Fall Mollath - Einige Anmerkungen zur schriftlichen Urteilsbegründung des LG Regensburg

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 20.11.2014

Die schriftlich verfassten Gründe des noch nicht rechtskräftigen Urteils im wiederaufgenommenen Prozess gegen Gustl Mollath liegen seit 14 Tagen  vor.

Ein erster Blick in die mit 120 Seiten außergewöhnlich umfangreiche Begründung bestätigt meinen Eindruck aufgrund der Pressemitteilung am Tag der mündlichen Urteilsverkündung.

Damals hatte ich von einem „salomonischen Urteil“ geschrieben und bin dafür kritisiert worden. Vielleicht habe ich das Wort „salomonisch“ unangemessen gebraucht – gemeint war, dass dieses Urteil für Herrn Mollath einerseits einen Erfolg darstellt, andererseits auch nicht. Erfolgreich für ihn ist es insofern, als die jahrelange Unterbringung aufgrund einer nachgewiesenen gefährlichen Wahnerkrankung, Ergebnis des Urteils des LG Nürnberg-Fürth, nun vom LG Regensburg nachträglich als rechtsfehlerhaft zurückgewiesen wurde. Herr Mollath ist für die Unterbringungszeiten zu entschädigen.

Dieses Urteil ist aber nur Teil eines außergewöhnlichen Gesamterfolgs: Vor gut zwei Jahren, Anfang November 2012, war Herr Mollath ein seit sechseinhalb Jahren in der forensischen Psychiatrie Untergebrachter und nahezu ohne Chance in absehbarer Zeit freigelassen und rehabilitiert zu werden. Auf seiner Seite standen zwar schon damals einige private Unterstützer, eine Strafverteidigerin und einige Journalisten. Auf der Gegenseite, die ihn als nach wie vor gemeingefährlichen Wahnkranken ansah, standen aber nicht nur das seit 2007 rechtskräftige Urteil, sondern  auch seine Behandler in der Psychiatrie, mehrere psychiatrische Gutachter, die Strafjustiz an drei bayerischen Standorten und die zunächst noch vom Ministerpräsidenten gestützte bayerische Justizministerin. Gegen diese Institutionen hat Gustl Mollath im Verlauf eines knappen Jahres die Wiederaufnahme seines Strafverfahrens, und zwar in einmaliger Weise auf Antrag der Staatsanwaltschaft (!), die Freilassung aus der Unterbringung, eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde und nunmehr auch ein neues Urteil erreicht. Im Verlauf dieser Zeit wurden anhand des „Falls Mollath“ außerdem wichtige Fehlkonstruktionen aufgedeckt, was in ein Bundesgesetzgebungsverfahren (StGB) sowie ein Landesgesetzgebungsverfahren (Maßregelvollzugsgesetz) mündete. Ohne dies aktuell empirisch überprüft zu haben: Ein solcher Erfolg ist in der bundesrepublikanischen Rechtsgeschichte einmalig. Wer nun davon spricht (sei es auf Seiten Herrn Mollaths oder auf der Gegenseite), Herr Mollath sei insgesamt gescheitert, der hat einen verzerrten Blick auf die Wirklichkeit. Allerdings: Die verlorenen Jahre kann ihm niemand zurückgegeben; die zu erwartende Entschädigung kann diesen Verlust nicht ansatzweise ausgleichen.

Zugleich enthält das Urteil auch einen „Misserfolg“ für Gustl Mollath, weil  der schwerste Vorwurf, seine Frau am 12.08.2001 geschlagen, gebissen und gewürgt zu haben, als seine rechtswidrige Tat festgestellt wurde. Seiner Darstellung, diese Tat habe so gar nicht stattgefunden bzw. er habe sich nur gegen einen Angriff seiner Frau gewehrt, ist das LG Regensburg nicht gefolgt. Dieser Misserfolg fällt allerdings gegenüber den oben genannten Erfolgen geringer ins Gewicht.

Die  Beweiswürdigung zum Tatvorwurf am 12.08.2001, ausgeführt auf  mehr als 50 Seiten der Urteilsgründe, ist nicht nur ausführlich, sondern akribisch und auch logisch stimmig. Im Kern glaubt das Gericht den Angaben der Nebenklägerin, die sie im früheren Verfahren gemacht hat, und den Beobachtungen des Arztes, den sie zwei Tage nach der Tat aufsuchte. Eine sehr kritische Würdigung dieser Angaben war geboten, denn die Nebenklägerin hat in der Hauptverhandlung nicht ausgesagt, aber dennoch auf den geschilderten Vorwürfen beharrt. In einem Strafprozess, der als Prinzipien die Unmittelbarkeit und Mündlichkeit der Beweiserhebung in der Hauptverhandlung kennt, ist ein solches Aussageverhalten  problematisch. Der BGH hat es dennoch zugelassen, die früheren Angaben eines Hauptbelastungszeugen zu verwerten, auch wenn dieser  die Aussage in der Hauptverhandlung (berechtigt) verweigert. Allerdings erweist sich eine derartige Beweiswürdigung auch im Fall Mollath als bedenklich: Die schriftlich niedergelegten Angaben der Nebenklägerin konnten praktisch nur untereinander und indirekt über die Vernehmung von Drittzeugen geprüft werden, ohne dass die Nebenklägerin in Gefahr geraten konnte, sich bei Rückfragen  in Widersprüche zu verwickeln. Da das Gericht die Nebenklägerin nie persönlich gesehen hat, konnte ein Gesamteindruck der entscheidenden personalen „Quelle“ der Vorwürfe nicht gewonnen werden. Wenn sich das Gericht dann zentral auf die früheren Aussagen stützt, muss diese Würdigung mit Leerstellen auskommen, die positiv gefüllt werden. So spricht nach Auffassung des Gerichts für die Glaubhaftigkeit der Angaben zentral, dass die Nebenklägerin zum Zeitpunkt ihrer ersten Angaben über die Tat noch nicht die Absicht gehabt habe, sich von ihrem Mann zu trennen bzw. ihn anzuzeigen. Vielmehr habe sie ja noch Monate mit ihm zusammengelebt. Gerade dieser Umstand kann aber auch umgekehrt interpretiert werden: Dass sie noch so lange mit ihm zusammengeblieben ist, könnte eher gegen einen lebensgefährlichen Angriff sprechen. Welche Absicht die Nebenklägerin mit dem Attest positiv verfolgte, ist unbekannt. Dass es keine Motive gewesen sind, die dem Wahrheitsgehalt ihrer Angaben entgegenstanden, wird vom Gericht unterstellt. Dass die Gründe in der "Vorsorge" für ein späteres Scheidungsverfahren gelegen haben könnten, wird vom Gericht nicht diskutiert. Im Übrigen stützt sich die Kammer darauf, dass es sich bei den Tatschilderungen im Kern um konstante und darum auch zuverlässige Äußerungen handele. Das Konstanzkriterium ist allerdings ein recht schwaches Wahrheitsindiz, weil es auch einer lügenden Person ohne Weiteres gelingen kann, eine konstante Tatschilderung in mehreren Vernehmungen aufrecht zu erhalten. Angaben zum Randgeschehen (wie kam es zur Tat, was passierte vorher und nachher?) sind in den verwerteten Angaben nicht enthalten. Hierzu hätte es zur Aufklärung der mündlichen Vernehmung der Nebenklägerin bedurft.

Anders als die Nebenklägerin hat sich der Angeklagte als Beweismittel gegen sich selbst auch in der Hauptverhandlung zur Verfügung gestellt. Seine Äußerung, er habe sich gewehrt, wird vom Gericht dahingehend gewürdigt, dass es jedenfalls am 12.08.2001 zu körperlichen Auseinandersetzungen gekommen sein müsse. Diese Würdigung ist nachvollziehbar. Wenn es eine Auseinandersetzung gab, bei der sich der Angeklagte gewehrt hat, dann kann erwartet werden, dass dieser die Auseinandersetzung auch im Einzelnen schildert. Hierzu aber schwieg der Angeklagte in der Hauptverhandlung. Es trifft allerdings nicht zu, dass sich – wie das Gericht meint (S. 66) – die Verteidigungsstrategien Mollaths (einerseits: Verletzungen vom Sprung aus dem Auto, andererseits: Verletzungen von einer Gegenwehr) widersprechen: Es ist denkbar, dass beides zutrifft und die Verletzungen von der Nebenklägerin beim Arzt als von einem einzigen Ereignis herstammend geschildert wurden.

Zentral ist der Zeuge Reichel, nach dessen Aussage er die Nebenklägerin zwei Tage nach der vorgeworfenen Tat gesehen hat und Verletzungszeichen schildert, die zu den Schilderungen der Nebenklägerin passen. Auch hier bemüht sich die Kammer, eventuelle Zweifel gar nicht erst aufkommen zu lassen. [Update 22.02.2015: Das Zustandekommen des Attests und des zugrundeliegenden Krankenblattinhalts ist sowohl inhaltlich als auch datumsmäßig  nach wie vor nicht eindeutig nachvollziehbar, diesbezügliche Widersprüche in der Darstellung Reichels wurden in der HV nicht geklärt.]

Insbesondere bleibe ich bei meiner schon kurz nach dem Urteil geäußerten Auffassung, dass die Frage der gefährlichen Körperverletzung durch eine das Leben gefährdende Handlung (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB) für mich nicht zweifelsfrei erwiesen ist. Da es keine Fotografien der Hämatome gibt, war das Gericht allein auf die – von ihm selbst eingeräumt – unzuverlässige Erinnerung des Arztes angewiesen und auf die durch den Arzt indirekt vermittelte Angabe der Nebenklägerin. Zum Würgen (auch mit Würgemalen) gibt es eine umfassende,  im Kern auch differenzierende Rechtsprechung. Die Schlussfolgerung, nicht näher dokumentierte Würgemale gingen in jedem Falle mit einer Lebensgefährdung einher, wird in der BGH-Rechtsprechung nicht geteilt. Die Angabe der Nebenklägerin, sie sei kurzfristig bewusstlos gewesen, beruht allein auf ihrer nicht überprüfbaren und auch von keinem weiteren objektiven Indiz bestätigten Angabe.

Das Gericht kommt hinsichtlich der Schudfrage zu dem Schluss, Herr Mollath habe am 12.08.2001 nicht ausschließbar unter Einfluss einer schwerwiegenden Störung gehandelt, die nicht ausschließbar zur Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB geführt habe. Obwohl dies in dubio pro reo zu einer Entlastung Mollaths führt, so dass er für den Angriff auf seine Frau weder bestraft noch untergebracht werden kann, wird diese Wertung von ihm als belastend empfunden. Ob diese subjektive Belastung als „Beschwer“ für eine Rechtsmittel (Revision) genügt, wird sicherlich Gegenstand der Begründung des von Mollath und seinem neuen Verteidiger eingelegten Rechtsmittels  sein.

Ohne auf diese verfahrensrechtliche Frage näher eingehen zu wollen, kann man aber bezweifeln, dass die materiellen Maßstäbe, die das Gericht hier an eine Subsumtion der Merkmale des § 20 StGB (und sei es auch nur in dubio pro reo) angelegt hat, zutreffend sind.

Diese Maßstäbe werden üblicherweise recht eng gesehen: Es genügen eben nicht schon jegliche Anhaltspunkte oder die bloße Nicht-Ausschließbarkeit einer Störung zur Tatzeit, um dann per Zweifelsgrundsatz eine Exkulpation vorzunehmen. Hier hat das Gericht den Zweifelsgrundsatz doppelt wirken lassen: Erstens hinsichtlich der Frage, ob an dem Tag überhaupt eine schwerwiegende Störung vorlag und zweitens dahingehend, dass diese Störung zum Ausschluss der Steuerungsfähigkeit geführt hat. Regelmäßig sind auch psychiatrische Sachverständige nicht in der Lage, einen vorhandenen Zustand „zurückzurechnen“. Hier hat der Sachverständige weder über ein aktuelle Exploration verfügt noch über Aktenmaterial mit Begutachtungen, die zeitnah zum 12.08.2001 auf eine Störung hinwiesen. Er hat deutlich gemacht, dass man von ihm praktisch Unmögliches verlangt, wenn man erwarte, er könne eine belastbare Einschätzung zu einem 13 Jahre zurückliegenden Zeitpunkt abgeben. Das Gericht hat sich über diese Bedenken hinweggesetzt und den Sachverständigen Nedopil stärker interpretiert als es seiner Stellungnahme nach angemessen war. Natürlich kann er eine Schuldunfähigkeit vor 13 Jahren nicht „ausschließen“. Das kann niemand über den Zustand eines Menschen sagen, den er zum damaligen Zeitpunkt nicht gekannt bzw. gesehen hat. Aber für eine (wenn auch nur aufgrund des Zweifelssatzes) vorgenommene Annahme der Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB reicht dieses Nichtwissen normalerweise nicht aus. Die vom Gericht für eine solche Störung aufgeführten Indizien stammen zu einem großen Teil aus der Zeit nach der Trennung der Eheleute und können daher nicht eine Tatwirksamkeit für den August 2001 belegen. Das Gericht meint, der zeitliche Zusammenhang sei „sehr eng“(S. 81), jedoch ist der situationale Zusammenhang eher fern, soweit viele weitere geschilderte Verhaltensauffälligkeiten erst nach dem Auszug der Nebenklägerin aus der gemeinsamen Wohnung auftraten. Eine belastende psychodynamische Ausnahmesituation kommt praktisch in jeder Ehekrise auf beide Partner zu. Nach dieser Logik müssten eine große Anzahl Fälle häuslicher Gewalt unter dem Blickwinkel nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit betrachtet werden.

Die Beweiswürdigung zu den anderen Tatvorwürfen hingegen stimmt mit meiner Einschätzung nach der Hauptverhandlung überein.

Das noch nicht rechtskräftige Urteil kann hier nachgelesen werden: Urteil des LG Regensburg

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Mit dem Fall Mollath zusammenhängende Fragen werden jedoch von mir weiter verfolgt. Schon für demnächst ist ein  Beitrag zur (speziellen) Frage der Revisionszulässigkeit geplant. Zu dieser Frage kann dann auch wieder diskutiert werden. 

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1753 Kommentare

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@ Mustermann #11:

Es ging lediglich um das Aufzeigen einer Alternative, weswegen P3M ausgesagt haben kann, dass sie bewusstlos war. Es gibt nunmal weitere denkbare Erklärungen außer: "P3M muss tatsächlich bewusstlos gewesen sein" und "Die Bewusstlosigkeit wurde als Teil eines auch juristisch akribisch geplanten Langzeitkomplotts erfunden." Und deshalb läßt sich auch nicht folgern, dass es die Bewusstlosigkeit gegeben haben muss, nur weil es unwahrscheinlich ist, dass P3M sich zu diesem Zeitpunkt Gedanken gemacht hat, dass sie irgendwann später einmal Mollath eine gefährliche und nicht nur eine einfache KV vorwerfen muss.

Eine leicht abweichende Schilderung des "Prügeleiverlaufs" ändert dann auch nichts daran, dass Variante 3a oder 3b möglich bleiben. 3a und 3b unterscheiden sich nur im "wer hat angefangen". Wenn P3M Mollaths Angriff aufgebauscht hätte, würde das gar nichts drüber aussagen, ob es Notwehr war oder nicht.

In so einer Übertreibung muss auch nur minimal vom "echten Tatverlauf" abgewichen werden. Außerdem erzählt P3M diese Geschichte zu diesem Zeitpunkt nur dem Arzt und der Arzthelferin, nicht der Polizei. Bei den beiden wird sie sich wohl kaum Gedanken darüber machen (müssen), ob diese irgendwann die in Einzelpunkten abweichende Variante der Geschichte durch Mollath zu hören bekommen.

I.S. schrieb:

Eine leicht abweichende Schilderung des "Prügeleiverlaufs" ändert dann auch nichts daran, dass Variante 3a oder 3b möglich bleiben. 3a und 3b unterscheiden sich nur im "wer hat angefangen". Wenn P3M Mollaths Angriff aufgebauscht hätte, würde das gar nichts drüber aussagen, ob es Notwehr war oder nicht.

Eben.

Die Verletzungen waren schon massiv genug. 

Ein Aufbauschen würde zu der Frage, wer angefangen hat, nichts beitragen.

Sie halten es nicht für abwegig. Ich halte es nicht für naheliegend.

Eimnfachstes Kriterium Suggestivfrage - Mittermaier 1834

I.S. schrieb:

Beispiele zur Vernehmungskompetenz VRiinLG

... Nach meinem Kenntnisstand soll bei einer Suggestivfrage durch die Art der Fragestellung der Inhalt der Antwort beeinflusst werden. (Wenn das nicht stimmt, müsste Hr. Sponsel als Verwender des Begriffs "Suggestivfrage" diesen definieren.)

Es gibt unterschiedliche. Ziemlich umfassend können Sie sich hier informieren:

http://www.sgipt.org/forpsy/sugg/sfragen.htm

Ich habe das praktisch einfachste Kriterium angewandt, nämlich: Kann die Frage mit Ja oder Nein beantwortet werden? (Mittermaier 1834)

Bei genauerer Analyse wird da noch viel mehr rauskommen, aber mir genügt meine Stichprobe vollauf. 

RSponsel schrieb:

Eimnfachstes Kriterium Suggestivfrage - Mittermaier 1834

I.S. schrieb:

Beispiele zur Vernehmungskompetenz VRiinLG

... Nach meinem Kenntnisstand soll bei einer Suggestivfrage durch die Art der Fragestellung der Inhalt der Antwort beeinflusst werden. (Wenn das nicht stimmt, müsste Hr. Sponsel als Verwender des Begriffs "Suggestivfrage" diesen definieren.)

Es gibt unterschiedliche. Ziemlich umfassend können Sie sich hier informieren:

http://www.sgipt.org/forpsy/sugg/sfragen.htm

Ich habe das praktisch einfachste Kriterium angewandt, nämlich: Kann die Frage mit Ja oder Nein beantwortet werden? (Mittermaier 1834)

Bei genauerer Analyse wird da noch viel mehr rauskommen, aber mir genügt meine Stichprobe vollauf. 

Dann Mittermaier laut Ihrer Seite aber weiter:

Quote:

Aus diesen Gründen wird ein durch suggestive Fragen veranlasstes Zeugnis manchen Zweifeln unterliegen, ohne dass man die Regel aufstellen kann, dass jede vorgekommene Suggestion die Glaubwürdigkeit vernichte. Nur die Umstände des einzelnen Falles entscheiden darüber, welchen Einfluss Suggestionen haben.

Ich denke das trifft den Kern, warum viele hier Probleme mit Ihrer Darstellung haben.

Den Rest des Absatzes will ich nicht vorenthalten, bin aber aufgrund des bereits Zitierten der Auffassung, dass es auch nach Mittermaier nicht auf ein reines Abzählen ankommen kann.

Quote:

Darnach wird die Glaubwürdigkeit dann leiden, 1) wenn viele Suggestionen gehäuft vorkommen, so dass die Hauptmerkmale der That, worüber der Zeuge aussagt, suggerirt worden sind; 2) wenn der Thatbestand des Verbrechens durch Zeugen hergestellt werden soll, und der Zeuge auf Suggestion aussagte; 3) der Namen eines Mitschuldigen suggerirt wurde, 4) wenn es auf Nebenumstände ankömmt, in Ansehung derer die Uebereinstimmung mehrerer Zeugen bedeutend wird und wo die nämlichen suggestiven Fragen an die verschiedenen Zeugen gestellt wurden; 5) wenn die Individualität des Zeugen und sein Benehmen die Besorgniss begründet, dass er nicht die nöthige Selbstständigkeit und den hinreichenden Verstand hat, um nur das, was er wirklich beobachtete, anzugeben, dass er vielmehr durch Vorhaltungen Anderer sich verleiten lassen könne, gegen die Wahrheit nur das, was man von ihm zu wissen verlangt, anzugeben.

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Beispiele zur Vernehmungskompetenz VRiinLG

vielen Dank Herr Lippke (p17, #41), ich signiere das mal einfach durch:

Gericht: Hat sie das näher ausgeführt, dass sie von ihrem Mann geschlagen oder misshandelt worden sei?

Suggestivfrage.

Gericht: Wenn wir nochmal zurückgehen, was die Frau Maske, damals Mollath, Ihnen gesagt hat von den Misshandlungen. Ist sie da etwas ausführlicher geworden?

Suggestivfrage.

Gericht: Attest – schreiben Sie, wenn Patient das Zimmer verlassen hat?

Suggestivfrage.

Gericht: Wie kriegt der Patient das dann?

Verdeckte Suggestifvfrage, weil sie unterstellt, dass es der Patient kriegt.

Gericht: War das auch offene Wunde?

Suggestivfrage.

Gericht: Fotodokumentation?

Suggestivfrage.

Gericht: Können Sie erklären, was es damit auf sich hat?

Suggestivfrage.

Gericht: Ja haben Sie es nicht mitgebracht?

Suggestivfrage.

Pi mal Daumen Suggestivrate ca. 70%. Das ist vermutlich der Vernehmungsstandard an Gerichten. Meilenweit von Nack und Bender entfernt. Es ist zu befürchten, dass es in der JuristInnenausbildung kein Seminar Befragungsmethodik gibt.

Sehr geehrter Herr Müller,

Sie fragten mich zur Echtheit des Attests vom 14.08.2001

Natürlich sind die von Ihnen geschilderten Manipulationen an der EDV theoretisch möglich und auch photoshoppen kann man heute ja fast alles. Aber sind solche Manipulationen auch nur gering wahrscheinlich?

Üblicherweise würde sicher ein vorliegendes Attest vom 14.08.2001 mit Unterschrift als Beweismittel anerkannt, wenn nicht begründete Zweifel an dessen Echtheit bestehen. Den Vergleich mit dem Attest vom 03.06.2002 durch Inaugenscheinnahme hatte wohl auch die StA vorgenommen. Dass das Attest vom 03.06.2002 als Zweitschrift angesehen wird, deutet aber bereits eine Festlegung zur Beweiswürdigung in der Sache an. Diese Wankelmütigkeit zwischen Vorwegnahme des Ermittlungsergebnisses und der angeblich offenen Verfolgung von Hypothesen kann ich nicht nachvollziehen. Warum war man seit 2013 in der Praxis mit Ermittlungen zugange? Es gab also Zweifel. Auch die Zeugenaussage Anfang Juli 2014 behoben diese Zweifel offensichtlich nicht, sonst hätte es wohl kaum den Auftrag für die IT-Untersuchung gegeben. Welche Untersuchungsziele wurden damit konkret verfolgt? Der Auftrag umfasste nur die Sicherung von Daten.

Mir erscheint naheliegend, was das Gericht aus dem IT-Bericht schließt: Es wurde am 14.08.2001 erstmals ein Attest ausgedruckt und dann noch ein zweites Mal am 03.06.2002 und ein drittes Mal am 06.08.2014 (siehe IT-Bericht) - jedes Mal wurde  das jeweils aktuelle Datum so auf das Attest gedruckt, wie es auf den Abbildern dieser Dokumente erscheint...

Das ist nach meiner bisherigen Kenntnis nicht naheliegend aus dem IT-Bericht zu schließen.

Nur eine Alternative

Eine mögliche Alternative zum schriftlichen Attest vom 14.08.2001 zunächst sogar ohne Manipulation des Systems wäre z.B. folgender Ablauf

1. Am 14.08.2001 Worddatei vom 14.08.2001 hat keinen oder einen anderen Inhalt. Ob gedruckt oder nicht, egal. Exemplar liegt nicht mehr vor.

2. bis 03.06.2002 Worddatei vom 14.08.2001 wird inhaltlich verändert, mit Datum 03.06.2002 ausgedruckt, jedoch nicht unter dem vorherigen Namen oder Verzeichnis abgespeichert (Erstellungs-/Änderungsdatum 14.08.2001 der Ausgangsdatei bleibt damit erhalten).Erst mit Fax an GM Mitte 2002 wird diese Version des Attests bekannt.

3. von 2002 - 2013 Worddatei mit verändertem Text wird geöffnet oder entsprechend der Papiervorlage neu erstellt, dass Datum händisch auf den 14.08.2001 gesetzt und dann ausgedruckt.

Das gewünschte schriftliche Attest vom 14.08.2001 liegt nun vor, die Vorlage vom 03.06.2002 wird damit zur Zweitschrift.

IT-Untersuchung

Erst nach Auftauchen des schriftlichen Attestes vom 14.08.2001 in 2013 erfolgen behäbige Ermittlungen in Richtung Praxissystem, die erst am 6.8.2014 zur Sicherung von Daten führen.

Durch die (möglichen) Ermittlungen wurde eine einfache Dateimanipulation notwendig.

2001 - 2014 Die veränderte Worddatei wird unter Manipulation des Erstellungsdatums als Ausgangsdatei (Dateiname, Erstellungs-/Änderungsdatum) auf dem Server abgespeichert.

Da diese Datei lt. IT-Bericht bisher nur vom Server inhaltlich bekannt ist, kann die Manipulation auch ohne Weiteres nach dem 27.02.2002 erfolgt sein. Mehr gibt der IT-Bericht nicht her.

Was "gering wahrscheinlich" im juristischen Sinne ist, kann ich nicht einschätzen.

Lassen Sie mich die IT-Beweiswürdigung auch würdig einschätzen. Sie ist wie ein chemischer Test einer Faxkopie auf Tipp-Ex-Rückstände, weil ausgeschlossen werden soll, dass das gesendete Original mit Tipp-Ex manipuliert wurde.

Herzliche Grüsse

Lutz Lippke

 

 

 

  

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Lutz Lippke schrieb:

Sehr geehrter Herr Müller,

Sie fragten mich zur Echtheit des Attests vom 14.08.2001

Natürlich sind die von Ihnen geschilderten Manipulationen an der EDV theoretisch möglich und auch photoshoppen kann man heute ja fast alles. Aber sind solche Manipulationen auch nur gering wahrscheinlich?

Üblicherweise würde sicher ein vorliegendes Attest vom 14.08.2001 mit Unterschrift als Beweismittel anerkannt, wenn nicht begründete Zweifel an dessen Echtheit bestehen. Den Vergleich mit dem Attest vom 03.06.2002 durch Inaugenscheinnahme hatte wohl auch die StA vorgenommen. Dass das Attest vom 03.06.2002 als Zweitschrift angesehen wird, deutet aber bereits eine Festlegung zur Beweiswürdigung in der Sache an. Diese Wankelmütigkeit zwischen Vorwegnahme des Ermittlungsergebnisses und der angeblich offenen Verfolgung von Hypothesen kann ich nicht nachvollziehen. Warum war man seit 2013 in der Praxis mit Ermittlungen zugange? Es gab also Zweifel. Auch die Zeugenaussage Anfang Juli 2014 behoben diese Zweifel offensichtlich nicht, sonst hätte es wohl kaum den Auftrag für die IT-Untersuchung gegeben. Welche Untersuchungsziele wurden damit konkret verfolgt? Der Auftrag umfasste nur die Sicherung von Daten.

Mir erscheint naheliegend, was das Gericht aus dem IT-Bericht schließt: Es wurde am 14.08.2001 erstmals ein Attest ausgedruckt und dann noch ein zweites Mal am 03.06.2002 und ein drittes Mal am 06.08.2014 (siehe IT-Bericht) - jedes Mal wurde  das jeweils aktuelle Datum so auf das Attest gedruckt, wie es auf den Abbildern dieser Dokumente erscheint...

Das ist nach meiner bisherigen Kenntnis nicht naheliegend aus dem IT-Bericht zu schließen.

Nur eine Alternative

Eine mögliche Alternative zum schriftlichen Attest vom 14.08.2001 zunächst sogar ohne Manipulation des Systems wäre z.B. folgender Ablauf

1. Am 14.08.2001 Worddatei vom 14.08.2001 hat keinen oder einen anderen Inhalt. Ob gedruckt oder nicht, egal. Exemplar liegt nicht mehr vor.

2. bis 03.06.2002 Worddatei vom 14.08.2001 wird inhaltlich verändert, mit Datum 03.06.2002 ausgedruckt, jedoch nicht unter dem vorherigen Namen oder Verzeichnis abgespeichert (Erstellungs-/Änderungsdatum 14.08.2001 der Ausgangsdatei bleibt damit erhalten).Erst mit Fax an GM Mitte 2002 wird diese Version des Attests bekannt.

3. von 2002 - 2013 Worddatei mit verändertem Text wird geöffnet oder entsprechend der Papiervorlage neu erstellt, dass Datum händisch auf den 14.08.2001 gesetzt und dann ausgedruckt.

Das gewünschte schriftliche Attest vom 14.08.2001 liegt nun vor, die Vorlage vom 03.06.2002 wird damit zur Zweitschrift.

IT-Untersuchung

Erst nach Auftauchen des schriftlichen Attestes vom 14.08.2001 in 2013 erfolgen behäbige Ermittlungen in Richtung Praxissystem, die erst am 6.8.2014 zur Sicherung von Daten führen.

Durch die (möglichen) Ermittlungen wurde eine einfache Dateimanipulation notwendig.

2001 - 2014 Die veränderte Worddatei wird unter Manipulation des Erstellungsdatums als Ausgangsdatei (Dateiname, Erstellungs-/Änderungsdatum) auf dem Server abgespeichert.

Da diese Datei lt. IT-Bericht bisher nur vom Server inhaltlich bekannt ist, kann die Manipulation auch ohne Weiteres nach dem 27.02.2002 erfolgt sein. Mehr gibt der IT-Bericht nicht her.

Was "gering wahrscheinlich" im juristischen Sinne ist, kann ich nicht einschätzen.

Lassen Sie mich die IT-Beweiswürdigung auch würdig einschätzen. Sie ist wie ein chemischer Test einer Faxkopie auf Tipp-Ex-Rückstände, weil ausgeschlossen werden soll, dass das gesendete Original mit Tipp-Ex manipuliert wurde.

Herzliche Grüsse

Lutz Lippke

 

 

 

  

Dazu möchte ich gerne folgenden Gedankengang noch anmerken.

Entweder wurde im Dokumet selbst mit Hilfe eines entsprechenden Makros festgelegt, dass das Dokument bei jedem erneuten Ausdruck das tagesaktuelle Datum enthält.

Wenn das so ist, könnte das ein IT Fachmann (vielleicht sogar ein kundiger Laie) ohne weiteren Aufwand am Original der Datei darstellen, weil dann anstelle des tagesaktuellen Datums das Makro stünde. Das wurde nicht gemacht, also nicht herausgefunden, belegt, bei der extra vom Gericht angeordneten Untesuchung.

Oder es handelt sich um eine, vom Hersteller xy gelieferte Software, in der es von vornherein so programmiert ist, dass das Datum bei Neuaufruf jeweils tagesaktuell eingesetzt wird.

Wenn das so wäre, wäre dies noch problemloser durch eine Nachfrage beim Hersteller der Software zu verifizieren gewesen.
Auch dieser Versuch hat nicht stattgefunden.

Möglicherweise gibt es noch mehr technische Möglichkeiten, aber auch solche wurden ja weder dargestellt noch überprüft.

Unabhängig davon, dass bei beiden Varianten jeweils noch grundsätzlich Manipulationen möglich wären (z.B Datei öffnen, Datum händisch ersetzen, ausdrucken, schließen ohne speichern) ist es einfach fachlich und sachlich m.E. nicht statthaft zu behaupten, und ein Urteil u.a. darauf zu stützen, das Attest wäre z w e i f e l s f r e i echt.

Das Einzige was hier zweifelsfrei ist: Die technische Genese des Attestes wurde nicht fachmännisch untersucht.

Und dennoch wird der Anschein erweckt, genau DAS wäre geschehen.

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#5 Paradigma

@ Paradigma, Sie schreiben u.a.:
 

      "Herr Mollath wurde vom Tatbestand der Sachbeschädigungen (Reifenzerstechereien), die ursächlich zu der furchtbaren Unterbringung geführt hat, auch aufgrund
       des Plädoyers des Verteidiges RA Rauwald freigesprochen. P3M hat Ihn dagegen damit belastet. Weder das Gericht, noch die Staatsanwalt noch die Verteidigung
       hat die äußerst fragwürdigen Zusammenhänge und Widersprüche anhand der Ermittlungsakten ausreichend und kritisch geprüft, wie es zu dem
       unbegründeten Verdacht gekommen ist, w e r  daran interessiert und  w e r darin verwickelt war. Aufgrund der planvollen Beschuldigung mit der
      Sachbeschädigung lässt sich nachweisen, dass G.M. weggeräumt werden sollte, dafür ein Motiv hatte, Helfershelfer vorhanden waren und die Glaubwürdigkeit
      sämtlicher Zeugen erschüttern."

In Kenntnis der polizeilichen Ermittlungsakte und weiterer Unterlagen  zu dem erfundenen und konstruierten Tatvorwurf Sachbeschädigungen kann ich Ihre Ausführungen voll bestätigen und unterstreichen.

Sehr geehrter Herr Sponsel,

ich stimme Ihnen ja in Vielem zu, aber hatte nun einmal Bedenken bei den von Ihnen selbst durchgeführten Mikro-Klassifikationsversuchen angemeldet. M.E. zeigen Ihre von mir oben zitierten Ausführungen, dass auch Sie erhebliche Probleme haben mit einer Realität, die nicht unbedingt dadurch  wahrheitsgemäßer erfassbar wird, dass man sie in "kleinste", "elementare" und "molekulare" Stückchen unterteilt und Sie sich dann noch im eigenen Begriffsdefinitionswirrwarr verwickeln. Ich habe auch insgesamt Probleme mit dem Versuch, physikalische Entitäten auf kulturell-geistige Phänomene (Aussage von Zeugen vor Gericht und anderen Institutionen über wahrgenommene Ereignisse der Vergangenheit) zu übertragen. Es wird damit meist eine Genauigkeit nur vorgetäuscht, die zwar andernorts zur Punktlandung auf einem Kometen dienen kann, aber nicht unbedingt die Wahrheit einer Aussage bestimmbar macht. Man kann zwar mittels Aussagepsychologie die Wahrscheinlichkeit der Wahrheit einer Aussage (anhand von Merkmalen früher als wahr eingestufter  Aussagen) besser einschätzen als mit reiner Intuition. Ohne richterliche Überzeugung (mit subjektiven Elementen) lässt sich trotzdem kaum arbeiten. Und die Ausagepsychologie weiß auch, dass es einem geschickten Lügner möglich ist, die wichtigsten Wahrheitskennzeichen zu produzieren.

Und wenn ich schon in meinem Ausgangsbeitrag sagte, dass das Merkmal "Konstanz" unter den gegebenen Bedingungen  nur ein schwaches Wahrheitsmerkmal für die Angaben der Nebenklägerin ist, ist damit eigentlich schon die Quintessenz genannt. Ich will nicht arrogant erscheinen, aber ich würde mich wundern, kämen Sie mit Ihrer aufwändigen Methode zu einem wesentlich anderen Ergebnis.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

P.S.: Einige der von Ihnen ohne nähere Begründung als "Suggestivfragen" bezeichneten Fragen der vorsitzenden Richterin sind mir nicht (ebensowenig wie "I.S.") als solche aufgefallen. Und ich muss Sie daran erinnern, dass das von Herrn Strate eingestellte Protokoll - bis auf einige wenige Tage - nicht professionell stenographisch erstellt wurde, sondern an vielen Stellen stichpunktartig aufgezeichnet und hinterher zu ganzen Sätzen ergänzt wurde. Ich will damit diese Leistung nicht schmälern, aber für eine sprach- und aussagewissenschaftliche Beurteilung sind die Aufzeichnungen deshalb nicht unbedingt geeignet. H.E.M.

 

 

#9 Foto biene

@ Sie schreiben:
       

         "Selbstverständlich hat die Verteidigung das geprüft, wie aus der Dokumentation zu ersehen ist. Nur - nochmals -:

          Es war nicht Aufgabe des Gerichts zu ermitteln, wie es dazu gekommen ist, sondern lediglich, ob Mollath diese Taten begangen hat oder nicht.
          Er wurde in diesem Punkt aus tatsächlichen Gründen freigesprochen."

Formal (StPO) liegen Sie wahrscheinlich richtig. Aber in der Hauptverhandlung, namentlich in der Vernehmung des POK Grötsch, hätte durchaus thematisiert werden können, dass mit der Vernehmungsniederschrift vom "04.02.2005, 11:07 bis 11:40 Uhr" nachweislich eine fiktive Vernehmung protokolliert wurde, und zwar zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt. Das Protokoll dieser Fiktion trägt die Unterschriften von POK G. und P3M. Also hätte man in der Hauptverhandlung zumindest in puncto Sachbeschädigungen einen Beweis für den Belastungseifer P3Ms und einen Hinweis auf ein einvernehmliches Vorgehen gegen Mollath platzieren können - was selbst nach der StPO zulässig sein sollte.

 

winler schrieb:

Also hätte man in der Hauptverhandlung zumindest in puncto Sachbeschädigungen einen Beweis für den Belastungseifer P3Ms und einen Hinweis auf ein einvernehmliches Vorgehen gegen Mollath platzieren können - was selbst nach der StPO zulässig sein sollte.

Mal abgesehen davon, dass ein mögliches Fehlverhalten von POK Grötsch nicht so ohne weiteres auf P3M übertragbar ist -insbesondere da nicht beweisbar ist, dass P3M die inhaltliche Richtigkeit einer staatlichen Ermittlung erkennen konnte- können Sie diesen im Jahre 2005 bestehenden Belastungseifer nicht so ohne weiteres auf den 14.08. 2001 rückdatieren.

 

Er ist also für den straf- und revisionsrechtlich massgebenden Teil ohne Belang.

astroloop schrieb:

winler schrieb:

Also hätte man in der Hauptverhandlung zumindest in puncto Sachbeschädigungen einen Beweis für den Belastungseifer P3Ms und einen Hinweis auf ein einvernehmliches Vorgehen gegen Mollath platzieren können - was selbst nach der StPO zulässig sein sollte.

Mal abgesehen davon, dass ein mögliches Fehlverhalten von POK Grötsch nicht so ohne weiteres auf P3M übertragbar ist -insbesondere da nicht beweisbar ist, dass P3M die inhaltliche Richtigkeit einer staatlichen Ermittlung erkennen konnte- können Sie diesen im Jahre 2005 bestehenden Belastungseifer nicht so ohne weiteres auf den 14.08. 2001 rückdatieren.

 

Er ist also für den straf- und revisionsrechtlich massgebenden Teil ohne Belang.

Um mal in MM-Manier nachzufragen: Wollen Sie POK G. hiermit eine eigene, von PM völlig unabhängige, Motivationslage für sein mögliches Fehlverhalten unterstellen?

Und wenn ja welche?

Und womit belegen Sie das?

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f&f schrieb:
Um mal in MM-Manier nachzufragen: Wollen Sie POK G. hiermit eine eigene, von PM völlig unabhängige, Motivationslage für sein mögliches Fehlverhalten unterstellen? Und wenn ja welche? Und womit belegen Sie das?

Weil POK Grötsch als Mitglied der Justiz/Polizei nicht an weisungsgebunden an P3M ist.

In seinen Kopf kann ich nicht hineinschauen.

Aber Sie könnten ihn ja mal anzeigen und schauen, was für eine Erklärung rumkommt.

 

Ansonsten schicken Sie mir doch bitte noch einmal den link zum betreffenden Protokoll.

Ist das dasjenige, bei welchem das Datum handschriftlich und unleserlich vermerkt ist?

winler schrieb:

Also hätte man in der Hauptverhandlung zumindest in puncto Sachbeschädigungen einen Beweis für den Belastungseifer P3Ms und einen Hinweis auf ein einvernehmliches Vorgehen gegen Mollath platzieren können - was selbst nach der StPO zulässig sein sollte.

 

 

@ Erwin Bixler

Ich denke, der Beweis für Belastungseifer kann einfacher, umfassender, griffiger und zwingender geführt werden. Die Verteidigung hatte schon am ersten VT-Tag (Mitschrift S. 5 ff.) umfangreiche Beweisanträge gestellt. Es sollten einige Zeugen aus dem Mitarbeiterumfeld der Nebenklägerin geladen werden, die u.a. bezeugen sollten, dass und wie Kundengelder verschoben wurden. Durch ihre Aussagen sollte der Belastungseifer der Nebenklägerin dargelegt und ihre Glaubwürdigkeit erschüttert werden. Wenn die Kammer schon nach Motiven für Falschbeschuldigung fragt, die ich aber grundsätzlich für Nebelschleuder und einen juristischen Fremdkörper halte, zumal nicht klar ist, ob damit Absicht, Vorstellung, Gesinnung oder Beweggrund gemeint ist, dann hätten die Zeugenaussagen auch dafür Anhalt bieten können. 

Die Kammer hat die Beweisanträge mit der Begründung der Wahrunterstellung am vierzehnten VT-Tag abgelehnt. Das bedeutet zweierlei. Zum einen ist das, was die Zeugen laut Beweisantrag bekundet hätten, entscheidungserheblich. Zum anderen bindet sich sich Kammer auf diese Weise, sie als wahr und als Tatsache zu behandeln. Demnach dürfen sie in den Urteilsgründen nicht fehlen. Ansonsten ist die Beweiswürdigung nicht vollständig und damit rechtsfehlerhaft.

Also stellt sich die Frage: Wo sind sie?

WR Kolos schrieb:

Also stellt sich die Frage: Wo sind sie?

Die Tatsache, dass das bankseitig organisierte Hilfswerk zur Steuerhinterziehung nicht nur in Bayern gängig war, sondern dieses Erfolgsmodell auch bundesweit angewandt wurde, hat doch mit den Tatvorwürfen nichts zu tun.

Aus diesem Umstand erwächst auch kein besonderer Belastungseifer.

Wo sollen sie also hingehören?

@WRKolos

 

Sie schreiben: 

"Die Kammer hat die Beweisanträge mit der Begründung der Wahrunterstellung am vierzehnten VT-Tag abgelehnt. Das bedeutet zweierlei. Zum einen ist das, was die Zeugen laut Beweisantrag bekundet hätten, entscheidungserheblich. Zum anderen bindet sich sich Kammer auf diese Weise, sie als wahr und als Tatsache zu behandeln. Demnach dürfen sie in den Urteilsgründen nicht fehlen. Ansonsten ist die Beweiswürdigung nicht vollständig und damit rechtsfehlerhaft."

 

Das ist, wenn man Meyer-Goßner zugrunde legt (§ 244 Rn. 70 m. w. N. aus der Rspr.), nicht ganz richtig. Richtig ist danach zwar, dass von vornherein für bedeutungslos erachtete Beweistatsachen nicht als wahr unterstellt werden dürfen. Maßgeblich für diese Beurteilung ist aber der Zeitpunkt der Ablehnung des Beweisantrags. Es kann also sein, dass sich im weiteren Verlauf der Beweisaufnahme oder in der Urteilsberatung die Beurteilung der Erheblichkeit ändert. Darüber muss der Angeklagte dann auch nicht unterrichtet werden - so jedenfalls Meyer-Goßner.

  

In der Konsequenz müssen sich die Urteilsgründe nicht ausdrücklich mit als wahr unterstellten Tatsachen auseinandersetzen. Sie dürfen ihnen nur nicht widersprechen. Davon erfasst sind allerdings auch Fälle lückenhafter Beweiswürdigung, in denen der Tatrichter die Auseinandersetzung mit der als wahr unterstellten Tatsache unterlassen hat, obwohl er sich dazu gedrängt sehen musste, weil die als wahr unterstellte Tatsache nicht ohne weiteres mit den   übrigen Feststellungen zu vereinbaren ist (BGHSt 28, 310). Darüber, ob das hier so ist, kann man sicher diskutieren, aber zwingend auftauchen müssen als wahr unterstellte Tatsachen im Urteil - allgemein gesehen - nicht. 

5

Klarstellung zu #3 8.1.15
Mit "Nur eine Alternative" meinte ich nicht "einzige" sondern eine von möglicherweise Vielen.

zu I.S. #6 8.1.15
zur Vernehmung Zeuge R
"zeigen sich Lücken im Protokoll (oder im Zitat von LL, ich hab das Original nicht nachgeschlagen)."

Das stimmt wohl. Meine Zitate waren nicht systematisch zu Befragungstechnik ausgewählt, insofern hat sich Dr. Sponsel wohl spontan eine ungünstige Grundlage gewählt. Vielleicht sollte man für eine solche Analyse systematischer rangehen und das offizielle Protokoll hinzuziehen. 
Die Zitate waren vielmehr als Reaktion zu MM.'s Feststellung, das Attest sei echt, weil Zeuge R sich an "sein" Attest erinnert.

Nämlich indem er seit 2013 zu Unterlagen selbst "ermittelt", dann aus diesen Unterlagen in der Vernehmung vorliest, meist nicht unterscheiden kann zwischen Erinnerung, Unterlagenkenntnis und Wissen aus Medienberichten.
Handlungen werden als Standardverhalten beschrieben und nicht klar als Erinnerung zur konkreten Untersuchungssituation. Das Gericht nimmt das wohl wahr, verbucht trotzdem fast alles unter Erinnerung und unzweifelhafte Handlungsweisen zum 14.08.2001.

Kann jemand die Zahl der Alternativhypothesen abschätzen, wenn man dies etwas kritischer würdigt, als es das Gericht im Urteil vorführt.

Dr.Sponsel wird mich sicher bestätigen: Menschen allgemein denken meist in Form des linearen Fortschreibens der momentanen Erfahrung. Überwundene Brüche, Störungen oder Fehlfunktionen werden psychisch ausgeblendet. Logarithmische Entwicklungsprozesse sind nur im kleinzahligen Bereich mit der Erfahrung erfassbar. Exponentielle Entwicklungen entziehen sich der intuitiven Erfassbarkeit schon grundsätzlich.

Kleiner Test: Schätzen Sie intuitiv und abhängig vom Detailgrad die Zeit für die folgende Aufgabe: Zählen Sie nachfolgend in mehreren Detailgraden linear alle Zahlen zwischen 0 und 1 im Bereich der Bruchzahlen auf. Also erst 0,1 dann 0, 0,1... 0,9, 1 dann 0, 0,10, 0,11 ... usw.

3

@Lutz Lippke #12

 

Ein offizielles (Wort-)Protokoll, in dem die Inhalte der Beweisaufnahme niedergeschrieben sind, gibt es nicht. Deshalb hat die Verteidigung ja selbst für Mitschriften gesorgt. 

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Verstehe ich Sie richtig, Herr Sponsel, dass  nach Ihrem Modell

"Haben Sie eine Erklärung dafür?" eine Suggestivfrage ist, "Wie erklären Sie das?"  hingegen keine?

Und diese Erkenntnis unterstellen Sie Mittermaier (1834), den Sie zitieren mit:

"dass dem Zeugen dassjenige, was man von ihm wissen will, schon vorgesagt wird, so dass er nur mit Ja oder Nein darauf zu antworten nöthig hat"

Wo wird denn in den von Ihnen ermittelten Suggestivfragen

"Ist sie etwas ausführlicher geworden?" und

"Können Sie erklären, was es damit auf sich hat?" dem Zeugen etwas vorgesagt?

Ich glaube nicht, dass wir in dieser "Wissenschaft" bzw. "Methodologie" auf einen Nenner kommen, denn offenbar differenzieren Sie nicht zwischen  Form und Inhalt, Mittermaier aber sehr wohl.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

PS.: Kreuzposting mit MT, der jetzt vor diesem steht.

 

 

Suggestivfragen - Fortsetzung 1

Sehr geehrter Herr Prof. Müller,

Sie schreiben:

Henning Ernst Müller schrieb:

Verstehe ich Sie richtig, Herr Sponsel, dass  nach Ihrem Modell

"Haben Sie eine Erklärung dafür?" eine Suggestivfrage ist, "Wie erklären Sie das?"  hingegen keine?

Das ist übrigens eine Suggestivfrage mit rhetorischer Verstärkungsvariante - passt sozusagen zur Diskussion.

Ja. Selbstverständlich ist die Form meist von großer Bedeutung. Wie erklären Sie das? ist zwar besser als Haben Sie eine Erklärung dafür? aber bestenfalls auch nur 4-, obwohl hier das einfachste Kriterium Ja-Nein nicht greift, aber es ist keine offene Frage, weil sie die Existenz der Erklärung vorgibt. Es steckt in der Frageformuliereng, dass der Befragte es  erklären kann. Manchmal ist es sehr schwer, offen zu fragen, dann muss man aber wenigstens VER-ODERN, um ein einfaches Ja oder Nein zu verhindern - natürlich nur, wenn man guter und möglichst einflussbarer Befragung interessiert ist. Ziemlich brauchbar wäre hier: Können Sie das erklären oder haben Sie keine Erklärung dafür?

Henning Ernst Müller schrieb:

Und diese Erkenntnis unterstellen Sie Mittermaier (1834), den Sie zitieren mit:

"dass dem Zeugen dassjenige, was man von ihm wissen will, schon vorgesagt wird, so dass er nur mit Ja oder Nein darauf zu antworten nöthig hat"

Hier wird gar nichts unterstellt (versteckte Suggestivbotschaft), sondern es steht ja da: nur mit Ja oder Nein darauf zu antworten nöthig hat.

Henning Ernst Müller schrieb:

Wo wird denn in den von Ihnen ermittelten Suggestivfragen

"Ist sie etwas ausführlicher geworden?" und

"Können Sie erklären, was es damit auf sich hat?" dem Zeugen etwas vorgesagt?

a)  es wird ausführlicher geworden vorgesagt, also nahe gelegt. Das ist 6. Ziemlich gut wäre: Wie war denn der Bericht? Oder: Was hat sie denn gesagt? Oder: Was hat sie denn so erzählt? Hat sie noch mehr dazu gesagt oder hat sie nicht mehr dazu gesagt?

b) Es wird das erklären können, was es damit auf sich hat vorgesagt, das ihm ein einfaches Ja oder Nein ermöglicht, so dass er nicht nachzudenken braucht

Henning Ernst Müller schrieb:

Ich glaube nicht, dass wir in dieser "Wissenschaft" bzw. "Methodologie" auf einen Nenner kommen, denn offenbar differenzieren Sie nicht zwischen  Form und Inhalt, Mittermaier aber sehr wohl.

Jetzt haben Sie einen rhetorischen Schlenker von der einfachsten Form der Suggestivfrage, Beleg und Begründung sind Sie auch schuldig geblieben, zur Wissenschaft und Methodologie gemacht. Ich gebe Ihnen aber recht, wir sind sozusagen auf dem gemeinsamen Nenner, keinen gemeinsamen Nenner in dierser Frage zu finden.  

RSponsel schrieb:

Henning Ernst Müller schrieb:

Und diese Erkenntnis unterstellen Sie Mittermaier (1834), den Sie zitieren mit:

"dass dem Zeugen dassjenige, was man von ihm wissen will, schon vorgesagt wird, so dass er nur mit Ja oder Nein darauf zu antworten nöthig hat"

Hier wird gar nichts unterstellt (versteckte Suggestivbotschaft), sondern es steht ja da: nur mit Ja oder Nein darauf zu antworten nöthig hat.

Das sehe ich anders. Der Knackpunkt ist "was man von ihm wissen will". Nimmt man etwa die Frage "Ist sie etwas ausführlicher geworden?" bin ich bei Ihnen, dass das Kenntnis von einer weiteren Ausführlichkeit suggeriert. "Was man von ihm wissen will" ist in dem Fall aber gerade nicht _dass_ eine weitere Ausführlichkeit vorlag, sondern die Ausführungen selbst.

Deshalb meine Frage an Sie: Gibt es wissenschaftliche Untersuchungen dazu, ob solche (ich nenne sie jetzt einfach mal so) "unschuldigen" Suggestivfragen einen Einfluss auf die Antwort haben?

Und weil Sie es sind: Oder ist das nicht der Fall? ;-) Und ja, ich bin mir der Suggestionen in meinen Sätzen bewusst.

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RSponsel schrieb:

Henning Ernst Müller schrieb:

Und diese Erkenntnis unterstellen Sie Mittermaier (1834), den Sie zitieren mit:

"dass dem Zeugen dassjenige, was man von ihm wissen will, schon vorgesagt wird, so dass er nur mit Ja oder Nein darauf zu antworten nöthig hat"

Hier wird gar nichts unterstellt (versteckte Suggestivbotschaft), sondern es steht ja da: nur mit Ja oder Nein darauf zu antworten nöthig hat.

Das ist sinnentstellend verkürzt. Mittermaier stellt zwei Kriterien auf, die nebeneinander treten, von denen Sie nur eines verwenden! Es ist nämlich nicht nur die Tatsache entscheidend, dass er ja oder nein antworten kann (Kriterium 1), sondern hinzu kommt dass ihm "dassjenige, was man von ihm wissen will, schon vorgesagt wird" (Kriterium 2).

Das ist ein ganz erheblicher Unterschied. Deshalb ist nämlich auch "Haben Sie eine Erklärung dafür?" gar keine Suggestivfrage nach Mittermaiers Definition, weil zwar ein ja oder nein möglich ist, dem Zeugen aber nicht mit der Frage das, was "man von ihm wissen will" (nämlich der Inhalt der Erklärung selber) "schon vorgesagt wird".

Eine formale Frage an die Juristen.

Wenn im IT-Bericht das Attestschreiben als übereinstimmend mit der Worddatei auf dem Praxisserver (Stand 6.8. 2014) festgestellt wird, das Gericht im Urteil jedoch mit Hinweis auf den IT-Bericht  fehlerhaft eine Übereinstimmung mit einer gleichnamigen Worddatei auf einer CD (Stand 27.02.2002) feststellt,

könnte das schon für sich genommen ein Revisionsgrund sein?

Denn Inhalt und Identität der Worddatei auf der CD wurde den Prozessparteien wohl nicht bekannt. Der Ausdruck stammt von der Serverdatei mit Stand 06.08.2014. Die ungeprüfte Annahme des Gerichts, das beide Dateien identisch sind, wäre ein Logikfehler bzw. Sorgfaltsmangel.

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Lutz Lippke schrieb:

Eine formale Frage an die Juristen.

Wenn im IT-Bericht das Attestschreiben als übereinstimmend mit der Worddatei auf dem Praxisserver (Stand 6.8. 2014) festgestellt wird, das Gericht im Urteil jedoch mit Hinweis auf den IT-Bericht  fehlerhaft eine Übereinstimmung mit einer gleichnamigen Worddatei auf einer CD (Stand 27.02.2002) feststellt,

könnte das schon für sich genommen ein Revisionsgrund sein?

Denn Inhalt und Identität der Worddatei auf der CD wurde den Prozessparteien wohl nicht bekannt. Der Ausdruck stammt von der Serverdatei mit Stand 06.08.2014. Die ungeprüfte Annahme des Gerichts, das beide Dateien identisch sind, wäre ein Logikfehler bzw. Sorgfaltsmangel.

Entschuldigung, wenn ich auf Hinweise drängele.

Die relevanten Daten finden sich im Urteil und im IT-Bericht.

Urteil S.23
Die Angaben des Zeugen R zum Zeitpunkt der Untersuchung der Nebenklä-gerin sowie das Attest vom 14.8.2001 werden nämlich durch den von der RBA Nürnberg gefertigten Auszug aus dem Praxis-Backup vom 27.3.2002 bestätigt, aus dem sich ergibt, dass die Word-Datei mit der Bezeichnung „M Petra29.09.196008-14-200106_49.doc“, die das Attest vom 14.8.2001 beinhaltet, tatsächlich bereits am 14.8.2001 gespeichert wurde. Damit ist auch eine erst nach der Trennung der Nebenklägerin vom Angeklagten erfolgte erstmalige Ausstellung des Attests ausgeschlossen.

IT-Bericht vom 6.8.2014 (S.2, 9)
aus Untermenü des eingesetzten Praxissystems (Server) geöffnet und ausgedruckt
M Petra29.09.196008-14-200106_49.doc [Anlage 1, S.6]

Der Ausdruck A1 S.6 enthält ein Attestschreiben mit Dokumentdatum 03.06.2002 (handschriftlich von Polizei) und Druckdatum 06.08.2014. Das heißt die Datei wurde (wahrscheinlich) am 03.06.2002 mit Änderungen abgespeichert und ist schon prinzipiell nicht identisch mit einer gleichnamigen Datei auf der CD vom 27.03.2002.

Die Datei, auf die sich das Gericht bezieht findet sich nur in einer Dateiliste im IT-Bericht vom 06.08.2014 (S.3, 14), kein Ausdruck eines Attestschreibens!
CD "Praxis-Backup 27.03.02" zwei relevante Dateien gespeichert [Anlage 1, S.11]
Der Ausdruck A1 S.11 enthält nur die Dateiliste, kein Attestschreiben. Als Änderungsdatum für die Datei ist zudem xx.xx.2001 erkennbar. Der Ausdruck A1 S.6 vom Server deutet aber auf eine Änderung am 03.06.2002 hin.

 

5

#13 Max Mustermann

@ Max Mustermann, Sie schrieben:

 

                   "Mal abgesehen davon, dass ein mögliches Fehlverhalten von POK Grötsch nicht so ohne weiteres auf P3M übertragbar ist -insbesondere da nicht
                    beweisbar ist, dass P3M die inhaltliche Richtigkeit einer staatlichen Ermittlung erkennen konnte- können Sie diesen im Jahre 2005 bestehenden
                    Belastungseifer nicht so ohne weiteres auf den 14.08. 2001 rückdatieren."

Es geht nicht darum, ob P3M "die inhaltliche Richtigkeit einer staatlichen Ermittlung erkennen konnte". Fakt ist, dass POK Grötsch und P3M mehrere Wochen nach dem 4.2.2005 eine Fiktion protokollierten und auf den "04.02.2005, 11:07 Uhr bis 11:40 Uhr" zurückdatierten, bestätigt durch die Unterschrift beider.
Das hätte man durchaus in der Vernehmung von POK Grötsch erwähnen sollen und können. Dass man den dabei zutage getretenen Belastungseifer P3Ms "so ohne weiteres auf den 14.8.2001 zurückdatieren" kann, habe ich auch nicht behauptet. Diese Behauptung unterstellen Sie mir.

 

@Bixler

Den ersten Absatz akzeptiere ich natürlich. Wobei ich fairerweise sagen muss, dass mir dieses Protokoll gerade nicht vorliegt und ich ihre Webseite nicht abgespeichert habe.

Vielleicht könnten Sie mir den link zu beiden noch einmal zukommen lassen.

Wenngleich ich -unbesehen des Dokumentes- reflexartig den Zweifel habe, ob man P3M bei der Rückdatierung eine Mittäterschaft unterstellen kann. Die Zusammenstellung der Akte ist ja nicht ihre Aufgabe.

Ich ziehe also meinen Einwand zurück.

 

Aufrecht erhalten bleibt natürlich die Frage der Sinnhaftigkeit Ihrer geforderten Feststellung bzgl. des verbleibenden Vorwurf zum 12.08.

 

Damit will ich Ihnen gar nichts unterstellen. Aber bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen bzgl. Sachbeschädigungen bringt die Feststellung ja nichts.  

@ Foto biene #23

Sie schrieben:

                     "WOZU hätte man das erwähnen sollen? Um Herrn Bixler glücklich zu machen? ;-)

                     Es war sicher, daß bereits alle anderen Feststellungen ausreichten, um einen Freispruch aus tatsächlichen Gründen zu bewirken, was auch geschah."

In der Tat! Es hätte mich glücklich gestimmt, wenn man in der Hauptverhandlung auf diesen wichtigen Punkt (einvernehmliche Protokollierung einer Mollath belastenden Fiktion) im Interesse des Angeklagten zu sprechen gekommen wäre. 
Muss ich Ihre Begründung so verstehen, dass Sie der Meinung sind, man habe bewusst auf die Erwähnung der protokollierten Fiktion verzichtet, weil "bereits alle anderen Feststellungen ausreichten, um einen Freispruch aus tatsächlichen Gründen zu bewirken"? Also gleichsam Verzicht aus "prozessökonomischen" Gründen?

 

 

@ Foto biene #23

Sie schrieben:

                     "WOZU hätte man das erwähnen sollen? Um Herrn Bixler glücklich zu machen? ;-)

                     Es war sicher, daß bereits alle anderen Feststellungen ausreichten, um einen Freispruch aus tatsächlichen Gründen zu bewirken, was auch geschah."

Bixler #33:    "In der Tat! Es hätte mich glücklich gestimmt, wenn man in der Hauptverhandlung auf diesen wichtigen Punkt (einvernehmliche Protokollierung einer
                     Mollath belastenden Fiktion) im Interesse des Angeklagten zu sprechen gekommen wäre. 
                     Muss ich Ihre Begründung so verstehen, dass Sie der Meinung sind, man habe bewusst auf die Erwähnung der protokollierten Fiktion verzichtet, weil 
                     'bereits alle anderen Feststellungen ausreichten, um einen Freispruch aus tatsächlichen Gründen zu bewirken'? Also gleichsam Verzicht aus
                     "prozessökonomischen" Gründen?"

@ Foto biene #37.

Sie schrieben: "Das halte ich für naheliegend."

 

Indem Sie Selbiges nahelegen, sprechen Sie der Verteidigung aber alles andere als ein Kompliment aus. Man sollte nicht übersehen, dass die Thematisierung besagter "Fiktion", namentlich in der Vernehmung von POK Grötsch, einen Beleg für erheblichen Belastungseifer von P3M erbracht hätte - wenn auch "nur" im Kontext mit den Sachbeschädigungen. Auf diesen Beleg hätte man dann ja auch bewusst verzichtet. Außerdem wären durch die Thematisierung besagter Fiktion auch Hinweise auf das einvernehmliche Vorgehen gegen Mollath quasi wie von selbst in die Hauptverhandlung eingeflossen. Demzufolge hätte die folgende (zutreffende) Behauptung RA Johanndes Rauwalds nicht mehr so "einsam und allein", also im Prozess wenig untermauert, in seinem Plädoyer gestanden: ""Die unserem Mandanten zur Last gelegten Handlungen [Anmerkung: Sachbeschädigungen.] sind erfunden und konstruiert. Das Ziel dieses Konstrukts ist bekannt. Es ging darum, den früheren Ehemann von Frau Mollath zu psychiatrisieren."

Sehr geehrter Herr Sponsel,

selbstverständlcih war meine Replik suggestiv - es war ja auch meine Absicht, in praxi nachzuweisen, dass Suggestionen keineswegs immer die Wirkung haben, die Sie implizieren.

Ich halte allerdings Ihre wissenschaftliche Darlegung für weit  gefährlicher  als meine Suggestivfrage, denn Sie suggerieren dem Blog-Publikum durch ein entstelltes Mittermaier-Zitat, es gebe eine anerkannte Definition für Suggestivfragen (die "praktisch einfachste"), die so laute: "Suggestivfrage ist eine Frage, auf die nur Ja oder Nein geantwortet werden kann." Dies ist eine sinnentstellende Verkürzung, weil Mittermaier eine weitere (entscheidende) Bedingung aufstellt, nämlich, dass in der Frage inhaltlich das vorgesagt wird, was man vom Befragten wissen will. Inhaltlich will aber doch die Richterin mit der Frage "Haben Sie eine Erklärung?" nicht wissen, ob der Zeuge etwas erklären kann, sondern sie will eben die Erklärung des Zeugen hören, deren Inhalt sie mit der wie immer fomulierten Frage nach einer Erklärung eben nicht suggeriert. Grammatikalisch/formell  fordert diese Frage eine Ja/Nein-Antwort, aber nach allen anderen kommunikationswissenschaftlichen Kriterien verlangt die Antwort mehr als ein Ja oder Nein. Vorsicht Suggestivfragen: Wenn Sie gefragt werden: "Haben Sie die Uhrzeit?", antworten Sie dann etwa nur mit "Ja" und gehen weiter? Und je nach Formulierung würden Sie also auch die Frage nach der Uhrzeit für eine Suggestivfrage halten?

Und auch umgekehrt gilt: Auch eine Frage, die nicht mit Ja oder Nein beantwortet werden kann, kann suggestiv sein, nämlich immer dann, wenn darin dem Zeugen vorgesagt wird, was man von ihm hören will. Die Entscheidung  hängt aber (oft) vom Kontext ab: So ist in einem Gespräch, in dem vorher gar nicht von einer körperlichen Auseinandersetzung die Rede war, die Frage: "Warum hast Du dem B einen Faustschlag versetzt?" eine klare Suggestivfrage. Wurde aber  schon vorher von einem Faustschlag des Befragten gegen B gesprochen, ist es keine Suggestivfrage.

Ganz ohne Schlenker, ganz direkt: Ich halte Ihre Definition von Suggestivfrage für so unterkomplex, dass sie schlicht unbrauchbar ist für die Aufgabe, die Sie damit lösen wollen.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Suggestivfragen - Fortsetzung 2  mit Anmerkungen zur Pappkameraden Sophistik

Sehr geehrter Herr Prof. Müller,

fettkursive Markierungen in Prof. Müllers Text von RS

Henning Ernst Müller schrieb:

Sehr geehrter Herr Sponsel,

selbstverständlcih war meine Replik suggestiv - es war ja auch meine Absicht, in praxi nachzuweisen, dass Suggestionen keineswegs immer die Wirkung haben, die Sie implizieren.

(1) Da haben Sie aber einen hübschen Pappkamaeraden* mit unbestimmter Unterstellung in einer ganz anderen (Nicht) Vernehmungssituation aufgebaut: Wer hat denn jemals behauptet, dass Suggestionen immer die Wirkung haben, die ich angeblich impliziere? Und welche impliziere ich denn immer? Die in der Suggestivfragenforschung einhellige Auffassung** ist, dass Suggestivfragen in Vernehmungen gefährlich und zu vermeiden sind.  Und das wusste schon Mittermaier (neben anderen wichtigen und kritischen Einsichten zum Vernehmungsprotokoll).

Henning Ernst Müller schrieb:

Ich halte allerdings Ihre wissenschaftliche Darlegung für weit  gefährlicher  als meine Suggestivfrage, denn Sie suggerieren dem Blog-Publikum durch ein entstelltes Mittermaier-Zitat, es gebe eine anerkannte Definition für Suggestivfragen (die "praktisch einfachste"), die so laute: "Suggestivfrage ist eine Frage, auf die nur Ja oder Nein geantwortet werden kann."

(2) Das ist der zweite Pappkamerad*, den Sie generieren. Tatsächlich habe ich gesagt, dass die einfachste Form der Suggestivfrage eine Frage ist, die mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Daraus ergibt sich bereits, dass es mehrere Formen gibt, wie man zwanglos erkennen kann -  wenn man will. Von einer "anerkannten Definition" oder gar vollständigen Definition war nirgendwo die Rede. Ich habe ja in #17 gesagt:

Quote:

Es gibt unterschiedliche. Ziemlich umfassend können Sie sich hier informieren:

http://www.sgipt.org/forpsy/sugg/sfragen.htm

Ich habe das praktisch einfachste Kriterium angewandt, nämlich: Kann die Frage mit Ja oder Nein beantwortet werden? (Mittermaier 1834)

Bei genauerer Analyse wird da noch viel mehr rauskommen, aber mir genügt meine Stichprobe vollauf. 

Soweit meine Ausführung vorher.

Henning Ernst Müller schrieb:

Dies ist eine sinnentstellende Verkürzung, weil Mittermaier eine weitere (entscheidende) Bedingung aufstellt, nämlich, dass in der Frage inhaltlich das vorgesagt wird, was man vom Befragten wissen will. Inhaltlich will aber doch die Richterin mit der Frage "Haben Sie eine Erklärung?" nicht wissen, ob der Zeuge etwas erklären kann, sondern sie will eben die Erklärung des Zeugen hören, deren Inhalt sie mit der wie immer fomulierten Frage nach einer Erklärung eben nicht suggeriert. Grammatikalisch/formell  fordert diese Frage eien Ja/Nein-Antwort, aber nach allen anderen kommunikationswissenschaftlichen Kriterien verlangt die Antwort mehr als ein Ja oder Nein.

(3) Falsch. Diese Suggestion besteht erst einmal in der Botschaft, dass eine Erklärung gewünscht ist. Das könnte den Befragten verführen, selbst wenn er keine Erklärung hat, eine zu suchen und zu phantasieren. Da sist nicht harmlos, besonders dann nicht, wenn der  Aussage Gewicht zukommt.

Henning Ernst Müller schrieb:

Vorsicht Suggestivfragen: Wenn Sie gefragt werden: "Haben Sie die Uhrzeit?", antworten Sie dann etwa nur mit "Ja" und gehen weiter? Und je nach Formulierung würden Sie also auch die Frage nach der Uhrzeit für eine Suggestivfrage halten?

(4) Ja. Selbstverständlich ist "Haben Sie die Uhrzeit?" eine Suggestivfrage. Mir fallen übrigens noch viele und lustigere Varianten ein. Der Punkt ist natürlich, es gibt harmlose und gefährliche und fatale, nicht mehr gutzumachende Suggestivfragen. Es ist kein Problem, zig harmlose, sozusagen nur formale Suggestivfragen, zu kreieren. Hier machen Sie den Fehler, dass Sie aus der Tatsache, dass es harmlose Suggestivfragen gibt, die Methode überhaupt in Frage stellen möchten. Es ist ganz einfach: 1. Schritt: erfassen, ob Suggestivfrage. 2. Schritt: Wichtigkeit oder Bedeutung bewerten. Hierzu und da gebe ich Ihnen völlig Recht, ist der Kontext wichtig.

Henning Ernst Müller schrieb:

Und auch umgekehrt gilt: Auch eine Frage, die nicht mit Ja oder Nein beantwortet werden kann, kann suggestiv sein, nämlich immer dann, wenn darin dem Zeugen vorgesagt wird, was man von ihm hören will.

(5) Ja klar. Das ist nun der dritte Pappkamerad*, den Sie einbringen. Denn wer hat denn jemals behauptet, das das Ja/Nein-Kriterium das einzige sein soll?

Henning Ernst Müller schrieb:

Die Entscheidung  hängt aber (oft) vom Kontext ab: So ist in einem Gespräch, in dem vorher gar nicht von einer körperlichen Auseinandersetzung die Rede war, die Frage: "Warum hast Du dem B einen Faustschlag versetzt?" eine klare Suggestivfrage.

(6) Ja. Das ist der vierte Pappkamerad*. Denn wer hat denn das jemals anders gesagt?

Henning Ernst Müller schrieb:

Wurde aber  schon vorher von einem Faustschlag des Befragten gegen B gesprochen, ist es keine Suggestivfrage.

(7) Das ist so, wie Sie es formulieren, auch falsch. Richtig ist es nur dann, wenn der Befragte vorher, von sich aus von einem Fausteschlag gesprochen hat und nicht ein Vernehmer/ Frager.

Henning Ernst Müller schrieb:

Ganz ohne Schlenker, ganz direkt: Ich halte Ihre Definition von Suggestivfrage für so unterkomplex, dass sie schlicht unbrauchbar ist für die Aufgabe, die Sie damit lösen wollen.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Das ist der fünfte Pappkamerad*. Siehe bitte (2).

Beste Grüße: Rudolf Sponsel

 

* Pappkameraden-Sopistik hier:

http://www.sgipt.org/wisms/gb/beweis/b_rsr.htm#Allgemeine%20Pappkamerade...

** Ergebnisse der Suggestivfragenforschung 1834-2002:

http://www.sgipt.org/forpsy/sugg/sfragen.htm#Ergebnis%20der%20Suggetivfr...

RSponsel schrieb:

(2) Das ist der zweite Pappkamerad*, den Sie generieren. Tatsächlich habe ich gesagt, dass die einfachste Form der Suggestivfrage eine Frage ist, die mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Daraus ergibt sich bereits, dass es mehrere Formen gibt, wie man zwanglos erkennen kann -  wenn man will.

Kann man das wirklich so ganz zwanglos erkennen, wie Sie meinen? Da Sie wissen, dass ich ein Duden-Fan bin, wissen Sie, was jetzt kommt:

Duden schrieb:

2. a. leicht verständlich, durchführbar; ohne Mühe lösbar; unkompliziert, nicht schwierig

    b. leicht einsehbar; einleuchtend, eindeutig

Man kann Ihren Satz einerseits so verstehen, dass es die am leichtesten verständlichste oder am leichtesten einsehbare Form ist. Andererseits kann man ebenso leicht meinen, sie suggerierten wertend, dass es sich um die einleuchtendste, eindeutigste Form handelt. Diese rhetorische Ambiguität nutzen Sie sehr geschickt aus, das muss ich schon sagen.

Wenn es um rhetorische Pappkameraden geht, sollten Sie m.E. etwas vorsichtig vorgehen. Ich möchte da unseren Austausch bezüglich des kleinen juristischen Einmaleins erinnern. Wenn mich nicht alles täuscht habe ich da eine rhetorische Figur Ihrerseits, die meiner Meinung nach Ihrem Pappkameraden schon recht nahe kommt, als "rhetorische Brechstange" bezeichnet.

Und wenn wir schon bei Rhetorik sind, wenn Sie Puppe (war es meine ich, Beitrag ist wohl gelöscht) ohne weiteren Kontext mit der sinngemäßen Aussage, Juristen verstünden nichts von Logik zitieren, und daraus meinen für die Diskussion Gewinn ziehen zu müssen, haben Sie m.E. eine schwache Position, bei anderen nach rhetorischen Defiziten zu suchen.

Nachdem ich das vorangeschickt habe: Danke für den Beitrag.

Ich meine zu erkennen, dass sich Ihre Ansicht von der "Juristenmeinung" gar nicht mal so weit unterscheidet. Der größte Unterschied scheint in der Herangehensweise zu liegen. Sie prüfen in zwei Schritten,

Quote:

1. Schritt: erfassen, ob Suggestivfrage. 2. Schritt: Wichtigkeit oder Bedeutung bewerten.

während "die Juristen" den zweiten Schritt, also die Bewertung, bereits bei der Definition der Suggestivfrage berücksichtigen.

Dann bleibt m.E. noch weiter zu klären, ob bei einer Vernehmung wirklich jede Suggestivfrage (im Sinne Ihrer Definition) zu vermeiden ist. Ich kann mir auf der einen Seite nur schwer vorstellen, dass jemand auf eine Frage wie "Haben Sie eine Erklärung?" zu phantasieren anfängt. Auf der anderen Seite ist nach meinem - auf dem Gebiet zugegebenermaßen laienhaften - Verständnis eine solche Frage geeignet, den Vernommenen zu einer höchstmöglichen Konzentration auf die Erinnerung an das Geschehene anzuhalten, ohne dass gleichzeitig das vom Fragesteller gewünschte Ergebnis des Erinnerungsprozesses vorgegeben wird.

 

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MT schrieb:

Ich meine zu erkennen, dass sich Ihre Ansicht von der "Juristenmeinung" gar nicht mal so weit unterscheidet. Der größte Unterschied scheint in der Herangehensweise zu liegen. Sie prüfen in zwei Schritten,

Quote:

1. Schritt: erfassen, ob Suggestivfrage. 2. Schritt: Wichtigkeit oder Bedeutung bewerten.

während "die Juristen" den zweiten Schritt, also die Bewertung, bereits bei der Definition der Suggestivfrage berücksichtigen.

Nicht ganz. "Die Juristen" im Gegensatz zu Sponsel ist in sofern richtig, als der von Sponsel für die Definition zitierte Mittermaier Jurist war und dieser ebenfalls ein weiteres Kriterium in der Definition der Suggestivfrage nutzt. Allerdings spielt dabei nicht die Wichtigkeit der Frage eine Rolle, sondern die Vorgabe einer (nicht nur formellen sondern inhaltlichen) Antwort. ("dassjenige, was man von ihm wissen will, schon vorgesagt wird").

 

Wenn jemand fragt "Wissen Sie wie spät es ist?" ist dasjenige, was man wissen will ("die Uhrzeit"), eben nicht vorgesagt. Das erkennt auch Sponsel, denn er nimmt an, dass der Befragte, wenn er keine Erklärung hat, sich eine ausdenken könnte. Wenn er sich aber etwas ausdenken muss, kann das Gericht ihm die Antwort nicht vorgesagt haben. Und damit ist auch ersichtlich, dass die Definitionen von Mittermaier und Sponsel nicht identisch sein können, auch wenn Sponsel sich auf Mittermaier bezieht.

 

Die Unklarheit entstand letztlich dadurch, dass Sponsel nicht deutlich angegeben hat, dass (und wie) sich SEINE Definition von der Mittermaiers in diesem wesentlichen Punkt unterscheidet. Die Definition Sponsels zielt nur auf die Form der Frage ab, Mittermaier berücksichtigt auch den Inhalt.

 

Prof. Müller bewertet Sponsels Definition deshalb wie folgt (und dieser Bewertung schließe ich mich an):

Henning Ernst Müller schrieb:

Ganz ohne Schlenker, ganz direkt: Ich halte Ihre Definition von Suggestivfrage für so unterkomplex, dass sie schlicht unbrauchbar ist für die Aufgabe, die Sie damit lösen wollen.

 

Sponsel behauptet in seiner Replik, das wäre ein Pappkamerad. (Definition Pappkamerad nach Sponsel: "Hier wird etwas behauptet, das niemand behauptet hat, um es sodann zu bestreiten. Man baut sozusagen einen  Pappkameraden auf nur zu dem Zweck, um ihn niederzuschlagen.")

In der Aussage von Prof. Müller findet sich aber gar kein Pappkamerad. Sponsel hat SEINE Definition ausführlich dargelegt (einschließlich der Unterschiede zur Definition Mittermaier), er hat SEINE Definition für eine Aufgabe zu nutzen versucht und SEINE Definition wurde als unterkomplex und für die Aufgabe unbrauchbar kritisiert. Da ist es völlig egal, dass Sponsels Definition nicht die einzige ist und es für die Aufgabe auch andere, taugliche Definitionen geben kann. Das wurde nämlich von Prof. Müller nie bestritten. Wenn hier jemand also einen Pappkameraden genutzt hat, dann war es Sponsel selber.

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I.S. schrieb:

Nicht ganz. "Die Juristen" im Gegensatz zu Sponsel ist in sofern richtig, als der von Sponsel für die Definition zitierte Mittermaier Jurist war und dieser ebenfalls ein weiteres Kriterium in der Definition der Suggestivfrage nutzt. Allerdings spielt dabei nicht die Wichtigkeit der Frage eine Rolle, sondern die Vorgabe einer (nicht nur formellen sondern inhaltlichen) Antwort. ("dassjenige, was man von ihm wissen will, schon vorgesagt wird").

Daraus, dass Mittermaier Jurist war folgt nun wirklich nicht viel. Im Übrigen stimme ich Ihnen zu, sehe das allerdings wie bei einem Meinungsstreit: Solange das Ergebnis gleich ist, kann ein Streitentscheid dahinstehen. Ob man den Begriff der Suggestivfrage zunächst einmal weit fasst und dann auf zweiter Stufe über die Wichtigkeit/Bedeutung einschränkt oder das gleiche einstufig prüft, macht zunächst einmal keinen Unterschied. Letztlich kommt es darauf an, ob gleiche Sachverhalte gleich gewürdigt werden, oder ob Unterschiede bestehen, so wie scheinbar bei der Frage, ob schlichtweg jede Suggestivfrage (im Sinne von Sponsels Definition) bei einer Vernehmung zu Verfälschungen der Aussage führt.

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MT schrieb:

Im Übrigen stimme ich Ihnen zu, sehe das allerdings wie bei einem Meinungsstreit: Solange das Ergebnis gleich ist, kann ein Streitentscheid dahinstehen. Ob man den Begriff der Suggestivfrage zunächst einmal weit fasst und dann auf zweiter Stufe über die Wichtigkeit/Bedeutung einschränkt oder das gleiche einstufig prüft, macht zunächst einmal keinen Unterschied. Letztlich kommt es darauf an, ob gleiche Sachverhalte gleich gewürdigt werden, oder ob Unterschiede bestehen, so wie scheinbar bei der Frage, ob schlichtweg jede Suggestivfrage (im Sinne von Sponsels Definition) bei einer Vernehmung zu Verfälschungen der Aussage führt.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich Sie richtig verstehe oder Sie dies konsequent denken. Natürlich gibt es oft mehrere methodische Wegen immer zum gleichen Ergebnis. Die Methoden sind dann ineinander überführbar. In selteneren Fällen führt aber auch Methodik zu verschiedenen Ergebnissen.

Aber ein Kriterium "Hauptsache das Ergebnis stimmt" wäre doch willkürlich. Es sei denn man hat schon ein Ergebnis und alles Andere ist Weihrauch. 

 

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Lutz Lippke schrieb:

MT schrieb:

Im Übrigen stimme ich Ihnen zu, sehe das allerdings wie bei einem Meinungsstreit: Solange das Ergebnis gleich ist, kann ein Streitentscheid dahinstehen. Ob man den Begriff der Suggestivfrage zunächst einmal weit fasst und dann auf zweiter Stufe über die Wichtigkeit/Bedeutung einschränkt oder das gleiche einstufig prüft, macht zunächst einmal keinen Unterschied. Letztlich kommt es darauf an, ob gleiche Sachverhalte gleich gewürdigt werden, oder ob Unterschiede bestehen, so wie scheinbar bei der Frage, ob schlichtweg jede Suggestivfrage (im Sinne von Sponsels Definition) bei einer Vernehmung zu Verfälschungen der Aussage führt.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich Sie richtig verstehe oder Sie dies konsequent denken. Natürlich gibt es oft mehrere methodische Wegen immer zum gleichen Ergebnis. Die Methoden sind dann ineinander überführbar. In selteneren Fällen führt aber auch Methodik zu verschiedenen Ergebnissen.

Aber ein Kriterium "Hauptsache das Ergebnis stimmt" wäre doch willkürlich. Es sei denn man hat schon ein Ergebnis und alles Andere ist Weihrauch. 

 

Es geht nicht darum, dass das Ergebnis stimmt, sondern darum einzugrenzen, worüber man sich streitet und noch wichtiger ob man sich überhaupt streiten muss. Mal angenommen, wir wären uns alle einig, dass es in einer Vernehmung bestimmte harmlose Suggestivfragen gibt. Dann macht es überhaupt keinen Sinn mehr, sich für diese bestimmten Fragen darüber zu streiten, ob man das zweistufig zu prüfen hat oder gleich bei der Definition der Suggestivfrage aussiebt. Diskutiert man andere Fragen, bei denen man zu verschiedenen Ergebnissen kommt, kann das anders aussehen.

Natürlich kann es auch mal auf die Methode an sich ankommen, das sehe ich hier aber nicht.

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MT schrieb:

Lutz Lippke schrieb:

MT schrieb:

Im Übrigen stimme ich Ihnen zu, sehe das allerdings wie bei einem Meinungsstreit: Solange das Ergebnis gleich ist, kann ein Streitentscheid dahinstehen. Ob man den Begriff der Suggestivfrage zunächst einmal weit fasst und dann auf zweiter Stufe über die Wichtigkeit/Bedeutung einschränkt oder das gleiche einstufig prüft, macht zunächst einmal keinen Unterschied. Letztlich kommt es darauf an, ob gleiche Sachverhalte gleich gewürdigt werden, oder ob Unterschiede bestehen, so wie scheinbar bei der Frage, ob schlichtweg jede Suggestivfrage (im Sinne von Sponsels Definition) bei einer Vernehmung zu Verfälschungen der Aussage führt.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich Sie richtig verstehe oder Sie dies konsequent denken. Natürlich gibt es oft mehrere methodische Wegen immer zum gleichen Ergebnis. Die Methoden sind dann ineinander überführbar. In selteneren Fällen führt aber auch Methodik zu verschiedenen Ergebnissen.

Aber ein Kriterium "Hauptsache das Ergebnis stimmt" wäre doch willkürlich. Es sei denn man hat schon ein Ergebnis und alles Andere ist Weihrauch. 

 

Es geht nicht darum, dass das Ergebnis stimmt, sondern darum einzugrenzen, worüber man sich streitet und noch wichtiger ob man sich überhaupt streiten muss. Mal angenommen, wir wären uns alle einig, dass es in einer Vernehmung bestimmte harmlose Suggestivfragen gibt. Dann macht es überhaupt keinen Sinn mehr, sich für diese bestimmten Fragen darüber zu streiten, ob man das zweistufig zu prüfen hat oder gleich bei der Definition der Suggestivfrage aussiebt. Diskutiert man andere Fragen, bei denen man zu verschiedenen Ergebnissen kommt, kann das anders aussehen.

Natürlich kann es auch mal auf die Methode an sich ankommen, das sehe ich hier aber nicht.

Ok, das erscheint zunächst plausibel. Aber verschiedene Methoden haben oft sehr unterschiedliche Fehlerhäufigkeiten und damit Einfallstore für unbewusste oder bewusste Manipulationen. Davon hängen auch deren Prüfmöglichkeiten auf Korrektheit ab.

Ich habe die Erfahrung, dass es schon auf die Methoden ankommt, wenn das Ergebnis nicht unmittelbar vorhersehbar ist und von der Richtigkeit des Ergebnisses der Erfolg abhängt. Aber was ist schon Erfolg im juristischen Verfahren?

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@A.Hirsch

OK. Wahrunterstellungen müssen nicht generell in den Urteilsgründen enthalten sein. Eine Ausnahme haben Sie aber schon genannt, wenn "die als wahr unterstellte Tatsache nicht ohne weiteres mit den übrigen Feststellungen zu vereinbaren ist (BGHSt 28, 310)". Man könnte dabei u.a. an den sicheren Ausschluss von Motiven für Falschbeschuldigung (S. 30 ff. UA) denken und an Belastungseifer (S. 62 UA). Eine weitere Ausnahme folgt aus BGH 1 StR 303/00:

Die in der Wahrunterstellung liegende Zusage kann es aber im Einzelfall ausnahmsweise und weitergehend gebieten, die als wahr unterstellte Tatsache im Rahmen der Beweiswürdigung ausdrücklich mit zu erwägen. Das ist dann der Fall, wenn sich dies angesichts der im übrigen gegebenen Beweislage aufdrängt und die Beweiswürdigung sich sonst als lückenhaft erwiese (so schon BGHSt 28, 310, 311; vgl. auch BGH StV 1984, 142; BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Wahrunterstellung 12, 13). 

Wenn ein Urteil sich auf die Angaben einer einzigen Zeugin stützt, gelten - der Kontrolle wegen - höhere Anforderungen an die Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Umstände. Im Verfahren Mollath kommt noch hinzu, dass die Möglichkeit zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit ohnehin erheblich eingeschränkt war, weil die Nebenklägerin die Aussage verweigert hatte. Man durfte also gespannt sein, ob und gegebenenfalls wie diese Lücke gefüllt wird. Ausgerechnet in der Konstellation, da Mangel an erkenntnissicherer Entscheidungsgrundlage besteht, lässt die Kammer Wahrunterstellungen unter dem Tisch fallen, die geeignet sind, an der Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin zu zweifeln. Das dürfte wohl lückenhaft sein, oder? (keine Suggestivfrage :-)

Dieser Beck-Blog zum Regensburger Urteil 6 KLs 151 Js 4111/2013 WA ist - zumindest für einen juristischen Blog - inzwischen weltrekordverdächtig:

Schon jetzt über 33000 Abrufe und schon jetzt fast 1000 Kommentare. Und immer noch kein Ende.

Chapeau.

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@ all

Mal kurz in die Runde gefragt:

Im vorliegenden Fall der WAV lag ja alles schon ziemlich lang zurück, teils 13 Jahre.

So, weil sich also viele nicht mehr (richtig oder überhaupt) erinnern konnten, behalf sich, so formulier ich das mal aus Laiensicht, das Gericht mit überwiegend Suggestivfragen. Egal an welchen Zeugen (von damals, meine ich, SV lasse ich da mal aus)

Liegt hier nicht schon ein absoluter Grundsatz-Hund begraben? Völlig unabhängig vom Mollath Fall.

Will sagen, schmälert das nicht per se komplett den ganzen Wert einer solchen Verhandlung, weil ja entweder, mal grob vereinfacht, die einen sagen: Ja, das wird wohl schon so gewesen sein, wie ich das damals gesagt habe, sonst hätt ich das ja damals nicht gesagt.

Oder die anderen sagen, neee, weiß ich nimmer, egal wie oft Sie mir meine Aussage von damals noch vorlesen.

Oder die dritten ganz genau schildern könne, wie das damals war und denen wird dann nicht geglaubt, weil sich ja kein normaler Mensch mehr so im Detail daran erinnern kann, was von 13 Jahren war.

Und wäre es nicht, gerade angesichts DESSEN umso angebrachter gewesen, wenigstens die Punkte akribischst zu untersuchen, die technisch untersuchbar waren?

Wie zum Beispiel die Sache mit den Reifen zumindest retrospektiv doch sehr ordentlich im Versuch nachgestellt und ausgearbeitet wurde?

Woraufhin die Mollath der ruchlose Reifenstecher Geschichte ja plums, in sich zusammenfiel in einzelne Stäubchen........

4

#43 Foto biene

@ Sie antworteten auf #38 Bixler:

 

                "@ Bixler #38

                ‘Man sollte nicht übersehen, dass die Thematisierung besagter "Fiktion", namentlich in der Vernehmung von POK Grötsch, einen Beleg
                für erheblichen Belastungseifer von P3M erbracht hätte.’

 

       Ich hatte mir erlaubt, Ihnen diesen Satz in #23 zu glauben, das war aber wohl ein Fehler:
 

                'Dass man den dabei zutage getretenen Belastungseifer P3Ms "so ohne weiteres auf den 14.8.2001 zurückdatieren" kann, habe ich auch nicht
                behauptet. Diese Behauptung unterstellen Sie mir.'

       Ich enthalte mich aus diesem Grund einer weiteren Stellungnahme, es ist alles gesagt."

 

Soll das etwa Ihre Antwort auf #38 sein, indem Sie leichtfertig insinuieren, dass ich mir widersprechen würde?

Bei # 23 handelt es sich um eine Antwort auf # 13 Max Mustermann, der mir in seiner Antwort auf meinen Kommentar #10 unterstellt hatte, dass ich den Belastungseifer, den P3M beim Tatvorwurf Sachbeschädigungen an den Tag gelegt hatte, „so ohne weiteres auf den 14.8.2001 zurückdatieren“ wolle. Das hatte ich in meinem Kommentar #10 aber gar nicht behauptet. In allen meinen heutigen Kommentaren ging es stets nur um den Belastungseifer bezogen auf den Tatvorwurf Sachbeschädigungen.

Wo liegt nun Ihr Problem?

Ich hatte Ihnen in #38  die Folgerungen vor Augen geführt, die sich daraus ergeben, dass Sie nahelegen, die Verteidigung habe in der Hauptverhandlung aus „prozessökonomischen Gründen“ auf die Thematisierung der  „protokollierten Fiktion“, die Mollath belastete, verzichtet. Offenbar wollen sie sich diesen Folgerungen nicht stellen. Deshalb wollen Sie sich einer weiteren Stellungnahme enthalten und haben auch noch die Chuzpe, mir en passant Unglaubwürdigkeit zu unterstellen und darüber hinaus zu behaupten, es sei alles gesagt. Es ist zwar nicht alles gesagt, aber es ist gut, wenn sich nicht jede und jeder an allen Diskussionssträngen beteiligt. Deshalb beschränke ich mich weitestgehend auf den Tatvorwurf Sachbeschädigungen.

Verletzt die Begründung eines Urteils mit einem nicht öffentlich erhobenen Beweis die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens und stellt damit einen absoluten Revisionsgrund dar (§ 338(6) StPO)?

Hier begründet das LG im Urteil u.a. mit "Auszug aus dem Praxis-Backup vom 27.3.2002 bestätigt, aus dem sich ergibt, dass die Word-Datei mit der Bezeichnung „M Petra29.09.196008-14-200106_49.doc“, die das Attest vom 14.8.2001 beinhaltet".

Dieser bisher unbekannte Auszug wurde am 08.08.2014 nicht in das Verfahren eingeführt. Der Beweis konnte somit von den Prozessparteien bisher nicht geprüft werden.

Stattdessen wurde entsprechend dem verlesenen IT-Bericht vom 06.08.2014 der Auszug einer gleichnamigen Datei auf dem Server vom 06.08.2014 eingeführt. Dieser Auszug sollte der Strate-Mitschrift zufolge dem Gericht mit Druckdatum 09.07.2014 bereits vorliegen. Vermutlich war dieser Auszug vom Zeugen R beigebracht worden. Dem Gericht hätte offensichtlich klar sein müssen, dass der Auszug der Serverdatei mit Dokumentdatum 03.06.2002 aus dem IT-Bericht nicht mit einer Datei identisch sein kann, die auf der Backup-CD vom 27.02.2002 gespeichert ist. Das Gericht hätte bei normal sorgfältiger Herangehensweise die Daten der Datei auf der Backup-CD prüfen müssen, statt aufgrund der Namensgleichheit sachwidrig anzunehmen, dass es sich um die gleiche Datei handelt. Hierzu ist bereits bei der notwendigen Basiskenntnis zur Informationstechnik bekannt, dass  zur Identifikation einer Identität neben dem Dateinamen und dem Informationsinhalt weitere Kriterien geprüft werden müssen. Das Gericht ließ somit unbegründet und in unzulässiger Weise Sorgfalt und Sachkenntnis missen.  

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Lieber Herr Kolos # 42,

 

ich stimme Ihnen ja zu, wenn Sie die Verwertung der spärlichen früheren Angaben von P3M trotz Zeugnisverweigerung für falsch halten. Leider befindet sich die Kammer hier aber in ziemlich guter Gesellschaft des BGH.

 

Aber was die Lückenhaftigkeit der Urteilsgründe hinsichtlich der Wahrunterstellungen angeht, muss ich Fotobiene # 3 Recht geben, auch wenn ich oben gesagt habe, dass man darüber sicher diskutieren könnte. Jetzt habe ich mir den Ablehnungsbeschluss vom 14. HV-Tag noch einmal angesehen. Es sind - neben der allgemeinen Bankenpraxis - nur Sachverhalte als wahr unterstellt worden, die zeitlich weit nach der Körperverletzung liegen und deren Nichtberücksichtigung im Urteil daher zumindest nicht rechtsfehlerhaft ist, zumal die Kammer sich ansonsten ja ausführlich mit potentiellen Falschbelastungsmotiven bei P3M befasst hat. Und hinsichtlich der späteren Taten ist ja schon aus anderen tatsächlichen Gründen freigesprochen worden, womit sich die Erheblichkeit der Wahrunterstellungen erledigt hatte. Diesbezüglich würde ich in einer Revisionsbegründungsschrift keine Energien verschwenden. 

 

Trotz Suggestivfrage also: Nein ;-)

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A. Hirsch schrieb:

Trotz Suggestivfrage also: Nein ;-)

Selbstredend Nein!

Fraglich, ob die Bankenpraxis überhaupt von der Verteidigung primär ins Feld geführt wurde, um die Belastungszeugin in ihrer Glaubwürdigkeit zu "erschüttern", sondern ob es nicht vielmehr darum ging die WAHNunterstellung lächerlich zu machen.

Dass P3M einen Belastungseifer an den Tag legt, gibt diese doch freimütig zu:

"Er hat durch Denunzation dafür gesorgt, dass ich meinen Arbeitsplatz verloren habe."

 

Für den Belastungseifer ist doch nicht massgeblich, ob man Denunzation jetzt auf unwahre Fakten restriktiv definiert. 

Dass sie ihre Arbeitstelle verloren hat, da kommt der Belastungseifer her.

Aber eben nicht für den 12./14. 08. 2001. Da hatte sie ihre Arbeitstelle ja noch.

Eine konkrete Frage eines Nichtjuristen:

G. Mollath hat nach Meinung des Gerichts die gefährliche KV an der Exgattin begangen wenn auch im nicht ausschließbaren Zustand der Schuldunfähigkeit.

Wie wirkt sich diese Kombination jetzt zivilrechtlich auf die nachehliche Unterhaltsverpflichtung aus?

Ist die Exfrau jetzt unterhaltsverpflichtet weil der Gatte seinerzeit (nicht ausschließbar) schuldunfähig war, oder ist sie nicht unterhaltsverpflichtet weil der Gatte an ihr an lebendsbedrohende Behandlung vorgenommen hat?

Mollath wurde in dubio pro reo freigesprochen (nicht ausschließbare Schuldunfähigkeit, nicht etwa gesicherte Schuldunfähigkeit).

Kann sich P3M auf Unzumutbarkeit der nachehelichen Unterhaltsverpflichtung berufen weil die Schuldunfähigkeit ja nur "nicht ausschließbar", also nur mit einem geringen Wahrscheinlichkeitsprozentsatz bestand?

 

 

 

 

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atropa belladonna schrieb:

Eine konkrete Frage eines Nichtjuristen:

G. Mollath hat nach Meinung des Gerichts die gefährliche KV an der Exgattin begangen wenn auch im nicht ausschließbaren Zustand der Schuldunfähigkeit.

Wie wirkt sich diese Kombination jetzt zivilrechtlich auf die nachehliche Unterhaltsverpflichtung aus?

Ist die Exfrau jetzt unterhaltsverpflichtet weil der Gatte seinerzeit (nicht ausschließbar) schuldunfähig war, oder ist sie nicht unterhaltsverpflichtet weil der Gatte an ihr an lebendsbedrohende Behandlung vorgenommen hat?

Mollath wurde in dubio pro reo freigesprochen (nicht ausschließbare Schuldunfähigkeit, nicht etwa gesicherte Schuldunfähigkeit).

Kann sich P3M auf Unzumutbarkeit der nachehelichen Unterhaltsverpflichtung berufen weil die Schuldunfähigkeit ja nur "nicht ausschließbar", also nur mit einem geringen Wahrscheinlichkeitsprozentsatz bestand?

 

 

 

 

@Prof. Müller

Dies ist eine hoch interessante juristische Problemstellung und Frage, die vielleicht von Herrn Prof. Müller beantwortet und gestellt wird, soweit dies nicht den Rahmen sprengt zu dem Thema dieses Blogs!

Soweit ich als Nichtjurist überhaupt in der Lage bin zu dieser Problematik meine Meinung zu äußern, die aus meinem Rechtsempfinden beruht,  versuche ich dies zu umreissen:

Schließt die angebliche Körperverletzung die Unterhaltsverpflichtung tatsächlich aus - es liegt ja kein Angriff auf Leib und Leben vor? Der KV ist das eindeutig schwerwiegendere destruktive Vorgehen der Ex-Frau gegenüber zu stellen, dass ebenfalls eindeutig und ursächlich  zu der nahezu existenzvernichtenden Verräumung in die Forensik geführt hat. Dies wiegt faktisch und hoffentlich auch juristisch bei der Unterhaltsfrage schwerwiegender, zumal die soziale und berufliche Wiedereingliederung für G.M. sicherlich sehr schwierig ist. Moralisch hat zweifelsohne die Ex-Frau eine schwere Schuld auf sich geladen und nach meinem Rechtsempfinden auch die Verantwortung für ihr destruktives  Handeln durch den Unterhaltsanspruch zu tragen. Soeit ich die Situation einschätzen kann, hat Herr Gustl Mollath soviel Ehrgefühl und gesunden Stolz, dass er diesen möglichen Unterhaltsanspruch juristisch und gerichtlich nicht geltend machen will. Gleichwohl wäre es zivilrechtlich eine weitere Möglichkeit zu der Rechtsfindung im Fall Mollath beizutragen und ihn für die illegale und inhumane Verräumung in die Forensik auch von Seiten seiner langjährigen Ehefrau zu entschädigen. Dieser Unterhaltsanspruch sollte deswegen geltend gemacht und wenn notwendig bis in die höheren Instanzen auch durchgesetzt werden. Ich bitte die Juristen, die im Unterhaltsrecht Experten sind, mich zu berichtigen, wenn ich hier von der Rechtslage unrichtige Aussagen getroffen habe.

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atropa belladonna schrieb:

Eine konkrete Frage eines Nichtjuristen:

G. Mollath hat nach Meinung des Gerichts die gefährliche KV an der Exgattin begangen wenn auch im nicht ausschließbaren Zustand der Schuldunfähigkeit.

Wie wirkt sich diese Kombination jetzt zivilrechtlich auf die nachehliche Unterhaltsverpflichtung aus?

Ist die Exfrau jetzt unterhaltsverpflichtet weil der Gatte seinerzeit (nicht ausschließbar) schuldunfähig war, oder ist sie nicht unterhaltsverpflichtet weil der Gatte an ihr an lebendsbedrohende Behandlung vorgenommen hat?

Mollath wurde in dubio pro reo freigesprochen (nicht ausschließbare Schuldunfähigkeit, nicht etwa gesicherte Schuldunfähigkeit).

Kann sich P3M auf Unzumutbarkeit der nachehelichen Unterhaltsverpflichtung berufen weil die Schuldunfähigkeit ja nur "nicht ausschließbar", also nur mit einem geringen Wahrscheinlichkeitsprozentsatz bestand?

Ich will mich mal an der Frage versuchen, bin aber kein Familienrechtler. Deshalb ist das Folgende nur meine persönliche Meinung nach einem schnellen Blick ins Gesetz und ein wenig Googeln, kein detaillierter Rechtsrat.

Materiell-rechtlich (in der Sache) sieht es folgendermaßen aus:

OLG Hamm, Urt. v. 15.01.2008, Az. 4 UF 349/96, Rn. 25 schrieb:

Auch die Berufung auf § 1579 Nr. 7 BGB führt jedenfalls im Ergebnis nicht zur Verwirkung des Anspruchs der Klägerin. Es entspricht der Rechtsprechung des BGH, daß ein Tatbestand, der die Voraussetzungen der Nr. 1-6 des § 1579 BGB nicht erfüllt, grundsätzlich nicht als "anderer Grund" im Sinne der Auffangregelung des § 1579 Nr. 7 berücksichtigt werden kann (BGH FamRZ 1987, 572 = NJW 1987, 1761; 1995, 1405, 1407 linke Spalte m.w.N.; Palandt/Diederichsen a.a.O., § 1579 Rn. 35). Die von der Klägerin am 30. September 1993 tatbestandlich und rechtswidrig begangene Tötung des Sohnes ... der Parteien stellt sich zwar als vorsätzliches und rechtswidriges Verbrechen gegenüber einem nahen Angehörigen des Unterhaltsschuldners gem. § 1579 Nr. 2 [a.F., Nr. 3 n.F.; Anm. MT] BGB dar, jedoch ist das erforderliche Verschulden nicht festzustellen. Soweit der Beklagte behauptet, die Klägerin habe ihre Schuldunfähigkeit im Tatzeitpunkt lediglich vorgespiegelt, ist dieses Vorbringen angesichts der Feststellungen des Sachverständigen, nach denen im Tatzeitpunkt bei der Klägerin eine affektive Psychose vorlag, unsubstantiiert. Eine affektive Psychose zum Tatzeitpunkt schließt das Verschulden aus (OLG Hamm FamRZ 1995, 808; Palandt/Diederichsen a.a.O., § 1579 Rn. 15 a.E.).

http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2008/4_UF_349_96urteil20080115....

§ 1579 Nr. 3 (n.F.) lautet:

Quote:

Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil

3. der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,

Das Zivilgericht (dürfte wohl Familiengericht sein) hat eine eigene Entscheidungsbefugnis, ist also an das strafrechtliche Urteil nicht gebunden. Rein faktisch wird aber in aller Regel ein strafrechtliches Urteil vom Zivilgericht "übernommen". Allerdings ist im Fall Mollath so ziemlich gar nichts die Regel, deshalb ist es schwierig, eine Vorhersage zu treffen. Insbesondere die ungewöhnliche Rechtsansicht des LG Regensburg zur Schuldunfähigkeit könnte das Zivilgericht anders sehen. Dann wäre der Unterhalt zu versagen. Sollte das Zivilgericht sich allerdings dem LG Regensburg anschließen, wäre konsequenterweise auch wegen Schuldunfähigkeit der Unterhaltsanspruch _nicht_ zu versagen. Eine Schuldunfähigkeit "zweiter Klasse" gibt die Norm m.E. wegen des klaren Wortlauts nicht her. Das Zivilgericht könnte theoretisch auch noch weiter gehen als das LG Regensburg und bereits die Tatbestandsmäßigkeit einer Körperverletzung, also dass Herr Mollath Frau M geschlagen hat, ablehnen. Auch Notwehr könnte das Zivilgericht rein theoretisch annehmen, wiederum mit der Folge, dass der Unterhaltsanspruch _nicht_ zu versagen wäre.

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MT schrieb:

Das Zivilgericht (dürfte wohl Familiengericht sein) hat eine eigene Entscheidungsbefugnis, ist also an das strafrechtliche Urteil nicht gebunden. Rein faktisch wird aber in aller Regel ein strafrechtliches Urteil vom Zivilgericht "übernommen". Allerdings ist im Fall Mollath so ziemlich gar nichts die Regel, deshalb ist es schwierig, eine Vorhersage zu treffen. Insbesondere die ungewöhnliche Rechtsansicht des LG Regensburg zur Schuldunfähigkeit könnte das Zivilgericht anders sehen. Dann wäre der Unterhalt zu versagen. Sollte das Zivilgericht sich allerdings dem LG Regensburg anschließen, wäre konsequenterweise auch wegen Schuldunfähigkeit der Unterhaltsanspruch _nicht_ zu versagen. Eine Schuldunfähigkeit "zweiter Klasse" gibt die Norm m.E. wegen des klaren Wortlauts nicht her. Das Zivilgericht könnte theoretisch auch noch weiter gehen als das LG Regensburg und bereits die Tatbestandsmäßigkeit einer Körperverletzung, also dass Herr Mollath Frau M geschlagen hat, ablehnen. Auch Notwehr könnte das Zivilgericht rein theoretisch annehmen, wiederum mit der Folge, dass der Unterhaltsanspruch _nicht_ zu versagen wäre.

Ich bin zwar kein Jurist, finde Ihre vorsichtige Prognose aber nachvollziehbar. Ein Familiengericht hätte nicht nur eigene Entscheidungsbefugnis, sondern auch Ermittlungspflichten. Das stellt natürlich noch nicht sicher, dass diese auch erfüllt werden. Hier könnten aber Sachverhalte besprochen werden, die im Strafprozess nicht behandelt wurden. Allerdings ist ein solches Verfahren nichtöffentlich, so dass allenfalls der Grundtenor von allein den Weg in die Öffentlichkeit finden würde.  Da wäre es sehr interessant, wie sich die vielen Ehe-, Trennungs- und Vermögensberater um das Strafverfahren da die notwendigen Informationen für ihre weiteren Anal-ysen beschaffen. Oder war es auch bisher schon mehr Spekulation als Wissen?

Interessant wäre für mich auch die juristische Frage, ob Ermittlungsergebnisse/Sachverhalte aus einem Familienverfahren Rückwirkungen auf das Strafverfahren vor/nach dessen rechtskräftigen Urteil haben könnten.

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Noch eine konkrete Frage:

Wie ist die Glaubwürdigkeit des immens wichtigen Zeugen Dr. R. zu beurteilen, wenn man davon ausgeht, dass er zusammen mit P3M, plus der Zeugin P.S. (in Personalunion seine Sprechstundenhilfe + Schwägerin von P3M) mehrere Fahrten in die Schweiz (ausgerechnet auch noch in die Schweiz!) unternommen hat?

 

 

https://gabrielewolff.wordpress.com/2014/07/04/der-fall-gustl-mollath-di...

 

Steffi sagte am 15. August 2014 um 11:35 : ............... Mollath hatte mal geschrieben – lange bevor es öffentlich bekannt wurde, dass seine Frau auch mit R.M. & P.S. mit dem Motorrad in die Schweiz gedüst ist, nach dem er die Autos dafür nicht mehr hergeben wollte……Das müsste vor 2002 gewesen sein……

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atropa belladonna schrieb:

 

Noch eine konkrete Frage:

Wie ist die Glaubwürdigkeit des immens wichtigen Zeugen Dr. R. zu beurteilen, wenn man davon ausgeht, dass er zusammen mit P3M, plus der Zeugin P.S. (in Personalunion seine Sprechstundenhilfe + Schwägerin von P3M) mehrere Fahrten in die Schweiz (ausgerechnet auch noch in die Schweiz!) unternommen hat?

 

 

https://gabrielewolff.wordpress.com/2014/07/04/der-fall-gustl-mollath-di...

 

Steffi sagte am 15. August 2014 um 11:35 : ............... Mollath hatte mal geschrieben – lange bevor es öffentlich bekannt wurde, dass seine Frau auch mit R.M. & P.S. mit dem Motorrad in die Schweiz gedüst ist, nach dem er die Autos dafür nicht mehr hergeben wollte……Das müsste vor 2002 gewesen sein……

R.M. ist Robert Müller.

Dass P3M mit ihrem Bruder und dessen Frau/Freundin eine Spritztour durch die Heide macht, beschädigt Dr. Markus Reichel kaum.

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