Loveparade 2010 - zehn Monate danach: Neue Erkenntnisse?

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 16.05.2011

In der  heute erschienenen Ausgabe des "Spiegel", die sogar mit dem Titelbild zur Loveparade 2010 aufmacht, wird insbesondere die Veranwortung der Polizei für die Katastrophe untersucht, aber auch Verantwortlichkeiten der Stadt Duisburg  - im geringeren Maße auch solche des Veranstalters - werden benannt . Offenbar liegen dem Spiegel "vertrauliche" Informationen aus dem staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren vor. Das dürfte in der Öffentlichkeit Anlass dazu sein, einige der schon bekannten Umstände noch einmal zu betrachten, andere, bisher noch nicht näher betrachtete, erstmals zu analysieren. Ein erster lesenwerter Kommentar von Lothar Evers liegt bereits vor (hier) . Vielleicht gelingt es auch wieder, hier im Beck-Blog in sachlicher Weise die rechtlichen Implikationen zu diskutieren. Nach wie vor maße ich mir nicht an, allgemein taktische polizeiliche Fehler als solche zu bewerten, sondern werde hier weiter den Fokus auf die strafrechtliche Verwertbarkeit legen. Das schließt aber nicht aus, dass in den Kommentaren auch das polizeiliche Einsatzverhalten näher diskutiert werden darf - so wie es den früheren Diskussionen ja auch schon geschehen ist.

Von den Spiegel-Autoren werden folgende "Fehler" der Polizei genannt:

1. Das Einvernehmen
Die Polizei "hat es laufen lassen in der Zeit der Planung". Auch wenn sie, was näher ausgeführt wird, von vielen Absprachen zwischen Stadt und Lopavent nichts mitbekommen habe, so sei sie doch rechtzeitig vor dem Termin in der Arbeitsgruppe 4 über die Sicherheitsvorbereitungen und evtl. -mängel informiert gewesen. Der Tunneleingang sei auch Gegenstand polizeilicher Inspektionen und Diskussionen gewesen. Die Polizei sei aber trotz Bedenken "nicht hart und entschieden genug [gewesen], um einzugreifen, durchzugreifen, notfalls die Parade abzusagen". Der Düsseldorfer Polizeidirektor Schalk habe sogar im Juni noch die später entscheidenden Fragen gestellt - zum Stau im Eingangsbereich bei gegenläufigen Menschenströmen. Die Polizei habe sich dann aber mit ein paar kleinen Änderungen zufrieden gegeben und danach auch keine Kritik mehr angebracht.
Nach Wiedergabe des Spiegel hält aber selbst die StA dieses Verhalten der Polizei im Vorfeld für strafrechtlich irrelevant, da ein ausdrückliches "Einvernehmen" der Polizei nicht gegeben sei. Die Staatsanwaltschafft habe also geprüft, ob es ein "Einvernehmen" der Polizei gegeben habe, konnte dies aber nicht finden. Und daraus werde gefolgert, dass sich die Stadt Duisburg über das Erfordernis eines Einvernehmens hinweggesetzt oder die bloße Mitwirkung der Polizei als schon ausreichendes Einvernehmen verstanden hat.

Trifft diese rechtliche Bewertung zu? Strafrechtlich wäre der Polizei (wenn man einmal unterstellt, dass ein ausdrückliches  Einvernehmen fehlt) in der Planungsphase demnach nur ein Unterlassen vorzuwerfen, es nämlich unterlassen zu haben, die Veranstaltung mit dieser als gefährlich erkannten Ein-/Ausgangskonzeption zu verhindern. Eine Verhinderung der Veranstaltung durch die Polizei wäre möglich gewesen durch ein ausdrückliches Verweigern ihres für die Genehmigung erforderlichen Einvernehmens - das Beispiel Bochum, wo die LoPa 2009 nach polizeilicher Intervention abgesagt wurde, belegt dies hinreichend. Aber war die Polizei auch zur Intervention verpflichtet? Oder durfte sie es "einfach laufen lassen"? Jedenfalls nach dem Spiegel-Bericht will sich die StA nicht auf dieses unsichere Gelände bewegen, sondern meint, die Verantwortlichkeit läge bei den Mitarbeitern der Stadt, die ohne ausdrücliches Einvernehmen der Polizei eine rechtswidrige Genehmigung erteilt hätten.
Tatsächlich bewegt man sich an diesem Punkt auf unsicherem Gelände: Wenn ein Einvernehmen der Sicherheitsbehörden Vorausetzung für eine solche Veranstaltung ist, unter welchen Voraussetzungen sind dann diese Behörden verpflichtet, ihr Einvernehmen ausdrücklich zu versagen und damit die Veranstaltung zu verhindern? Und lagen diese Voraussetzungen hier vor? Ich denke, dass die Polizei an den Planungen so nah dran war, dass ihre Verantwortlichen erkennen mussten und auch erkannt haben, dass ihr "Schweigen" seitens der Stadt als Zustimmung/Einvernehmen aufgefasst wurde. Ich will nicht behaupten, es handele sich um eine bewusste Taktik, aber wenn es so ist, wie im Spiegel dargestellt, hat sich die Polizei im Vorfeld erfolgreich aus der Verantwortung "geschlichen": Sie hat Kritik angebracht, dann aber die Veranstaltung so wie geplant stattfinden lassen.

2. Der Schichtwechsel
Dass  in der kritischen Phase der LoPa - wenn auch noch weit vor den tödlichen Ereignissen - ein Schichtwechsel der Polizei stattfand, ist lange bekannt (hier nochmal das Foto von 15.30 Uhr). Nicht bekannt war bisher, das man den Schichtwechsel erst auf Intervention des Personalrats und Ministeriums vorsah und dass es zuvor Kritik am Zeitpunkt desselben gab.
Laut Spiegel hat der Schichtwechsel zur Unzeit bewirkt, dass dort neue Kräfte ohne  Vorbereitung in eine schon bedrohliche Lage quasi "hineingeworfen" wurden. Dies hätte beigetragen zur Gefährdung, möglicherweise auch zu Fehlentscheidungen.
Strafrechtlich wird es aber schwer fallen, den Schichtwechsel selbst mit den Todesfällen unmittelbar in einen Kausalzusammenhang zu bringen. Solche möglichen Kausalzusammenhänge lassen sich nicht ausschließen, aber auch nicht hinreichend als "Ursache" beweisen. Wäre etwa ohne Schichtwechsel dasselbe passiert, hätte man möglicherweise die Müdigkeit/Überforderung der Beamten als Negativfaktor angesehen. Einen wichtigen Hinweis gibt allerdings Lothar Evers: Möglicherweise sind infolge des Schichtwechsels einfach nicht genügend Kräfte gleichzeitig dort gewesen, weil man dieselbe Anzahl von Hundertschaften  dann eben nicht gleichzeitig sondern nacheinander eingesetzt hat. Die entscheidende Frage also: Waren genug Kräfte da? Oder wurde die zuvor für nötig befundende Anzahl der Beamten aufgrund des nötigen Schichtwechsels halbiert? Dies ist deshalb so wichtig, weil das Entstehen des Gedränges auf der Rampe damit zusammenhängt, dass das Sperrkonzept der Polizei nicht funktionierte. Mit mehr Kräften an den richtigen Stellen hätten die Sperren aber funktionieren können.

3.  Die fehlende Lautsprecheranlage
Hier im beck-Blog aber auch an anderer Stelle wird als ein ganz wesentlicher Umstand, der die Katatstrophe mitverursachte, angesehen, dass es auf der Rampe praktisch keine Kommunikation zwischen Polizei/Sicherheitspersonal und Besuchern gab. Die Besucher kamen aus den Tunnels und wussten nicht, wo und wie es weitergehen sollte. Auch als sie sich schon drängelten, bemerkten sie nicht, dass in ihrem Rücken nicht weit entfernt genug Platz war. Sie wurden einfach nicht von den Kräften, die Überblick hatten, informiert. Die z.T. vorhandenen Megaphone waren viel zu schwach. Und die in der Genehmigung verlangte ELA fehlte (siehe hier). Dies - so der Spiegel - war der Polizei ab 14 Uhr bekannt. Man hat also 2,5 Stunden vor dem Unglück gewusst, dass ein wichtiger Teil des Sicherheitskonzepts fehlte. Durfte die Polizei dann einfach weitermachen ohne sich um Ersatz zu bemühen (Lautsprecherwagen oder mobile Anlagen müssten doch herbeizuschaffen sein...) Oder hätte sie die LoPa abbrechen oder auf einen Abbruch durch die zuständigen Behörden hinwirken müssen? Das letzte ist eine schwierige Frage, denn die Risiken eines Abbruchs zu einem Zeitpunkt, zu dem schon Hunderttausende in der Stadt waren, mussten ja mit abgewogen werden. In diese Richtung wird sicherlich weiter ermittelt. Aber nicht zu vergessen: Dass die ELA nicht vorhanden war, ist primär ein Versäumnis von Lopavent, dass dies nicht kontrolliert wurde, ein Versäumnis der Stadt Duisburg.

4. Die mangelnde Kommunikation (Funkgeräte/Mobiltelefone)
Eine ähnliche Frage - meines Erachtens aber etwas weniger unmittelbar mit der Katastrophe zusammenhängend -  wirft die mangelhafte Kommunikation der Sicherheitskräfte/Polizei untereinander auf. Die Funkgeräte funktionierten offenbar nicht richtig, das Handynetz war überlastet, weil man es möglicherweise versäumt hatte, sich entsprechenden Vorrang im Netz zu reservieren. Es wird auch hier schwer fallen, eine unmittelbare Ursache für die Katastrophe festzustellen, die strafrechtlich relevant wäre.

5. Die Sperren
Schon seit den ersten Kommentaren zur LoPa 2010 werden die polizeilichen Sperren als  unmittelbare Mitursachen der Katastrophe bewertet. Die Polizei hat sie wohl eingerichtet, um den "Pfropf" am Rampenkopf zu entlasten/aufzulösen. Aber dazu, so jedenfalls meine Auffassung, waren die Sperren, die dann eingerichtet wurden, erkennbar ungeeignet bzw. sie versagten ihre Funktion. Schließlich hat die Sperre auf der Rampe das Gedränge an einer wesentlich problematischeren Stelle (am unteren Ende der Rampe, eingekesselt zwischen den Tunnelausgängen und Betonwänden) erst verursacht. Das ist keine neue Erkenntnis. Aber ein Zusammenhang zwischen Schichtwechsel und unzureichenden Sperren könnte möglich sein, s.o.

Dem Spiegel ist zu danken, dass er das Thema Loveparade 2010, um das es etwas still geworden war in den letzten Wochen, noch einmal aktualisiert hat, wenn sich auch der Anteil wirklich neuer (strafrechtlich relevanter) Fakten in Grenzen hält.  Auch scheinen nach meinem Eindruck die Veranstalter im Spiegel-Artikel relativ gut weg zu kommen.

Die hiesige Diskussion (über 1000 Kommentare) ist geschlossen.

Zur aktuellen Diskussion hier im Blog (Juli 2011)

Link zur großen Dokumentationsseite im Netz:

Loveparade 2010 Doku

Link zur Seite von Lothar Evers:

DocuNews Loveparade Duisburg 2010

Links zu den früheren Diskussionen hier im Beck-Blog:

Dezember 2010 (537 Kommentare, ca. 8000 Abrufe)

September 2010 (788 Kommentare, ca. 16000 Abrufe)

Juli 2010 (465 Kommentare, ca. 23000 Abrufe)

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1097 Kommentare

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Dr. Frank Eikmeier schrieb:

Bei der Loveparade stellte sich das - zumindest in Dortmund - ganz anders dar. Man hatte den Eindruck, Veranstalter und Genehmigungsbehörde bilden eine Art Kartell, dessen Ziel die Durchführung der Loveparade nach den Vorstellungen des Veranstalters um jeden Preis war. Ich habe den ganz unjuristischen Eindruck, dass es sich in Duisburg genauso abgespielt hat.

 

Grundsätzlich sehe ich das auch so. Die Krux dabei ist aber, dass es durchaus möglich ist, dass ein solches Kartell (oder besser: eine solche Zusammenarbeit) gerade am Veranstaltungstag gefehlt hat. Da wäre eine besser abgesprochene und verzahnte Zusammenarbeit vermutlich durchaus wünschenswert gewesen. Es ist ja keine komplett neue Erkenntnis, dass viele Probleme bei Großveranstaltungen, Großschadensereignissen oder Katastrophen ihre Ursache in zerfaserten Verantwortlichkeiten haben.

Viele Organisationen mit unterschiedlichen Hierarchien, Ausbildungsständen, Kommunikationssystemem usw. müssen da zusammenarbeiten; teilweise herrscht Unkenntnis oder es gibt Missverständnisse über die Leistungsfähigkeit, die rechtlichen Rahmenbedingungen oder die Entscheidungsbefugnisse/-wege der anderen Beteiligten. Schnittstellenprobleme mit dem Stille-Post-Effekt, zu lange Meldewege, Nichterreichbarkeiten sind bei so einem Zuständigkeitswirrwarr doch zwangsläufig.

Man versucht diese Probleme zwar durch Vorabsprachen (hier die Workshops und Szenarien), Verbindungsbeamte und Festlegung der Meldewege (Telefonkonferenzen) zu minimieren, allerdings scheint mir die Lopa leider ein Beispiel dafür zu sein, dass man sich da zukünftig etwas anderes einfallen lassen muss. Mit einer gemeinsamen Einsatzzentrale für Veranstalter, Stadt und Polizei und einem Verantwortlichen wäre die Veranstaltung evtl. anders ausgegangen.

Vermutlich muss man da entweder die Verantwortung für die Genehmigung oder die Verantwortung für die Durchführung in andere Hände geben. Die Verantwortung für die Genehmigung, die Prüfung und die Durchführung bei einer Behörde zu lassen, hat sich im Fall Duisburg als fatal erwiesen.

Ich weiß, dass ich damit an der Intention ihres Postings vorbei argumentiere. Mir gefiel nur der Begriff des Kartells so gut, dass ich den als Aufhänger benutzt habe.

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Genau diese Ursächlichkeit sehe ich (und andere Kollegen der Veranstaltungstechnik) beim vorsätzlichen Missachten der SBauVO/ VStättVO.

Wenn bei einem Schiffsunglück ein großer Teil der Passagiere ertrinken muss, weil zuwenig Rettungsboote da sind (Titanic), dann ist der Reeder und der Kapitän schuld. Und nicht das Wasser oder der Eisberg oder die Passagiere, die mit anderen um einen Platz in den Rettungsbooten kämpfen. Wenn bei einer Versammlungsstätte Menschen zerquetscht werden, weil die Flächen für Personen unterdimensioniert sind und keine Rettungswege da sind, sind dann die Opfer schuld? Nein!

Ich sehe im Moment eine Tendenz, dass bei der strafrechtlichen Verantwortung für die Todesfälle das Organisationsverschulden und die Planungsverantwortung wegdiskutiert werden sollen. Dies ist schwer hinnehmbar. Das Eintreten von Unglücksfällen ist rechtlich Grundlage einer jeden Planung von Versammlungsstätten. Unglücke und Unfälle müssen passieren können, trotzdem müssen sich die Besucher jederzeit in Sicherheit bringen können. Sie sterben, wenn sie sich nicht in Sicherheit bringen können - nicht direkt am Unglück/ Unfall.

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Meister fuer Veranstaltungstechnik schrieb:
Wenn bei einem Schiffsunglück ein großer Teil der Passagiere ertrinken muss, weil zuwenig Rettungsboote da sind (Titanic), dann ist der Reeder und der Kapitän schuld. Und nicht das Wasser oder der Eisberg oder die Passagiere, die mit anderen um einen Platz in den Rettungsbooten kämpfen. Wenn bei einer Versammlungsstätte Menschen zerquetscht werden, weil die Flächen für Personen unterdimensioniert sind und keine Rettungswege da sind, sind dann die Opfer schuld? Nein!

Danke für den Vergleich, so etwas hatte ich für die Diskussion mit NurIch und Traumatherapie_Lopa (aus der etliche Beiträge gelöscht wurden) auch gesucht. Mir fiel auch die Titanic ein, aber nicht die fehlenden Rettungsboote.

Das genau passt hier. Wenn die Passagiere sich gegenseitg die Köpfe einschlagen um auf ein Rettungsboot zu gelangen, so hat das keinen Bezug zu der Unfallursache des Schiffes.

Meister fuer Veranstaltungstechnik schrieb:
Ich sehe im Moment eine Tendenz, dass bei der strafrechtlichen Verantwortung für die Todesfälle das Organisationsverschulden und die Planungsverantwortung wegdiskutiert werden sollen. Dies ist schwer hinnehmbar. Das Eintreten von Unglücksfällen ist rechtlich Grundlage einer jeden Planung von Versammlungsstätten. Unglücke und Unfälle müssen passieren können, trotzdem müssen sich die Besucher jederzeit in Sicherheit bringen können. Sie sterben, wenn sie sich nicht in Sicherheit bringen können - nicht direkt am Unglück/ Unfall.

 

In der Tat, das ist schwer hinnehmbar, auch wenn es so geheimnisvoll angegangen wird, wie im Folgenden von NurIch:

NurIch schrieb:
Zu Ihrem letzten Absatz Absatz in Beitrag #24 (Nachtrag von Blue: der mitsamt diesem hier gelöscht wurde) möchte ich anmerken, dass es bei der Betrachtung des Teilnehmerverhaltens aus meiner Sicht nicht primär um die strafrechtliche Relevanz geht. Natürlich gabe es strafrechtlich relevantes Verhalten von Einzelpersonen, die rücksichstlos auch in der Enge gedrängt haben, um zum Veranstaltungsgelände zu gelangen, weil sie den Ernst der Lage nicht verstanden haben. Dieses Verhalten ist aber nur ein Bruchteil der Relevanz des  Teilnehmerverhaltens, das aus meiner Sicht auch einen Beitrag, eine Ursache zur Entstehung der Katastrophe geleistet hat. Bei den meisten Menschen vor Ort war es eben aus der Situation heraus instinktiv, um das eigene Leben zu retten bzw. einer unangenehmen, gefährlichen Situation zu entkommen, damit also nicht verweflich, wie in einem anderen Beitrag von einem anderen Mitdiskutierer formuliert sogar "richtig" aber dennoch in meinen Augen mit ursächlich war. 

Glauben Sie mir einfach, dass ich weiß, wovon ich rede ...

......, das kann nun jeder, sich erhaben darüber fühlend, geheimnisvoll sagen: "Glauben Sie mir einfach, dass ich weiß, wovon ich rede ..."

Vor Pfingsten hatten Sie vielleicht keine Zeit/Lust mehr. Vielleicht versuchen Sie jetzt, es zu beschreiben.

Aber wie das Beispeil vom Meister für Veranstaltungstechnik schon verdeutlicht, ist es im Grunde müßig.

Dass die gebündelte geistige Haltung aller auf einem Passagierschiff Anwesenden, wenn sie sehr negativ ist, ein Unglück verursachen kann, eben weil dann die gemeinsame seelische Aufmerksamkeit zu schwach ist, stimmt zwar. Aber dieser tiefere Hintergrund eines Unglücks ist strafrechtlich nicht zu erfassen.

Blue

 

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Meister für Veranstaltungstechnik schrieb:
Wenn bei einem Schiffsunglück ein großer Teil der Passagiere ertrinken muss, weil zuwenig Rettungsboote da sind (Titanic), dann ist der Reeder und der Kapitän schuld.

So einfach ist es strafrechtlich dann doch nicht. Bleiben wir auf der Titanic und den fehlenden Rettungsbooten. Dem Reeder ist strafrechtlich nur dann schuldhaftes Handeln vorzuwerfen, wenn er entweder angeordnet hat, dass zuwenige Rettungsboote mitgenommen werden oder dann, wenn er eine anders lautende Order nicht ausreichend überwacht hat. Ebenso verhält es sich mit dem Kapitän.

Gleiches gilt für die Veranstaltung Loveparade. Der Veranstalter hat sich nur dann strafbar gemacht, wenn er die Einhaltung von gesetzlichen oder behördlichen Anforderungen entweder selbst nicht eingehalten hat (beispielsweise indem er die Nutzung einer ELA abgelehnt hat) oder die Einhaltung der Anforderungen nicht ausreichend kontrolliert hat (sog. Organsationsverschulden). Hinzu kommt, dass genau dieser Umstand - also die Nichteinhaltung einer konkreten Vorschrift oder Auflage - zu Eintritt des tatbestandlichen Erfolges geführt haben muss.

 

Die strafrechtliche Prüfung vollzieht sich wie folgt:

1. Erfüllung des objektiven Tatbestandes (Erfolgseintritt beim Erfolgsdelikt)

2. Rechtswidrigkeit (Fehlen eines Rechtfertigungsgrundes)

3. Schuld (Vorsatz oder Fahrlässigkeit)

 

Ich nehme das Tötungsdelikt als Beispiel. Hier gibt es in diesem Zusammenhang drei relevante normen, die man prüfen kann. Mord, Totschlag und fahrlässige Tötung. Alle drei setzen als tatbestandlichen Erfolg den Tod eines (anderen) Menschen voraus. Davon gab es bei der Loveparade 21. Wenn man de lege artis prüft, muss man alle 21 Fälle für sich prüfen. Ich will hier aus verständlichen Gründen abstrakt bleiben.

1. Der Todeserfolg ist eingetreten. Der tatbestandliche Erfolg liegt damit vor. Die Frage, die nun zu beantworten ist, stellt schon ein großes Problem in der Praxis dar. Es ist nämlich zu fragen, wie das Opfer getötet worden ist und von wem. Sicher ausschließen kann man wohl, dass Veranstalter und Sicherheitskräfte selbst Hand angelegt haben. Mutmasslich ist der tatbestandliche Erfolg nämlich von anderen Opfern herbeigeführt worden, die das Opfer totgetreten haben. Dieser Umstand ist - soweit praktisch überhaupt möglich - im Einzelfall aufzuklären. Nun kommt es darauf an, ob dieser "Täter" einen anderen Ausweg hatte. Dann handelte er nämlich entweder gerechtfertigt oder entschuldigt. Ein - wenn auch beängstigendes - Gedränge allein rechtfertigt oder entschuldigt die Tötung eines anderen Menschen noch nicht.

2. Erst jetzt stellt sich die Frage nach einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Veranstalters und der Behörden. Dabei ist deren Verantwortlichkeit wiederum jeweils für sich zu prüfen. Die Vorsatzdelikte dürften insoweit in der Praxis kaum nachweisbar sein. Es bleibt also die fahrlässige Tötung. Für den entsprechenden Strafbarkeitsvorwurf benötigt man neben dem Tod eines anderen Menschen die Verursachung dieses Todes durch fahrlässiges Verhalten des Täters. Hier sind wir wieder auf der Titanic. Wir wissen zwar, dass es zu wenige Rettungsboote gab. Wir wissen jedoch nicht, warum es dort zu wenige Rettungsboote gab.

3. Fahrlässiges Verhalten setzt zunächst eine Sorgfaltspflicht voraus, gegen die der Täter verstossen haben muss. Dieser Sorgfaltspflichtverstoss muss für den tatbestandlichen Erfolg ursächlich geworden sein. Um das mal plastisch darzustellen: Wenn im hinteren Teil des Geländes ein Notausgang nicht eingerichtet worden wäre, so wäre das zwar ein Sorgfaltspflichtverstoss. Dieser wäre aber für die Todesfälle im Tunnel nicht ursächlich geworden. Die Sorgfaltspflichten werden hier im Wesentlichen durch die gesetzlichen Vorgaben der Sonderbauverordnung und durch behördliche Auflagen bestimmt. Strafbar im Hinblick auf die fahrlässige Tötung ist solch ein Verstoss aber nur dann, wenn er auch für den konkreten Erfolg ursächlich geworden ist.

Wer ein Prüfungsschema einmal etwas näher betrachten möchte, kann sich beispielsweise hier informieren.

 

Man kann also nicht in aller Pauschalität sagen, dass die Genehmigung oder Durchführung einer nicht genehmigungsfähigen Veranstaltung per se auch strafrechtlich relevant ist. Es ist für jeden tatbestandlichen Erfolg die genaue Prüfung der Sorgfaltspflichtverstöße und Ursächlichkeiten durchzuführen. In der Praxis kommen noch die Beweisschwierigkeiten hinzu. Ich möchte damit niemanden in Schutz nehmen, aber doch für ein gewisses Verständnis für die Staatsanwaltschaft werben, die im Moment in genau dieser Problematik steckt.

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Meister für Veranstaltungstechnik schrieb:

Genau diese Ursächlichkeit sehe ich (und andere Kollegen der Veranstaltungstechnik) beim vorsätzlichen Missachten der SBauVO/ VStättVO.

Wenn bei einem Schiffsunglück ein großer Teil der Passagiere ertrinken muss, weil zuwenig Rettungsboote da sind (Titanic), dann ist der Reeder und der Kapitän schuld. Und nicht das Wasser oder der Eisberg oder die Passagiere, die mit anderen um einen Platz in den Rettungsbooten kämpfen. Wenn bei einer Versammlungsstätte Menschen zerquetscht werden, weil die Flächen für Personen unterdimensioniert sind und keine Rettungswege da sind, sind dann die Opfer schuld? Nein!

Ich sehe im Moment eine Tendenz, dass bei der strafrechtlichen Verantwortung für die Todesfälle das Organisationsverschulden und die Planungsverantwortung wegdiskutiert werden sollen. Dies ist schwer hinnehmbar. Das Eintreten von Unglücksfällen ist rechtlich Grundlage einer jeden Planung von Versammlungsstätten. Unglücke und Unfälle müssen passieren können, trotzdem müssen sich die Besucher jederzeit in Sicherheit bringen können. Sie sterben, wenn sie sich nicht in Sicherheit bringen können - nicht direkt am Unglück/ Unfall.

die Unfälle sind deshalb passiert weil bei Veranstaltungen die "Arbeitsstätten Vorschriften" nicht eingehalten werden.

für die Ordner  Polizisten Helfer Arbeiter wurden katastrophale "Arbeitsbedingungen" anscheinend mit leichtem Stöhnen akzeptiert.

 

mfffffggggg

 

 

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julius schrieb:

die Unfälle sind deshalb passiert weil bei Veranstaltungen die "Arbeitsstätten Vorschriften" nicht eingehalten werden.

für die Ordner  Polizisten Helfer Arbeiter wurden katastrophale "Arbeitsbedingungen" anscheinend mit leichtem Stöhnen akzeptiert.

mfffffggggg

 

Ich war selber jahrelang Wachführer von Brandsicherheitswachen und kenne die Versammlungsstättenverordnung (bzw in NRW ist die wohl aufgegangen in die SBauVO).

Ein krasses Beispiel aus der Praxis:

Einmal war die Bühnendeko nicht vollständig imprägniert. Das muss normalerweise zur Verhinderung der Veranstaltung führen. Diese war aber politisch erwünscht. Deswegen hat der Oberbürgermeister den Kommandanten angerufen und ihm seinen Wunsch mitgeteilt. Der Kommandant wiederum wollte mehr Gelder haben. Ich vermute deswegen hat mich der Kommandant dann zum Abschuß freigegeben. Ich wußte von alledem nichts, aber plötzlich kam ein Bote aus der Stadtverwaltung angekrochen und hat mir mitgeteilt, dass diese Veranstaltung aus kommunalpolitischen Erwägungen stattfinden solle und der Oberbürgermeister ansonsten betrübt wäre. Das bedeutet, dass ich meine Übernahme in den höheren Dienst der Feuerwehr unter Umständen an den Nagel hängen kann, falls ich dem nicht nachkomme. Im Fall eines Brandes wäre dieses Zweiaugengespräch nicht nachweisbar. Selbst ich würde über diesen Vorgang im Nachhinein schweigen müssen, denn ansonsten war es nicht nur Fahrlässigkeit, sondern auch noch Vorsatz. Deswegen müsste ich behaupten, es wäre mir aus Fahrlässigkeit passiert.

Halten wir bis jetzt einfach einmal fest:

Es kann sehr einfach sein, Sicherheitsvorschriften "ignorieren zu lassen", wenn man Oberbürgermeister ist. Es kann fürchterlich einfach sein, im Nachhinein diesen Vorgang auch vor einer Staatsanwaltschaft zu verbergen. 

Wenn man von vorne herein nur offensichtliche und offenkundige Vorgänge bei der Unfallaufklärung einbezieht, so würde man in dem von mir beschriebenen Fall das wichtigste Detail übersehen, nämlich die  Nötigung, die erst dazu führte, dass ich es "fahrlässig übersehen" habe.

Es gibt hier Blogger, die haben ihre ganz persönliche und eigene Sichtweise auf die Vorgänge bei der Loveparade. Dass ich deren Sichtweise nicht widerspreche, bedeutet nicht, dass ich deren Sichtweise teile. Es bedeutet aber auch nicht, dass ich deren Sichtweise von vorne herein ablehne, zumal ich oft nicht genau erkennen kann, worauf diese hinauswollen.

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Traumatherapie-LoPa schrieb:
Es kann sehr einfach sein, Sicherheitsvorschriften "ignorieren zu lassen", wenn man Oberbürgermeister ist. Es kann fürchterlich einfach sein, im Nachhinein diesen Vorgang auch vor einer Staatsanwaltschaft zu verbergen. 

Wenn man von vorne herein nur offensichtliche und offenkundige Vorgänge bei der Unfallaufklärung einbezieht, so würde man in dem von mir beschriebenen Fall das wichtigste Detail übersehen, nämlich die  Nötigung, die erst dazu führte, dass ich es "fahrlässig übersehen" habe.

Sehr gut! Wir nähern uns dem heißen Brei......

In diesem Sinn kann nicht nur ein Oberbürgermeister 'aus kommunalpolitischen Erwägungen zur Vernachlässigung der Sicherheit nötigen. Auch Forscher können aus vermeintlich dringendem Forschungsbedarf nötigen, um etwa das Bauwerk Tunnel-Rampe als einzigen Ein-und Ausgang durchzusetzen. Aber das kann auch noch viel eleganter und unauffälliger geschehen, ganz ohne Nötigung. Man braucht nur ein gutes Netzwerk. In Duisburg gbt es, wie ich seit der Lopa zu meinem Erstaunen feststelle, etliche Forschernetzwerke, die mit ihrem Forschungsthema in wahrlich alles reingreifen. Fast könnte man den Verdacht haben, dass sie in der Stadt die sind, die die Zügel in der Hand haben, jenseits aller Politik und demokratischen Prozesse. Für einige von ihnen, dürfte angesichts solch komfortabler Zugriffe die Versuchung groß sein, über das Ziel hinaus zu schießen.

 

Der unbedingte Wille eines OB zur Loveparade in einer, mit solchen Großereignissen noch überhaupt nicht vertrauten Stadt, ist außerdem eine Steilvorlage zum Einplanen solcher 'Fremdnutzung' und ihrer Bedingungen.

 

@ Lothar

wie sagtest du noch: dieser Mensch im Ministerium, wie hieß er noch, der den Leuten beibrachte, dass ein Bauamt von Sicherheit bei solchen Großveranstaltungen keine Ahnung habe und folglich auf Experten setzen müsse?

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Blue schrieb:
Der unbedingte Wille eines OB zur Loveparade in einer, mit solchen Großereignissen noch überhaupt nicht vertrauten Stadt, ist außerdem eine Steilvorlage zum Einplanen solcher 'Fremdnutzung' und ihrer Bedingungen.

Auch das zur Vorsicht: Ich meinte auch nicht den OB, sondern er war die Steilvorlage für unbekannte Dritte, zum Einschleusen einer 'Fremdnutzung'.

Was aber dennoch nicht ausschließt, dass er es eventuell wusste.

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julius schrieb:

die Unfälle sind deshalb passiert weil bei Veranstaltungen die "Arbeitsstätten Vorschriften" nicht eingehalten werden. Für die Ordner  Polizisten Helfer Arbeiter wurden katastrophale "Arbeitsbedingungen" anscheinend mit leichtem Stöhnen akzeptiert

 

Die Polizei akzeptiert vielleicht offiziell einen Mißstand. Aber die Polizei würde es meiner persönlichen Meinung nach nicht zulassen, dass ihre Beamten einfach auf einer viel zu gefährlichen Veranstaltung verheizt werden. Abgesehen davon weiß doch die Polizei, dass immer sie hinterher der Prügelknabe sein werden - egal wer es versaut hat. Die Polizei hätte meiner Meinung nach genug Grund und auch genug Möglichkeiten gehabt, hier hinter den Kulissen einzuschreiten, so sie denn wollte. 

Ein Volltrottel mit Doktortitel interessiert mich als Feuersehrmann (und vermutlich ist dies auch so bei der Polizei) absolut nicht. Ich setzte bei Einsätzen mein Leben aufs Spiel. Ein Doktor oder ein Professor ist Zivilist, wurde von Mama und Papa meist verweichlicht und ist gedanklich überhaupt nicht in der Lage, seine Komfortzone zu verlassen.  Er ist nicht in der Lage nachzuvollziehen, was es heißt, bei gefährlichen Einsätzen seinen Mann oder seine Frau zu stehen. Er ist nicht meinesgleichen, fühlt sich als Elite, ist aber ein Nichts. Er ist vielleicht intelligenter als ich, aber vertrauen würde ich ihm deswegen noch lange nicht.

Sofern der höhere Dienst der Polizei nicht aus lauter Volltrotteln besteht, hätten diese wohl eine Möglichkeit gefunden das Schlimmste auf dem kleinen Dienstweg zu verhindern - vollkommen unabhängig von der Gesetzteslage in NRW. Warum ist dies nicht geschehen?

Weil man einem Doktortitel vertraute? Das ist lächerlich.

Oder weil gerade die Polizei sich an Recht und Ordnung halten muss? Das ist Unsinn. Es gibt notfalls andere Möglichkeiten sich durchzusetzen.

Ich glaube nicht, dass die bisherigen Diskussionen die Wahrheit widerspiegelt. Gegenteilige Meinungen hierzu sind sehr erwünscht.

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Traumatherapie-LoPa schrieb:

Oder weil gerade die Polizei sich an Recht und Ordnung halten muss? Das ist Unsinn. Es gibt notfalls andere Möglichkeiten sich durchzusetzen.

Ich glaube nicht, dass die bisherigen Diskussionen die Wahrheit widerspiegelt. Gegenteilige Meinungen hierzu sind sehr erwünscht.

Welche Möglichkeiten schweben Ihnen denn da vor? Werden SIE doch bitte mal konkret...

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Klaus M schrieb:
Für den Fall, dass Sie mich meinen
.... unter Anderen... Als Sie sagten: 
Quote:
Sie hatten ganz konkret geschrieben, dass die Polizei die Möglichkeit gehabt hätte, die Lopa zu verhindern oder dass sie sich auf andere Weise hätte durchsetzten können.
habe ich mich erstaunt  gefragt, wo er das getan haben soll. Weder in dem ersten Zitat, das Sie in # 96 bringen:

Traumatherapie-LoPa schrieb:
Oder weil gerade die Polizei sich an Recht und Ordnung halten muss? Das ist Unsinn. Es gibt notfalls andere Möglichkeiten sich durchzusetzen.
...noch in Ihren Zitaten in # 107 + # 117 und behaupten locker  in # 110

Quote:
Es ging um die Möglichkeit der Polizei im Vorfeld die Lopa zu verhindern - das war Ihre Behauptung.

Ich gehe davon aus, dass Sie seine eigentliche Aussage sehr wohl verstanden haben, nur eben deren Wahrheit  nicht wahrhaben wollten. Wenn dann die Tendenz aufkommt, Aussagen zurecht zu biegen, ist das nicht sehr hilfreich. Das kann man durchaus als Gereiztheit wahrnehmen und als Signal verstehen. Denn deren Ursache liegt nicht auf seiner Seite, so nach dem Motto " da darf man doch". Vielmehr ist das Nichtwahrhabenwollen der Tatsachen auf Seiten der Polizei trotz seiner anschaulichen, klaren Antworten, der Grund für die durchscheinende Gereiztheit. 

 

Ähnlich ist es mit dem Herumpochen auf den blanken Gesetzen. Er hat doch den Zusammenhang von verantwortlichem, eigenständigem Umgang mit den Gesetzen bei Feuerwehtr und Polizei und ähnlichen Berufen im Falle der Nötigung ausgesprochen verständlich aufgezeigt. Und dann kommen da so Sätze wie:

# 109  "Weil die Polizei an gesetzliche Grundlagen gebunden ist und nicht an populistische Wunschvorstellungen."

# 111  "Sie erwarten anscheinend, dass die Polizeikräfte vor Ort sich in die Kompetenzen anderer Behörden einmischen und so nebenbei noch ihren Einsatzbefehl eigenmächtig an eine zukünftige Lage anpassen."

mit denen die Nötigung mal einfach so ignoriert wird. Wissen hier einige, dass es sie gab?

 

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@blue, @Traumatherapie-LoPa

 

Blue schrieb:

Ich gehe davon aus, dass Sie seine eigentliche Aussage sehr wohl verstanden haben, nur eben deren Wahrheit  nicht wahrhaben wollten. Wenn dann die Tendenz aufkommt, Aussagen zurecht zu biegen, ist das nicht sehr hilfreich. Das kann man durchaus als Gereiztheit wahrnehmen und als Signal verstehen. Denn deren Ursache liegt nicht auf seiner Seite, so nach dem Motto " da darf man doch". Vielmehr ist das Nichtwahrhabenwollen der Tatsachen auf Seiten der Polizei trotz seiner anschaulichen, klaren Antworten, der Grund für die durchscheinende Gereiztheit. 

Ich habe in der Tat unglücklich zitiert und vielleicht zu direkt zusammengefasst. Aber lesen Sie bitte Posting #95 noch einmal komplett. Sollte der von mir dort erkannte Tenor wirklich nicht zutreffen, dann habe ich den Sinn des Postings tatsächlich nicht verstanden.

Meine Gereiztheit war auch eigentlich eher dem Umstand geschuldet, dass da von ominösen Möglichkeiten geredet wurde und auf Nachfrage nichts Substantielles kam. In meiner Wahrnehmung hat er damit ein ähnliches Verhalten an den Tag gelegt, welches den weltfremden Doktoren, Professoren oder den unfähigen Angehörigen des h.D. unterstellt und welches angeprangert wurde: heiße Luft zu produzieren.

 

Blue schrieb:

Ähnlich ist es mit dem Herumpochen auf den blanken Gesetzen. Er hat doch den Zusammenhang von verantwortlichem, eigenständigem Umgang mit den Gesetzen bei Feuerwehtr und Polizei und ähnlichen Berufen im Falle der Nötigung ausgesprochen verständlich aufgezeigt. Und dann kommen da so Sätze wie:

# 109  "Weil die Polizei an gesetzliche Grundlagen gebunden ist und nicht an populistische Wunschvorstellungen."

# 111  "Sie erwarten anscheinend, dass die Polizeikräfte vor Ort sich in die Kompetenzen anderer Behörden einmischen und so nebenbei noch ihren Einsatzbefehl eigenmächtig an eine zukünftige Lage anpassen."

mit denen die Nötigung mal einfach so ignoriert wird. Wissen hier einige, dass es sie gab?

Das Problem an dem Nötigungs-Beispiel ist doch, dass man es auf die polizeilichen Aufgaben bei der Lopa nicht übertragen kann.

Traumatherapie-LoPa war als Verantwortlicher für die Brandsicherheitswache für die nicht imprägnierte Deko verantwortlich - er sollte, er konnte, er durfte prüfen und einschreiten. Er musste zu rechtswidrigem Verhalten genötigt werden, eben weil er zuständig war. Alles das trifft auf die Polizei gerade mangels Zuständigkeit nicht zu.

Dass es aus dem Innenministerium eine Weisung an die Polizei gab, bei der Planung zur Lopa mitzumachen und diese Veranstaltung zu unterstützen - daran habe ich keinen Zweifel. Diese Entscheidung mag fatal gewesen sein, von einer Nötigung zu rechtswidrigem Verhalten ist das aber meilenweit entfernt.

Ich habe ja auch die starke Vermutung, dass es eine solche irgendwie geartete Nötigung im Sinne des Brandsicherheitswachen-Beispiels auf städtischer Seite gegeben hat - aber auf Seiten der Polizei sehe ich dazu keinen Grund.

 

Gruß

Klaus M.

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Klaus M schrieb:

Meine Gereiztheit war auch eigentlich eher dem Umstand geschuldet, dass da von ominösen Möglichkeiten geredet wurde und auf Nachfrage nichts Substantielles kam. In meiner Wahrnehmung hat er damit ein ähnliches Verhalten an den Tag gelegt, welches den weltfremden Doktoren, Professoren oder den unfähigen Angehörigen des h.D. unterstellt und welches angeprangert wurde: heiße Luft zu produzieren.

Ich habe hier keine heiße Luft produzieren. Es gibt in den bisherigen Versionen einfach einen Widerspruch. Die Strahlwirkung eines Doktortitels reicht nicht bis in den Feuerwehrhof (vermutlich auch nicht bis in den Polizeihof). Da ich selber Akademiker bin, hat man mir noch nicht einmal zugetraut, mein Auto selber zur reparieren. Es ist genau umgekehrt, wie das in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Wie soll man das anschaulich erklären, wenn nicht mit den Worten des gehobenen Dienstes - abgesehen davon ist deren Sichtweise gar nicht so falsch. Es ist halt immer auch ein wenig schwierig via Computer solche Sichtweisen klar zu kommunzieren.

Klaus M schrieb:

Das Problem an dem Nötigungs-Beispiel ist doch, dass man es auf die polizeilichen Aufgaben bei der Lopa nicht übertragen kann.

Ich habe ja auch die starke Vermutung, dass es eine solche irgendwie geartete Nötigung im Sinne des Brandsicherheitswachen-Beispiels auf städtischer Seite gegeben hat - aber auf Seiten der Polizei sehe ich dazu keinen Grund.

Das wollte ich damit eigentlich auch nicht behaupten. Ich glaube, es wäre gut, wenn ich das noch einmal klarstelle:

Es gibt hier meiner Einschätzung nach ein eigentümliches Verhalten auf Seiten der Polizei.

Die Polizei hat wohl ihre Pflicht getan, mehr aber auch nicht. Das wundert mich, wenn man bedenkt, wie risikoreich das alles war und dass doch eigentlich bei der Polizei die Spezialisten für Verhaltenskontrolle bei Großdemos sitzen. Sicher haben diese auch mal eine Bemerkung über die LoPa fallen lassen.

Jetzt gibt es mehrere Versionen, die das von mir als eigentümlich wahrgenommene Verhalten erklären können. Beispielsweise könnte man dem sogenannten Crowd-Manager absolut vertraut haben, weil er sich anderweitig einen sehr positiven Ruf erworben hatte. Oder ein Polizeibeamter des höheren Dienstes ohne Einsatzerfahrung meinte seine Vorstellungen unbedingt durchsetzen zu müssen. Da gibt es jetzt viele Versionen - nur die bisherige Version kann mich nicht überzeugen.

Vielleicht war unser Streit auch wegen einem Mißverständnis?

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Traumatherapie-LoPa schrieb:

(...)Ich setzte bei Einsätzen mein Leben aufs Spiel. Ein Doktor oder ein Professor ist Zivilist, wurde von Mama und Papa meist verweichlicht und ist gedanklich überhaupt nicht in der Lage, seine Komfortzone zu verlassen.  Er ist nicht in der Lage nachzuvollziehen, was es heißt, bei gefährlichen Einsätzen seinen Mann oder seine Frau zu stehen.

Gut beschrieben! Solch ein Mensch könnte sich zwar sehr wohl in die Lage versetzen und nachvollziehen, nur geschieht das weitestgehend nicht. Derlei Aufmerksamkeit für die mitunter ausgeprägte  Andersartigkeit des Erfahrungshorizonts Anderer entwickeln heute die wenigsten.

 

Quote:
Sofern der höhere Dienst der Polizei nicht aus lauter Volltrotteln besteht, hätten diese wohl eine Möglichkeit gefunden das Schlimmste auf dem kleinen Dienstweg zu verhindern - vollkommen unabhängig von der Gesetzteslage in NRW. Warum ist dies nicht geschehen?
Sie bringens gut auf den Punkt, was ich mit "wir sind nicht zuständig" zum Ausdruck bringen wollte.

 

Quote:
Weil man einem Doktortitel vertraute? Das ist lächerlich.
Quote:
Ich habe so langsam den Verdacht, die Polizei hat widersinniger Weise tatsächlich vertraut. Aber warum nur? Hat sich der sogenannte Crowd-Manager dieses Vertrauen aufgrund seiner herausragenden Verdienste auf Veranstaltungen tatsächlich erworben? War er in Polizeikreisen vielleicht anderweitig positiv aufgefallen und man vertraute ihm deswegen?

Ich könnte mir vorstellen, dass bei der Polizei jeweils die EA/F oder der PF eine solche Marschrichtung für die Hu vorgeben.

Quote:
Ich glaube nicht, dass die bisherigen Diskussionen die Wahrheit widerspiegeln.

Nein, aber das alles ist im Vorfeld auch nötig, um klar ausgrenzen zu können. So machen' s die Ärzte ja auch, untersuchen erst alles Harmlose, eher sie sich an die Krebsdiagnose heran machen.

 

0

 @Blue

Eine rechtskonforme und sichere Veranstaltung wäre auf diesem Gelände für eine hohe Anzahl Besucher möglich gewesen, wenn

1. die komplette Einlasssituation mit der notwendigen Sorgfalt gestaltet worden wäre

2. die Rettungswege gemäß SBauVO geplant und realisiert worden wären

3. alle gestzlich vorgeschriebenen Sicherheitseinrichtungen wie die ELA vorhanden gewesen wären

4. die Veranstaltung auf die zulässige Anzahl Besucher beschränkt worden wäre

5. alle anderen Auflagen der BauO NRW und der SBauVO eingehalten worden wären

Die baulichen Kosten wären höher gewesen. Eine vorsätzlich falsche Angabe der möglichen Besucheranzahl (Million...) hätte es nicht geben dürfen. Aber alles das war nicht gewollt. Veranstalter, Politik, Stadt Duisburg und Ordnungsbehörden haben quasi als Kartell ein illegale Veranstaltung geplant, genehmigt, geduldet, durchgeführt und nicht rechtzeitig abgebrochen.

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Meister fuer Veranstaltungstechnik schrieb:

Aber alles das war nicht gewollt. Veranstalter, Politik, Stadt Duisburg und Ordnungsbehörden haben quasi als Kartell ein illegale Veranstaltung geplant, genehmigt, geduldet, durchgeführt und nicht rechtzeitig abgebrochen.

Wenn dem so ist, darf man gespannt sein, was die STA am Ende auftischen wird. Dennan welchem Schopfe will man solch ein Kartell packen???

Dennoch, ich gehe als Künstlerin immer gerne von der ganz realen Optik aus und kann mir nicht vorstellen: wer handelt so hirnrissig, diese so fürchterlich offenkundige Untauglichkeit des Bauwerks Tunnel-Rampe als alleinigen Ein- und Ausgang für Hunderttausende zu wählen und dann auch noch ohne jede Sicherheitsvorkehrungen, ohne dafür einen vertretbaren Grund zu haben, der dann aber wirklich nur durch die Forschung geliefert werden konnte. Mit Forschung meine ich noch nicht einmal so sehr die Personenstromanalysen. Die waren so oder so möglich.... allerdings mit Gegenverkehr nur bei gleichzeitigem Ein- und Ausgang. Aber dafür brauchte es nicht dieses verliesartige Bauwerk.

Blue

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@ Klaus M.:

Teil 1

Gerne möchte ich einmal versuchen zu erklären, warum ich so viel Arbeit da hinein stecke, die Ereignisse am Veranstaltungstag - wie Sie es ausdrücken - von Groß nach Klein aufzudröseln. Gerade der Punkt, dass ich mir damit ersichtlich viel Arbeit mache, lässt natürlich über das Warum nachdenken und führt dann vielleicht zu dem (falschen) Schluss, ich würde womöglich Fehler der im Bereich Tunnel/Rampe eingesetzten Polizisten noch in irgendwelchen kleinen Krümeln aufstöbern wollen.

Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall.

Ich gehöre - gemeinsam mit dem Meister für Veranstaltungstechnik - zu den stärksten Verfechtern der Aussage, dass die Planung ursächlich für die Todesfälle und Verletzten ist.

Das sehen jedoch keineswegs alle so. Weiterhin wird immer wieder einmal angenommen, irgendwie hätte es auch unter den auf Basis der Planung gegebenen Umständen gelingen können, die Veranstaltung durchzuführen. Das immer wieder einmal diese Gedanken aufkommen, ist nicht verwunderlich, denn immerhin glaubten auch diejenigen, welche die Loveparade durchführten, daran.

Und solange nicht absolut deutlich ist, in welchem Umfange hier entscheidende Grundsätze der Planung missachtet wurden, die in direkter Weise zum strafrechtlichen "Erfolg" führten, wird es permanent Argumente geben, die Zweifel an dieser Sichtweise schüren.

Genau das ist der Punkt, an welchem uns auch gerne Besserwisserei im Nachhinein vorgeworfen wird. "Ach, so. Die meinen sogar zu wissen, wie das Ganze besser zu planen gewesen wäre..."

Tatsächlich haben wir diverse Überlegungen durchgeführt, wie die Loveparade auf diesem Gelände in Duisburg hätte unter Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen durchgeführt werden können. Dazu sind uns eine Reihe von Teillösungen eingefallen, die sehr viel Aufwand und Geld verursacht hätten. Aber eine Gesamtlösung inklusive - um wichtige Beispiele zu nennen - geeigneter Zuwegungen, Handling von Sicherung, Rettungswegen etc. insbesondere auf Seiten der Bahngleise - hat sich mir dabei noch nicht gezeigt.

Deshalb bin ich persönlich zu der Überzeugung gekommen, dass dieses Gelände als Veranstaltungsort für die Loveparade generell hätte verworfen werden müssen.

Vielleicht hätte sich außerhalb Duisburgs auf einer Brache oder im Landschaftspark Nord eher eine Möglichkeit gefunden. Aber das weiß ich nicht und habe es mir auch nicht näher angesehen. Ggf. hätte man zu dem Ergebnis kommen müssen, die Loveparade nicht in Duisburg durchzuführen.

 

An diesem Punkt offenbart sich eines der Grundübel der Planung schlechthin:

Zuerst nämlich hat man beschlossen, die Loveparade nach Duisburg zu holen, und DANN hat man konkrete Überlegungen angestellt, wo sie denn genau stattfinden soll. Offenbar war man der Ansicht, irgendein Ort werde sich schon finden oder eben passend machen lassen.

Diese Fragestellung aber hätte man sich bereits im Jahr 2007 beantworten müssen, um zu entscheiden, ob die Loveparade überhaupt in Duisburg zu realisieren ist. So aber ging Zeit ins Land, Bochum (wo man sich ebenfalls nicht früh genug konkretere Gedanken gemacht hatte) sagte im Jahr 2009 kurzfristig ab und Duisburg stand unter Druck, die Loveparade a) überhaupt für das Ruhrgebiet zu bewahren und b) im Kulturhauptstadt-Jahr auf die Beine zu bekommen.

Und genau in demselben Stil wurde die Planung fortgeführt: Umso näher der Termin rückte, desto größer wurden Zeitdruck und Erfolgsdruck, desto mehr wurde die Planung den Gegebenheiten vor Ort angepasst.

 

Was die Loveparade in der realisierten Form in Duisburg anbelangt, so sind wir zu der Überzeugung gelangt, dass die Veranstaltung nicht nur von vornherein nicht genehmigungsfähig war, sondern dass sie mit dieser Menschenmenge so letzten Endes absolut nicht durchführbar war (Breite der Tunnel, noch schmalere Rampe, Nadelöhr am Rampenkopf, dahinter direkt Floatstrecke, die teilweise wie eine Sperre wirkte), so dass es zwangsläufig zu chaotischen Bedingungen und erheblichen Gefahren für Leib und Leben der Besucher kommen musste.

Unfassbare Gefahren wurden für die Besucher freilich nicht nur durch die sich mehr und mehr verengende Zuführung zum Partybereich geschaffen, sondern auch in diversen Details, wie z.B. fehlende Rettungswege im Bereich Tunnel/Rampe, keine separaten Einfahrtmöglichkeiten für Einsatz-/Rettungsfahrzeuge, geplante Situation auf den Straßen bzw. der gesamten Zuwegung und vieles mehr.

Die einzige Chance, Schlimmes zu verhindern, hätte demnach am Veranstaltungstag selbst darin bestanden, in dem Augenblick, in dem man erkannte, dass die Planung nicht aufgehen konnte, jene Maßnahmen zu ergreifen, die man erst ergriff, nachdem Tote gemeldet wurden.

 

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Die Leserin schrieb:

Die einzige Chance, Schlimmes zu verhindern, hätte demnach am Veranstaltungstag selbst darin bestanden, in dem Augenblick, in dem man erkannte, dass die Planung nicht aufgehen konnte, jene Maßnahmen zu ergreifen, die man erst ergriff, nachdem Tote gemeldet wurden.

Und bedeutete: Lopavent das Heft des Veranstalters aus der Hand zu nehmen.
Das hat die Ordnungsbehörde wie immer sie an jenem Tag strukturiert war, offensichtlichn nicht einmal erwogen.

Und die Polizei, sah die heraufziehende Gefahr eben auch nicht. Sonst hätte Sie den Schichtwechel als Chance der doppelten einsatzstärke genutzt. Zumal in dieser Situation der vom Spiegel breit zitierte Erlass "Nur 12 Stunden Dienstzeit" da niemand beachtete.

Selbst Dirk H. als EA Schutz der Veranstaltung, hat im und nach dem Gespräch keine Gegenwärtige Gefahr gesehen. Sonst hätte er sicher eher eine weitere Hundertschaft angefordert. Was er mit dem je einem Zug an den beiden Eingängen und einem im Raumschutz ernsthaft hätte machen können, um mdie völlige Weigerung von Lopavent, den Stau an der Floatstrecke aufzulösen zu kompensieren, hat sich mir jedenfalls nicht erschlossen.

Bleibt der Konjunktiv, des "hätten eher erkennen können".
Der hakt für meinen Geschmack immer daran, dass er das Faktische schlecht erklärt. Ausserdem ist der Übergang zum Besserwisserischen, hat man den Konjunktiv erst einmal gezogen, nur graduell.

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Die Leserin schrieb:

Gerne möchte ich einmal versuchen zu erklären, warum ich so viel Arbeit da hinein stecke, die Ereignisse am Veranstaltungstag - wie Sie es ausdrücken - von Groß nach Klein aufzudröseln. Gerade der Punkt, dass ich mir damit ersichtlich viel Arbeit mache, lässt natürlich über das Warum nachdenken und führt dann vielleicht zu dem (falschen) Schluss, ich würde womöglich Fehler der im Bereich Tunnel/Rampe eingesetzten Polizisten noch in irgendwelchen kleinen Krümeln aufstöbern wollen.

Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall.

 

Mir sind beim Lesen Ihrer Kommentare in den letzten Monaten jede Menge Gedanken durch den Kopf gegangen ... DER war nicht dabei. Es ist Ihnen sehr gut gelungen, diese Absicht zu verbergen.

Ich will nur zu folgenden Punkten noch Anmerkungen machen:

 

Die Leserin schrieb:

Die Berichte erwecken den Eindruck, die Verantwortlichen dort vor Ort (Polizei und CM) hätten quasi nach eigenem, spontanem Ermessen gehandelt.

Aber selbst die Möglichkeit der Betreffenden vor Ort, in dieser Art und Ausrichtung eigenmächtig zu handeln, würde den Planungen fundamental widersprechen.

Und es stellt sich doch die Frage, ob ein solches, den Plänen widersprechendes Handeln denn von so gar niemandem auf übergeordneter Ebene bemerkt werden konnte.

Hinsichtlich der Besucherstromsteuerung waren die Planungen so detailiert nun auch wieder nicht. Vielleicht habe ich da ein wichtiges Dokument übersehen, aber in der Veranstaltungsbeschreibung und im Sicherheitskonzept ist doch nur von Spähordnern, den Pushern und 100 Ordnern, die die Schleusen kontrollieren und den Zufluss steuern sollen, die Rede. Der CM hatte da schon ziemliche Handlungsfreiheit. Dies halte ich nicht per se für kritikwürdig, solange er über die ausreichende Erfahrung, ausreichendes Personal und Entscheidungskompetenz verfügt. Gleiches gilt auch für die Polizei. Das ist eine Frage der Führungsmethode: Befehls- oder Auftragstaktik. Zu bevorzugen ist da regelmäßig die Auftragstaktik, die dem Abschnittsleiter (und auch dem CM) einen eigenen Spielraum einräumt, wie er den Auftrag erledigt. Das hat sich eigentlich bewährt und führt in der Regel zu schnelleren und sachgerechteren Vor-Ort-Entscheidungen und zu zufriedeneren Mitarbeitern.

Dass seitens des Abschnittsleiters die dann über den eigentlichen Auftrag hinaus gehenden Maßnahmen auch zuvor an die übergeordneten Ebenen gemeldet wurden, macht meiner Meinung nach allein schon der Feuerwehr-Vermerk deutlich.

 

Die Leserin schrieb:

Überlegen Sie bitte auch einmal, Herr M., ob ich bislang schon einmal einen Grund fand, Ihnen zu widersprechen oder auch nur nachzubohren. Ich selbst habe das nachgeprüft: Es ist bislang noch nie vorgekommen. Dabei sind Sie hier ja auch schon einige Monate dabei. Wenn ich also einfach nur jemand wäre, der gegen Vertreter der Polizei grundsätzlich Stellung bezieht, so hätten wir bereits längst irgendwelche Dispute gehabt.

Das liegt vermutlich daran, dass ich geneigt bin, mich nur dann zu äußern, wenn ich von dem Thema ein bisschen was verstehe. Und wenn ich etwas nicht weiß, nutze ich gerne Fragen oder ich versuche Spekulationen hinreichend deutlich zu machen. Wenn ich dann trotzdem Blödsinn geschrieben habe, ist es meist nicht ganz so peinlich...

 

Die Leserin schrieb:

Eine solche einseitige Fehlersuche in Detailfragen braucht man mir schon alleine mit Blick auf den Ort unserer Diskussion nicht zu unterstellen. Ob z.B. wie viele Polizisten genau an der „östlichen Umfahrung“ standen, ist beispielsweise für die strafrechtliche Betrachtung der Todesfälle und Verletzten völlig irrelevant (auf diesen Punkt komme ich gleich noch einmal).

[...]

Aber noch einmal zurück zu Ihrem Eindruck:

Nehmen wir zum Beispiel den Fall des Personalabzuges im Bereich "östliche Umfahrung", den Sie vorhin in einem Beitrag weiter oben angesprochen haben. Dass es evtl. kritisch gewesen sein könnte, dort Personal abzuziehen, hatte ich dabei überhaupt nicht im Sinn. Das ist nämlich für unsere Diskussion hier nicht von Belang, da ja dort nichts Schlimmes geschehen ist. Ich habe diesen Personalabzug lediglich deshalb thematisiert, weil ich davon ausging, dass es sich dabei um eine Entscheidung handelte, die Dirk H. nicht alleine treffen konnte.

Ich hatte das Beispiel "östliche Umfahrung" eigentlich auch nur angeführt, um deutlich zu machen, dass da der Abschnittsleiter nur die Wahl zwischen Pest und Cholera hatte.

 

Aber auch das ist ein Beispiel dafür, wie Sie argumentieren. Sie schütteln und rühren hier in der Diskussion zu anderen Sachverhalten vorgetragene Argumente bar jeder Fachkenntnis durcheinander, bis die Ihnen in den Kram passen. Wenn ich jemandem ein Unterlassen vorwerfe, also etwas was er hätte tun können oder sogar tun müssen, kann es durchaus sein, dass es strafrechtlich von erheblichem Belang ist, dass gerade woanders nichts passiert ist.

Der Bauamtsmitarbeiterin Frau G. wird doch offensichtlich vorgeworfen, charmant zu Hause geblieben zu sein. Warum? Da ist doch nicht Schlimmes passiert, oder etwa doch?

 

Gruß

Klaus M

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Klaus M schrieb:

Dass seitens des Abschnittsleiters die dann über den eigentlichen Auftrag hinaus gehenden Maßnahmen auch zuvor an die übergeordneten Ebenen gemeldet wurden, macht meiner Meinung nach allein schon der Feuerwehr-Vermerk deutlich.

Wie sieht in einem solchen Fall die Meldung aus? Könnte das nicht zwischen Polizei und Feuerwehr auf der Dienstebene im Bereich Tunnel/Rampe besprochen worden sein?

 

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Die Leserin schrieb:

Klaus M schrieb:

Dass seitens des Abschnittsleiters die dann über den eigentlichen Auftrag hinaus gehenden Maßnahmen auch zuvor an die übergeordneten Ebenen gemeldet wurden, macht meiner Meinung nach allein schon der Feuerwehr-Vermerk deutlich.

Wie sieht in einem solchen Fall die Meldung aus? Könnte das nicht zwischen Polizei und Feuerwehr auf der Dienstebene im Bereich Tunnel/Rampe besprochen worden sein?

 

1. Von Feuerwehrleuten auf der Rampe weiß ich bislang nichts.

2. Das ist sogar zwischen den Stäben diskutiert worden. Ein Zitat aus dem Vermerk: "Der Verbindungsbeamte Herr L. im Stab der Polizei hat den S3 der FEL telefonisch informiert, dass die Polizei die Zulauframpe aus dem Karl-Lehr-Tunnel zum Veranstaltungsgelände kurzfristig sperren will."

 

 

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Klaus M schrieb:

Hinsichtlich der Besucherstromsteuerung waren die Planungen so detailiert nun auch wieder nicht. Vielleicht habe ich da ein wichtiges Dokument übersehen, aber in der Veranstaltungsbeschreibung und im Sicherheitskonzept ist doch nur von Spähordnern, den Pushern und 100 Ordnern, die die Schleusen kontrollieren und den Zufluss steuern sollen, die Rede. Der CM hatte da schon ziemliche Handlungsfreiheit. Dies halte ich nicht per se für kritikwürdig, solange er über die ausreichende Erfahrung, ausreichendes Personal und Entscheidungskompetenz verfügt. Gleiches gilt auch für die Polizei. Das ist eine Frage der Führungsmethode: Befehls- oder Auftragstaktik. Zu bevorzugen ist da regelmäßig die Auftragstaktik, die dem Abschnittsleiter (und auch dem CM) einen eigenen Spielraum einräumt, wie er den Auftrag erledigt. Das hat sich eigentlich bewährt und führt in der Regel zu schnelleren und sachgerechteren Vor-Ort-Entscheidungen und zu zufriedeneren Mitarbeitern.

Grundsätzlich schon.

Für bestimmte Entscheidungen jedoch - und dazu gehört insbesondere die Schließung des Veranstaltungsgeländes - wurde im Vorfeld festgelegt, dass die entsprechenden Maßnahmen im Rahmen von Telefonkonferenzen beschlossen werden sollten.

Dafür gibt es durchaus Gründe. So hat sich ja prompt gezeigt, dass es eben nicht gelang, die Einlassschleusen dicht zu bekommen. Dazu brauchte es Verstärkung, und zwar angesichts der Situation auf den Straßen, wo der absolute Bär tobte und es ebenfalls zu gefährlichen Verdichtungen, durch Druck auf Menschen umgefallene Zäune etc. kam.

Die Anzahl der Ordner an den Schleusen ist dabei eben nur ein Faktor. Wenn die Situation auf den Straßen eskaliert, helfen auch genügend Ordner an den Schleusen nicht.

Deshalb war das ganz glasklar eine Gesamtsituation, die der EA/F im Bereich Tunnel/Rampe weder überschauen, noch steuern konnte. Brauchte er auch nicht, denn für Schließungen war eine andere Entscheidungsebene (mit vorrangiger Befugnis des Ordnungsamtes) vorgesehen.

Weil die Berichte - sowohl der Stadt als auch der Polizei - nicht aufzeigen, dass diesbezüglich irgendwelche Informationen aus dem Bereich Tunnel/Rampe von wem auch immer an eine Führungsebene weitergegeben wurden, sieht es so aus, als habe der EA/F völlig eigenwillig gehandelt und darüber noch nicht einmal jemanden informiert.

Aber selbst wenn dies so wäre - entgegne ich an einer solchen Stelle -, so waren die polizeilichen Handlungen im Bereich Tunnel/Rampe deutlich auf den Kamera-Aufnahmen zu sehen. Deshalb gehe ich auf jeden Fall von einer Information der oberen Entscheidungsebene aus.

Und dass die polizeilichen Maßnahmen deutlich sichtbar waren, ist ohne Zweifel. Das kann jeder selbst einmal auf den Aufnahmen der Sicherheitskameras nachsehen.

 

Klaus M schrieb:

Die Leserin schrieb:

Klaus M schrieb:

Dass seitens des Abschnittsleiters die dann über den eigentlichen Auftrag hinaus gehenden Maßnahmen auch zuvor an die übergeordneten Ebenen gemeldet wurden, macht meiner Meinung nach allein schon der Feuerwehr-Vermerk deutlich.

Wie sieht in einem solchen Fall die Meldung aus? Könnte das nicht zwischen Polizei und Feuerwehr auf der Dienstebene im Bereich Tunnel/Rampe besprochen worden sein?

1. Von Feuerwehrleuten auf der Rampe weiß ich bislang nichts.

2. Das ist sogar zwischen den Stäben diskutiert worden. Ein Zitat aus dem Vermerk: "Der Verbindungsbeamte Herr L. im Stab der Polizei hat den S3 der FEL telefonisch informiert, dass die Polizei die Zulauframpe aus dem Karl-Lehr-Tunnel zum Veranstaltungsgelände kurzfristig sperren will."

 

Bingo! Also war der Stab der Polizei über die Sperrung des Geländes informiert.

Im Führungsstab wiederum saßen Personen, die auch an der Planung der Loveparade beteiligt waren?

Auf jeden Fall war man über die Telefonkonferenzen und die entsprechende Vorgehensweise informiert, denn zuvor hatte ja schon mindestens eine Konferenz stattgefunden.

Und die Auslastungszahlen für die einzelnen, definierten Bereiche (Tunnel/Rampe = V1) waren ebenfalls schon seit Stunden auf einer für alle zugänglichen Grafik gesammelt worden, wobei ab 80 % Füllung Telefonkonferenzen angesagt waren.

Zu den Merkwürdigkeiten gehört ja auch, dass die Auslastungszahlen des entscheidenden Zeitraums auf der Grafik einfach fehlen. Auch dafür gilt: Wenn die Leutchen vor Ort plötzlich aufgehört hätten, Auslastungszahlen zu melden (dies war auf Seiten der Polizei die Aufgabe der Einsatzabschnittsführung), dann hätte auch dies auffallen und auf jeden Fall zu Nachfragen führen müssen, denn diese Auslastungserhebung war ja äußerst wichtig.

 

Wir hatten bereits darüber diskutiert, ob es in der kritischen Zeit Telefonkonferenzen gegeben haben könnte, die uns nicht bekannt sind.

Ich persönlich gehe davon aus, dass es eben eine solche Konferenz mit entsprechend offiziellem Charakter nicht gegeben hat. Denn allzu erstaunlich wäre es, wenn keine einzige der Seiten seither darüber berichtet hätte - noch nicht einmal die Feuerwehr, welche ja eiligst die von Ihnen zitierte Notiz nach der Loveparade in die Öffentlichkeit brachte, um deutlich zu machen, dass sie Bedenken gegen die Tunnelsperrung geäußert hatte. Dazu musste man eigens in der Nacht nach der Katastrophe noch eine Notiz anfertigen. Wie viel einfacher wäre es gewesen, auf eine entsprechende Warnung während einer offiziellen Telefonkonferenz mit allen entscheidenden Seiten hinweisen zu können?

 

An dieser Stelle nun haben wir ein Indiz dafür gefunden, dass der Stab der Polizei über die Pläne des EA/F (Tunnelsperrung) unterrichtet war.

Nun sehe ich persönlich drei Möglichkeiten:

1) Die Polizei beschloss, an dieser Stelle die alleinige Regie auf dem Gelände zu übernehmen und darüber die vorrangig zuständigen Seiten nicht einmal zu informieren.

??? Das ist kaum anzunehmen.

2) Der Stab der Polizei erkannte nicht, dass die Sperrung der Tunnel eine Schließung des Geländes war (oder dachte, so ein paar Minütchen wären ja nicht der Rede wert) und hatte überdies vergessen, dass ein wesentlicher Punkt der Sicherheitsplanung darin bestand, es in den Tunneln auf keinen Fall zu Staus kommen zu lassen. Obendrein empfand man die ganze Situation als zu marginal, um sie mit den vorrangig Zuständigen zu besprechen.

??? Wer das glaubt, dem kann ich gerne noch einmal einige äußerst eindeutige Kamera-Aufnahmen zur Betrachtung empfehlen.

3) Es liefen durchaus Gespräche/Telefonate zwischen den einzelnen Seiten. Allerdings entschied man sich dazu, an dieser Stelle keine offizielle Telefonkonferenz abzuhalten.

 

 

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Liebe Leserin, weiter oben gibt es ja einige konkrete Nachfragen, die bisher unbeantwortet blieben.
Deshalb hier nur so viel:

Das es keine weiteren Telefonkonferenzen gab, ist zunächst nur eine Annahme. Darüber hinaus kann es ja unterhalb der "grossen" Konferenz zu jedweder Kommunikation zweischen den beteiligten BOS und dem Veranstalter gekommen sein.

Die Leserin schrieb:

2) Der Stab der Polizei erkannte nicht, dass die Sperrung der Tunnel eine Schließung des Geländes war (oder dachte, so ein paar Minütchen wären ja nicht der Rede wert) und hatte überdies vergessen, dass ein wesentlicher Punkt der Sicherheitsplanung darin bestand, es in den Tunneln auf keinen Fall zu Staus kommen zu lassen. Obendrein empfand man die ganze Situation als zu marginal, um sie mit den vorrangig Zuständigen zu besprechen.

??? Wer das glaubt, dem kann ich gerne noch einmal einige äußerst eindeutige Kamera-Aufnahmen zur Betrachtung empfehlen.

3) Es liefen durchaus Gespräche/Telefonate zwischen den einzelnen Seiten. Allerdings entschied man sich dazu, an dieser Stelle keine offizielle Telefonkonferenz abzuhalten.

Die Sperrung der Tunnel war keine "Schliessung des Geländes". Die Schliessung der Einlasstellen war eine Massnahme, die Crowd manager Walter bestimmte und die auch funktionierte. Er hat zu diesem Thema nicht einmal nach eigener Aussage die im Szenarion "Besucherzulauf Gelände" vorgesehene 
"ggf. Unterstützung des Veranstalters an den Einlassstellen" angefordert.
Wo steht, dass die die Ordner die Einlassstellen nicht dicht bekamen?
Speziell im Westen wird das ca. 40 Minuten erst gar nicht versucht. Laut Security Chef West auf Anweisung eines weisungsbefugten Beamten aus dem EA Raumschutz West".

Hier würde es sich auch lohnen zu fragen, ob Simon die Info, wie der Bereich EA Schutz der Veranstaltung zu operieren gedachte dem EA West und seinem Leiter mitgeteilt hatte.

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Klaus M schrieb:

[...]

Aber auch das ist ein Beispiel dafür, wie Sie argumentieren. Sie schütteln und rühren hier in der Diskussion zu anderen Sachverhalten vorgetragene Argumente bar jeder Fachkenntnis durcheinander, bis die Ihnen in den Kram passen. [...]

Gruß

Klaus M

 

Sie sprechen mir aus tiefsten Herzen und legen den Grund dar, warum ich mich hier vollständig ausgeklinkt hatte.

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Ein Polizist schrieb:

Sie sprechen mir aus tiefsten Herzen und legen den Grund dar, warum ich mich hier vollständig ausgeklinkt hatte.

...und hoffentlich nicht auf dauer ausgeklinkt bleiben...

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Lothar Evers schrieb:

Ein Polizist schrieb:

Sie sprechen mir aus tiefsten Herzen und legen den Grund dar, warum ich mich hier vollständig ausgeklinkt hatte.

...und hoffentlich nicht auf dauer ausgeklinkt bleiben...

 

frei nach Beckenbauer: schaun mer mal....

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Teil 2:

 

Warum nun beschäftige ich mich derart ausführlich mit den Handlungen der Polizisten vor Ort, wenn ich doch die Ursachen für die Katastrophe so weitgehend in der Planung sehe?

Das hat mehrere Gründe:

 

1)

Wenn man darlegen will, dass die Planung zu den Ereignissen führte, so ist es zwingend notwendig, zu belegen, dass die Ereignisse nicht in erster Linie durch Handlungen am Veranstaltungstag ausgelöst wurden.

Jeder kleine Zweifel daran ist ein Nährboden für das Gegenargument: „Nun, ja - die Planung war zwar nicht optimal, aaaber wenn man am Veranstaltungstag dieses oder jenes getan oder gelassen hätte, dann wäre die Sache doch noch gut gegangen.“

Insbesondere stehen die Polizeisperren (Tunnel/Rampe) im Verdacht, Tote und Verletzte mit verursacht zu haben.

 

Ich persönlich bin mir diesbezüglich nicht sicher. Ohne Sperren wären die aus den Tunneln strömenden Besucher weiterhin die Rampe hoch gelaufen. Dort oben aber gab es im Eingangsbereich an engen Punkten bereits gefährliche Wellenbewegungen in den zusammengepressten Zuschauermassen - ebensolche Wellenbewegungen wie man sie auch auf den Videos im Kessel zwischen den Tunnelausgängen beobachten kann. Oben im Partybereich wurden sie nachträglich anhand von Aufnahmen der Sicherheitskameras dokumentiert und analysiert von Dr. Oberhagemann. Solche Wellenbewegungen entstehen stets dann, wenn der einzelne Mensch nicht mehr Herr seiner Bewegungen ist, und sind m.E. direkte Anzeichen für Todesgefahr. Bei weiterem Zustrom hätte es dort zur Katastrophe kommen können - dies womöglich auch nach Stopp der Floats, wenn deutlich mehr Menschen die Rampe hochgelaufen wären.

Für mich persönlich sage ich also auf dem derzeitigen Stand der Kenntnisse: Ich weiß nicht, ob es nicht auch zu Toten und Verletzten ohne Polizeisperren gekommen wäre, denn ich sehe Anzeichen dafür, dass es dazu hätte kommen können (oben am und hinter dem Rampenkopf).

 

Dadurch jedoch, dass der Verdacht besteht, die Polizeiketten wären in direkter Linie ursächlich für die Todesfälle, erhält das Argument, trotz Fehlern in der Planung wären Tote und Verletzte vermeidbar gewesen

- mit dem Rückschluss, dann sei die Planung auch nicht kausal verantwortlich zu machen -

immer wieder Nahrung.

 

Fest steht m.E.: Wenn wir uns nicht mit den Ereignissen am Veranstaltungstag beschäftigen, dann können wir auch nicht belegen, in welch ausschlaggebendem Maße die Planung für die Ereignisse ursächlich war.

Und genau das gilt auch für den Fall, wenn sich letztendlich herausstellen würde, dass die Polizeisperren die Situation verschärft hätten. Allein ursächlich waren sie nämlich - so viel lässt sich nach Analyse der Planung m.E. bereits sicher sagen - gewiss nicht.

 

Gar nicht hilfreich ist hingegen m.E. der Versuch, Informationen über die genauen Ereignisse nicht in ausreichendem Maße zu geben oder aber genauere Analysen der Informationen bzw. Diskussionen darüber ab einem bestimmten Punkt, an dem es „ans Eingemachte“ geht, zu unterdrücken. Da bleibt am Ende der Geschmack, dass etwas verschleiert und Fragen / Diskussionen dazu unterdrückt wurden.

 

Bitte lesen Sie meine Analysen noch einmal mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass ich aus den Ereignissen des Veranstaltungstages die Auswirkungen der Planung herauskristallisieren will. Vielleicht mag dann einiges schon anders wirken. 

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Die Leserin schrieb:

Dadurch jedoch, dass der Verdacht besteht, die Polizeiketten wären in direkter Linie ursächlich für die Todesfälle, erhält das Argument, trotz Fehlern in der Planung wären Tote und Verletzte vermeidbar gewesen

- mit dem Rückschluss, dann sei die Planung auch nicht kausal verantwortlich zu machen -

immer wieder Nahrung.

Genau das macht mich so ärgerlich:
in eben diesen Verdacht haben Lopavent seiner sog. Doku zusammen mit Walter und seinen Interviews, richtig viel Mühe und Geld verwendet.
Es ist und bleibt eine Desinformationen. Der Druck auf die Masse entsteht durch den Pfropf am Rampenkopf.

Ausserdem kann es dochn nicht um die beiden Ketten im Tunnel gehen, sondern allenfalls um die auf der Rampe an der schmalsten Stelle eingezogene.
Diese hindert aber Leute nicht an Bewegung. Sie ist nicht stärker als die beiden im Tunnel. mit ein wenig Druck wäre sie weg gewesen. Der Druck kommt zustande, weoil sich auf der Rampe hinzukommende und weg wollende Zusauer blockieren. Deshalb und weil es per normalem Eingang keinen Zugang mehr gibt brechen die Leite zuden beiden Seiten aus.

Erst oben an den Rampenböschungen, und als der Stau unten angekommen ist, via Treppe Container und Masten. Die Treppe zueht einfach die meisten Menschen an, und wird so zur tödlichen Falle. Das wäre sie meiner Meinung nach auch ohne jede Polizeikette geworden, es sei denn Walter macht die Eingänge früh zu und die Polizei kriegt die in Duisburg befindlichenn Massen per Vorsperren gehalten.

Vom gegenteil lasse ich mich, nachdem die Staatsanwaltschaft offensichtlich ähnlicher Ansicht ist, erst wieder vom gutachtenden Professor aus GB überzeugen.

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Teil 3:

 

2)

Die für die Ereignisse relevanten Gefahren waren bereits in der Vorplanung bekannt. Man hatte dafür Maßnahmen beschlossen, deren mögliche Wirksamkeit jetzt einmal vollständig dahingestellt sei.

Am Veranstaltungstag selbst wurde freilich einiges, das vorher geplant wurde, unterlassen und anderes, das so nicht geplant war, spontan realisiert. Das wiederum betrifft in auffälligem Maße die Ereignisse im Bereich Tunnel/Rampe.

Die Berichte erwecken den Eindruck, die Verantwortlichen dort vor Ort (Polizei und CM) hätten quasi nach eigenem, spontanem Ermessen gehandelt.

Aber selbst die Möglichkeit der Betreffenden vor Ort, in dieser Art und Ausrichtung eigenmächtig zu handeln, würde den Planungen fundamental widersprechen.

Und es stellt sich doch die Frage, ob ein solches, den Plänen widersprechendes Handeln denn von so gar niemandem auf übergeordneter Ebene bemerkt werden konnte.

 

Ich war regelrecht erschüttert, als ich im Polizeibericht in diesem Punkt dieselbe Vorgehensweise vorfand wie im Abschlussbericht der Stadt Duisburg:

In beiden Berichten wird so getan, als habe sich die übergeordnete - und in der Planung glasklar als steuernde und letztentscheidende Instanz festgelegte - Ebene

in der gesamten Zeit, die meines Erachtens vom Erkennen (!?) der Unmöglichkeit der Planung bis zum Eintreten der Katastrophe verging,

quasi in Luft aufgelöst. In dieser Zeit existiert diese Ebene weder in den Berichten noch in den mündlichen Äußerungen.

Mit dieser übergeordneten Ebene meine ich die Einsatzleitungen der einzelnen beteiligten Stellen ebenso wie den Krisenstab, in dem alle Fäden zusammenliefen.

 

Und so durchwühle ich die Ereignisse des Veranstaltungstages auch deshalb im Detail.

Was ich letztendlich aus den einzelnen Erkenntnissen schließen bzw. wie ich die Erkenntnisse zu nachvollziehbaren Schlussfolgerungen verdichten kann/werde, wird sich zeigen.

Und genau an diesem Punkt hatte ich mir eigentlich auch Unterstützung in diesem Blog erhofft. 

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Die Leserin schrieb:

Die für die Ereignisse relevanten Gefahren waren bereits in der Vorplanung bekannt. Man hatte dafür Maßnahmen beschlossen, deren mögliche Wirksamkeit jetzt einmal vollständig dahingestellt sei.

Das glaube ichn nicht.
Das Szenario:
"am Veranstaltungstag hat Lopavent keine Ela eingebaut.
Es gibt auch keine Pusher und mann muss sehr bezweifeln, ob damit irgendwelche Staus aufzulösen wären.
Auch die Rattenfängermethode können wir gleich vergessen, die hat noch auf keiner Loveparde funktioniert.
Auch sind 40% der angekündigten Ordner nicht zum Dienst erschienen.
Der Crowd Manager wird alles tun um eine Telefonkonferenz zu vermeiden und die kooperierende Polizei
systematisch über Ordnerzahl und -position täuschen..."

ist eben UmU8M worden. Und eine nur teilweise Andeutung dieser Fakten hätte wohl zu einer
ziemlichen Gefährdung der Veranstaltung geführt.

Als kleines PS:
Mir scheint hier auch das Schreiben der Polizei vom 22 Juni an die AG Sicherheit hier keinerlei Würdigung zu erfahren. Zumindest sollte es doch deutlich machen, dass wir von der Stadt Duisburg keines wegs vollständig über die Arbeit der AG Sicherheit informiert wurden.

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Teil 4:

 

Hat man nun diese Punkte im Hinterkopf, so kann ich mir nicht vorstellen, dass sich beim Lesen meiner Beiträge zum Handeln der Polizei vor Ort (gemeint sind vor allem meine längeren, analysierenden Texte) der Eindruck ergibt, ich wollte da tatsächlich nach einzelnen Fehlern im Detail bei Leuten suchen, die am Veranstaltungstag nicht díe Gesamtübersicht hatten und vor Ort ihr Bestes taten, um mit der Situation irgendwie umzugehen.

Eine solche einseitige Fehlersuche in Detailfragen braucht man mir schon alleine mit Blick auf den Ort unserer Diskussion nicht zu unterstellen. Ob z.B. wie viele Polizisten genau an der „östlichen Umfahrung“ standen, ist beispielsweise für die strafrechtliche Betrachtung der Todesfälle und Verletzten völlig irrelevant (auf diesen Punkt komme ich gleich noch einmal).

 

Freilich bohre ich in der Diskussion nach, wenn ich es für erforderlich halte. Die Zielsetzung ist dabei jedoch nicht, Fehler der Polizei in Krümeln zu suchen.

Wenn ich selbst es jemals wage, hier etwas ohne Quellenangaben hinzuschreiben, werde ich sofort streng darauf hingewiesen und muss schnellstens die Quelle benennen oder aber meine Aussage zurücknehmen. Diese strenge Vorgehensweise in der Diskussion finde ich in Ordnung. Jeder von uns kann sich hinsichtlich seiner Erinnerung täuschen und so korrigieren wir uns einander gegenseitig. Die Genauigkeit der Betrachtung ist also nicht eine einseitige, von mir ausgehende.

In welchen Fällen ich Nachfragen oder einen Widerspruch für erforderlich hielt und ob dies angemessen erscheint, kann jeder nachvollziehen, der diesen Thread auch nur auszugsweise liest.

 

Überlegen Sie bitte auch einmal, Herr M., ob ich bislang schon einmal einen Grund fand, Ihnen zu widersprechen oder auch nur nachzubohren. Ich selbst habe das nachgeprüft: Es ist bislang noch nie vorgekommen. Dabei sind Sie hier ja auch schon einige Monate dabei. Wenn ich also einfach nur jemand wäre, der gegen Vertreter der Polizei grundsätzlich Stellung bezieht, so hätten wir bereits längst irgendwelche Dispute gehabt.

Woran also liegt es, dass mit anderen hier angeblich Polizei-bezogene Dispute entstehen, zwischen uns jedoch bislang nicht? Es liegt jedenfalls nicht am Thema Polizei.

 

Aber noch einmal zurück zu Ihrem Eindruck:

Nehmen wir zum Beispiel den Fall des Personalabzuges im Bereich "östliche Umfahrung", den Sie vorhin in einem Beitrag weiter oben angesprochen haben. Dass es evtl. kritisch gewesen sein könnte, dort Personal abzuziehen, hatte ich dabei überhaupt nicht im Sinn. Das ist nämlich für unsere Diskussion hier nicht von Belang, da ja dort nichts Schlimmes geschehen ist. Ich habe diesen Personalabzug lediglich deshalb thematisiert, weil ich davon ausging, dass es sich dabei um eine Entscheidung handelte, die Dirk H. nicht alleine treffen konnte. Ich wollte damit herausfinden, ob er dabei auf Personal eines anderen Einsatzabschnittsführers zurückgriff, denn darin hätte ich einen Hinweis auf eine Rücksprache mit der Polizeiführung gesehen (aber das habe ich auch eigentlich in diesem Zusammenhang bereits erläutert). Sie und Lothar Evers haben mir erklärt, dass dies nicht der Fall ist. Okay. Dann fand sich an dieser Stelle eben kein Hinweis darauf, dass die Führung über die Ereignisse vor Ort informiert gewesen wäre.

Hinweise darauf werden sich auch ohne dieses Detail finden.

Unsere Diskussion (damit meine ich jetzt die Diskussion der zur Loveparade nachhaltig Engagierten im Netz, z.B. hier oder auch auf Loveparade2010doku) zeichnet sich stets dadurch aus, dass wir eben auch Informationen zu Einzelheiten austauschen. Dadurch ergibt sich dann im einen oder anderen Punkt ein Bild.

 

Ich weiß noch nicht, ob ich mich womöglich damit abfinden muss, dass jede Äußerung von mir einer Anti-Polzei-Haltung bezichtigt wird und jedes Argument / jede Nachfrage unter entsprechenden Vorbehalten oder gar mit entsprechenden Anwürfen beantwortet wird. Das wäre sehr schade, denn es wäre nicht nur unzutreffend, sondern würde uns der Möglichkeiten berauben, die wir bislang in unseren Diskussion fanden. Und wir sind ja durchaus schon dem einen oder anderen ein wenig auf den Grund gegangen.

Wollte man diesbezüglich Fraktionen bilden, so hätte man hier in der Diskussion vier Vertreter der Interessen der Polizei. Ich habe null Interesse daran, gegen eine solche Fraktion anzudiskutieren. Für mich persönlich ist die Diskussion hier im Beck-Blog keine Angelegenheit verschiedener Seiten-Vertreter oder Fraktionen. Das überlasse ich gerne der Politik.

Ich verstehe auch einfach nicht, warum ich hier auf derartige Schwierigkeiten stoße, wenn ich versuche herauszufinden, inwiefern übergeordnete Führungskräfte in die Entscheidungen am Veranstaltungstag involviert waren, und zwar eben auch von Seiten der Polizei.

 

Inzwischen wühle ich weiter in den Details, habe für mich persönlich wieder das eine oder andere Interessante zusammengestellt.

Sich in Luft auflösen, wenn es um Entscheidungen geht, die Verantwortung mit sich bringen, nachdem die Dinge geplant wurden wie sie nun einmal geplant wurden, und erst wieder auftauchen, wenn es Tote gegeben hat, geht nicht - finde ich. Und diese Einstellung habe ich auch in Hinsicht auf die Polizei-Planer und die Polizei-Entscheider. 

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Die Leserin schrieb:
Sich in Luft auflösen, wenn es um Entscheidungen geht, die Verantwortung mit sich bringen, nachdem die Dinge geplant wurden wie sie nun einmal geplant wurden, und erst wieder auftauchen, wenn es Tote gegeben hat, geht nicht - finde ich. Und diese Einstellung habe ich auch in Hinsicht auf die Polizei-Planer und die Polizei-Entscheider.

Grundsätzlich ist auf einem Veranstaltungsgelände der Veranstaler für die Durchführung und Sicherheit der Veranstaltung zuständig. Er beantragt eine genehmigng, erhält diese und führt die Veranstaltung nach den Vorgaben der Genehmigung aus. Dabei obliegt ihm die Abwehr von Gefahren für die Besucher. Die Polizei hat da erst einmal gar nichts zu suchen. Ihre Zuständigkeit beginnt erst, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung eintritt. Dann aber ist dem Veranstalter das zepter komplett aus der Hand zu nehmen. Die Schwierigkeit besteht dabei in der Bestimmung des Zeitpunktes für die Übernahme. Das ist durchaus wieder ein politisches Problem und keines eines einzelnen Polizeibeamten.

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Dr. Frank Eikmeier schrieb:

Die Leserin schrieb:
Sich in Luft auflösen, wenn es um Entscheidungen geht, die Verantwortung mit sich bringen, nachdem die Dinge geplant wurden wie sie nun einmal geplant wurden, und erst wieder auftauchen, wenn es Tote gegeben hat, geht nicht - finde ich. Und diese Einstellung habe ich auch in Hinsicht auf die Polizei-Planer und die Polizei-Entscheider.

Grundsätzlich ist auf einem Veranstaltungsgelände der Veranstaler für die Durchführung und Sicherheit der Veranstaltung zuständig. Er beantragt eine genehmigng, erhält diese und führt die Veranstaltung nach den Vorgaben der Genehmigung aus. Dabei obliegt ihm die Abwehr von Gefahren für die Besucher. Die Polizei hat da erst einmal gar nichts zu suchen. Ihre Zuständigkeit beginnt erst, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung eintritt. Dann aber ist dem Veranstalter das zepter komplett aus der Hand zu nehmen. Die Schwierigkeit besteht dabei in der Bestimmung des Zeitpunktes für die Übernahme. Das ist durchaus wieder ein politisches Problem und keines eines einzelnen Polizeibeamten.

Es gab diesbezüglich im Vorfeld Vereinbarungen zwischen der Polizei, der Stadt Duisburg und dem Veranstalter. Diese Vereinbarungen wurden auf Betreiben der Polizei getroffen, während eines Workshops besprochen und schriftlich fixiert.

Laut Polizeibericht wollte die Polizei am Veranstaltungstag auf dem Veranstaltungsgelände vier Hundertschaften einsetzen, drei davon für polizei-eigene Aufgaben, eine zur Unterstützung des Veranstalters bei dessen Aufgaben.

Die Polizei saß bereits bei den ersten Gesprächen zur Loveparade in Duisburg im Jahr 2008 mit am Tisch und war in drei von vier Arbeitsgruppen zur Vorbereitung der Loveparade vertreten, darunter in der AG Sicherheit.

Gerne schreibe ich dazu noch einmal Näheres, heute ist mir dies zu spät.

Das bedeutet nicht, dass der Veranstalter nicht weiterhin grundsätzlich verantwortlich wäre. Daran besteht gar kein Zweifel und darum geht es in unserer Diskussion auch nicht.

Am Veranstaltungstag oblagen wichtige Entscheidungen über die Veranstaltung (z.B. auch Schließung des Veranstaltungsgeländes) einer zwischen Stadt, Polizei und Feuerwehr einzuberufenden Telefonkonferenz, zu der man bei Bedarf den Veranstalter hinzuziehen konnte (dazu gab es zwei eigens geschaltete Telefonnummern - eine für Konferenz ohne und eine für Konferenz mit Veranstalter). Ein Krisenstab, geleitet vom Sicherheitsdezernenten der Stadt, hatte die Aufgabe, alle Informationen zu sammeln und zu koordinieren. Zwei Plätze neben dem Leiter dieses Stabes saß der Vertreter der Polizei. Die Polizei hatte darüber hinaus - wie auch die anderen Teilnehmer jener Telefonkonferenzen - eine eigene Einsatzzentrale mit Leitung und Führunsstab. All jene Herrschaften sind aus den Berichten ab einer bestimmten Uhrzeit verschwunden als habe man sie von unserem Planeten entfernt, während am Morgen noch stolz Interviews vor laufenden Fernsehkameras gegeben und die eigenen Aufgaben bei der Veranstaltung geschildert wurden.

 

 

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Die Leserin schrieb:
Es gab diesbezüglich im Vorfeld Vereinbarungen zwischen der Polizei, der Stadt Duisburg und dem Veranstalter. Diese Vereinbarungen wurden auf Betreiben der Polizei getroffen, während eines Workshops besprochen und schriftlich fixiert.

Selbstverständlich ist die Polizei bei den Planungen beteiligt. Das ändert aber an den gesetzlich geregelten Zuständigkeiten nichts.

Quote:
Am Veranstaltungstag oblagen wichtige Entscheidungen über die Veranstaltung (z.B. auch Schließung des Veranstaltungsgeländes) einer zwischen Stadt, Polizei und Feuerwehr einzuberufenden Telefonkonferenz, zu der man bei Bedarf den Veranstalter hinzuziehen konnte (dazu gab es zwei eigens geschaltete Telefonnummern - eine für Konferenz ohne und eine für Konferenz mit Veranstalter).

Die Schließung der Veranstaltung hätte weder die Polizei noch die Ordnungsbehörde beliebig anordnen können. Diese Entscheidung steht dem Veranstalter auf dem Veranstaltungsgelände zu. Dabei sind die Zuständigkeitsregelungen zu beachten. Ausserhalb des Veranstaltungsgeländes ist grundsätzlich die Ordnungsbehörde zuständig, also die Gemeinde, hier die Stadt Duisburg. Dabei existiert keine rechtliche Differenzierung zwischen Feuerwehr und Stadt. Die "Stadt" ist - vereinfacht ausgedrückt - die Ordnungsbehörde und die Feuerwehr ein Teil davon. Die Polizei leistet dabei allanfalls Vollzugshilfe.

Nach §§ 1 Abs. 1, 14 Abs. 1 OBG/NW können die Ordnungsbehörden Massnahmen ergreifen, um eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwenden. Die Entscheidungsbefugnis liegt also bei der Ordnungsbehörde, bei niemandem sonst. Dabei kann sich die Ordnungsbehörde der Vollzugshilfe der Polizei bedienen.

Die Polizei ist für die Gefahrenabwehr erst dann zuständig, soweit ein Handeln der anderen Behörden nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint; dies gilt insbesondere für die den Ordnungsbehörden obliegende Aufgabe, gemäß § 1 Ordnungsbehördengesetz Gefahren für die öffentliche Ordnung abzuwehren.

Innerhalb des Veranstaltungsgeländes ist der Veranstalter verantwortlich und entscheidungsbefugt. Das gilt erst dann nicht mehr, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit entsteht. Dann kann die Ordnungsbehörde eingreifen. Die Polizei kann selbst bei einer Gefahr nur dann eingreifen, wenn ein Eingreifen der Ordnungsbehörde nicht oder nicht rechtzeitig erfolgen kann.

Voraussetzung ist in jedem Falle eine Gefahr. Eine Gefahr liegt nach allgemeiner Meinung vor, wenn bei ungehindertem, objektiv zu erwartendem Geschehensablauf in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für polizeiliche Schutzgüter entstehen kann. Erst dann wirrd überhaupt die Zuständigkeit der Polizei für einen Eingriff begründet.

Entsteht eine solche Gefahr, dann kann zunächst die Ordnungsbehörde einschreiten. Erst dann, wenn eine Handlung der Ordnungsbehörde nicht oder nicht rechtzeitig erfolgen kann, erhält die Polizei eine eigene Zuständigkeit für einen Eingriff. Dann aber endet auch die Entscheidungsbefugnis des Veranstalters. genau für diesen Fall ist auch eine ELA gedacht.

 

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Dr. Frank Eikmeier schrieb:
 

Innerhalb des Veranstaltungsgeländes ist der Veranstalter verantwortlich und entscheidungsbefugt. Das gilt erst dann nicht mehr, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit entsteht. Dann kann die Ordnungsbehörde eingreifen. Die Polizei kann selbst bei einer Gefahr nur dann eingreifen, wenn ein Eingreifen der Ordnungsbehörde nicht oder nicht rechtzeitig erfolgen kann.

 

Was genau meint hier "öffentliche Sicherheit"? Ein paar tote Raver innerhalb eines geschlossenen Geländes? Ist das öffentlich?

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Blue schrieb:
Was genau meint hier "öffentliche Sicherheit"? Ein paar tote Raver innerhalb eines geschlossenen Geländes? Ist das öffentlich?

"Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung" ist die sog. Generalklausel, die eine Eingriffsermächtigung für Polizei- und Ordnungsbehörden darstellt. Grundsätzlich dürfen diese Institutionen nur tätig werden, wenn es das Gesetz erlaubt bzw. erfordert. Man kann allerdings nicht jeden erdenklichen Fall gesetzlich regeln, also dürfen diese Institutionen auch eingreifen, wenn solch eine generelle Gefahr vorliegt.

Eine Gefahr für Leib oder Leben ist regelmäßig auch eine solche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Öffentlich beschreibt dabei nicht den Ort der Handlung. Es kommt also nicht darauf an, ob das Gelände offen oder umschlossen ist.

Die Schwierigkeit ist dabei eher, den Zeitpunkt des Beginns einer solchen Gefahr zu bestimmen.

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Dr. Frank Eikmeier schrieb:

Eine Gefahr für Leib oder Leben ist regelmäßig auch eine solche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Öffentlich beschreibt dabei nicht den Ort der Handlung. Es kommt also nicht darauf an, ob das Gelände offen oder umschlossen ist.

Die Schwierigkeit ist dabei eher, den Zeitpunkt des Beginns einer solchen Gefahr zu bestimmen.

 

OK Danke!

 

Dann sind also nach wie vor

1. Lopavent

2. Ordnungsbehörde

3. Polizei

am Zuge gewesen.

 

1. Lopavent hielt seine Pressekonferenz für wichtiger

2. Die Ordnungbehörde hielt das Aufrechterhalten der Veranstaltung für wichtiger.

3. das zwang die Polizei zu handeln, als es ohenhin schon zu spät war.

 

....denn als das Knäuel im Gange war, hätte nur eine super rasche Auflösung (ca. binnen einer Viertelstunde) sein überdimensionales Anwachsen noch verhindern können. 

 

Um ehrlich zu sein, ich begreife nicht, warum noch solange herum gefackelt wird. Es liegt doch auf der Hand, was gelaufen ist. Sinn machen diese Verzögerungen nur, wenn nicht nur Schlamperei, sondern auch kriminelle Hintergründe untersucht werden müssen.

Ähnlich hat die STA das ganz am Anfang ja auch formuliert: "man würde mit den Ermittlungen wie bei organisertem Verbrechen vorgehen"

Gäbe es aus meinem Blickwinkel nicht auch diesen Hintergrund dann könnte ich den Eindruck gewinnen, dass es denen überhaupt nicht um die Aufklärung geht, sondern darum, möglichst viele von der Katastrophe profitieren zu lassen ... und teuren Gutachtern ein dickes Einkommen bescheren zu können. Während für die Entschädigung der Opfer regelrecht gekämpft werden muss. Und es wird massig Personal beansprucht, das für andere Aufgaben dringend gebraucht wird.

 

Mir ist eben noch einmal zufällig ein Video unter die Maus geraten, das mit dem Blick von oben herunter auf die Rampe das ganze unsägliche Knäuel sehr deutlich erfasst. Es ist einfach nicht zu fassen, wie man angesichts solcher Deutlichkeit noch so herum fackeln kann. Die Überwachungskameras haben solche Bilder vermutlich nicht, weil sie nicht aus diesem Winkel aufgenommen haben. Aber es gibt sie ja.

 

Allein anhand dieser Optik kann man sich ausrechnen, was zur Verhinderung speziell dieser Situation möglich und notwendig gewesen wäre und was nicht. Aber auch bezüglich der Organisationszuständigkeit ist die Schuld doch längst klar. Einzig Anhaltspunkte für verdeckte kriminelle Ursachen wären ein Grund für derartige Verzögerungen.  Also muss man doch annehmen, dass es Anhaltspunkte für kriminelle Ursachen gibt.

 

Obwohl es sehr viel Arbeit wäre, für die ich mir die Zeit stehlen müsste, bin ich drum und dran die Ursachen mal unmißverständlich optisch darzustellen, wenn  STA und Polizei das noch immer nicht auf die Reihe bekommen.

Blue

 

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Dr. Frank Eikmeier schrieb:

Grundsätzlich ist auf einem Veranstaltungsgelände der Veranstaler für die Durchführung und Sicherheit der Veranstaltung zuständig. Er beantragt eine genehmigng, erhält diese und führt die Veranstaltung nach den Vorgaben der Genehmigung aus. Dabei obliegt ihm die Abwehr von Gefahren für die Besucher. Die Polizei hat da erst einmal gar nichts zu suchen. Ihre Zuständigkeit beginnt erst, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung eintritt. Dann aber ist dem Veranstalter das zepter komplett aus der Hand zu nehmen. Die Schwierigkeit besteht dabei in der Bestimmung des Zeitpunktes für die Übernahme. Das ist durchaus wieder ein politisches Problem und keines eines einzelnen Polizeibeamten.

 

Danke für die Klarstellung durch eine "Authorität".

 

Über viele, viele Beiträge hinweg habe ich mir "den Mund fusselig" geredet/geschrieben, um genau diese Sachlage herauszustellen, bin aber stets kläglich gescheitert.

 

Ergänzen möchte ich nochmals, dass eine einfache "Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung" nicht ausreichend ist, damit die Polizei das Zepter komplett übernehmen darf, sondern hier dafür eine gegenwärtige Gefahr vonnöten ist.

Gegenwärtig ist eine Gefahr , wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder wenn eine Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zukunft mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht .

Vgl . Rietdorf / Heise / Böckenförde / Strehlau , Ordnungs- und Polizeirecht in Nordrhein- Westfalen , 2 . Aufl . 1972 , § 1 OBG Rn . 16 ; Heise / Tegtmeyer , a . a . O ., § 8 Rn . 12 ; Götz , Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht , 11 . Aufl . 1993 , Rn . 121 .

 

Die danach erforderliche Prognose , ob eine entsprechende Gefahrenlage besteht , hat der einschreitende Polizeibeamte (hier: der Polizeiführer Kuno S.) auf Grund der ihm zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten zu treffen .

 

Und genau hier liegt der Knackpunkt in der Beurteilung des Verhaltens des beschuldigten Polizeiführers.

Ich gehe davon aus, dass er straffrei bleiben  oder sein Verfahren nach § 153 StPO eingestellt wird.

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Ein Polizist schrieb:
Und genau hier liegt der Knackpunkt in der Beurteilung des Verhaltens des beschuldigten Polizeiführers.

Ich gehe davon aus, dass er straffrei bleiben  oder sein Verfahren nach § 153 StPO eingestellt wird.

Ich bin da voll bei Ihnen und hoffe, dass der Mann gut verteidigt ist.

Um noch einmal auf die politische Komponente zurück zu kommen: Stellen Sie sich vor, die Polizei hätte die Veranstaltung abgebrochen, bevor es Tote und Verletzte gegeben hat. Man hätte sie - ähnlich wie den Bochumer Polizeipräsidenten - in der Luft zerrissen.

Wenn ich die denkbaren Handlungsvarianten betrachte, dann sehe ich auch bei der Bildung der Polizeiketten keine Ursache für das Unglück. Der schmale Rampenbereich mit gegenläufigen massiven Besucherströmen ohne Entfluchtungsmöglichkeiten auf der Rampe und im Tunnel konnte nur in den Eingangsbereichen oder an der oberen Rampe hin zum Veranstaltungsbereich geleert werden.

Die Leerung im Eingangsbereich ist ein theoretischer Wert, weil sich dort ja Menschenmassen befanden, die zum Veranstltungsbereich hin wollten.

Die Leerung konnte also nur über die Rampen hin zum Veranstaltungsbereich erfolgen. Dazu hätte man zunächst den Besucherzustrom durch die Eingänge vollständig stoppen müssen. Dies war offensichtlich wegen des dort herrschenden Andrangs nicht möglich.

Gleichzeitig hätte man für einen kontinuierlichen Abfluss der Besucher hin zum Veranstaltungsgelände sorgen müssen. Dazu hätte die Verstopfung im oberen Bereich der Rampe aufgelöst werden müssen. Dies wiederum hätte die Unterbrechung der Schallerschen Ansprache zur Voraussetzung gehabt, denn man hätte an besagter Stelle entsprechend viel Platz schaffen müssen, beispielsweise durch Entfernung der Floats und der dort befindlichen Besucher.

Die Polizeiketten haben daher nach meiner Ansicht die Überfüllung der Rampe nicht verursacht. Auch ohne diese Ketten wäre der Stau nicht auflösbar gewesen, solange Personen durch den Eingangsbereich nachströmen konnten und im oberen Bereich nicht abfliessen konnten.

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Dr. Frank Eikmeier schrieb:

[...]

Um noch einmal auf die politische Komponente zurück zu kommen: Stellen Sie sich vor, die Polizei hätte die Veranstaltung abgebrochen, bevor es Tote und Verletzte gegeben hat. Man hätte sie - ähnlich wie den Bochumer Polizeipräsidenten - in der Luft zerrissen.

...und wie gut ich mir das vorstellen kann!

Abgesehen davon wäre es im Stadtgebiet Duisburg und vor allem vor den Einlässen daraufhin zu erheblichen Tumulten gekommen.

 

Wie massiv die (Lokal-)Politik regelmässig Druck ausübt und auf polizeiliche Einsatzplanung Einfluss zu nehmen sucht, ist mir seit Jahren gut geläufig; z.B. bei sog. "Rechts-Links-Demos". Kein (Lokal-)Politiker möchte eine "Nazi"-Demo in seinem "Wohnzimmer", also in der Innenstadt oder auf prominenten Plätzen haben und entsprechend wird auf der politischen Schiene auf die Versammlungsbehörde eingewirkt, die gewünschten, angemeldeten  Versammlungsorte und -Wege nicht zuzulassen sowie die Versammlungen möglichst in unbewohnte Gewerbegebiete o.ä. zu verlegen.

Das grenzt i.V.m. mit anderen Auflagen m.E. oft hart an Rechtsbeugung und Verfassungsbruch. Das BVerfG hat soetwas des Öfteren der Polizei um die Ohren gehauen - die Politik blieb dabei immer ungeschoren...  (ist aber ein anderes Thema)

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Dr. Frank Eikmeier # 63 schrieb:

Die Polizei hat da erst einmal gar nichts zu suchen. Ihre Zuständigkeit beginnt erst, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung eintritt. Dann aber ist dem Veranstalter das zepter komplett aus der Hand zu nehmen. Die Schwierigkeit besteht dabei in der Bestimmung des Zeitpunktes für die Übernahme. Das ist durchaus wieder ein politisches Problem und keines eines einzelnen Polizeibeamten.

 

@ "Ein Polizist"

 

Schön, dass Sie wieder da sind

Wie sehen Sie das mit dem politischen Problem im Falle der Loveparade? Die Polizei kann bei einem so großen Event nicht unbedingt alleine entscheiden, das Zepter in die Hand zu nehmen??? Lothar Evers sprach von "nicht Spielverderber sein wollen" etc.

 

Ein Polizist schrieb:

Ergänzen möchte ich nochmals, dass eine einfache "Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung" nicht ausreichend ist, damit die Polizei das Zepter komplett übernehmen darf, sondern hier dafür eine gegenwärtige Gefahr vonnöten ist.

Gegenwärtig ist eine Gefahr, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder wenn eine Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zukunft mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht

 

Also ich würde sagen, die Wahl des Bauwerks Tunnel-Rampe als alleinigen Ein- und Ausgang war von Anfang an für den voraussehbaren Zeitraum des größten Andrangs eine gegenwärtige Gefahr. Die Einwirkung des schädigenden Ereignises begann mit dem Beginn des Knäuels, das aber niemand sofort sehen konnte.

 

Ich begreife  nicht, dass während der ganzen Planungszeit niemand von den Kontrollorganen angesichts des für Ein- und Ausgang vorgesehenen verliesartigen Bauwerks Tunnel-Rampe einen davon getrennten Aus-/bzw. Eingang erzwungen hat, ohne ja gleich die ganze Loveparade  beerdigen zu wollen, denn das wäre gegangen.  Gibt es jemand der dies so definitiv rechtzeitig gefordert hat? Wenn ja, wer hat das beschönigt, zurück gewiesen?

 

Aber OK, wenn man stattdessen das Bauwerk nicht als dauergegenwärtige Gefahr einstufte,wie geschehen, was dann?

Dann war es außerdem so, dass das Bauwerk Tunnel-Rampe wegen seiner verliesartigen Beschaffenheit und fehlender Sicherheitsvorkehrungen ein rechtzeitiges Erkennen und vor allem Verhindern der Gefahr für die Polizei nahezu unmöglich machte. Es sei denn, es gab derer unter ihnen, die das doch schon vorher wussten und entsprechend rechtzeitig hätten handeln können. Ich kann von daher übrigens verstehen, wenn die Polizei dem Walter die Vorschläge nicht abgekauft hat. Das war vielleicht ein zaghafter Versuch, das Zepter in die Hand zu nehmen......

 

Quote:
Die danach erforderliche Prognose , ob eine entsprechende Gefahrenlage besteht , hat der einschreitende Polizeibeamte (hier: der Polizeiführer Kuno S.) auf Grund der ihm zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten zu treffen .

Fakt ist zunächst einmal, dass nicht rechtzeitig eingeschritten wurde. Erst zeitlich parallel zur Entstehung des Knäuels hat man überhaupt  über Sperren nachgedacht, umständliche Telefonkonferenzen abgehalten. Das hat alles viel zu spät angesetzt und viel zu lang gedauert.

Die Frage ist, ob jemand von Seiten der Polizei in der Lage war, oder in der Lage hätte sein müssen, wenigstens an dieser Stelle die Art der Gefahr rechtzeitig zu erkennen, nämlich dass man ein beginnendes Knäuel überhaupt würde zu spät erst sehen können. Sodass man mithin sehr viel früher würde die Bremse treten müssen.

Etwa als Lopavent die Polizei gegen 15.00 Uhr um Hilfe bat. Da hätte sie angesichts der nicht vorhandenen Ordner und fehlenden übrigen Sicherheitsvorkehrungen zumindest sofort die Westrampe, den VIP-Eingang und einige Notausgänge eindeutig  für den Abgang öffnen und zuweisen müssen und die Hauptrampe nur als Eingang zulassen müssen. Das schon ab 15.00 Uhr hätte die Katastrophe verhindern können. Allerdings ist fraglich wie man eine so große Veränderung  rein praktisch hätte bewerkstelligen können.

Wenn so etwas versucht wurde und Schaller und/oder Rabe oder sonst wer all das unterbunden haben, dann dürfte doch klar sein, wer nicht nur Verantwortung, sondern auch die Schuld auf sich läd.

Was wohl auch der Fall war, es gibt Fotos darauf sieht man deutlich Polizisten über längere Zeit seelenruhig neben den Stolperfallen stehen, ohne irgendetwas zu unternehmen, sie handfest unschädlich zu machen. Nun sind Polizisten keine Experten für Massenveranstaltungen, aber so etwas sollten sie vielleicht doch wissen, oder?.

 

Grundsätzlich ist es aber unmöglich, der anrückenden Polizei solch lottrige Sicherheitsmaßnahmen zuzumuten und dann auch noch die Schuld auf sie abzuwälzen. Das ist eine ganz üble Situation. Aber ich denke, da muss die Polizei in der Situation dennoch drüber stehen und für ein nächstes Mal die Konsequenzen ziehen.

 

 

 

 

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Blue schrieb:

Dr. Frank Eikmeier # 63 schrieb:

Die Polizei hat da erst einmal gar nichts zu suchen. Ihre Zuständigkeit beginnt erst, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung eintritt. Dann aber ist dem Veranstalter das zepter komplett aus der Hand zu nehmen. Die Schwierigkeit besteht dabei in der Bestimmung des Zeitpunktes für die Übernahme. Das ist durchaus wieder ein politisches Problem und keines eines einzelnen Polizeibeamten.

 

@ "Ein Polizist"

Schön, dass Sie wieder da sind

Wie sehen Sie das mit dem politischen Problem im Falle der Loveparade? Die Polizei kann bei einem so großen Event nicht unbedingt alleine entscheiden, das Zepter in die Hand zu nehmen??? Lothar Evers sprach von "nicht Spielverderber sein wollen" etc.

Man muss da nicht mehr hinein-geheimnissen, als tatsächlich ist.

Fakten sind:

- Alle politischen Parteien und Fraktionen des Landtages sowie des Rates der Stadt Duisburg wollten die LoPa unbedingt; auf Biegen und Brechen.

- die Polizei ist an Recht und Gesetz gebunden und auf ihre Zuständigkeiten beschränkt

- die Polizei hat weder eine Zuständigkeit als "Saalordner" bei privaten Veranstaltungen noch ist sie originär für die allgemeine Gefahrenabwehr bei solchen Veranstaltungen zuständig. Ausnahme: Eintritt einer gegenwärtigen Gefahr (für Leib oder Leben), die an sich zuständige Ordnungsbehörde ist nicht, bzw. nicht rechtzeitg erreichbar und es sind gefahrenabwehrende Maßnahmen unaufschiebbar notwendig

- die Zuständigkeiten und Aufgabenzuweisungen sind gesetzlich geregelt und nicht verhandelbar, wie einige hier zu glauben scheinen

 

Wie Freund Lothar sich ausdrückte: "nicht Spielverderber sein wollen" , ist eher nachrangig. Es ist hier mehr: "nicht Spielverderber sein können/dürfen".

Das "nicht sein wolllen" mag sich unterschwellig auf die Gefahrenanalyse bzw. den Maßnahmenkatalog des Polizeiführers aufgrund seiner Lagebeurteilung auswirken, wird aber bei Erkennen einer gegenwärtigen Gefahr absolut keine Rolle mehr für den PF spielen.

Was aus meiner Sicht in diesem Zusammenhang viel zu wenig berücksichtigt wird, ist die (politische) Rolle, die Herr Pleitgen mit seiner Ruhr.2010 bei der Genese dieses Desasters gespielt hat. Pleitgen ist es nach Eintritt der Katastrophe durch frühzeitige und geschickte PR-Arbeit gut gelungen, sich und seine Ruhr.2010 aus der öffentlichen Schußlinie zu bringen.

Blue schrieb:

Ein Polizist schrieb:

Ergänzen möchte ich nochmals, dass eine einfache "Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung" nicht ausreichend ist, damit die Polizei das Zepter komplett übernehmen darf, sondern hier dafür eine gegenwärtige Gefahr vonnöten ist.

Gegenwärtig ist eine Gefahr, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder wenn eine Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zukunft mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht

Also ich würde sagen, die Wahl des Bauwerks Tunnel-Rampe als alleinigen Ein- und Ausgang war von Anfang an für den voraussehbaren Zeitraum des größten Andrangs eine gegenwärtige Gefahr. Die Einwirkung des schädigenden Ereignises begann mit dem Beginn des Knäuels, das aber niemand sofort sehen konnte.

Eine gegenwärtige Gefahr ist nicht "von Anfang an" voraussehbar; klingt komisch-ist aber so.

Damit sich sich aus einem (erkennbaren/erkannten) Risiko keine konkrete oder gar gegenwärtige Gefahr entwickelt, hat der Gesetzgeber die entsprechenden Gesetze und Vorschriften erlassen, mit deren Durchführung und Überwachung er als "originäre Gefahrenabwehr-Behörde" die örtliche Ordnungsbehörde beauftragt hat.

Blue schrieb:
Ich begreife  nicht, dass während der ganzen Planungszeit niemand von den Kontrollorganen angesichts des für Ein- und Ausgang vorgesehenen verliesartigen Bauwerks Tunnel-Rampe einen davon getrennten Aus-/bzw. Eingang erzwungen hat, ohne ja gleich die ganze Loveparade  beerdigen zu wollen, denn das wäre gegangen.  Gibt es jemand der dies so definitiv rechtzeitig gefordert hat? Wenn ja, wer hat das beschönigt, zurück gewiesen?

 

Ach, diese Frage ist doch so oder so ähnlich schon 100-fach (hier) durchgekaut worden.

Hinreichend nachgewiesen ist jedenfalls, dass die Polizei im Rahmen ihrer Möglichkeiten mehrfach und ernsthaft auf die Tunnel-/Rampen-Problematik hingewiesen hat. Die maßgeblichen Planer und Entscheider hatten -warum und wie auch immer- eine andere Sicht der Dinge...

Blue schrieb:

Quote:
Die danach erforderliche Prognose , ob eine entsprechende Gefahrenlage besteht , hat der einschreitende Polizeibeamte (hier: der Polizeiführer Kuno S.) auf Grund der ihm zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten zu treffen .

Fakt ist zunächst einmal, dass nicht rechtzeitig eingeschritten wurde.

 

Konkretisieren Sie das mal. Von wem wurde bis wann und warum nicht rechtzeitig eingeschritten?

 

Blue schrieb:

Erst zeitlich parallel zur Entstehung des Knäuels hat man überhaupt  über Sperren nachgedacht, umständliche Telefonkonferenzen abgehalten. Das hat alles viel zu spät angesetzt und viel zu lang gedauert.

Die Frage ist, ob jemand von Seiten der Polizei in der Lage war, oder in der Lage hätte sein müssen, wenigstens an dieser Stelle die Art der Gefahr rechtzeitig zu erkennen, nämlich dass man ein beginnendes Knäuel überhaupt würde zu spät erst sehen können. Sodass man mithin sehr viel früher würde die Bremse treten müssen.

Die Polizei hat, wie erwähnt, keine Zuständigkeit als "Saalordner" und demzufolge auch nur sehr begrenzte Erfahrung und Kompetenz im "Crowd Management"  bei geschlossenen Veranstaltungen. Ich denke, weder von den KollegInnen vor Ort noch an den Video-Schirmen waren PolizistInnen tatsächlich in der Lage, frühzeitig und sicher zu erkennen, was sich da zusammenbraute.

Als ich erstmals die Videos gesehen habe, auf denen (von oben) das tödliche Gedränge mit (um Hilfe) winkenden, eingequetschten Menschen sah, habe ich das zunächst nicht als solches erkannt, obwohl ich wußte, was ich da sah!!

So erklärt sich (für mich) auch, wie es sein konnte, dass oben an der Brüstung u.a. Polizisten standen, die einfach nur freundlich zurück gewunken haben. Sie haben es einfach nicht erkannt / erkennen können!

 

Blue schrieb:

Etwa als Lopavent die Polizei gegen 15.00 Uhr um Hilfe bat. Da hätte sie angesichts der nicht vorhandenen Ordner und fehlenden übrigen Sicherheitsvorkehrungen zumindest sofort die Westrampe, den VIP-Eingang und einige Notausgänge eindeutig  für den Abgang öffnen und zuweisen müssen und die Hauptrampe nur als Eingang zulassen müssen. Das schon ab 15.00 Uhr hätte die Katastrophe verhindern können. Allerdings ist fraglich wie man eine so große Veränderung  rein praktisch hätte bewerkstelligen können.

Ich bin mir inzwischen ziemlich sicher, dass selbst CM Walter nicht gesehen hatte, was sich zusammenbraute, als er die Polizei um Unterstützung bat.

Ich denke, er hatte lediglich den Profpf am Rampenkopf sowie die erhebliche Gefahr, die von den Menschen ausging, die die Böschungen stürmten, Masten erklommen und Zäune niedertrampelten.

Ich gehe davon aus, dass Walther mit den von ihm geplanten Sperrmaßnahmen (Eingänge, Rampe), für die er die Unterstützung der Polizei erbat, befristet den Zulauf stoppen und den Rampenkopf freimachen wollte, um die o.a. Gefahrensituation zu bereinigen.

 

Blue schrieb:
Wenn so etwas versucht wurde und Schaller und/oder Rabe oder sonst wer all das unterbunden haben, dann dürfte doch klar sein, wer nicht nur Verantwortung, sondern auch die Schuld auf sich läd.

Was wohl auch der Fall war, es gibt Fotos darauf sieht man deutlich Polizisten über längere Zeit seelenruhig neben den Stolperfallen stehen, ohne irgendetwas zu unternehmen, sie handfest unschädlich zu machen. Nun sind Polizisten keine Experten für Massenveranstaltungen, aber so etwas sollten sie vielleicht doch wissen, oder?.

Auf frühen Videos der Kamera 13 ist gut zu sehen, wie die Leute ohne zu Stolpern o.ä. über die "Stolperfalle" , die einen abgesenkten Kanal(deckel) abdeckte, laufen oder auch darauf stehen. So richtig gefährlich wurde dieser Bauzaun wohl erst durch das spätere Gedränge.

Was hätten die Ihrer Ansicht nach die Polizisten, die daneben standen, konkret tun sollen?

Ich denke, dass die StA nach den wirklich intensiven Untersuchungen zu diesem Punkt zu einem zutreffenden Ergebnis gekommen ist. Dass dieser kanaldeckel anders/besser hätte gesichert werden können/müssen, steht wohl ausser Frage.

 

Aber um nochmals auf die Politik zurückzukommen:

Ich fände folgende Fragen, bzw. die Antworten darauf spannend:

- Gab es vor der LoPa einen Termin mit Vertretern der Stadt DU und der Polizei im Innenministerium?

- wenn ja, warum?

- wer waren die Teilnehmer?

- was war dann Gegenstand der Konferrenz mit welchem Ziel?

- warum will niemand so wirklich einen Untersuchungsausschuss?

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P.S.: Ich bitte die teilweise entgleiste Semantik zu endschuldigen; ich hatte einen langen Tag und inzwischen ist es schon wieder früher Morgen... :-)

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Ein Polizist schrieb:

Blue schrieb:
Ich begreife  nicht, dass während der ganzen Planungszeit niemand (...)einen davon getrennten Aus-/bzw. Eingang erzwungen hat,(...) Gibt es jemand der dies so definitiv rechtzeitig gefordert hat? Wenn ja, wer hat das beschönigt, zurück gewiesen?

Ach, diese Frage ist doch so oder so ähnlich schon 100-fach (hier) durchgekaut worden.

Ich wollte auch nicht neu durchkauen, mir ging es um die Frage im letzten Satz und ich hoffte auf konkretere Hinweise, WER das zurückgewiesen hat. Das ist ja nicht einerlei.

Hinreichend nachgewiesen ist jedenfalls, dass die Polizei im Rahmen ihrer Möglichkeiten mehrfach und ernsthaft auf die Tunnel-/Rampen-Problematik hingewiesen hat. Die maßgeblichen Planer und Entscheider hatten -warum und wie auch immer- eine andere Sicht der Dinge...

Auch über dieses "- warum und wie auch immer -" hoffte ich Genaueres zu erfahren. Denn das ist doch im Grunde die wichtigste Frage. Dahinter verbirgt sich die ganze große Antwort auf das WARUM der Planung und der Wahl des Bauwerks Tunnel-Rampe als einzigen Ein- und Ausgang. Dass man das allseits so locker vom Hocker als DIE Lösung angesehen haben soll, halte ich für ein Märchen, zumindest unter kompetenten, verantwortungsbewussten, mit nüchternem Menschenverstand ausgerüsteten, seine Mitmenschen liebenden, zumindest achtenden  und zu schöpferischen Lösungen fähigen Meistern der Veranstaltungstechnik und Geschäftsführern solcher Großevents. Zunächst einmal glaube ich einfach nicht so ohne weiteres, dass unsere ganze kompetente Fachwelt sich in dermaßen verantwortungsloses Handeln hinein manövrieren lässt. Und weil ich mich schwer tue, das zu glauben, ziehe ich bis zum Beweis des Gegenteils die Variante in Betracht, dass es in dem großen Pott all derer, die die LoPa unbedingt wollten, einige gegeben haben muss, die es den Fachleuten - offen oder verdeckt - schmackhaft gemacht und ihre fachmännischen Bedenken erfolgreich in den Wind geschlagen haben. Hätte es keine Alternative gegeben, könnte man vielleicht sagen, dass der Druck der Stadt und aller, die die Lopa in Duisburg unbedingt wollten, Ursache für solches fachliches Einknicken war. Doch es gab Alternativen.

 

Ein Polizist schrieb:
Blue schrieb:
Fakt ist zunächst einmal, dass nicht rechtzeitig eingeschritten wurde.

Konkretisieren Sie das mal. Von wem wurde bis wann und warum nicht rechtzeitig eingeschritten?

 

Im Grunde habe ich das schon in dem darauf folgenden Satz gesagt: "Erst zeitlich parallel zur Entstehung des Knäuels hat man überhaupt über Sperren nachgedacht, umständliche Telefonkonferenzen abgehalten. Das hat alles viel zu spät angesetzt und viel zu lang gedauert."

Der vorangehende Satz war keine Verurteilung, sondern eine Feststellung über einen zu späten zeitlichen Ablauf, auf wessen Konto auch immer der geht. Es bezog sich nicht nur auf die Polizei.

 

Wenn ich mir das Ganze nun aber auf Ihre Anfrage hin genauer durch den Kopf gehen lasse, würde ich folgendes sagen:

Wenn, wie Sie sagen, die Polizei in Sachen Tunnel-Rampe deutlich vorgewarnt hat, dann hat sie dafür ja sicher einen konkretisierbaren Grund gewusst. Mithin stand ihr dieses Wissen dann doch auch als Handlungsgrundlage für die Gefahrenabwehr zur Verfügung. Das war dann ja eigenständiges Wissen. 

Unter Verantwortungsbewusstsein und Gefahrenabwehr um des Gemeinwohls willen und unter echter interdisziplinärer Menschenliebe verstehe ich nun, dass sie trotz des verantwortungslosen abschlägigen Verhaltens von Seiten der Veranstalter und gerade wegen dieses fahrlässigen Vorgehens, selber alles tut damit das Befürchtete nicht zum Zuge kommen kann, es sei denn die verantwortlichen Planer hatten einen überzeugenden Grund, dass diese Befürchtung nicht eintreten würde. (Vielleicht hatten sie den ja, und wir wissen es nur nicht.)

Eine unausgesprochene Trotzreaktion nach dem Motto, "sollen sie doch mal sehen... " wäre hier bei einem Individuum vielleicht noch verständlich, für eine polizeiliche Behörde, unseren staatlichen "Freund und Helfer" kann das aber nicht durchgehen. 

 

Mit "es war alles zu spät" meine ich von daher, dass man sich für das Handeln am Veranstaltungstag nicht das Wissen zur Grundlage genommen hat, mit dem man zuvor die starken Bedenken vorgetragen hat.

Zunmindest sage ich mir, dass man dann sicher wesentlich früher eigenständig genauer hingesehen und Maßnahmen ergriffen hätte.

Man hätte etwa rechtzeitig gemerkt, dass die ELA fehlt, dass angesichts dieser Tatsache viel zu wenig Ordner da sind. Der Funk in solchem Verlies nicht funktionieren kann etc. Man hätte zur Gefahrenabwehr nicht einfach nur laufen lassen, bis was passiert, da  man mit den Bedenken zuvor ja bekundet hatte, dass man wusste, dass etwas passiert, wenn man einfach laufen lässt, wie es   Veranstalter und Stadt allzu unzulänglich vorbereitet hatten.

Natürlich war die Kontrolle des Veranstalters Aufgabe der Ordnungsbehörde und es ist in der Tat unverschämt, der Polizei solch schlechte Sicherheitsvorkehrungen zu servieren, aber wo in dieser Welt funktioniert denn gerade wegen solchen Missbrauchs und solcher Unveschämtheiten etwas, wenn allein nach Vorschrift gearbeitet wird???

Nach der Veranstaltung hätte man dann klar und deutlich die groben Sicherheitsmängel anzeigen können und die Planer auch ohne Todesopfer strafrechtlich zur Verantwortung ziehen können.

Aber OK, ich war nicht dabei und weiß nicht, wie verfahren die Situation war, sodass in der Tat nur eine Katastrophe wachrütteln konnte. Aber tut sie es denn jetzt?

Ich denke, weder von den KollegInnen vor Ort noch an den Video-Schirmen waren PolizistInnen tatsächlich in der Lage, frühzeitig und sicher zu erkennen, was sich da zusammenbraute.

Denken Sie das oder wissen Sie das? Gedacht habe ich das auch bisher, aber ich weiß es nicht. Auf meinen Fotomontagen zu den Stolperfallen  habe ich dazu einiges geschrieben.

Ich glaube aber auch, dass allgemein zu wenig ganzheitlich menschliche, seelische Aufmerksamkeit da war. Im Grunde ist das nämlich fürchterlich, wie sehr man sich heute auf die Technik verlässt und diese ganzheitliche, schöpferische Aufmerksamkeit dabei verlernt. Da wurden teure technische Einrichtungen fern des Geschehens, hoch oben im Hoisthaus und anderswo eingerichtet aber vor Ort waren viel zu wenig Ordner, der Crowdmanager konnte just zum Zeitpunkt der Masse genauso wenig sehen, wie die Leute in der Masse. Er war selber eingekeilt und in Gefahr. Wenigstens sein Container hätte einen ordentlichen Zugang nach oben haben sollen. Man wusste doch dass Funk in diesem Verlies nur bedingt funktionieren würde. Warum stand der überhaupt da in der Mitte und nicht über dem Gully und neben der Treppe? Die hätte dann gleich für seinen Weg nach oben dienen können.

OK, ich weiß, im Nachhinein weiß man es immer besser. Aber diese ganze Anordnung scheint mir von einem Sinn bestimmt worden zu sein, der sich nur einigen Wenigen erschließen konnte. Und vielleicht hat man diesenm Sinn blind vertraut.

Als ich erstmals die Videos gesehen habe, auf denen (von oben) das tödliche Gedränge mit (um Hilfe) winkenden, eingequetschten Menschen sah, habe ich das zunächst nicht als solches erkannt, obwohl ich wußte, was ich da sah!!

So erklärt sich (für mich) auch, wie es sein konnte, dass oben an der Brüstung u.a. Polizisten standen, die einfach nur freundlich zurück gewunken haben. Sie haben es einfach nicht erkannt / erkennen können!

Ja das glaube ich auch. Der, der hätte erkennen können müssen, war selber eingekeilt. Ob allerdings Psychologen von der Physik eines mehrschichtigen Menschenknäuels Ahnung haben, erscheint mir fraglich.

Ich bin mir inzwischen ziemlich sicher, dass selbst CM Walter nicht gesehen hatte, was sich zusammenbraute, als er die Polizei um Unterstützung bat...........

Ich frage mich, was wirklich seine Aufgabe war. Denn zum einen war er der Massenturbulenz nicht gewachsen und zum anderen war er denkbar schlecht für eine solche Situation positioniert. Was er wahrscheinlich gut konnte, die Menschen in seinem direkten Umfeld von höchstens 1 m - 1,50 m beobachten. Passt zu einem Psychologen. Aber Crowdmanager?

Auf frühen Videos der Kamera 13 ist gut zu sehen, wie die Leute ohne zu Stolpern o.ä. über die "Stolperfalle" , die einen abgesenkten Kanal(deckel) abdeckte, laufen oder auch darauf stehen. So richtig gefährlich wurde dieser Bauzaun wohl erst durch das spätere Gedränge.

Der Bauzaun deckte nicht nur einen schräg in seinem Schacht hängenden, defekten Kanaldeckel, denn dann hätte der Zaun fest am Boden gelegen. Vielmehr sollte er offenbar auch den ca. 1 m daneben stark verästelnden Baumstumpf abdecken, der direkt neben dem Schaft des Vorfahrtschildes gute 30 cm aus der Erde ragte. Das Schild nun verhinderte, dass man den Baumstumpf auch ganz abdecken konnte, was zur Folge hatte, dass an der Stelle ein ziemliches Loch offen blieb. Auf dieser genialen Anordnung haben die Leute zuerst auch gewippt. Wahrscheinlich hat sich der Zaun dadurch mit der Zeit etwas fester verhakt, sodass die Leute später auf der einen Seite darauf stehen konnten. Aber dadurch war das Loch vom Baumstumpf nicht weg. Die durch den Baumstumpf verursachte Schräglage des Bauzaunes machte diesen vielmehr rundum zur Stolperfalle mit der höchsten Stelle beim Baumstumpf. An dieser Stelle genau darüber lag nachher ein Toter. Da er demnach wohl der unterste im Knäuel an dieser Stelle war, ließ man ihn dort liegen. Die oberen mussten ja anderswo abgelegt werden.

Es kann durchaus sein, dass in den ersten Stunden die Brezelbude an der Ecke zum Tunnel diese Gefahrenstelle ein wenig abgeschirmt hat, weil der Bogen, den man um die Bude herum machen musste, ebenso um die Stolperfalle herumführte. Die Bude verschwand dann später. Ab da lief man also, wenn man ahnungslso aus dem Tunnel kam und mit 90° Linksbiegung die Rampe hoch wollte, direkt auf die Stolperfallen zu. Ich weiß nicht, ab wann der Brezelmensch sich zurückzog, aber kurz danach könnte der Auftackt gewesen sein. Denn soweit ich mich an die Videos erinnere, hat der sich kurz vor dem drohenden Stau aus dem Staub gemacht.

Was hätten  Ihrer Ansicht nach die Polizisten, die daneben standen, konkret tun sollen?

Lopavent via Ordner oder direkt auffordern, dieses Hinderns umgehend  besser abzusichern, beseitigen war ja nicht mehr möglich. Die Bauzaundreiecke scheinen ziemlich stabil zu sein. Zwar wären die irgendwann vielleicht auch verdemoliert worden, aber das Käuel hätte es nicht gegeben. Außerdem hätte ein Bauzaundreieck an dieser Stelle den Drang Richtung Treppe sinnvoll gebremst.

........aber wie gessagt, im Nachhinein........

(zu den politischen Punkten später)

Gruß

Blue

 

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@Blue

Eine direkte "Zurückweisung" der polizeilichen (und auch der feuerwehrlichen!) Bedenken gab es so nicht. Das hat Rabe schon geschickter angestellt; zB. mit seinen Gutachten-Aufträgen u.a. an Schreckenberger.

Was dann noch wie innerhalb der Genehmigungsbehörde Stadt Duisburg gelaufen ist, kann ich nicht wissen.

Der Polizei hier ein "Trotzverhalten" zu unterstellen, geht an der Sache vorbei.  Veranstalter und Stadt Duisburg haben einen Container Kastanien in einen Großbrand gekippt, die dann die Polizei herausholen sollte/musste.

 

Das "nicht rechtzeitige Einschreiten" beginnt nicht erst mit der Polizei, bzw. deren Tätigwerden.

Es beginnt i.S. Kanaldeckel z.B. bereits mit der 'Bauabnahme' durch Mitarbeiter der Stadt Duisburg am Vorabend, bzw. am Morgen des Veranstaltungstages.

Wir wissen hier auch nicht, ob es wegen dieser mangelhaften Abdeckung nicht auch noch Interventionen der PolizistInnen vor Ort gab; zuständig waren sie dafür jedenfalls nicht.

 

Was die "Knäuelbildung" und die Verdichtung betrifft, beginnt das "nicht rechtzeitige Einschreiten" beim "Experten für CrowdManagment", von dem man hätte erwarten dürfen, dass seine vorgeblichen Erfahrungen ihn in die Lage versetzt hätten, die heraufziehende Gefahr wesentlich früher zu erkennen.

Sein Versagen an dieser Stelle hat er ja auch fix und öffentlich mit der inzwischen widerlegten Behauptung zu vertuschen gesucht, er habe mehr als eine dreiviertel Stunde (oder noch länger) keinen Entscheidungsträger der Polizei erreichen können.

 

Die "Brezel-Buden" im Bereich der Rampe sind auch noch so ein Thema....

 

 

 

 

 

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Blue schrieb:
Lopavent via Ordner oder direkt auffordern, dieses Hinderns umgehend  besser abzusichern, beseitigen war ja nicht mehr möglich. Die Bauzaundreiecke scheinen ziemlich stabil zu sein. Zwar wären die irgendwann vielleicht auch verdemoliert worden, aber das Käuel hätte es nicht gegeben. Außerdem hätte ein Bauzaundreieck an dieser Stelle den Drang Richtung Treppe sinnvoll gebremst.

Da möchte ich mal ganz vehement widersprechen. Heras - Zäune sind für Abschrankungen von Menschenmassen völlig ungeeignet. Sie können dem Druck nicht standhalten. Daher hätten diese Zäune in bereichen mit zu erwartendem hohem Personendruck niemals verwendet werden dürfen.

Das ist allgemein bekannt. Sie können die verschiedenen Abschrankungsmöglichkeiten nebst einer Eignungsaufstellung bei der Feuerwehr München nachlesen.

Gegen diese allgemeine Erkenntnis wird allerdings oft gehandelt, weil Heras - Zäune viel billiger sind als geeignete Materialien. Sie sind leichter und daher einfacher zu transportieren. Und sie sind billiger in der Anmietung.

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Dr. Frank Eikmeier schrieb:

Da möchte ich mal ganz vehement widersprechen. Heras - Zäune sind für Abschrankungen von Menschenmassen völlig ungeeignet. Sie können dem Druck nicht standhalten. Daher hätten diese Zäune in bereichen mit zu erwartendem hohem Personendruck niemals verwendet werden dürfen.

Ja, das ist bekannt, das war auch schon Thema auf "loveparade2010doku", dass auch die Zäune eigentlich alle nicht zulässig waren. Aber es ging hier ja um die Situation dort vor Ort am Tag selber. Da gab es eben für ein letztes Eingreifen der Polizisten nur diese Zäune allüberall. Und darum ging' s ja. Das wäre zumindest das kleinere Übel gewesen, aber war meinerseits nur ein Illustration, wichtiger war mir, die unnachgiebige Aufforderung an Lopavent.

 

ein Polizist schrieb:
Es beginnt i.S. Kanaldeckel z.B. bereits mit der 'Bauabnahme' durch Mitarbeiter der Stadt Duisburg am Vorabend, bzw. am Morgen des Veranstaltungstages.

Wir wissen hier auch nicht, ob es wegen dieser mangelhaften Abdeckung nicht auch noch Interventionen der PolizistInnen vor Ort gab; zuständig waren sie dafür jedenfalls nicht.

Hier ist es dasselbe, dass da Bauamt hätte tätig werden müssen, ist auch klar und bekannt. Es ging um die verbleibenden Möglichkeiten am Tag selber, weil eben die Gesetze und Verordnungen zuvor von den Zuständigen nicht eingehalten worden waren. An der Stelle tritt doch immer die Polizei in die Arena. Das ist doch deren täglich Brot oder etwa nicht? Um es überspitzt zu formulieren, da kann man dann doch nicht denken: ihr haltet die Gesetze nicht ein, also seht mal zu, wie ihr klar kommt. 

Damit will ich den Hundertschaften der bei der Lopa aktiven polizeilichen Individuen diese Haltung keineswegs unterstellen, aber an manchen Stellen, zumindest in der nachbereitenden Darstellung, hat man den Eindruck, dass so etwas nicht ganz folgenlos mitschwingte. Zumindest hatte ein solches Denken, von wem auch immer gepflegt, auf die seelische Aufmerksamkeit der Betreffenden und darüber hinaus eine eventuell folgenreiche Auswirkung.

 

Ein Polizist schrieb:
Was die "Knäuelbildung" und die Verdichtung betrifft, beginnt das "nicht rechtzeitige Einschreiten" beim "Experten für CrowdManagment",

Mit dem Crowdmanager ist es dasselbe, es ist klar, dass er zuerst zuständig war. Sie fragten aber, was die Polizei getan oder unterlassen hat und hätte tun können und haben meine Darlegung dazu unbeantwortet gelassen.

Man könnte jetzt argwöhnen, dass die vorangegangenen Einwände von Polizei und Feuerwehr speziell bezüglich Tunnel-Rampe so dezidiert konkret und heftig gar nicht waren und vorgertragen wurden. Ging es ihnen z.B. mehr darum, die Veranstaltung grundsätzlich zu verhindern oder wollte man konkret die Gefahrenstelle Tunnel-Rampe ansprechen und in den Focus rücken, um ihr entgegen zu wirken?

Denn dass die Stadt auf dem Ohr für ein grundsätzliches Nein nicht ansprechbar war, wusste man doch inzwischen, also musste man sich doch schon zu diesem Zeitpunkt auf die reine polizeiliche Gefahrenabwehr konzentrieren.

Ist das geschehen?

 

 

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Die Leserin schrieb:

Ich verstehe auch einfach nicht, warum ich hier auf derartige Schwierigkeiten stoße, wenn ich versuche herauszufinden, inwiefern übergeordnete Führungskräfte in die Entscheidungen am Veranstaltungstag involviert waren, und zwar eben auch von Seiten der Polizei.


Wweil es wohl für die Entscheidungen bis zur unmittelbaren Gefahr nicht der Fall ist, und sich da der SPIEGEL, Herr Walter, die Staatsanwaltschaft, und alle Polizeiberichte einig zu sein scheinen:
Für das was gemacht wurde, hatte Dirk H die Autonomoie, und da wo er Unterstützung brauchte (zusätzliche Hundertschaft) hat er keine Probleme damit bekommen.

Hier weiter nach Entscheidungen eine Etage höher zu suchen, kann nur zu weiteren Vermutungen führen, und schrappt auf die Dauer gefährlich nah an einem Verschwörungsszenario vorbei: (alle Berichte schützen Simon...) vorbei.

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Liebe Leserin!

 

Vielen Dank für Ihre offenen und sehr deutlichen Erklärungen zum Thema "Fehlersuche Polizei"! Sie heben in ausführlicher Art und Weise die Motivation Ihrer zum Teil kritischen Betrachtungsweise deutlich gemacht, so dass ich jetzt tatsächlich in man Ihren Äußerungen einen anderen Kontext erkennen kann. In diesem Sinne freue ich mich ausgesprochen auf Ihre weiteren Beiträge und die entsprechenden Diskussionen mit Ihnen!

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Liebe Blue!

 

In Beitrag #52  dieser Seite nehmen Sie erneut Bezug auf meine Betrachtungsweise im Zusammenhang mit dem Beitrag der Veranstaltungsbesucher zum Entstehen dieser schrecklichen Katastrophe.

 

Mal losgelöst davon, dass ich der Meinung bin, dass der Vergleich mit dem sinkenden Schiff mit der mangelhaften Zahl an Rettungsboten doch etwas hinkt, könnte ich hier erneut umfassend Stellung zu meiner Sichtweise nehmen, lasse es aber, da wir uns bei diesem Thema doch sehr im Kreis drehen und wir nicht zu einer gemeinsamen Sichtweise kommen werden.

Kurz gesagt kann ich nur wiederholen, dass ich einen deutlichen Unterschied zwischen der "Schuld" und der "Ursächlichkeit" bzw. kausalem Verhalten sehe. Diese Aspekte habe ich zu Beginn meiner Beiträge hier fälschlicherweise mit dem Begriff "Verantwortlichkeit" bedacht. Natürlich haben die Veranstaltungsteilnehmer, die im Vertrauen darauf dorthin gekommen sind, dass sie ohne sich in Gefahr zu begeben an diesem Event teilnehmen können, keine, ich weiderhole keine Schuld an der Katastrophe, gleichwohl haben sie mit ihrem Verhalten dazu beigetragen, dass Menschen zu Tode gekommen sind, insofern war auch das Besucherverhalten (zu welchem Anteil auch immer) ein Stückweit ursächlich, also kausal, für die fatalen Auswirkungen und Folgen.

Jetzt habe ich doch wieder mehr geschrieben, als ich wollte, aber daran sehen Sie auch, wie sehr mir die Angelegenheit am Herzen liegt.

 

Wenn Sie meine Formulierung zum Ende meiner zitierten Ausführungen als "geheimnisvoll" bezeichnen, dann gebe ich Ihnen vollkommen Recht, denn der Hintergrund wird vorläufig auch ein Geheimnis bleiben ...

 

 

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