die Überblick hatten, informiert. Die z.T. vorhandenen Megaphone waren viel zu schwach. Und die in der Genehmigung verlangte ELA fehlte (siehe hier). Dies - so der Spiegel - war der Polizei ab 14 Uhr bekannt. Man hat also 2,5 Stunden vor dem Unglück gewusst, dass ein wichtiger Teil des Sicherheitskonzepts fehlte. Durfte die Polizei dann einfach weitermachen ohne sich um Ersatz zu bemühen (Lautsprecherwagen oder mobile Anlagen müssten doch herbeizuschaffen sein...) Oder hätte sie die LoPa abbrechen oder auf einen Abbruch durch die zuständigen Behörden hinwirken müssen? Das letzte ist eine schwierige Frage, denn die Risiken eines Abbruchs zu einem Zeitpunkt, zu dem schon Hunderttausende in der Stadt waren, mussten ja mit abgewogen werden. In diese Richtung wird sicherlich weiter ermittelt. Aber nicht zu vergessen: Dass die ELA nicht vorhanden war, ist primär ein Versäumnis von Lopavent, dass dies nicht kontrolliert wurde, ein Versäumnis der Stadt Duisburg.

4. Die mangelnde Kommunikation (Funkgeräte/Mobiltelefone)
Eine ähnliche Frage - meines Erachtens aber etwas weniger unmittelbar mit der Katastrophe zusammenhängend -  wirft die mangelhafte Kommunikation der Sicherheitskräfte/Polizei untereinander auf. Die Funkgeräte funktionierten offenbar nicht richtig, das Handynetz war überlastet, weil man es möglicherweise versäumt hatte, sich entsprechenden Vorrang im Netz zu reservieren. Es wird auch hier schwer fallen, eine unmittelbare Ursache für die Katastrophe festzustellen, die strafrechtlich relevant wäre.

5. Die Sperren
Schon seit den ersten Kommentaren zur LoPa 2010 werden die polizeilichen Sperren als  unmittelbare Mitursachen der Katastrophe bewertet. Die Polizei hat sie wohl eingerichtet, um den "Pfropf" am Rampenkopf zu entlasten/aufzulösen. Aber dazu, so jedenfalls meine Auffassung, waren die Sperren, die dann eingerichtet wurden, erkennbar ungeeignet bzw. sie versagten ihre Funktion. Schließlich hat die Sperre auf der Rampe das Gedränge an einer wesentlich problematischeren Stelle (am unteren Ende der Rampe, eingekesselt zwischen den Tunnelausgängen und Betonwänden) erst verursacht. Das ist keine neue Erkenntnis. Aber ein Zusammenhang zwischen Schichtwechsel und unzureichenden Sperren könnte möglich sein, s.o.

Dem Spiegel ist zu danken, dass er das Thema Loveparade 2010, um das es etwas still geworden war in den letzten Wochen, noch einmal aktualisiert hat, wenn sich auch der Anteil wirklich neuer (strafrechtlich relevanter) Fakten in Grenzen hält.  Auch scheinen nach meinem Eindruck die Veranstalter im Spiegel-Artikel relativ gut weg zu kommen.

Die hiesige Diskussion (über 1000 Kommentare) ist geschlossen.

Zur aktuellen Diskussion hier im Blog (Juli 2011)

Link zur großen Dokumentationsseite im Netz:

Loveparade 2010 Doku

Link zur Seite von Lothar Evers:

DocuNews Loveparade Duisburg 2010

Links zu den früheren Diskussionen hier im Beck-Blog:

Dezember 2010 (537 Kommentare, ca. 8000 Abrufe)

September 2010 (788 Kommentare, ca. 16000 Abrufe)

Juli 2010 (465 Kommentare, ca. 23000 Abrufe)

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p.s.: Die Polizei übernahm m.E. das Ruder auf dem Veranstaltungsgelände, als sie die Polizeisperren einrichtete und dabei (laut Polizeibericht) anders vorging als mit dem Crowd-Manager besprochen.

Dass dies alles ein einzelner Einsatzabschnittsführer ohne Information seiner Leitung durchgezogen haben soll, erscheint mir nicht glaubwürdig.

Und da das Geschehen auf dem Veranstaltungsgelände zudem von 17 Kameras übertragen wurde, wäre nicht einmal dann, wenn der Einsatzabschnittsführer seinerseits keine Information weitergegeben hätte, vorstellbar, dass die Ereignisse unbemerkt blieben.

 

 

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Die Leserin schrieb:

p.s.: Die Polizei übernahm m.E. das Ruder auf dem Veranstaltungsgelände, als sie die Polizeisperren einrichtete und dabei (laut Polizeibericht) anders vorging als mit dem Crowd-Manager besprochen.

Liebe Leserin, es wäre jetzt wirklich gut, sie würden Ihren Eindruck des "Ruder übernehmens" wirklich noch einmal begründen und auch auf das im Vorigen Beitrag von Dr. Eikmeier klar abgestufte Zuständigkeitssystem beziehen.

Die Vereinbarung mit dem Crowdmanager, also die gemeinsame Kette im oberen Drittel der Rampe einzurichten geht nicht.
Erstens hat die Polizei da keine Beamten stehen, und ausserdem Walter keine Ordner.

Wenn jetzt die Polizei zwei andere Speketten einzieht: wie und warum übernimmt sie dann das Ruder?
Hebt sie die von Dr. Eikmeier beschriebene stufenweise Zuständigkeit auf?

Was ich auch nicht wirklich verstehe, wieso bei Dir, die Stadt als Ordnungsbehörde nie vor der Polizei handeln muss?
Weil wir von ihrer Aufbauorganisation so wenig wissen?
Denn: auf die gleichen 17 Kameras blickt die doch auch und hat vor der Polizei eine Gefahr abzuwenden.
 

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@Dr. Eikmeier, (und @Lothar Evers)

Sie schreiben:

Die Schließung der Veranstaltung hätte weder die Polizei noch die Ordnungsbehörde beliebig anordnen können. Diese Entscheidung steht dem Veranstalter auf dem Veranstaltungsgelände zu. Dabei sind die Zuständigkeitsregelungen zu beachten. Ausserhalb des Veranstaltungsgeländes ist grundsätzlich die Ordnungsbehörde zuständig, also die Gemeinde, hier die Stadt Duisburg. Dabei existiert keine rechtliche Differenzierung zwischen Feuerwehr und Stadt. Die "Stadt" ist - vereinfacht ausgedrückt - die Ordnungsbehörde und die Feuerwehr ein Teil davon. Die Polizei leistet dabei allanfalls Vollzugshilfe.

Nach §§ 1 Abs. 1, 14 Abs. 1 OBG/NW können die Ordnungsbehörden Massnahmen ergreifen, um eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwenden. Die Entscheidungsbefugnis liegt also bei der Ordnungsbehörde, bei niemandem sonst. Dabei kann sich die Ordnungsbehörde der Vollzugshilfe der Polizei bedienen.

Die Polizei ist für die Gefahrenabwehr erst dann zuständig, soweit ein Handeln der anderen Behörden nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint; dies gilt insbesondere für die den Ordnungsbehörden obliegende Aufgabe, gemäß § 1 Ordnungsbehördengesetz Gefahren für die öffentliche Ordnung abzuwehren.

Innerhalb des Veranstaltungsgeländes ist der Veranstalter verantwortlich und entscheidungsbefugt. Das gilt erst dann nicht mehr, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit entsteht. Dann kann die Ordnungsbehörde eingreifen. Die Polizei kann selbst bei einer Gefahr nur dann eingreifen, wenn ein Eingreifen der Ordnungsbehörde nicht oder nicht rechtzeitig erfolgen kann.

Zu den Zuständigkeiten haben wir hier schon lange und ausgiebig diskutiert. Natürlich trifft grds. zu, was Sie schreiben. Aber  auf gesetzliche Zuständigkeiten kommt es nicht an, wenn jemand aktiv sorgfaltswidrig handelt. WER AKTIV HANDELT, und dabei sorgfaltswidrig den Tod eiens Menschen mitverursacht, der muss nicht zuständig sein bzw. er ist automatisch zuständig. Wenn es so war - und darauf deutet der vorl. Abschlussbericht des PP Essen hin -, dass die Polizei nicht mit dem Veranstalter verabredete, sondern andere Sperren errichtet hat, dann hat sie dies auf eigene Verantwortung getan. Ob sie zuständig war, ist dann unerheblich. Seit der PK am 25.07.2010 wollen uns Stadt und Innminister bzw.Polizei (teilweise sogar der Veranstalter!) Sand in die Augen streuen, indem von fehlender Zuständigkeit gesprochen wird. Aber wenn festgestellt wird, dass die Polizei durch ihr aktives Handeln beigetragen hat zur Katastrophe, ist es völlig unerheblich, ob sie für den Eingreifen zuständig war oder nicht. Nur insofern man der Polizei Unterlassungen vorwirft, ist ihre Zuständigkeit Voraussetzung.

Fahrlässiges Verhalten setzt zunächst eine Sorgfaltspflicht voraus, gegen die der Täter verstossen haben muss. Dieser Sorgfaltspflichtverstoss muss für den tatbestandlichen Erfolg ursächlich geworden sein. Um das mal plastisch darzustellen: Wenn im hinteren Teil des Geländes ein Notausgang nicht eingerichtet worden wäre, so wäre das zwar ein Sorgfaltspflichtverstoss. Dieser wäre aber für die Todesfälle im Tunnel nicht ursächlich geworden. Die Sorgfaltspflichten werden hier im Wesentlichen durch die gesetzlichen Vorgaben der Sonderbauverordnung und durch behördliche Auflagen bestimmt. Strafbar im Hinblick auf die fahrlässige Tötung ist solch ein Verstoss aber nur dann, wenn er auch für den konkreten Erfolg ursächlich geworden ist.

Das ist zutreffend und von meinem ersten Beitrag an das Ziel dieser Blog-Diskussionen: Nämlich diejenigen sorgfaltswidrigen Verhaltensweisen zu identifizieren, die mit dem tödlichen Ereignis im Ursachen- und Zurechnungszusammenhang stehen. Nun ist ein Ergebnis der Diskussion hier, dass die Planung und Genehmigung dieser Veranstaltung mit dieser Ein-/Ausgangssituation eine wesentliche Ursache darstellt, ebenso das Nicht-Einhalten bestimmter Auflagen (Barrierefreiheit, ELA) und das Nicht-Überwachen der Einhaltung der Auflagen. Gestritten wird hier weiterhin, ob das Einrichten der Sperren durch die Polizei eine Miturscahe gesetzt hat. Des Weiteren (und dann kommt die Zuständigkeitsfrage ins Spiel), ob die Polizei, der Veranstalter oder die Stadt Duisburg (am Ort durch einen Krisenstab vertreten, den die gekauften Juristen bezeichnenderwesie  in ihrem Gutachten verschwiegen haben) es sorgfaltswidrig unterlassen haben, die Veranstaltung früher zu beenden. Letztere Frage ist sehr schwierig zu beantworten.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

NurIch # 58 schrieb:
Wenn Sie meine Formulierung zum Ende meiner zitierten Ausführungen als "geheimnisvoll" bezeichnen, dann gebe ich Ihnen vollkommen Recht, denn der Hintergrund wird vorläufig auch ein Geheimnis bleiben ...

Da Sie so reden, glaube ich, Ihr Geheimnis zu kennen und sehe, dass es in der Tat keinen Sinn macht, darüber zu diskutieren, solange dieses nicht benannt wird. Das aber habe auch ich bislang nicht getan, da es in dieser Runde fern jeder wahrnehmbaren Realität und folglich Vorstellungskraft zu liegen scheint.

Quote:
Mal losgelöst davon, dass ich der Meinung bin, dass der Vergleich mit dem sinkenden Schiff mit der mangelhaften Zahl an Rettungsboten doch etwas hinkt, könnte ich hier erneut umfassend Stellung zu meiner Sichtweise nehmen, lasse es aber, da wir uns bei diesem Thema doch sehr im Kreis drehen und wir nicht zu einer gemeinsamen Sichtweise kommen werden.

...zumindest würde das Ringen darum den Rahmen dieses Blogs sprengen, aber ich hielte es für möglich.

Quote:
Kurz gesagt kann ich nur wiederholen, dass ich einen deutlichen Unterschied zwischen der "Schuld" und der "Ursächlichkeit" bzw. kausalem Verhalten sehe. Diese Aspekte habe ich zu Beginn meiner Beiträge hier fälschlicherweise mit dem Begriff "Verantwortlichkeit" bedacht.

 

...wenn wir also korrekter weise bei der Ursächlichkeit und nicht Schuld bleiben, dann betrachte ich die folgenden Sätze:

Natürlich haben die Veranstaltungsteilnehmer, die im Vertrauen darauf dorthin gekommen sind, dass sie ohne sich in Gefahr zu begeben an diesem Event teilnehmen können, keine, ich weiderhole keine Schuld an der Katastrophe, gleichwohl haben sie mit ihrem Verhalten dazu beigetragen, dass Menschen zu Tode gekommen sind, insofern war auch das Besucherverhalten (zu welchem Anteil auch immer) ein Stückweit ursächlich, also kausal, für die fatalen Auswirkungen und Folgen.

schon als ein Kreisen um den heißen Brei des Ungenannten. 

 

...mal abgesehen von dem Geheimnis selber, kann sich die Ursächlichkeit nun aber nur auf all das beziehen, was VOR der Entstehung des unsäglichen Knäuels in der Masse ablief und dieses, d.h. genau gesagt seinen Beginn auslöste.

Alles, was danach in und um das Knäuel passierte, ist reine, leider schreckliche Physik. Ich habe den Eindruck, dass nicht nur Sie sondern auch etliche andere mit der Loveparade Beschäftigte hier und anderswo sich noch kein rechtes Bild von der für Menschen so tragisch leidvollen Physik eines solchen mehrschichtigen Menschenknäuels und all dem gemacht haben, was an seinem Rand abläuft, solange drum herum hoher Massendruck besteht.

Jegliches eventuelles Verursachen liegt wenn, dann vor Beginn des Knäuels. Das Knäuel selber ist ein Selbstläufer. (Weshalb die Zeit für den Beginn des Knäuels für die, in Eigenregie erfolgte Anordnung von Sperren durch die Polizei von Bedeutung ist, wenn ich # 69 Prof Mueller richtig verstehe.)

Genau genommen streiten wir hier also über die Ursachen für den Beginn des Knäuels. Mit Beginn des Knäuels und dazu zählt eben gerade just all das, was hier und auf Loveparade2010doku etc. über die Plakatkletterer und Überkletterer etc. diskutiert wurde, ist dieses nicht mehr ursächlich. Die Toten aber sind ein Ergebnis allein dieses zu lange Zeit anwachsenden Knäuels.

Dass es über diese Entstehung des Knäuels unterschiedlche Meinungen gibt, liegt m.E. eben daran, dass man seine Entstehung von der Wirkung des Knäuels nach seiner Entstehung nicht unterscheidet. Für seine Ursächlichkeit ist aber nur die Entstehung maßgebend. Der Rest ist, wie gesagt, ein Selbstläufer.

Für mich nun ist das Knäuel, inklusive und wegen des Geheimnisses, nicht nur in sich ein Selbstläufer, sondern auch durch Fremdeinwirkung entstanden.

Quote:
Jetzt habe ich doch wieder mehr geschrieben, als ich wollte, aber daran sehen Sie auch, wie sehr mir die Angelegenheit am Herzen liegt.

.....das soll dann wohl. 

Blue

 

 

 

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Henning Ernst Mueller schrieb:
 

Aber  auf gesetzliche Zuständigkeiten kommt es nicht an, wenn jemand aktiv sorgfaltswidrig handelt. WER AKTIV HANDELT, und dabei sorgfaltswidrig den Tod eiens Menschen mitverursacht, der muss nicht zuständig sein bzw. er ist atomatisch zuständig. Wenn es so war -und darauf deutet der vorl. Abschlussbericht des PP Essen hin, dass die Polizei nicht mit dem Veranstalter verabredet, sondern andere Sperren errichtet hat, dann hat sie dies auf eigene Verantwortung getan - ob sie dafür zuständig war, ist dann unerheblich. (...)

wenn dem so ist, wäre, wie ich schon in # 70 erwähne, der Zeitpunkt für den Beginn des Knäuels sehr wichtig.

Quote:
Aber wenn festgestellt wird, dass die Polizei durch ihr aktives Handeln beigetragen hat zur Katastrophe, ist es völlig unerheblich, ob sie für den Eingreifen zuständig war oder nicht. Nur insofern man der Polizei Unterlassungen vorwirft, ist ihre Zuständigkeit Voraussetzung. 

 

hm...mal anders formuliert:

Wenn die Polizei dem Drama zuschaut macht sie sichnicht schuldig, solange sie nicht zuständig ist? Will sie aber aktiv Gefahr abwenden, macht sie sich durch ihre eventuell falsche Aktivität in Eigenregie schuldig, solange sie dies tut, wenn noch niemand verletzt oder gestorben ist, weil sie erst dann zuständig wäre????

Ich glaub' s doch wohl..... wie soll denn solche Regelung bei einer derartigen Massenturbulenz funktionieren?

Dann muss man in diesem Fall doch zumindest unbedingt fragen, wann sie in Eigenregie gehandelt hat: Vor Entstehung des Knäuels oder nachher. Denn nach der Entstehung war sie qua Amt zuständig, vorher nicht. 

...heißt das nicht im Klartext, dass das Zuschauen all der Polizisten von oberhalb der Rampe, ohne einzugreifen, im Eigeninteresse die klügste, richtigste Vorgehensweise war?????? ...nur leider nicht im Interesse der Opfer?

Blue

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Henning Ernst Müller schrieb:

Zu den Zuständigkeiten haben wir hier schon lange und ausgiebig diskutiert. Natürlich trifft grds. zu, was Sie schreiben.

Ich höre die Botschaft und entschuldige mich für die Wiederholung. Ich habe nicht den kompletten Diskussionsverlauf gelesen.

Quote:
Aber  auf gesetzliche Zuständigkeiten kommt es nicht an, wenn jemand aktiv sorgfaltswidrig handelt. WER AKTIV HANDELT, und dabei sorgfaltswidrig den Tod eiens Menschen mitverursacht, der muss nicht zuständig sein bzw. er ist atomatisch zuständig.

Nein, natürlich nicht. Ich sehe hier aber keine Ursächlichkeit der Polizeisperren für die Überfüllung mit ihren Folgen. Wenn die zeitlichen Dokumentationen stimmen, die im Internet zugänglich sind, dann haben die Sperren keinen Einfluss auf den Stau gehabt.

Ich muss an dieser Stelle aber einräumen, dass ich ein relativ mulmiges Gefühl bei dieser Diskussion habe, ohne überhaupt einmal in die Akte gesehen haben zu können.

Zurück zu den Sperren. Diejenigen im Tunnel haben aus meiner Sicht keinerlei Einfluss auf die Überfüllung, weil diese Sperren lediglich eine Masse von Personen leiten konnte, deren Größe durch den Zu- bzw. Abstrom an den Ein- und Auslasstellen bestimmt wurde.

Der Zu- bzw. Abfluss am oberen Bereich der Rampe war bestimmt durch die Ansprache des Veranstalters. Während dieser konnte oben niemand die Rampe verlassen. Einige Besucher verlassen aber über diesen Weg den Partybereich.

Bleiben die Sperren an den Zuwegungen. Die Situation dort kenne ich nur rudimentär. Nach meiner Kenntnis kam es dort zu gefährlichen Situationen, sodass aus diesem Grunde die Zuflussregelung nicht funktionierte.

 

Das eigentliche Problem liegt aus meiner Sicht jedoch in der Nutzung des Tunnels und der Rampe als solcher. Man hat diesen Bereich - zufällig oder planerisch geschickt - als Fluchtweg ausgewiesen. Dies hätte so nicht erfolgen dürfen, weil es sich - wiederum aus meiner Sicht - um einen Teil des Veranstaltungsgeländes handelte. Weder Tunnel noch rampe verfügten über Entfluchtungsmöglichkeiten, die jedoch - wenn ich die gesetzlichen Grundlagen korrekt interpretiere - gerade dort hätten vorhanden sein müssen.

Ich halte daher nicht die Sperren für ursächlich, sondern die fehlenden Entfluchtungsmöglichkeiten. Was auch immer im Tunnel und auf der Rampe vorgefallen wäre, man hätte die dort befindlichen Menschenmengen nicht zeitnah - insbesondere in der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit - evakuieren können, denn Fluchtwege gab es dort keine.

Die einzige Möglichkeit, Tunnel und Rampe zu verlassen, boten die Unglückstreppe und die Gerätemasten. Wir haben erlebt, dass genau diese Möglichkeiten von den Menschen genutzt worden sind. Wir haben ebenfalls erlebt, dass diese Wege, die mit viel zu geringer Kapazität ausgestattet waren, den Menschen zum Verhängnis geworden sind.

Quote:
Nun ist ein Ergebnis der Diskussion hier, dass die Planung und Genehmigung dieser Veranstaltung mit dieser Ein-/Ausgangssituation eine wesentliche Ursache darstellt, ebenso das Nicht-Einhalten bestimmter Auflagen (Barrierefreiheit, ELA) und das Nicht-Überwachen der Einhaltung der Auflagen.

 

Diese Ansciht teile ich und habe daher meine Ansicht dazu oben noch einmal vorgestellt.

 

Gestritten wird hier weiterhin, ob das Einrichten der Sperren durch die Polizei eine Miturscahe gesetzt hat.[quote]</p> <p> </p> <p>Ich sehe diese Mitursächlichkeit nicht, lasse mich da aber auch gerne überzeugen.</p> <p> </p> <p>[quote schrieb:
Des Weiteren (und dann kommt die Zuständigkeitsfrage ins Spiel), ob die Polizei, der Veranstalter oder die Stadt Duisburg (am Ort durch einen Krisenstab vertreten, den die gekauften Juristen bezeichnenderwesie  in ihrem Gutachten verschwiegen haben) es sorgfaltswidrig unterlassen haben, die Veranstaltung früher zu beenden. Letztere Frage ist sehr schwierig zu beantworten.

 

Ja, das ist sie. Obwohl ich diese Frage für eine der Kernfragen halte. Immerhin scheint das Problem im Tunnel dem Veranstalter zum Zeitpunkt seiner Rede bekannt gewesen zu sein, denn es wird im Interview mit Herrn Bug kurz angeschnitten. Soweit ich die Situation einschätzen kann, hätte man zu diesem Zeitpunkt die Lage im Tunnel und an der Rampe sehr schnell entschärfen können, indem man im Floatbereich Platz geschaffen hätte und den oberen Rampenbereich geöffnet hätte. Dazu hätte man allerdings Entfluchtungsflächen nutzen und die Veranstaltung abbrechen müssen.

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[quote=Dr. Frank Eikmeier]

Nein, natürlich nicht. Ich sehe hier aber keine Ursächlichkeit der Polizeisperren für die Überfüllung mit ihren Folgen. Wenn die zeitlichen Dokumentationen stimmen, die im Internet zugänglich sind, dann haben die Sperren keinen Einfluss auf den Stau gehabt.

[quote]

Für die Polizeisperren in den Tunneln wurden laut Polizeibericht Polizisten von den Einlassschleusen abgezogen, die im Folgenden nicht dicht gehalten werden konnten. Es liefen immer wieder größere Mengen an Personen in die Tunnel, bis die Polizeisperren dort nicht mehr gehalten werden konnten.

Daraufhin strömten die zuvor an den Sperren in den Tunneln aufgehaltenen Menschen mit einem Schlag in den Bereich am Rampenfuß vor den Tunnelausgängen. In direkter Folge entstand dort eine Überfüllung.

Die Polizeisperre auf der Rampe wurde im unteren Rampendrittel eingerichtet. Zunächst ließ man Abgänger von der Rampe noch durch diese Sperre durch. Diese Leute steckten dann am Rampenfuß vor den Tunnelausgängen fest, da ja die Tunnel ebenfalls gesperrt waren.

Dann wurde die Polizeisperre auf der Rampe dicht gehalten. Dadurch wurden einerseits jene Personen, welche die Rampe hochlaufen und andererseits jene, welche die Rampe herunterlaufen wollten, von beiden Seiten aufgestaut.

Jene Besucher, die aus den Tunneln kamen, nachdem dort die Polizeisperren aufgegeben werden mussten, hatten aufgrund des Stillstands auf der Rampe (sowie fehlender Beschilderung und Durchsagen) keine Orientierung, wie man in den Partybereich gelangen könnte. Manche Augenzeugen erzählten später, sie hätten tatsächlich geglaubt, die schmale Treppe sei der einzige Eingang.

Als auch die Sperre auf der Rampe nicht mehr haltbar war, standen sich die Auf- und Abgänger gegenüber und blockierten sich gegenseitig. Es dauerte eine ganze Zeit lang, bis sich die gegenseitige Blockade aufgelöst und die Menschen am Rampenfuß begriffen hatten, dass es in dieser Richtung in den Partybereich ging. Bis es soweit war, war die Situation neben einem der Tunnelausgänge, unweit der Treppe, bereits eskaliert.

 

Meine Darstellung wird von dem Bericht des PP Essen gestützt.

 

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Dr. Frank Eikmeier schrieb:

Henning Ernst Müller schrieb:
Aber  auf gesetzliche Zuständigkeiten kommt es nicht an, wenn jemand aktiv sorgfaltswidrig handelt. WER AKTIV HANDELT, und dabei sorgfaltswidrig den Tod eines Menschen mitverursacht, der muss nicht zuständig sein bzw. er ist atomatisch zuständig.

Nein, natürlich nicht. Ich sehe hier aber keine Ursächlichkeit der Polizeisperren für die Überfüllung mit ihren Folgen. Wenn die zeitlichen Dokumentationen stimmen, die im Internet zugänglich sind, dann haben die Sperren keinen Einfluss auf den Stau gehabt.

Diese Auffassung teile ich nicht:

Die Polizei hat die obere Rampe gesperrt und dadurch den Zustrom auf das Gelände gestoppt. Dadurch, dass die kleinere westliche Rampe (gegen den Rat der Feuerwehr) nicht für abströmende Besucher geöffnet wurde, bildete sich aus den Gehwilligen eine weitere Barriere, die auch nach Aufhebung der Polizeisperre weiter wirksam war und verhindert hat, dass Besucher auf das Gelände kommen konnten. Dies führte zu Stau und lokaler Überfüllung am Fuß der Rampe, insbesondere als durch Öffnung der Sperren im Westtunnel in kurzer Zeit viele Besucher zuströmten.

Noch wichtiger: es fehlte wegen der polizilichen Maßnahme ein ständiger Besucherstrom auf das Gelände, der ankommenden Besuchern auch ohne ELA oder Wegweiser den richtigen Weg - durch Mitschwimmen in der Masse - gewiesen hätte (so wie es vorher der Fall war und auf den Videoaufnahmen vor Errichtung der Sperre sichtbar ist). Das hätte eine lokale Verdichtung am Fuß der kleinen Treppe verhindert - diese wurde laut Zeugenaussagen von Besuchern als Zugang wahrgenommen! Erst recht dann, als uniformierte Polizisten mithalfen, die Treppe zu benutzen, obwohl sie laut Sicherheitskonzept genau das unterbinden sollten.

Ein Lösungsschema für die Genehmigungsbehörde gibt es bereits:

http://blog.beck.de/2010/09/23/love-parade-unglueck-zwei-monate-nach-den..., ich würde es aber heute abändern:

 

Quote:
b) Subjektive Vorhersehbarkeit

→ der Täter muss in der Lage gewesen sein, vorherzusehen, dass er den Erfolg verursachen würde

→ musste der Genehmiger mit einem solchen Ausgang der Loveparade rechnen?

→ (-)? Massenveranstaltungen dieser Größe sind selten, Gutachten sprachen für eine Durchführbarkeit

in

→ (+) Bochum hat wegen Sicherheitsbedenken abgesagt

unter  #260 finden Sie die m.E. wichtigsten Videos, die das Entstehen der tödlichen Situation zeigen (Err.: coolwojtek oberhalb der Polizeisperre ist unter http://www.youtube.com/watch?v=wsOyIBCMExM zu finden).

Zur Rampensperre schrieb Prof. Müller damals: 

"Die Einsatzleitung der Polizei wird wohl argumentieren (neben den Argumenten, wir wurden dazu vom Veranstalter aufgefordert, wollten nur helfen, waren gar nicht zuständig) : Wir haben so gehandelt, um Schlimmeres zu verhüten bzw. es wäre ohnehin etwas passiert, möglicherweise nur an anderer Stelle. Um es vorweg zu nehmen: Diese zuletzt genannte Argumentation beseitigt nach h.M. nicht die obj. Zurechnung eines Erfolgs. Es gibt zwar die in der Wissenschaft verbreitete Position, dass demjenigen, der ein schon bestehendes konkretes Risiko verringert, der konkrete Erfolg nicht zuzurechnen ist. Aber so war es hier nicht. Die Sperre auf der Rampe hat möglicherweise eine bestehende Gefahr woanders - und für andere Rechtsgutträger - entschärft, aber zugleich neue Gefahren geschaffen. Wenn diese sich im Erfolg realisiert haben (und dies liegt hier nicht fern), schließt die Annahme, anderswo seien aber Menschen gerettet worden, die zurechnung des konkreten Erfolgs nicht aus. Evtl. kann dann die Strafbarkeit noch auf der Ebene der Rechtswidrigkeit oder der Schuld entfallen, das sehe ich momentan aber nicht." 

Ein Lösungsschema für den Einsatzleiter der Polizei unter der Voraussetzung, dass die Aufhebung der Sperre im Westtunnel tatsächlich auf polizeiliche Veranlasung geschehen ist, so wie es der Lopavent-Mitarbeiter behauptet:

http://blog.beck.de/2010/09/23/love-parade-unglueck-zwei-monate-nach-den...

 

 

 

Mein Name schrieb:

Noch wichtiger: es fehlte wegen der polizilichen Maßnahme ein ständiger Besucherstrom auf das Gelände, der ankommenden Besuchern auch ohne ELA oder Wegweiser den richtigen Weg - durch Mitschwimmen in der Masse - gewiesen hätte (so wie es vorher der Fall war und auf den Videoaufnahmen vor Errichtung der Sperre sichtbar ist).

Das erscheint mir eine gute Beobachtung und Feststellung. Aber durch die Floats und den von ihnen ausgelösten Propf wäre oben an der Rampe dann später wahrscheinlich trotzdem Stau entstanden. Aber vielleicht wäre er im unteren Rampenbereich ausreichend verzögert worden und das Knäuel somit verhindert, denn oben gab es bessere Ausweichmöglichkeit.

 

Quote:
Das hätte eine lokale Verdichtung am Fuß der kleinen Treppe verhindert - diese wurde laut Zeugenaussagen von Besuchern als Zugang wahrgenommen! Erst recht dann, als uniformierte Polizisten mithalfen, die Treppe zu benutzen, obwohl sie laut Sicherheitskonzept genau das unterbinden sollten.

Dieses polizeiliche Mithelfen war allerdings schon zu einem Zeitpunkt, wo etwas anderes gar nicht mehr möglich war und eine Verhinderung wesentlich schlimmer gewesen wäre. Das hätte mit Sicherheit noch mehr Tote gefordert.

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Mein Name schrieb:
Die Polizei hat die obere Rampe gesperrt und dadurch den Zustrom auf das Gelände gestoppt.

Gibt es für diese Behauptung Belege? Ich gehe im Moment davon aus, dass die Sperren eingerichtet worden sind, weil es bereits zu Überfüllungen gekommen war und die obere Sperre dem Zweck diente, den Gegenverkehr durch abströmende Besucher abzustellen.

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Henning Ernst Müller schrieb:

Des Weiteren (und dann kommt die Zuständigkeitsfrage ins Spiel), ob die Polizei, der Veranstalter oder die Stadt Duisburg (am Ort durch einen Krisenstab vertreten, den die gekauften Juristen bezeichnenderwesie  in ihrem Gutachten verschwiegen haben) es sorgfaltswidrig unterlassen haben, die Veranstaltung früher zu beenden. Letztere Frage ist sehr schwierig zu beantworten.

 

@ Herr Prof. Müller:

Halten Sie es für wahrscheinlich, dass die Ermittler mehr Informationen über die Tätigkeit des Krisenstabes haben als wir, evtl. auch Informationen darüber, inwiefern man dort über die jeweils aktuelle Situation auf den Straßen, an den Einlassstellen und im Bereich Tunnel/Rampe sprach und was man entschied?

Inwiefern ist Handeln und Unterlassen von Seiten des Krisenstabes für die strafrechtliche Betrachtung relevant?

 

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 Zu den sorgfaltswidrigen Verhaltensweisen gehörten die gesetzeswidrigen Ausnahmeregelungen bei der Genehmigung und das geradezu vorsätzliche Entfallen jeder Kontrolle, ob die Genehmigungsauflagen (wie z.B. die ELA) überhaupt eingehalten wurden. Hier hat das Innenministerium NRW offensichtlich begriffen, das derartiges Laissez-Faire eine wesentliche Ursache der Loveparade-Katastrophe war. Die Bauämter sind offensichtlich angewiesen, derartigen Wahnsinn sein zu lassen. Einige Veranstalter stellen ja inzwischen auch öffentlich fest, dass es jetzt strengere Auflagen gibt. Dazu sind keine neuen Gesetze nötig gewesen, sondern einfach korrekt arbeitende Ämter.

Allerdings hört man leider weder von Seiten der Feuerwehr noch von Seiten der Polizei irgend etwas. Bei Großveranstaltungen sind sowohl Feuerwehr als auch Polizei immer an den Planungen beteiligt sind und müssen ihr Einverständnis geben. Man würde sich sicherer fühlen, wenn man darauf vertrauen könnte, dass Feuerwehr und Polizei ihr Einverständnis in Zukunft nur dann geben, wenn die Sicherheit des Publikums nach geltendem Recht und aktuellem Stand der Technik gewährleistet ist. Eine Einweisung von Brandsicherheitswachen, Sicherheitspersonal und Einsatzleitern muss vor der Veranstaltung erfolgen - also nicht erst am Veranstaltungstag. Also ist auch Zeit genug, die Funktionsfähigkeit aller Sicherheitseinrichtungen wie z.B. der ELA vorher festzustellen.

Besucher von Veranstaltungen würden sich sicherer fühlen, wenn sie wüssten, dass Polizei und Feuerwehr über eine funktionsfähige Kommunikationstechnik verfügen, den Veranstaltungsort kennen und die Besucher im Notfall sicher evakuieren können. Unabhängig von Schuld und Verantwortung für die Loveparade-Katastrophe wäre es wichtig, dass Feuerwehr und Polizei glaubhaft versichern, dass sie in Zukunft tatsächlich die Sicherheit der Besucher gewährleisten können und z.B. die Menschen in Sicherheit bringen können. Leider fehlen noch immer Nachrichten, die diese Erwartung stützen können. Eine Weiterbildung von Führungskräften der Feuerwehr und Polizei, politische Rückendeckung für die strikte Durchsetzung der bei einigen Veranstaltern unbeliebten Gesetze zum Schutz der Besucher sowie eine funktionsfähige technische und personelle Ausstattung gehören dazu. Besucher von Veranstaltungen erwarten, dass Behörden ihrer Garantenpflicht nachkommen, auch und gerade wenn kommerzielle Veranstalter versagen oder fahrlässig bis vorsätzlich den Schutz der Besucher vernachläsigen.

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Blue schrieb:

3. das zwang die Polizei zu handeln, als es ohenhin schon zu spät war.

Die Polizei übernahm das Ruder, als sie beschloss, andere Sperren einzurichten als mit dem Veranstalter vereinbart. Diese Auffassung scheint Herr Prof. Müller zu teilen.

Dies geschah lange vor dem Knäuel. Die Sperren wurden laut Polizeibericht um 15.50, 15.55 und 16.01 Uhr errichtet.

Laut der Zeitdokumentation von loveparade2010doku gingen die ersten um 16.17 Uhr die Treppe hoch. Ab 16.22 Uhr beginnt die Lichtmast-Kletterei, um 16.24 Uhr das Klettern über den Container. Ab 16.55 Uhr beginnen die Aufnahmen von übereinander stürzenden Menschen, also der Knäuel-Bildung.

 

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Das Innenministerium hat seine Homepage umgestellt.

Dadurch stimmen unsere Links auf den Polizeibericht und viele andere Informationen des Innenministeriums über die Loveparade nicht mehr.

Auf der neuen Homepage konnte ich den Bericht und diese Informationen bislang nicht mehr finden.

 

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Die Leserin schrieb:

Das Innenministerium hat seine Homepage umgestellt.

Dadurch stimmen unsere Links auf den Polizeibericht und viele andere Informationen des Innenministeriums über die Loveparade nicht mehr.

Auf der neuen Homepage konnte ich den Bericht und diese Informationen bislang nicht mehr finden.


Die Unterlagen scheinen jetzt hier zu sein:
http://www.mik.nrw.de/themen-aufgaben/schutz-sicherheit/gefahrenabwehr-f...

Habe allerdings nicht geprüft, ob alle...

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@Blue:

Als das Knäuel entstanden war, war sicherlich eine Gefahr gegeben, die eine Zuständigkeit der Polizei begründete - auch unabghängig von der Ordnunsgbehörde. Jedoch müsste man dann aufzeigen, was genau die Polizei (mit den dort verfügbaren Kräften) hätte tun können, um das Knäuel sofort aufzulösen. Ich weiß, dass es hier Vorwürfe an einzelne Polizeibeamte gibt, und das Schicksal dieser Strafanzeigen ist unbekannt. Ehrlich gesagt kann ich auch nach Anschauen der Videos nicht eindeutig sagen, was man hier (ohne Lautsprecher) hätte tun können. Eine Hundertschaft auf die Rampe zu verlegen, um das Knäuel mit Körpereinsatz aufzulösen,  das dauert lange und verschärft möglicherweise sogar das Gedränge.

@Die Leserin:

Halten Sie es für wahrscheinlich, dass die Ermittler mehr Informationen über die Tätigkeit des Krisenstabes haben als wir, evtl. auch Informationen darüber, inwiefern man dort über die jeweils aktuelle Situation auf den Straßen, an den Einlassstellen und im Bereich Tunnel/Rampe sprach und was man entschied? Inwiefern ist Handeln und Unterlassen von Seiten des Krisenstabes für die strafrechtliche Betrachtung relevant?

Das halte ich für wahrscheinlich, ja. Der Krisenstab war keine Geheimoperation. Dass Sauerlands/Rabes Anwälte ihn einfach unterschlagen, halte ich für ein deutliches Indiz dafür, dass sie selbst so etwas wie ein "schlechtes Gewissen" haben. Was genau die StA dort herausfinden kann/konnte, steht allerdings in den Sternen.

@Dr. Eikmeier:

Nein, natürlich nicht. Ich sehe hier aber keine Ursächlichkeit der Polizeisperren für die Überfüllung mit ihren Folgen. Wenn die zeitlichen Dokumentationen stimmen, die im Internet zugänglich sind, dann haben die Sperren keinen Einfluss auf den Stau gehabt.

Da wissen Sie mehr als wir. M.E. hat die Polizeisperre auf der mittleren Rampe einen entscheidenden Einfluss darauf, wo die Massenturbulenz entstand (er wäre wohl nicht insgesamt vermeidbar gewesen), also für den "konkreten Erfolg". Zudem gibt es den möglichen Zusammenhang, den Die Leserin oben vermutet, nämlich dass auch die - mangelhaften - Tunnelsperren zum konkreten Erfolg beigetragen haben, nämlich zur Verdichtung auf dem unteren Rampendrittel.

Allerdings ist natürlich zu berücksichtigen, dass es beim Handeln der Polizei möglicherweise an der Vorhersehbarkeit fehlte.

Zur fehlenden Akteneinsicht: Ja, das ist natürlich die Problematik jeder solchen Diskussion zu einem laufenden Verfahren. Allerdings: als wir hier begonnen haben zu diskutieren, gab es noch gar keine staatsanwaltlichen Akten, aber es gab hunderte Videos und viele Dokumente. Weitere Tatsachen sind hinzugekommen bzw. wurden zB von Herrn Evers ermittelt. Ich denke, wir sind insgesamt so weit ausgestattet mit Informationen, dass eine vorläufige und immer wieder zu ergänzende/korrigierende Bewertung (ohne sie auf konkrete Beschuldigte beziehen zu wollen) durchaus nicht so abwegig ist.

Beste Grüße allerseits

Henning Ernst Müller

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Eine Hundertschaft auf die Rampe zu verlegen, um das Knäuel mit Körpereinsatz aufzulösen,  das dauert lange und verschärft möglicherweise sogar das Gedränge.


Und ist im Rahmen eines koordinierten Einsatzes eher eine Aufgabe für Sanitäter und Ärzter, da die erheblich besser verwirrte Körper zu entwirren wissen, ohne dass es zu (weiteren) Knochenbrüchen kommt.

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@ Prof Müller

Als das Knäuel entstanden war, war sicherlich eine Gefahr gegeben, die eine Zuständigkeit der Polizei begründete - auch unabghängig von der Ordnunsgbehörde. Jedoch müsste man dann aufzeigen, was genau die Polizei (mit den dort verfügbaren Kräften) hätte tun können, um das Knäuel sofort aufzulösen. Ich weiß, dass es hier Vorwürfe an einzelne Polizeibeamte gibt, und das Schicksal dieser Strafanzeigen ist unbekannt. Ehrlich gesagt kann ich auch nach Anschauen der Videos nicht eindeutig sagen, was man hier (ohne Lautsprecher) hätte tun können. Eine Hundertschaft auf die Rampe zu verlegen, um das Knäuel mit Körpereinsatz aufzulösen,  das dauert lange und verschärft möglicherweise sogar das Gedränge.

Das meine ich ja, man konnte zu diesem Zeitpunkt nichts mehr wirklich tun, was die Katastrophe hätte bremsen können, eben weil die anderen Komponenten, ELA, Fluchtwege etc. fehlten und dicke Mauern die Leute einschloss. Der Beginn des Knäuels gab der Polizei zwar die Zuständigkeit, aber der Beginn des Knäuels war wegen der fehlenden Sicherheitsvorkehrungen ZU SPÄT.  Das Knäuel ist ja entstanden, als und weil alles proppe voll war und konnte wachsen, weil niemand irgendwohin vernünftig durchkam, weder Ordner noch Polizei. Das erforderliche Tempo für entsprechende Handlungen war per pedes unmöglich. Das versucht ja Lothar Evers immer klar zu machen, wenn er darauf aufmerksam macht, dass die jeweiligen EA/F nehmen mussten was geografisch vorhanden war und das war zu wenig. 

 

@ Die Leserin

(ist ja immer hilfreich, wie Sie so schnell die Daten parat haben, Danke!)

Deshalb wäre es eventuell sehr richtig gewesen, dass die Polizei sich ausreichend lange vor dem Knäuel zuständig sah, wie Sie schreiben und:

das Ruder übernahm , als sie beschloss, andere Sperren einzurichten als mit dem Veranstalter vereinbart. (...)Dies geschah lange vor dem Knäuel. Die Sperren wurden laut Polizeibericht um 15.50, 15.55 und 16.01 Uhr errichtet.

Sie konnte gar nicht anders, als angesichts der Masse und der fehlenden Initiativen von Veranstalter/Crowdmanager und Ordnungsbehörde pragmatisch und ad hoc zu handeln, aber eben das war leider dennoch zu spät, denn es herrscht m. E. ein großer IRRTUM, zu meinen, dass das Knäuel erst entstand als es zu sehen war, wie Sie von der Zeitdokumentation von loveparade2010doku angeben:

....gingen die ersten um 16.17 Uhr die Treppe hoch. Ab 16.22 Uhr beginnt die Lichtmast-Kletterei, um 16.24 Uhr das Klettern über den Container. Ab 16.55 Uhr beginnen die Aufnahmen von übereinander stürzenden Menschen, also der Knäuel-Bildung.  

Das ist ja der Haken. Die Ersten, die stürzten, wird man auf den Videos in der ersten Zeit noch nicht zu sehen bekommen, da zunächst die Menschen die drum herum waren, wegen der Dichte darüber geschoben wurden. Das Knäuel war in dem Anfangsstadium nicht zu sehen, aber vorhanden. Nimmt man also die Sperren, errichtet ca. von 15.50-16.01, und vergleicht mit den Angaben von loveparade2010doku 16.17 ff dann ist das, gemessen an dieser Phase der Unsichtbarkeit, nahezu zeitgleich, aber auch das leider schon zu spät, um das Knäuel verhindern zu können, eben weil jetzt dafür alle anderen Sicherheitsvorkehrungen fehlten.

Blue

 

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 Ab einem bestimmten Zeitpunkt gab es keinen möglichen Veranstaltungsverlauf ohne Verletzte und Tote mehr. Danach entschied sich höchstens, noch wieviele Opfer es gibt und wo. Da sind sich hier alle Diskutanten einig.

Von ausgebildeten Einsatzleitern muss erwartet werden können, dass diese kritische Situationen schneller sehen können als Laien und dann aufgrund ihrer Ausbildung zu handeln wissen und sich und ihre Einheiten vorher in einen handlungsfähigen Zustand versetzt haben. Menschenknäuel lassen sich nicht mit Polizeiketten auflösen. Hier ist ganz klar notwendig, die zu hohe Personendichte durch gesteuerte Evakuation zu reduzieren. Hierzu hat der Gesetzgeber ganz klare Kompetenzen verteilt sowie Vorgaben gemacht (SBauVO).

Von den zu erwartenden Urteilsbegründungen erwarte ich durchaus Definitionen zur Sorgfaltspflicht von Feuerwehr und Polizei.

1. Wie viel Schlamperei im Vorfeld dürfen diese Behörden "übersehen" ohne eingreifen zu müssen? Wird dieses Übersehen und Ignorieren geahndet?

2. Wird diesen Behörden die Sachkenntnis zugerechnet, auch bevor es Tote gibt, erkennen zu können, dass es zu eng ist und einer Evakuierung bedarf?

3. Wird es strafrechtlich bewehrt, wenn diese Behörden mit nachweislich untauglicher Ausrüstung (Funkgeräte) Aufgaben übernehmen, die sie anschließend auch wegen des Versagens eben dieser Ausrüstung nicht erfüllen können?

4. Wird eine derartige Planlosigkeit und Konzeptlosigkeit bestraft? Müssen Polizei und Feuerwehr in Zukunft eine Veranstaltung abbrechen wenn sie sich nicht mehr in der Lage sehen, diese zu einem sicheren Ende bringen zu können oder erst wenn es bereits zu spät ist?

5. Werden Untätigkeit und Sorgfaltspflichtverletzungen auch aus der Planungsphase geahndet?

 

 

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Leserin schrieb:

Die Polizeisperre auf der Rampe wurde im unteren Rampendrittel eingerichtet. Zunächst ließ man Abgänger von der Rampe noch durch diese Sperre durch. Diese Leute steckten dann am Rampenfuß vor den Tunnelausgängen fest, da ja die Tunnel ebenfalls gesperrt waren.

Dann wurde die Polizeisperre auf der Rampe dicht gehalten. Dadurch wurden einerseits jene Personen, welche die Rampe hochlaufen und andererseits jene, welche die Rampe herunterlaufen wollten, von beiden Seiten aufgestaut.

 

Ihre Darstellung widerspricht aber den Ausführungen des Berichtes der Polizei Essen. Dort wird eindeutig erklärt, dass die Polizeikette auf der Rampe gebildet wurde, damit eben keine abwandernden Besucher vor die Polizeiketten in den Tunneln laufen und sich somit auch nicht gegenläufig bewegenden Besuchermassen gegenseitig blockieren. Darüber hinaus hat die Polizei dem Bericht der Polizei Essen zufolge auch versucht, die Menschenmassen, die sich vor den Polizeiketten in den Tunneln gebildet haben kontrolliert Richtung Rampe fließen zu lassen und anschließend räumlich getrennt durch eine neu zu bildende Polizeikette eine "Pufferzone" zwischen den Personen, die durch die Sperre auf der Rampe gehalten wurden und den aus den Tunneln heranströmenden Menschen zu bilden, wohl damit diese gegenläufigen Personenbewegungen eben nicht aufeinander treffen. Dies ist für mich ein Indiz, dass die Verantwortlichen der Polizei zu diesem Zeitpunkt immer nocht der Meinung waren oder zumindest die Hoffnung hatten, dass sich der Pfropf am Kopf der Rampe zeitnah so auflösen könnte, dass man dann die Menschen auf dem vorgesehenen Weg auf das Gelände führen könnte. Die realität sah dann allerdings ganz anders aus, weil zu viele Personen aus den Tunneln nachgerückt sind und die Polizei mit den zur Verfügung stehenden Beamten diese Personen nicht mehr halten und kanalisieren konnten. Anschlieeßend haben sich dann die Menschen auf der Rampe an der Stelle gegenseitig blockiert, an der sich die Polizeikette auf der Rampe befand, wobei ich der Meinung bin, dass die Kette zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Personendichte schon keinen Einfluss mehr nehmen konnte bzw. gehabt hat.

Am Ende stimme ich der These zu, dass das größte Problem, bzw. die größte Ursache am Veranstaltungstag selber durch die nicht (ausreichend) erfolgte Schließung der äußeren Einlassstellen gesetzt wurde. Die Polizeiketten haben meiner Meinung nach die Katastrophe nur verzögert, da die Rampe und der Rampenkopf ohnehin "verstopft" waren, waren aber nicht grundsätzlich unbedingt hauptursächlich. Es ist eigentlich wie bei einer Flasche, irgendwann ist die Flasche vvoll und je mehr man an Flüssigkeiten hinein gibt, je schneller läuft die Flasche über. Für die Menschen gab es dann ihrem Instinkt folgend nur noch die Wege über die Treppe, den Container und die Lichtmasten.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Frage, warum sind ausschließlich an der Treppe Menschen zu Tode gekommen, nicht aber am Container oder den Lichtmasten? War es am Ende doch der Gulli bzw. das Gitter, wodurch Menschen zu Fall kamen?

Trotzdem bleiben für mich vorrangig die Mängel in der Planungsphase hauptursächlich ...

 

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NurIch schrieb:
Interessant ist in diesem Zusammenhang die Frage, warum sind ausschließlich an der Treppe Menschen zu Tode gekommen, nicht aber am Container oder den Lichtmasten? War es am Ende doch der Gulli bzw. das Gitter, wodurch Menschen zu Fall kamen?

Das habe ich hier und auf meinem Studio-Blog schon des öfteren erwähnt.

Das angeblich alle auf die Treppe zustürmten ist ein Märchen der ersten Stunde aus dem Munde der Verantwortlichen zwecks Abwälzung der Schuld auf die Raver.  

In Wirklichkeit sind die Leute in ihrer Orientierungslosigkeit

in verschiedenste Richtungen geströmt,

eben Richtung:

Container,

Lichtmast,

Treppe und auch

die Rampe hoch und runter.   

Die Tatsache, dass die Klettreraktionen an Container und Lichtmast mit guter gegenseitiger Hilfe im Bereich ein und derselben starken Massenturbulenz mit Wellen und trotz  gleichfalls großem Risiko ohne Todesfälle stattfanden, während nur im Bereich unter dem Plakat, der außerdem nicht mit dem Bereich am Fuß der Treppe identisch ist, Menschen zu Tode kamen, belegt, dass hier eine zusätzliche lokale Ursache gegeben sein musste, wie sie mit den groben Stolperfallen vorhanden war.

Quote:
Trotzdem bleiben für mich vorrangig die Mängel in der Planungsphase hauptursächlich ...

Ohne den Stau als Folge der Planungsmängel, hätten die Stolperfallen gewiss nicht dieses riesige Knäuel verursacht. Ob es umgekehrt auch so gewesen wäre, also dass der Stau ohne die Stolperfallen kein Knäuel verursacht hätte, das wird wohl nicht mehr zu beantworten sein. Ich halte das für möglich, eben weil in unmttelbarer Nähe Container- und Lichtmastbereich keine Todesfolgen hatte. Aber die Turbulenz kann hier auf der Westseite gefährlicher gewesen sein, weil hier der Zustrom größer war. 

 

 

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@ Meister ...

 

In Beitrag #84 schreiben Sie:

 

Von ausgebildeten Einsatzleitern muss erwartet werden können, dass diese kritische Situationen schneller sehen können als Laien und dann aufgrund ihrer Ausbildung zu handeln wissen und sich und ihre Einheiten vorher in einen handlungsfähigen Zustand versetzt haben. Menschenknäuel lassen sich nicht mit Polizeiketten auflösen. Hier ist ganz klar notwendig, die zu hohe Personendichte durch gesteuerte Evakuation zu reduzieren. Hierzu hat der Gesetzgeber ganz klare Kompetenzen verteilt sowie Vorgaben gemacht (SBauVO).

 

Inhaltlich vermag ich Ihren Auaführungen grundsätzlich zuzustimmen. Ich stelle mir nur die pragmatische Frage, wie geenau man in dem betroffenen Bereich eine Evakuierung hätte durchführen sollen, genauer gesagt wohin hätte man die Menschen zum Zeitpunkt der Entstehung der "Menschenknäuels" schicken sollen. Zum Zeitpunkt der Entstehung waren sowohl die Tunnelseiten (als möglicher Ausgang), als auch die Rampe (als möglicher Eingang zum Gelände) mit Menschen verstopft, andere für eine Massenentfluchtung geeignete Wege bzw. Möglichkeiten gabe es aufgrund der baulichen Gegebenheiten nicht. Genau deshalb haben sich ja die Menschen den Weg über die Treppe, den Container und die Lichtmasten gesucht, wodurch weitere Nadelöhre und dynamische Massenreaktionen entstanden sind.

Im Übrigen hatten die Polizeiketten offensichtlich das Ziel genau diese "Kmäuel", die unter anderem durch gegenläufige Bewegungen von Personenmassen entstehen können zu verhindern, nicht, diese aufzulösen. Wie aus dem Bereicht der Polizei Essen hervor geht, haben die Polizisten, die die zuvor die Ketten in den Tunneln (uns später auch die von der Rampe) gebildet haben in der Folge versucht, auf die Menschen einzuwirken und sie zu einem späteren Zeitpunkt auch über die seitlichen Böschungen auf das Veranstaltungsgelände zu schicken, um die Rampe frei zu machen und somit die Drucksituation zu entzerren und der "Knäuelbildung" entgegen zu wirken.

Letztlich denke ich, dass auch die Polizisten in den Menschenmassen kaum vorwärts kamen und aufgrund ihrer deutlichen zahlenmäßigen "Unterlegenheit" auch kaum in der Lage waren, sachgerecht einzuwirken.

Insofern scheint es mir schon so zu sein, dass die ausgebildeten Einsatzleiter der Polizei grundsätzlich die "richtigen Bilder" im Kopf hatten, sie aber unter anderem ohne die erforderlichen Kommunikationsmöglichkeiten (sowohl nach Innen - Funk / Handy - als auch nach Aussen - keine ELA / sonstigen ausreichend starken Lautsprecheranlagen) zu sehr auf sich gestellt waren, um die Katastrophe zu verhindern.

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@ Blue

 

Letztendlich denke ich, dass wir im Hinblick auf die "Verantwortlichkeit" der Teilnehmer an dieser Katastrophe gar nicht weit auseinander liegen. Keiner von uns beiden würde jemals über das Verhalten der Veranstaltungsteilnehmer sagen, dass sie "selber Schuld waren". Die Menschen haben (zurecht) darauf vertraut, dass die Veranstaltung so geplant wurde, dass sie sicher durchgeführt werden kann und sind mit diesem Gefühl nach Duisburg gekommen.

Sowohl Veranstalter und Genehmigungsbehörden haben die Aufgabe, ja sogar die Pflicht, diese Erwartungen zu erfüllen und insofern in der Planungsphase alle (sofern das überhaupt möglich ist), zumindest aber so viele Risikofaktoren wie möglich zu erkennen und geeignete Gegenmaßnahmen festzuzlegen und später umzusetzen. Ob das alles hier geschehen ist, scheint mir zumindest mehr als fraglich.

Der einzige Unterschied zwischen unseren Auffassungen in diesem Punkt ist, dass ich trotzder "Unschuld" (wie oben beschrieben) der Veranstaltungsteilnehmer trotzdem die Ursächlichkeit ihres Verhaltens als Teil der Gesamtkausalität betrachte und Sie diesen Teil ausblenden.

Gesamtkonsens ist aber, dass man den Veranstaltungsbesuchern sicherlich am wenigsten die "Schuld" für die Katastrophe "in die Schuhe schieben kann".

 

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Wann wird die Polizeikette auf der Rampe dicht gemacht?

Dass die Polizeikette auf der Rampe anfänglich noch Leute, die von der Rampe nach unten kommen, durchlässt, ist z.B. auf den Aufnahmen von Kamera 13 ab ca. Minute 7 zu sehen. Da sieht man dann auch, wie sich der Bereich zwischen den beiden Tunnelausgängen langsam füllt (frühere Aufnahmen davon gibt es z.B. bei loveparade2010doku).

Ebenfalls ist zu sehen, wie sich vor der Polizeikette Leute versammeln, die nach oben auf das Gelände wollen.

Ab ca. Minute 8 komen dann immer mehr Menschen die Rampe herunter, so dass diese sich nun zunehmend auch von oben vor der Polizeisperre aufstauen, obwohl weiterhin stellenweise Ströme von Abgängern in den Bereich vor den Tunnelausgängen durchgelassen werden.

Um ca. Minute 11 wird die Sperre ganz dicht gemacht.

 

Ab wann laufen die Leute über die Böschungen?

Auf den Aufnahmen von Kamera 12 (15:20 bis 15:40 UHR) sieht man ab ca. Minute 11, dass Leute anfangen, von der Rampe über die Böschungen auf das Festivalgelände zu laufen, und zwar auf beiden Seiten der Rampe.

Ab ca. Minute 12 kommt – offenbar dadurch – wieder Bewegung auf die Rampe, wo zuvor aufgrund des Menschenstaus vor dem Nadelöhr am Rampenkopf beinahe völliger Stillstand herrschte.

Nachdem die Bauzäune vor den Böschungen umgeworfen wurden, füllen sich die Böschungen zunehmend mit hochlaufenden Menschen.  

 

Hier wiederum die Kameras:

http://www.dokumentation-loveparade.com/kameras/ 

 

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Sorry, da fehlt noch die Uhrzeit der Kamera:

Kamera 13 (16:00 bis 16:20 Uhr) ab ca. Minute 7....

 

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Schauen wir noch einmal, was der Spiegel zu dieser Phase über den Einleitungsvermerk der Staatsanwaltschaft schreibt. Zitat:

Dem Polizeiführer S. werfen die Staatsanwälte vor, im Einsatzzentrum der Polizei über die Außenkameras alles im Blick gehabt zu haben: den Menschenpfopf am Kopf der Rampe, schon gegen 15 Uhr, die fehlenden Pusher dort oben. Und er habe wissen müssen, dass im T-Stück doch viel zu wenig Kräfte standen, als er am Nachmittag erfuhr, dass der Crowd-Manager die Polizei längst um Hilfe gerufen hatte.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt, gegen 15.40 Uhr, so die Staatsanwälte, hätte Juno S. als oberster Polizist der Loveparade handeln müssen: mit Verstärkungen, die er ins T-Stück schickt und an die Eingänge. Er hätte die Schleusen demnach sperren lassen müssen, notfalls mit aller Gewalt. So wie es der Führungsstab dann ja auch anordnete, aber eben erst um 16.48 Uhr, als es zu spät war. Warum das nicht auch schon früher hätte möglich sein sollen? Die Staatsanwälte haben darauf keine Antwort gefunden.

Zitat Ende.

 

Und nun noch einmal ein Blick auf die Zuständigkeiten:

Dr. Frank Eikmeier schrieb:

Die Leserin schrieb:
Es gab diesbezüglich im Vorfeld Vereinbarungen zwischen der Polizei, der Stadt Duisburg und dem Veranstalter. Diese Vereinbarungen wurden auf Betreiben der Polizei getroffen, während eines Workshops besprochen und schriftlich fixiert.

Selbstverständlich ist die Polizei bei den Planungen beteiligt. Das ändert aber an den gesetzlich geregelten Zuständigkeiten nichts.

Quote:
Am Veranstaltungstag oblagen wichtige Entscheidungen über die Veranstaltung (z.B. auch Schließung des Veranstaltungsgeländes) einer zwischen Stadt, Polizei und Feuerwehr einzuberufenden Telefonkonferenz, zu der man bei Bedarf den Veranstalter hinzuziehen konnte (dazu gab es zwei eigens geschaltete Telefonnummern - eine für Konferenz ohne und eine für Konferenz mit Veranstalter).

Die Schließung der Veranstaltung hätte weder die Polizei noch die Ordnungsbehörde beliebig anordnen können. Diese Entscheidung steht dem Veranstalter auf dem Veranstaltungsgelände zu. Dabei sind die Zuständigkeitsregelungen zu beachten. Ausserhalb des Veranstaltungsgeländes ist grundsätzlich die Ordnungsbehörde zuständig, also die Gemeinde, hier die Stadt Duisburg. Dabei existiert keine rechtliche Differenzierung zwischen Feuerwehr und Stadt. Die "Stadt" ist - vereinfacht ausgedrückt - die Ordnungsbehörde und die Feuerwehr ein Teil davon. Die Polizei leistet dabei allanfalls Vollzugshilfe.

Nach §§ 1 Abs. 1, 14 Abs. 1 OBG/NW können die Ordnungsbehörden Massnahmen ergreifen, um eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwenden. Die Entscheidungsbefugnis liegt also bei der Ordnungsbehörde, bei niemandem sonst. Dabei kann sich die Ordnungsbehörde der Vollzugshilfe der Polizei bedienen.

Die Polizei ist für die Gefahrenabwehr erst dann zuständig, soweit ein Handeln der anderen Behörden nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint; dies gilt insbesondere für die den Ordnungsbehörden obliegende Aufgabe, gemäß § 1 Ordnungsbehördengesetz Gefahren für die öffentliche Ordnung abzuwehren.

 

Der Veranstalter, so liest man im Polizeibericht, habe die Polizei um Hilfe gebeten.

Demnach hat also der Veranstalter zu verstehen gegeben, der Situation nicht mehr alleine Herr und auf das Handeln der Behörden angewiesen zu sein.

Nun lese ich hier immer wieder, als nächstes sei die Ordnungsbehörde am Zuge gewesen. Nur wenn die Ordnungsbehörde nicht oder nicht rechtzeitig handeln könne, sei dann die Polizei am Zuge (oder aber allenfalls als Vollzugshilfe der Ordnungsbehörde auf deren Geheiß).

Und wer nun hat die Ordnungsbehörde informiert?

Hat dies der Stab der Polizei unterlassen?

Oder sagte man sich: “Feuerwehr ist ja auch Ordnungsbehörde” und damit war die Situation der Vollzugshilfe gegeben? Die Notiz der Feuerwehr liest sich allerdings keineswegs so, als habe diese sich der Vollzugshilfe der Polizei bedient. Vielmehr lese ich daraus, dass die Feuerwehr Bedenken gegen den Plan der Polizei äußerte und nur unter bestimmten Bedingungen damit einverstanden war.

Lag eine Absprache mit dem Ordnungsamt oder dem Sicherheitsdezernenten oder dem Krisenstab vor?

Zur Koordination der Maßnahmen war eine Unterrichtung der Ordnungsbehörde und des Krisenstabes zwingend erforderlich, da die Maßnahmen aus starke Auswirkungen auf die Situation auf den Straßen hatten. Außerdem sollten beim Krisenstab alle Informationen zusammenlaufen. Und es liefen da offenbar auch bis 15.00 Uhr Informationen ein.

Und dann?

Entschied die Polizei, der Ordnungsbehörde und dem Krisenstab lieber nix mehr zu erzählen und die Sache ohne Absprache selbst in die Hand zu nehmen, genauer gesagt:

dies einfach mal Dirk H. ganz alleine zu überlassen - wegen moderner Führungsmethoden und so (Management by Delegation) ??

 

 

 

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Die Leserin schrieb:

Nun lese ich hier immer wieder, als nächstes sei die Ordnungsbehörde am Zuge gewesen. Nur wenn die Ordnungsbehörde nicht oder nicht rechtzeitig handeln könne, sei dann die Polizei am Zuge (oder aber allenfalls als Vollzugshilfe der Ordnungsbehörde auf deren Geheiß).

Und wer nun hat die Ordnungsbehörde informiert?

Hat dies der Stab der Polizei unterlassen?

Oder sagte man sich: “Feuerwehr ist ja auch Ordnungsbehörde” und damit war die Situation der Vollzugshilfe gegeben? Die Notiz der Feuerwehr liest sich allerdings keineswegs so, als habe diese sich der Vollzugshilfe der Polizei bedient. Vielmehr lese ich daraus, dass die Feuerwehr Bedenken gegen den Plan der Polizei äußerte und nur unter bestimmten Bedingungen damit einverstanden war.

Lag eine Absprache mit dem Ordnungsamt oder dem Sicherheitsdezernenten oder dem Krisenstab vor?

Zur Koordination der Maßnahmen war eine Unterrichtung der Ordnungsbehörde und des Krisenstabes zwingend erforderlich, da die Maßnahmen aus starke Auswirkungen auf die Situation auf den Straßen hatten. Außerdem sollten beim Krisenstab alle Informationen zusammenlaufen. Und es liefen da offenbar auch bis 15.00 Uhr Informationen ein.

Und dann?

Entschied die Polizei, der Ordnungsbehörde und dem Krisenstab lieber nix mehr zu erzählen und die Sache ohne Absprache selbst in die Hand zu nehmen, genauer gesagt:

dies einfach mal Dirk H. ganz alleine zu überlassen - wegen moderner Führungsmethoden und so (Management by Delegation) ??

Die Ordnungsbehörde brauchte gar nicht informiert zu werden. Die schaute nämlich auf exakt die gleichen Bilder wie die Polizei auch. Führte zudem das Auslatungsspreadsheet was dann stündlich rumgemeilt wurde und uns aus Duisburg nur "bearbeitet" erreicht, war also über Auslastung eher informiert.

Das dürfte auch der Grund sein, dass dort Dezernent, Amtsleiter, stellvertretende Amtsleiterin und vielleicht noch mehr KollegInnen als "Beschuldigte" geführt werden.

Wir wissen eben nicht, welche Dialoge es da gegeben hat. Herr S, hat offensichtlich die gegenwärtige Gefahr nicht so eingeschätzt wie die Staatsanwaltschaft es für adäquat gehalten hätte.

Auf die Beantwortung der anderen Fragen werden wir dann wohl doch bis zur Hauptverhandlung warten müssen. Zwischendurch auf Phantasiereise a la "Entschied die Polizei, der Ordnungsbehörde und dem Krisenstab lieber nix mehr zu erzählen und die Sache ohne Absprache selbst in die Hand zu nehmen, genauer gesagt: dies einfach mal Dirk H. ganz alleine zu überlassen - wegen moderner Führungsmethoden und so (Management by Delegation) ??"
hilft da auch nicht weiter.

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@Lothar Evers,

Sie schreiben:
Wo steht, dass die die Ordner die Einlassstellen nicht dicht bekamen?
Speziell im Westen wird das ca. 40 Minuten erst gar nicht versucht. Laut Security Chef West auf Anweisung eines weisungsbefugten Beamten aus dem EA Raumschutz West".

Im vorl. Abschlussbericht PP Essen auf S. 32 heißt es:

15.50 h Polizeikette Tunnel West eingerichtet

15.54 h Schließung Eingang Ost

15.55 h Schließung Eingang West

15.57 h Polizeikette Tunnel Ost eingerichtet

15.57 h Öffnung Eingang Ost

16.01 h Öffnung Eingang West

16.02 h Öffnung kleine westliche Rampe, Zurückziehen der Polizeikette Tunnel West hinter die Rampenabzweigung

Also: Im Westen wurde geschlossen, 6 Minuten später wieder geöffnet und eine weitere Minute später wurde  "auf Anregung der Polizei" (steht da wörtlich, bitte nochmal nachlesen!) die westliche Rampe als Eingang freigemacht. Ich halte das auch erstmal für keine schlechte Idee. Das Vorgehen (im Westen) ist lt. Bericht zwischen Veranstalter und Polizei abgesprochen. Dass "speziell im Westen" "ca. 40 Minuten lang" "erst gar nicht versucht" wurde, den Eingang zu schließen, wird man dann doch nicht behaupten können. Oder haben Sie Anhaltspunkte dafür, dass die Polizei im Abschlussbericht unzutreffende Auisführungen macht? Das wäre allerdings wirklich bitter.

Leider macht der Bericht keine Angaben dazu, warum die Eingänge so kurz nach dem Schließen wieder geöffnet wurden. Ich halte das für eine der noch aufzuklärenden Lücken (und auch eines der Probleme, das ich mit dem Bericht habe). Wenn es um 16.02 h zu einer Absprache zwischen Veranstalter-Verantwortlichen und Polizei kam, die westliche Rampe zu öffnen, dann ist doch anzunehmen, dass auch darüber gesprochen wurde, warum man den Eingang und den im Osten nicht  noch länger geschlossen gehalten hat/halten konnte oder wollte - oder eben "sollte" (zB weil dies die Polizei "angeregt" hat).

Sie schreiben:

Die Sperrung der Tunnel war keine "Schliessung des Geländes".

Nun kommt es darauf an, wie man "Schließung" auffasst. Sollten die Ketten nur eine Schließung der Eingänge unterstützen, dann wären sie in der Tat keine intendierte "Schließung". Aber faktisch war sie es (ob intendiert oder nicht) natürlich, und zwar - lt. vorl. AB des PP Essen (S. 32 f.) im Osten von 15.57 bis 16.16. Alle Besucher stauten sich hinter der Polizeikette, nachdem der Eingang wieder geöffnet war. Also war dies eine Schließung über fast 20 Minuten. Dies hatte wesentlichen Einfluss auf die Entstehung des Gedränges auf der Rampe, nämlich als all diese aufgestauten Menschen nun auf die (nach wie vor durch die Polizei noch 8 Minuten lang gesperrte) Rampe strömten. Im Westen war es zwar "eigentlich" keine Schließung, weil die Besucher ja über die kleine Rampe hochgehen sollten. Da sie sich dazu leider nicht bewegen ließen (vielleicht weil sie dachten, die Polizei schicke sie nun nach stundenlanger Wartezeit wieder zurück zum Bahnhof), entstand dort eben dieselbe faktische Lage wie im Osten.

Ganz abgesehen von den Planungs- und Ausführungsfehlern, die man Lopavent und Stadt Duisburg anlasten kann, kann man m.E. doch kaum in Frage stellen, dass diese Sperren mit dem konkreten Erfolg (Massenturbulenz am unteren Ende der Rampe) in einem kausalen Konnex stehen.

 

 

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

Henning Ernst Müller schrieb:

@Lothar Evers,

Sie schreiben:
Wo steht, dass die die Ordner die Einlassstellen nicht dicht bekamen?
Speziell im Westen wird das ca. 40 Minuten erst gar nicht versucht. Laut Security Chef West auf Anweisung eines weisungsbefugten Beamten aus dem EA Raumschutz West".

Im vorl. Abschlussbericht PP Essen auf S. 32 heißt es:

15.50 h Polizeikette Tunnel West eingerichtet

15.54 h Schließung Eingang Ost

15.55 h Schließung Eingang West

15.57 h Polizeikette Tunnel Ost eingerichtet

15.57 h Öffnung Eingang Ost

16.01 h Öffnung Eingang West

16.02 h Öffnung kleine westliche Rampe, Zurückziehen der Polizeikette Tunnel West hinter die Rampenabzweigung

Also: Im Westen wurde geschlossen, 6 Minuten später wieder geöffnet und eine weitere Minute später wurde  "auf Anregung der Polizei" (steht da wörtlich, bitte nochmal nachlesen!) die westliche Rampe als Eingang freigemacht. Ich halte das auch erstmal für keine schlechte Idee. Das Vorgehen (im Westen) ist lt. Bericht zwischen Veranstalter und Polizei abgesprochen. Dass "speziell im Westen" "ca. 40 Minuten lang" "erst gar nicht versucht" wurde, den Eingang zu schließen, wird man dann doch nicht behaupten können. Oder haben Sie Anhaltspunkte dafür, dass die Polizei im Abschlussbericht unzutreffende Auisführungen macht? Das wäre allerdings wirklich bitter.


Sie macht keine unzutreffenden Angaben, versteckt diesen Fakt aber:

"Die Vereinzelungsanlage West wurde um 15.55 Uhr geschlossen und um 16.01 Uhr geöffnet. Während die Vereinzelungsanlage im Osten danach immer wieder für mehrere Minuten geschlossen und geöffnet wurde, blieb die Vereinzelungsanlage im Westen ab 16.02 Uhr nach Durchfahrt eines RTW durchgehend geöffnet. (...)
Die Öffnung der Vereinzelungsanlage endet erst mit folgender Massnahme: Um 16.40 Uhr erhielt der Einsatzabschnitt Raumschutz West von dem Polizeiführer den Auftrag, eine Sperre im Bereich Düsseldorfer Str./Karl-Lehr-Str. zu errichten, um den Zugang zum Gelände aus westlicher Richtung zu unterbinden und die polizeilichen Maßnahmen mit Lautsprecherdurchsagen zu begleiten. Der Auftrag wurde um 16.48 Uhr mit besonderer Dringlichkeit wiederholt.(...) Durch den Einsatzabschnittsführer Raumschutz West wurde für die eingerichtete Kräften die zur Unterstützung angeforderte Bereitschaftspolizeihundertschaft eingesetzt. Die polizeiliche Sperrung erfolgte hier ab 16.55 Uhr.   Die Vereinzelungsanlage ist also fast 55 Minuten offen.
Die Lage verschärft sich nnoch durch die Herausnahme verscheidener Zaunelemente:
"Um 16.23 Uhr hatte sich im Bereich der westlichen Vereinzelungsanlage ein aus Richtung Karl-Lehr-Tunnel kommender RTW in der zum Veranstaltungsbereich drängenden Menschenmenge festgefahren. Die RTW-Besatzung hatte daher zu vor Ort befindlichen Polizeikräften Kontakt aufgenommen und darauf hingewiesen, dass sich im RTW eine schwer kranke Person befindet, die aufgrund eines akuten Gesundheitszustandes dringend einer stationären Behandlung zugeführt werden müsse. Um dem RTW durch Verringerung des von vorn kommenden Menschendrucks ein Fortkommen zu ermöglichen, wurden um 16.31 Uhr durch Polizeibeamte und Ordner des Veranstalters an der südlichen Zaunabgrenzung auf der Karl-Lehr-Str. zwei Zaunelemente entfernt. Dadurch wurde dem RTW die Weiterfahrt ermöglicht, gleichzeitig wurde dadurch jedoch der Zustrom von Menschen in den Tunnel aus westlicher Richtung deutlich erhöht. Bereits etwa zwei Minuten nach Öffnung, um 16.33 Uhr, konnte der RTW seine Fahrt Richtung Düsseldorfer Straße fortsetzen, so dass um 16.35 Uhr die Durchfahrt des RTW vollzogen war. Gleichzeitig wurden durch eingesetzte Ordner des Veranstalters zwei weitere seitliche Zaunelemente aus nicht bekannten Gründen aufgezogen, was wiederum zu einer weiteren Erhöhung der zuströmenden Menschenmenge führte und dadurch das Schließen des Zaunes durch die Polizei bis 16.38 Uhr verzögerte. Um 16.40 Uhr waren die Zaunelemente wieder geschlossen."   Das bedeutet jedoch nicht dass die Vereinzelungsanlage je wieder geschlossen wurde.
In dieser Nicht kommunikation dürfte Simons grösstes Versäumnis liegen, wenn es heisst: "Der Einsatzabschnittsführer Schutz der Veranstaltung ging davon aus, dass beide Vereinzelungsanlagen geschlossen waren."   Ähnliches berichtet auch der Security Chef West, den ich inzwischen mehrfach getroffen und gesprochen habe.
Die findet auch Niederschlag in den Anmerkungen des Generalstaaatsanwaltes, die Innenminister Jäger im Plenum des Landtages am 19.5. 2011 vorträgt:
"Die Sperrung der Vereinzelungsanlage West wurde jedoch um 16.02 Uhr durch die Ordner des Veranstalters kurzfristig wieder aufgehoben. Nach Auskunft des - für die Vereinzelungsanlage - Verantwortlichen des Veranstalters soll dies aufgrund einer Anordnung eines bislang nicht ermittelten Polizeibeamten zur Verringerung der Drucksituation auf der Düsseldorfer Straße geschehen sein."
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@ Klaus M

"Man versucht diese Probleme zwar durch Vorabsprachen (hier die Workshops und Szenarien), Verbindungsbeamte und Festlegung der Meldewege (Telefonkonferenzen) zu minimieren, allerdings scheint mir die Lopa leider ein Beispiel dafür zu sein, dass man sich da zukünftig etwas anderes einfallen lassen muss. Mit einer gemeinsamen Einsatzzentrale für Veranstalter, Stadt und Polizei und einem Verantwortlichen wäre die Veranstaltung evtl. anders ausgegangen."

Genau das sieht '"Spider", ein Bundesprojekt, an dem Schreckenberg maßgeblich beteiligt ist.

 

@ Die Leserin

"Es liefen durchaus Gespräche/Telefonate zwischen den einzelnen Seiten. Allerdings entschied man sich dazu, an dieser Stelle keine offizielle Telefonkonferenz abzuhalten."

Woher wissen Sie das?

 

@ Lothar Evers

"Die Sperrung der Tunnel war keine "Schliessung des Geländes""

Aber, und ob!

 

M.M. nach hatte vor Tunnelstau die Teilnehmeranzahl auf dem "Gelände" oberste Priorität. Hierum drehte es sich, nicht um die Sicherheit der öffentichen Ordnung.

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Felix Licht schrieb:

@ Die Leserin

"Es liefen durchaus Gespräche/Telefonate zwischen den einzelnen Seiten. Allerdings entschied man sich dazu, an dieser Stelle keine offizielle Telefonkonferenz abzuhalten."

Woher wissen Sie das?

Bitte den Satz im Zusammenhang lesen. Er steht am Ende in einer Kette von Überlegungen und ist keine Feststellung.

 

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Im weitesten Sinne war natürlich die Schließung der Einlassstellen auch eine Schließung des Geländes, sollte sie ja auch sein, damit die Menschen, die sich zu diesem Zeitpunkt innerhalb des dann gesperrten Bereiches befanden ohne weiteren Druck von nachfolgenden Teilnehmern aushalten zu müssen, von der Rampe auf das eigentliche Gelände abfließen konnten. Leider ist genau das offensichtlich nicht geschehen, weil

1. der "Pfropf" am Rampenkopf nicht aufgelöst wurde / werden konnte, somit die Menschen nicht auf das Gelände kamen und offensichtlich zu einem großen Teil wieder umkehren wollten,

2. die Einlassstellen meiner Auffassung nach nicht wie vorbesprochen geschlossen blieben, sondern (warum auch immer) zu schnell wieder geöffnet wurden und somit eine Vielzahl von Personen nachrückte, die nun erst recht nicht mehr abfließen konnten - wohin auch?

 

Kausalität der Polizeiketten hin oder her, auch hier ergeben sich für mich folgende Fragestellungen:

1. wussten die für die Polizeiketten Verantwortlichen überhaupt, dass die Einlassstellen nicht (wie besprochen) geschlossen waren?

2. wäre der Stau auch ohne die Ketten nicht auch entsatnden, wenn in den bereits verstopften Bereich weitere Menschenmassen "ungebremst" nachrücken?

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@ NurIch

"Im weitesten Sinne war natürlich die Schließung der Einlassstellen auch eine Schließung des Geländes, sollte sie ja auch sein, damit die Menschen, die sich zu diesem Zeitpunkt innerhalb des dann gesperrten Bereiches befanden ohne weiteren Druck von nachfolgenden Teilnehmern aushalten zu müssen, von der Rampe auf das eigentliche Gelände abfließen konnten."

Das ist reine Spekulation.

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@ Felix Licht

 

Zu Ihrem Kommentr in Beitrag #105 sage ich "vielleicht, vielleicht auch nicht", dann sagen Sie mir doch welchen Zweck die Schließung der Einlassstellen sonst haben sollte ...

Alles andere als die Begrenzung des Zustroms von Menschen, um die Rampe bzw. den Zugang auf das Gelände zu entlasten erscheint mir eher unlogisch, vielleicht nkönnen Sie mich jedoch "aufklären" ...

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@ NurIch

Hiermit gehe ich nicht konform: "... damit die Menschen, die sich zu diesem Zeitpunkt innerhalb des dann gesperrten Bereiches befanden ohne weiteren Druck von nachfolgenden Teilnehmern aushalten zu müssen, von der Rampe auf das eigentliche Gelände abfließen konnten."

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@ Felix Licht

 

... warum nicht? Was sollte denn Ihrer Meinung nach der Sinn und Zweck sein? Bin mal gespannt ...

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Nur Ich schrieb in #87:

Ich stelle mir nur die pragmatische Frage, wie geenau man in dem betroffenen Bereich eine Evakuierung hätte durchführen sollen, genauer gesagt wohin hätte man die Menschen zum Zeitpunkt der Entstehung der "Menschenknäuels" schicken sollen. Zum Zeitpunkt der Entstehung waren sowohl die Tunnelseiten (als möglicher Ausgang), als auch die Rampe (als möglicher Eingang zum Gelände) mit Menschen verstopft, andere für eine Massenentfluchtung geeignete Wege bzw. Möglichkeiten gabe es aufgrund der baulichen Gegebenheiten nicht.

Ganz genau. Und weil diese Evakuierungsmöglichkeit nicht existierte, durften die Personen nicht eingelassen werden. Die betreffende Fläche war bereits überfüllt; die weitere Öffnung der Eingänge bedeutete, dass die Besucher grob fahrlässig in eine klar erkennbare Gefahr geschickt wurden. Ein Unterlassen zählt hier genau so viel wie ein Handeln - der Daseinszweck der Ordnungskräfte wie auch der ersatzweise tätigen Polizeibeameten ist die Steuerung der Besucher. Man darf keine Besucher in Bereiche schicken, aus denen man sie nicht mehr heraus bekommt. Ist die Evakuierung nicht möglich, darf man sie nicht einlassen.

Blue schrieb in #89:

Das angeblich alle auf die Treppe zustürmten ist ein Märchen der ersten Stunde aus dem Munde der Verantwortlichen zwecks Abwälzung der Schuld auf die Raver. In Wirklichkeit sind die Leute in ihrer Orientierungslosigkeit

in verschiedenste Richtungen geströmt,

eben Richtung:Container, Lichtmast, Treppe und auch die Rampe hoch und runter.   

Die Tatsache, dass die Klettreraktionen an Container und Lichtmast mit guter gegenseitiger Hilfe im Bereich ein und derselben starken Massenturbulenz mit Wellen und trotz  gleichfalls großem Risiko ohne Todesfälle stattfanden, während nur im Bereich unter dem Plakat, der außerdem nicht mit dem Bereich am Fuß der Treppe identisch ist, Menschen zu Tode kamen, belegt, dass hier eine zusätzliche lokale Ursache gegeben sein musste, wie sie mit den groben Stolperfallen vorhanden war.

Das halte ich für hervorragend formuliert. Die regelmäßigen Versuche, die Schuld auf die Besucher zu schieben, zeigen eigentlich nur die Unfähigkeit der betreffenden Verantwortlichen. Und die Beobachtungen, dass die Massenturbulenzen flächig auftraten, die Todesfälle aber lokal an den Stolperfallen auftraten, reichen hoffentlich um die Verantwortlichen für die Stolperfallen strafrechtlich zu belangen. Empirisch deutlicher kann man nicht zeigen, wie lebensgefährlich Böden sind, die weder der SBauVO noch der LBauO entsprechen.

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#109 NurIch

das "eigentliche Gelände"' war zu diesem Zeitpunkt schon Tabuzone m.M.n. und zwar wegen "einer bedrohlich hohen Füllungsrate", doch nicht etwa wegen der Sicherheit der Besucher, sondern zm gegenüber der AXA (bzw. gegenüber Lopavent) nicht vertragsbrüchig zu werden. Also um einen weiteren Zulauf zu verunmöglichen, denke ich.

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Felix Licht schrieb:

#109 NurIch

das "eigentliche Gelände"' war zu diesem Zeitpunkt schon Tabuzone m.M.n. und zwar wegen "einer bedrohlich hohen Füllungsrate", doch nicht etwa wegen der Sicherheit der Besucher, sondern zm gegenüber der AXA (bzw. gegenüber Lopavent) nicht vertragsbrüchig zu werden. Also um einen weiteren Zulauf zu verunmöglichen, denke ich.

Hallo Felix,

ganz sicher bin ich mir nicht, aber ich meine mich an Infos zu erinnern, dass zur Zeit der Massenturbulenz unten in Tunnel-Rampe, die Gesamtfläche des Geländes oben laut Kameras noch relativ luftig war, eben nicht gefüllt, also keine 250 000 drauf waren. Demnach gab es keinen Grund, es aus versicherungstechnischen Gründen für weitere Besucher zu sperren, wie du vermutest. Das Problem war der Pfropf an der Rampe und die fehlenden Pusher, die die Leute von dort weg zu den freien Flächen hätten lenken können.

Vielleicht war es sogar just der stehende Float von McFit, der ja offenkundig als Werbekulisse für die Presseschau deshalb etwas arg lang angehalten wurde. Das war zum Zeitpunkt der Katastrophe.

Blue

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@ Felix Licht

 

Den Inhalt Ihres Beitrages #111 verstehe ich leider nicht ...

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@ Meister ...

 

Neben den "Versäumnissen" der Planungsphase und deren Auswirkungen auf die Geschehnisse am 24.07. ist für mich die Aufhebung der Schließung der Einlassstellen die zentrale Frage der Unglücksursache, genauer ausgedrückt, wer hat aus welchem Grund die Schließung der Einlassstellen wieder rückgängig gemacht ... um in diesem Kontext noch einmal in Bildern zu sprechen; die Flasche war bereits randvoll, jeder weitere Tropfen mußte zum Überlaufen führen, nur dass es hier keine Flüssigkeit war, sondern Menschen, die keine für sie ersichtliche Möglichkeit mehr hatten, aus dem Bereich, in den sie herein gelassen wurden, problemlos wieder heraus zu kommen.

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@NurIch

Zu #113: Ganz richtig, der Einlassbereich war längst und lange gesetzeswidrig überfüllt und zwar in derart großem Maß, dass jegliches Unterlassen von gegensteuernden Maßnahmen grob fahrlässig gewesen wäre. Die bereits lebensgefährliche Situation durch erneuten Zustrom noch zu verschärfen, widerspricht allen Regeln. Andere halten das nur für grob fahrlässig, ich bewerte das als Inkaufnahme von Todesfolgen. Und ich denke nicht, dass sich ein Ordnungsdienstleiter, ein Crowd Manager oder ein Einsatzleiter der Polizei hier auf falsche Einschätzungen oder Fehlinterpretationen oder unklare Befehlslagen berufen dürfen. Auf Urteile bin ich ehrlich gespannt. Wenn bei einer Situation wie der Loveparade, die sich am Veranstaltungstag über Stunden angebahnt hat, mehrere Verantwortliche genau das Falsche tun, dann muss das strafrechtliche Konsequenzen haben. Ansonsten hat das Wort Verantwortung seinen Sinn verloren.

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Meister für Veranstaltungstechnik schrieb:
Wenn bei einer Situation wie der Loveparade, die sich am Veranstaltungstag über Stunden angebahnt hat, mehrere Verantwortliche genau das Falsche tun, dann muss das strafrechtliche Konsequenzen haben. Ansonsten hat das Wort Verantwortung seinen Sinn verloren.

 

Vernatwortlichkeit im herkömmlichen Sinne lässt sich nicht notwendig mit einer Strafbarkeit, also mit tatbestandsmäßigem, rechtswifrigem und schuldahftem Verhalten gleichsetzen. Ich will dazu ein altes Schulbeispiel bemühen:

"Drei Bergsteiger sind im Hang in einer ausweglosen Situation. Einer von Ihnen hängt im Seil oben, unter ihm links und rechts jeweils einer der anderen. Der obere Bergsteiger kann nicht alle drei retten. Er und ein weiterer können nur überleben, wenn er einen der beiden unter ihm befindlichen vom Seil abschneidet und damit dem sicheren Tod überantwortet."

Dieser Mann ist sicherlich für den Tod dessen verantwortlich, den er abschneidet. Er hat sich aber nicht strafbar gemacht.

Wenn nun ein Verantwortlicher an der Eingangsschleuse eine Sperre öffnet, um dort eine Gefahr für Leib oder Leben der Besucher zu verhindern, die sich anders nicht hätte verhindern lassen, dann hätte er sich auch dann nicht strafbar gemacht, wenn dadurch das Chaos an der Rampe verursacht worden wäre. Um es vorweg zu ergänzen: Ich kenne die konkrete Situation an der Schleuse nicht. Es ist lediglich ein fiktives Beispiel zur Illustration.

 

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@ # 116 Felix

Ja sicher, viele waren im Anmarsch, aber der für die AXA   versicherungstechnische Grund der Rampenkopfsperre würde m.E. nur dann Sinn machen, wenn Lopavent nur das obere Gelände, nicht aber den Tunnel-Rampenbereich im Vertrag mit der AXA als Veranstaltungsgelände aufgeführt hätte. ihn also nicht zum Veranstaltungsgelände zugehörend betrachtet hätte. Das müsste sich ja prüfen lassen. Das Gelände aber ging trotz der, in der Planung zwecks Genehmigungsfähigkeit vorgenommenen Tricks, de facto bis zu den Einlassstellen. Also mit Blick auf die AXA hätten die Einlassstellen Ost/West sowieso auch dicht gemacht werden müssen, hätte es hingegen der Sperre am Rampenkopf nicht bedurft. Der  Einsatzabschnittsführer Schutz der Veranstaltung (wie Lothar in # 107 schreibt) scheint davon ausgegangen zu sein, dass beide Einlassstellen dicht seien, damit die Rampe frei werden kann, waren sie, d.h. war vor allem die westliche aber nicht.

In dem Fall, also wenn im Axa Vertrag nur das obere Gelände angesetzt war und die Rampensperre tatsächlich nur deshalb erfolgt wären, hätten die Rampensperren m.E. zum Taterfolg beigetragen, weil dann der Vertag mit Axa icht korrekt gewesen wäre.

 

@ # 117 Dr. Eikmeier

Danke für den hilfreicehn Vergleich. Das hieße: wenn der Druck an der Düsseldorfer/Karl-Lehr Str. kein Märchen war und tatsächlich so lebensgefährlich, die Öffnung der Schleuse also der einzige Ausweg, dann musste der Polizist handeln. Mal abgesehen davon, dass dieser einzelne Mensch nicht unbedingt wissen musste, was er damit an der Rampe auslöst, er war dann gezwungen die Schleuse zu öffnen. In dem Fall wären allein die Verantwortlichen für die Stolperfallen zu belasten.....m.E. sowieso....

Natürlich kann es bei dem Beamten an der Westschleuse auch ganz anders gelaufen sein. Der Nachweis, wie, was, warum erscheint mir hier sehr schwierig bis unmöglich.

Die polizeilichen Kameras müssten darüber Auskunft geben können.

 

 

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#114 Blue

Hallo Blue, wie viele waren auf dem "Party"gelände, 180.000? Wie viele waren auf dem restlichen "Veranstaltungs"gelände? Wie viele standen "bedrohlich" dicht davor und wollten rein?

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@ Blue

Ich denke, dass man nicht drum herum kam, auch die inneren Zuwege mit zu versichern, bzw. dass gerade das gewollt war, zumal Lopavent von dem "sensiblen" Rampenbereich ja auch wusste, mit anderen Worten durchaus über dessen Gefahr bewusst. Der Sperre am Rampenkopf bedurfte es hingegen, um für einen effektiven Stau zu sorgen. Außerdem versichern Veranstaltungsvericherer auch immer das Foyer mit. Wie du weißt, handelte es sich um ein geschlossenes Bauwerk, also völlig unmöglich, dieses nicht mit unter Vertrag zu nehmen.

Dein Statement an Dr. Eikmeier gefällt mir, denn vielleicht handelt es sich ja tatsächlich um ein nachträgliches Konstrukt, das Ding mit dem Drang im Westen.

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Lothar Evers # 107 schrieb:
Ähnliches berichtet auch der Security Chef West, den ich inzwischen mehrfach getroffen und gesprochen habe.(...)"Die Sperrung der Vereinzelungsanlage West wurde jedoch um 16.02 Uhr durch die Ordner des Veranstalters kurzfristig wieder aufgehoben. Nach Auskunft des - für die Vereinzelungsanlage - Verantwortlichen des Veranstalters soll dies aufgrund einer Anordnung eines bislang nicht ermittelten Polizeibeamten zur Verringerung der Drucksituation auf der Düsseldorfer Straße geschehen sein."

 

Hallo Lothar, gehört der Securitychef zu Lopavent?

 

Die Tatsache jedenfalls, dass der mit seiner Aussage die Polizei letztlich entlastet und nicht belastet, macht ihn glaubwürdig, vorausgesetzt allerdings, er weiß um die strafrechtliche Entlastung, von der Dr. Eikmeier spricht und die er dann somit 'großzügig' der Polizei einräumt....

Und du scheinst ihn auch für glaubwürdig zu halten. Aber dennoch, wenn Lopavent etwas auf die Polizei schiebt, ist sicher Vorsicht geboten.

 

Mit dem Beispiel von Dr. Eikmeier, würde sich dann ja abzeichnen, dass die Polizei in Bezug auf die Frage der Öffnung der Westschleuse tatsächlich entlastet ist. Denn dass es auf der Düsseldorfer Str. eine solche brenzlige Situation gegeben haben kann, ist sehr wahrscheinlich. Und wenn die gesamte Kommunikation so schlecht war, ist außerdem anzunehmen, dass die Polizisten, die mitten im Geschehen steckten keine allzugroße Weitsicht haben konnten, um etwa an den Einlasschleusen von dem Zustand an der Rampe eine Ahnung haben zu können. Sie mussten pragmatisch handeln und konnten für ihren jeweiligen Bereich nur, wie "NurIch" es formulierte, zwischen Pest und Cholera entscheiden und die höheren Anordnungen einfach relativ blind durchführen.

Man müsste sich die Bilder und Videos von der Düsseldorfer daraufhin noch mal gezielt  anschauen.

Natürlich kann diese Info dennoch ein Märchen sein, aber wenn, dann ein sehr gut funktionierendes und schwer zu widerlegendes. Dann hätte Lopavent einen 'sehr guten' 'Rechtsberater'........wovon man natürlich sowieso ausgehen kann. Man schiebt auf die Polizei und die ist dennoch auch entlastet. Der Berater hat dann allerdings zu seinem Pech wahrscheinlich noch nichts von den Stolperfallen gewusst......

 

 

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PS: Sorry, Lothar,  für die erste überflüssige Frage, ist ja im Zitat beantwortet. :-)

Blue

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Lieber Herr Evers,

zur Öffnung der Vereinzelungsanlage West/ Westeingang/Westschleuse ab 16.02 Uhr:

Warum nehmen Sie den Hinweis aus dem vorl. Abschlussbericht des PP Essen nicht ernst ? Dort steht wörtlich, dass "auf Anregung der Polizei" die westliche Rampe als Eingang geöffnet wurde und die Polizeikette im Tunnel entsprechned zurückgezogen wurde, um den Besuchern den Zutritt zum Gelände über die kleinere westliche  Rampe zu ermöglichen (vorl. Abschlussbericht S. 32 f.). Das macht aber doch nur Sinn, wenn der Eingang West geöffnet ist und auch geöffnet bleibt. Trotz dieses eindeutigen Hinweises gehen Sie davon aus, die Polizei habe nicht gewusst oder geahnt, dass der westliche Eingang geöffnet sei und es sei maßgeblich das Verschulden des Veranstalters bzw. seiner Ordner, dass sie diesen Eingang nicht geschlossen haben. Ehrlich gesagt, mir mangelt es an der "Phantasie" zu der Annahme, es sei der Polizei - selbst wenn sie es nicht selbst angeordnet hat - über so lange Zeit verborgen geblieben, dass der Eingang West geöffnet war. Ich halte es deshalb auch keineseswegs für fernliegend, dass ein Polizeibeamter die Öffnung der Westschleuse angeordnet haben soll. Unter der Annahme, dass man diese Besucher dann über die kleine Rampe leitet, wäre dies doch "vernünftig". Meine Hypothese geht so: Zum Zeitpunkt der Einrichtung der Sperre auf der Hauptrampe ging man davon aus, dass die Besucher von der Westseite auf die westliche Rampe geleitet werden könnten/würden und insofern nichts passieren würde. Dass dies dann nicht funktionieren würde, konnte man um 16.02 Uhr ja nicht ahnen und man hat es noch eine ganze Weile versucht - auch dafür spricht der Texte im vorläufigen Abschlussbericht zu 16.20 h (vorl. Abschlussbericht, S.33)

 

Als man dann die Polizeikette West öffnen musste, war die Situation auf der Rampe schon so, dass die Blockade durch die Besucher, die die Veranstaltung verlassen wollten, eingetreten war.

Für mich ist allerdings bislang ein Rätsel, was im Osten zur dauerhaften Öffnung der Schleusen führte, so dass die dortige Polizeikette im Tunnel nur bis 16.16 h hielt.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

 

Lieber Herr Professor Müller,

ich gehe jetzt doch mal in kürzere Absätze, da wir sonst aneinander vorbei reden. 
Zunächst:
übernimmt niemand die Verantwortung für den Rückzug der Ordner von den Vereinzelungsanlagen West.
Der Security Chef West beruft sich auf Anweisung eines Polizeibeamten in Uniform.
Den kann die Sonderkommission und die Staatsanwaltschaft in 10 Monaten nicht finden.
Die Polizei und das Innenministerium klärt uns auch nicht darüber auf, wie es dazu kam, sondern berichtet von der Verschärfung dieser Situation durch das Herauslösen von Zaunelementen, wo man auch nicht genau weiss wer das veranlasst und vor allem: das  länger so gelassen hat.

Das ist der Tatbestand den ich aufklären will.

 

Henning Ernst Müller schrieb:

zur Öffnung der Vereinzelungsanlage West/ Westeingang/Westschleuse ab 16.02 Uhr:

Warum nehmen Sie den Hinweis aus dem vorl. Abschlussbericht des PP Essen nicht ernst ? Dort steht wörtlich, dass "auf Anregung der Polizei" die westliche Rampe als Eingang geöffnet wurde und die Polizeikette im Tunnel entsprechned zurückgezogen wurde, um den Besuchern den Zutritt zum Gelände über die kleinere westliche  Rampe zu ermöglichen (vorl. Abschlussbericht S. 32 f.). Das macht aber doch nur Sinn, wenn der Eingang West geöffnet ist und auch geöffnet bleibt.

Nicht notwendig.
Zunächst: reklamieren für die Idee, die kleine Rampe zu öffnen Walter und die Polizei das Copyright. Egal wie das dann zwischen denen kommuniziert wurde.
Für mich sind ja die Polizeiketten im Tunnel nichts anderes als der Ersatz der im oberen Rampen drittel nicht zu bildenden gemeinsamen Ordner Polizeikette zur Entlastung des Propfes.
In diesem Zusammenhang macht die Öffnung der westlichen Rampe eigenständig Sinn:
sie nimmt Druck vom Pfropf und nimmt Druck von der wetlichen Kette, die dadurch zuschauer leichter zum Ausgang West durchlassen könnte.

Henning Ernst Müller schrieb:
Trotz dieses eindeutigen Hinweises gehen Sie davon aus, die Polizei habe nicht gewusst oder geahnt, dass der westliche Eingang geöffnet sei und es sei maßgeblich das Verschulden des Veranstalters bzw. seiner Ordner, dass sie diesen Eingang nicht geschlossen haben.

Missverständnis! Das glaube ich dezidiert nicht! Bis zum Beweis des Gegenteils glaube ich den Gesprächen, den ich mit dem Securitychef West geführt habe und das der die genannte Anweisung bekam. 
Das hat mehrerer Gründe:
erstens:
müsste er längst, sollte man ihm nicht glauben längt als beschuldigter geführt werden.
zweitens:
ermittelt mir die Sonderkommission da mehr als lustlos.
drittens:
schwiemeln sich bisher sämtliche Polizeiberichte um diesen sachverhalt herum.

Mehr weiss ich nicht vermute es aber auch nicht. 
Wichtig ist ja auch, welcher Einsatzabschnitt bzw. Individuum die Anweisung erdacht und umgesetzt hat.
Dirk H EA Schutz der Veranstaltung, EA Raumschutz West oder Kuno S. also ganz von oben?

Henning Ernst Müller schrieb:
Ehrlich gesagt, mir mangelt es an der "Phantasie" zu der Annahme, es sei der Polizei - selbst wenn sie es nicht selbst angeordnet hat - über so lange Zeit verborgen geblieben, dass der Eingang West geöffnet war. 

Die Phantasie versuche ich da möglichst raus zu lassen. Völlig fern liegt es für mich nicht.
Der EA Raumschutz West könnte nichts dabei finden, da er die Öffnung möglicherweise selbst angeordnet hat, um Druck von den Zäunen an der Düsseldorfer Str. zu nehmen. Bei dem lief auch die 359 Grad Kamera des Eingangs auf. Die wurde nicht ins Präsidium durchgeschaltet.
Dirk H. hatte seine Männer in den Tunnel zutrückgezogen und wohl keinen Spähposten vor dem Tunnel gelassen. 
Simon schliesslich, hätte es merken müssen, und zwischen dem EA Raumschutz West und Schutz des Veranstaltungsgeländes vermitteln müssen.
In jedem Fall: ein schwerer Fehler und unaufgeklärt

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