Fall Mollath - Einige Anmerkungen zur schriftlichen Urteilsbegründung des LG Regensburg

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 20.11.2014

Die schriftlich verfassten Gründe des noch nicht rechtskräftigen Urteils im wiederaufgenommenen Prozess gegen Gustl Mollath liegen seit 14 Tagen  vor.

Ein erster Blick in die mit 120 Seiten außergewöhnlich umfangreiche Begründung bestätigt meinen Eindruck aufgrund der Pressemitteilung am Tag der mündlichen Urteilsverkündung.

Damals hatte ich von einem „salomonischen Urteil“ geschrieben und bin dafür kritisiert worden. Vielleicht habe ich das Wort „salomonisch“ unangemessen gebraucht – gemeint war, dass dieses Urteil für Herrn Mollath einerseits einen Erfolg darstellt, andererseits auch nicht. Erfolgreich für ihn ist es insofern, als die jahrelange Unterbringung aufgrund einer nachgewiesenen gefährlichen Wahnerkrankung, Ergebnis des Urteils des LG Nürnberg-Fürth, nun vom LG Regensburg nachträglich als rechtsfehlerhaft zurückgewiesen wurde. Herr Mollath ist für die Unterbringungszeiten zu entschädigen.

Dieses Urteil ist aber nur Teil eines außergewöhnlichen Gesamterfolgs: Vor gut zwei Jahren, Anfang November 2012, war Herr Mollath ein seit sechseinhalb Jahren in der forensischen Psychiatrie Untergebrachter und nahezu ohne Chance in absehbarer Zeit freigelassen und rehabilitiert zu werden. Auf seiner Seite standen zwar schon damals einige private Unterstützer, eine Strafverteidigerin und einige Journalisten. Auf der Gegenseite, die ihn als nach wie vor gemeingefährlichen Wahnkranken ansah, standen aber nicht nur das seit 2007 rechtskräftige Urteil, sondern  auch seine Behandler in der Psychiatrie, mehrere psychiatrische Gutachter, die Strafjustiz an drei bayerischen Standorten und die zunächst noch vom Ministerpräsidenten gestützte bayerische Justizministerin. Gegen diese Institutionen hat Gustl Mollath im Verlauf eines knappen Jahres die Wiederaufnahme seines Strafverfahrens, und zwar in einmaliger Weise auf Antrag der Staatsanwaltschaft (!), die Freilassung aus der Unterbringung, eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde und nunmehr auch ein neues Urteil erreicht. Im Verlauf dieser Zeit wurden anhand des „Falls Mollath“ außerdem wichtige Fehlkonstruktionen aufgedeckt, was in ein Bundesgesetzgebungsverfahren (StGB) sowie ein Landesgesetzgebungsverfahren (Maßregelvollzugsgesetz) mündete. Ohne dies aktuell empirisch überprüft zu haben: Ein solcher Erfolg ist in der bundesrepublikanischen Rechtsgeschichte einmalig. Wer nun davon spricht (sei es auf Seiten Herrn Mollaths oder auf der Gegenseite), Herr Mollath sei insgesamt gescheitert, der hat einen verzerrten Blick auf die Wirklichkeit. Allerdings: Die verlorenen Jahre kann ihm niemand zurückgegeben; die zu erwartende Entschädigung kann diesen Verlust nicht ansatzweise ausgleichen.

Zugleich enthält das Urteil auch einen „Misserfolg“ für Gustl Mollath, weil  der schwerste Vorwurf, seine Frau am 12.08.2001 geschlagen, gebissen und gewürgt zu haben, als seine rechtswidrige Tat festgestellt wurde. Seiner Darstellung, diese Tat habe so gar nicht stattgefunden bzw. er habe sich nur gegen einen Angriff seiner Frau gewehrt, ist das LG Regensburg nicht gefolgt. Dieser Misserfolg fällt allerdings gegenüber den oben genannten Erfolgen geringer ins Gewicht.

Die  Beweiswürdigung zum Tatvorwurf am 12.08.2001, ausgeführt auf  mehr als 50 Seiten der Urteilsgründe, ist nicht nur ausführlich, sondern akribisch und auch logisch stimmig. Im Kern glaubt das Gericht den Angaben der Nebenklägerin, die sie im früheren Verfahren gemacht hat, und den Beobachtungen des Arztes, den sie zwei Tage nach der Tat aufsuchte. Eine sehr kritische Würdigung dieser Angaben war geboten, denn die Nebenklägerin hat in der Hauptverhandlung nicht ausgesagt, aber dennoch auf den geschilderten Vorwürfen beharrt. In einem Strafprozess, der als Prinzipien die Unmittelbarkeit und Mündlichkeit der Beweiserhebung in der Hauptverhandlung kennt, ist ein solches Aussageverhalten  problematisch. Der BGH hat es dennoch zugelassen, die früheren Angaben eines Hauptbelastungszeugen zu verwerten, auch wenn dieser  die Aussage in der Hauptverhandlung (berechtigt) verweigert. Allerdings erweist sich eine derartige Beweiswürdigung auch im Fall Mollath als bedenklich: Die schriftlich niedergelegten Angaben der Nebenklägerin konnten praktisch nur untereinander und indirekt über die Vernehmung von Drittzeugen geprüft werden, ohne dass die Nebenklägerin in Gefahr geraten konnte, sich bei Rückfragen  in Widersprüche zu verwickeln. Da das Gericht die Nebenklägerin nie persönlich gesehen hat, konnte ein Gesamteindruck der entscheidenden personalen „Quelle“ der Vorwürfe nicht gewonnen werden. Wenn sich das Gericht dann zentral auf die früheren Aussagen stützt, muss diese Würdigung mit Leerstellen auskommen, die positiv gefüllt werden. So spricht nach Auffassung des Gerichts für die Glaubhaftigkeit der Angaben zentral, dass die Nebenklägerin zum Zeitpunkt ihrer ersten Angaben über die Tat noch nicht die Absicht gehabt habe, sich von ihrem Mann zu trennen bzw. ihn anzuzeigen. Vielmehr habe sie ja noch Monate mit ihm zusammengelebt. Gerade dieser Umstand kann aber auch umgekehrt interpretiert werden: Dass sie noch so lange mit ihm zusammengeblieben ist, könnte eher gegen einen lebensgefährlichen Angriff sprechen. Welche Absicht die Nebenklägerin mit dem Attest positiv verfolgte, ist unbekannt. Dass es keine Motive gewesen sind, die dem Wahrheitsgehalt ihrer Angaben entgegenstanden, wird vom Gericht unterstellt. Dass die Gründe in der "Vorsorge" für ein späteres Scheidungsverfahren gelegen haben könnten, wird vom Gericht nicht diskutiert. Im Übrigen stützt sich die Kammer darauf, dass es sich bei den Tatschilderungen im Kern um konstante und darum auch zuverlässige Äußerungen handele. Das Konstanzkriterium ist allerdings ein recht schwaches Wahrheitsindiz, weil es auch einer lügenden Person ohne Weiteres gelingen kann, eine konstante Tatschilderung in mehreren Vernehmungen aufrecht zu erhalten. Angaben zum Randgeschehen (wie kam es zur Tat, was passierte vorher und nachher?) sind in den verwerteten Angaben nicht enthalten. Hierzu hätte es zur Aufklärung der mündlichen Vernehmung der Nebenklägerin bedurft.

Anders als die Nebenklägerin hat sich der Angeklagte als Beweismittel gegen sich selbst auch in der Hauptverhandlung zur Verfügung gestellt. Seine Äußerung, er habe sich gewehrt, wird vom Gericht dahingehend gewürdigt, dass es jedenfalls am 12.08.2001 zu körperlichen Auseinandersetzungen gekommen sein müsse. Diese Würdigung ist nachvollziehbar. Wenn es eine Auseinandersetzung gab, bei der sich der Angeklagte gewehrt hat, dann kann erwartet werden, dass dieser die Auseinandersetzung auch im Einzelnen schildert. Hierzu aber schwieg der Angeklagte in der Hauptverhandlung. Es trifft allerdings nicht zu, dass sich – wie das Gericht meint (S. 66) – die Verteidigungsstrategien Mollaths (einerseits: Verletzungen vom Sprung aus dem Auto, andererseits: Verletzungen von einer Gegenwehr) widersprechen: Es ist denkbar, dass beides zutrifft und die Verletzungen von der Nebenklägerin beim Arzt als von einem einzigen Ereignis herstammend geschildert wurden.

Zentral ist der Zeuge Reichel, nach dessen Aussage er die Nebenklägerin zwei Tage nach der vorgeworfenen Tat gesehen hat und Verletzungszeichen schildert, die zu den Schilderungen der Nebenklägerin passen. Auch hier bemüht sich die Kammer, eventuelle Zweifel gar nicht erst aufkommen zu lassen. [Update 22.02.2015: Das Zustandekommen des Attests und des zugrundeliegenden Krankenblattinhalts ist sowohl inhaltlich als auch datumsmäßig  nach wie vor nicht eindeutig nachvollziehbar, diesbezügliche Widersprüche in der Darstellung Reichels wurden in der HV nicht geklärt.]

Insbesondere bleibe ich bei meiner schon kurz nach dem Urteil geäußerten Auffassung, dass die Frage der gefährlichen Körperverletzung durch eine das Leben gefährdende Handlung (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB) für mich nicht zweifelsfrei erwiesen ist. Da es keine Fotografien der Hämatome gibt, war das Gericht allein auf die – von ihm selbst eingeräumt – unzuverlässige Erinnerung des Arztes angewiesen und auf die durch den Arzt indirekt vermittelte Angabe der Nebenklägerin. Zum Würgen (auch mit Würgemalen) gibt es eine umfassende,  im Kern auch differenzierende Rechtsprechung. Die Schlussfolgerung, nicht näher dokumentierte Würgemale gingen in jedem Falle mit einer Lebensgefährdung einher, wird in der BGH-Rechtsprechung nicht geteilt. Die Angabe der Nebenklägerin, sie sei kurzfristig bewusstlos gewesen, beruht allein auf ihrer nicht überprüfbaren und auch von keinem weiteren objektiven Indiz bestätigten Angabe.

Das Gericht kommt hinsichtlich der Schudfrage zu dem Schluss, Herr Mollath habe am 12.08.2001 nicht ausschließbar unter Einfluss einer schwerwiegenden Störung gehandelt, die nicht ausschließbar zur Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB geführt habe. Obwohl dies in dubio pro reo zu einer Entlastung Mollaths führt, so dass er für den Angriff auf seine Frau weder bestraft noch untergebracht werden kann, wird diese Wertung von ihm als belastend empfunden. Ob diese subjektive Belastung als „Beschwer“ für eine Rechtsmittel (Revision) genügt, wird sicherlich Gegenstand der Begründung des von Mollath und seinem neuen Verteidiger eingelegten Rechtsmittels  sein.

Ohne auf diese verfahrensrechtliche Frage näher eingehen zu wollen, kann man aber bezweifeln, dass die materiellen Maßstäbe, die das Gericht hier an eine Subsumtion der Merkmale des § 20 StGB (und sei es auch nur in dubio pro reo) angelegt hat, zutreffend sind.

Diese Maßstäbe werden üblicherweise recht eng gesehen: Es genügen eben nicht schon jegliche Anhaltspunkte oder die bloße Nicht-Ausschließbarkeit einer Störung zur Tatzeit, um dann per Zweifelsgrundsatz eine Exkulpation vorzunehmen. Hier hat das Gericht den Zweifelsgrundsatz doppelt wirken lassen: Erstens hinsichtlich der Frage, ob an dem Tag überhaupt eine schwerwiegende Störung vorlag und zweitens dahingehend, dass diese Störung zum Ausschluss der Steuerungsfähigkeit geführt hat. Regelmäßig sind auch psychiatrische Sachverständige nicht in der Lage, einen vorhandenen Zustand „zurückzurechnen“. Hier hat der Sachverständige weder über ein aktuelle Exploration verfügt noch über Aktenmaterial mit Begutachtungen, die zeitnah zum 12.08.2001 auf eine Störung hinwiesen. Er hat deutlich gemacht, dass man von ihm praktisch Unmögliches verlangt, wenn man erwarte, er könne eine belastbare Einschätzung zu einem 13 Jahre zurückliegenden Zeitpunkt abgeben. Das Gericht hat sich über diese Bedenken hinweggesetzt und den Sachverständigen Nedopil stärker interpretiert als es seiner Stellungnahme nach angemessen war. Natürlich kann er eine Schuldunfähigkeit vor 13 Jahren nicht „ausschließen“. Das kann niemand über den Zustand eines Menschen sagen, den er zum damaligen Zeitpunkt nicht gekannt bzw. gesehen hat. Aber für eine (wenn auch nur aufgrund des Zweifelssatzes) vorgenommene Annahme der Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB reicht dieses Nichtwissen normalerweise nicht aus. Die vom Gericht für eine solche Störung aufgeführten Indizien stammen zu einem großen Teil aus der Zeit nach der Trennung der Eheleute und können daher nicht eine Tatwirksamkeit für den August 2001 belegen. Das Gericht meint, der zeitliche Zusammenhang sei „sehr eng“(S. 81), jedoch ist der situationale Zusammenhang eher fern, soweit viele weitere geschilderte Verhaltensauffälligkeiten erst nach dem Auszug der Nebenklägerin aus der gemeinsamen Wohnung auftraten. Eine belastende psychodynamische Ausnahmesituation kommt praktisch in jeder Ehekrise auf beide Partner zu. Nach dieser Logik müssten eine große Anzahl Fälle häuslicher Gewalt unter dem Blickwinkel nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit betrachtet werden.

Die Beweiswürdigung zu den anderen Tatvorwürfen hingegen stimmt mit meiner Einschätzung nach der Hauptverhandlung überein.

Das noch nicht rechtskräftige Urteil kann hier nachgelesen werden: Urteil des LG Regensburg

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Mit dem Fall Mollath zusammenhängende Fragen werden jedoch von mir weiter verfolgt. Schon für demnächst ist ein  Beitrag zur (speziellen) Frage der Revisionszulässigkeit geplant. Zu dieser Frage kann dann auch wieder diskutiert werden. 

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1753 Kommentare

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Lutz Lippke schrieb:

2.c) Desweiteren erschöpft sich die dahingehende Einlassung des Angeklagten darauf, dass er pauschal angegeben hat, er habe nur Schläge abgewehrt. Die Einlassung des Angeklagten beinhaltet jedoch weder die Schilderung eines Angriffs der Nebenklägerin, ...

Das Gericht erkennt ganz offensichtlich, dass mit "Schläge abwehren" ein Angriff abgewehrt wird, verleugnet aber die Schilderung eines Angriffs. "Schläge" ist Schilderung eines Angriffs, "abgewehrt" die Reaktion. Diesen Widerspruch offenbart das Gericht unmittelbar mit

Mir fehlt gerade die Zeit, um umfassend zu antworten. Deswegen nur der Hinweis:

Eine Schilderung läge nur dann vor, wenn etwas ausführlich beschrieben worden wäre. Das Gericht hat daher m.E. zu Recht darauf verwiesen, dass ein Angriff nicht geschildert wurde.

http://www.duden.de/rechtschreibung/Schilderung

http://www.duden.de/rechtschreibung/schildern

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Lücke bei der Datumszuordnung, die das Gericht durch Meinen füllt

Lutz Lippke schrieb:

Zur Beweiswürdigung Notwehr aus dem Urteil S.66/67 :

...

2.a) Zunächst offenbart sich bereits ein Widerspruch in den beiden Verteidigungsstrategien des Angeklagten. Die Einlassung des Angeklagten, sich am 12.8.2001 gegen seine damalige Ehefrau nur gewehrt zu haben, ist nämlich nicht vereinbar mit der Angabe, die Verletzungen der Nebenklägerin rührten von einem Sprung aus dem fahrenden Auto her.

...

Der Angeklagte hat zum 12.08.2001, zum 11.08.2001 (Exfrau) oder speziell zu einem anderen Tag gar nichts gesagt. Dieses Darstellung des Gerichts ist ebenso falsch wie die zugrundeliegende Vernehmung unzulämglich war.

Genauer hier:

http://www.sgipt.org/forpsy/Mollath/ipgipt/wa/MkUAPA1.htm#Vernehmungsana...

Sehr geehrter Herr Sponsel,

Herr Mollath hat zum 12.08.2001 sehr wohl etwas gesagt und zwar schon vor der jetzigen Hauptverhandlung  und recht eindeutig in der von Ihnen analysierten Aussage/Vernehmung. Ihre Einschätzung stellt m. E. eine Ent"mündigung" dar (im ganz wörtlichen Sinne)  eines erwachsenen und zur Kommunikation vollständig fähigen Menschen, der in einer "mündlichen" Hauptverhandlung vor den Augen und Ohren des Gerichts und der im Saal anwesenden Zuhörer gesprochen hat.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Angesichts der auf der Strate-Website existierenden Wortprotolle der Hauptverhandlung halte ich den Disput von Dr. Sponsel mit Prof. Müller, was Mollath dort gesagt hat, für ziemlich abwegig.

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@ #4

Streitig ist nicht, was Herr Mollath gesagt hat. Streitig ist, ob das, was Herr Mollath gesagt hat, auf einen bestimmten Tag bezogen ist.

5

Streitig ist nicht, was Herr Mollath gesagt hat. Streitig ist, ob das, was Herr Mollath gesagt hat, auf einen bestimmten Tag bezogen ist.

MT schrieb:

@ #4

Streitig ist nicht, was Herr Mollath gesagt hat. Streitig ist, ob das, was Herr Mollath gesagt hat, auf einen bestimmten Tag bezogen ist.

Ganz genau. Das hat weder das Gericht gezeigt noch Prof. Müller.

 

 

@Dr. Sponsel, Prof. Müller, MT

Was die inhaltliche Deutung der Aussagen von GM angeht, ist Prof. Müller natürlich durch sein unmittelbares Erleben der HV im Vorteil, wobei der Vorwurf gegenüber Dr. Sponsel sicher Ent"mündlichung" lauten sollte.

Aber der formale Teil der Analyse gibt Dr. Sponsel wieder recht, denn der Vorwurf zur Unfähigkeit/ dem Versäumnis von eindeutigen Quellen der Beweiserhebung trifft das Gericht zurecht. Protokoll und schriftliches Urteil müssten schon allein diese Nachvollziehbarkeit hergeben. Wir sind jetzt gerade wenige Monate nach dem Prozess. Glauben Sie Prof. Müller, dass Sie in 13 Jahren diese Streitfrage noch mit unmittelbarem Erinnern an die HV überzeugend klären könnten.

MT schreibt:

Eine Schilderung läge nur dann vor, wenn etwas ausführlich beschrieben worden wäre. Das Gericht hat daher m.E. zu Recht darauf verwiesen, dass ein Angriff nicht geschildert wurde.

Sicher ist "Schläge abgewehrt" nicht gerade abendfüllend. Dazu gäbe es mehrere Dinge zu berücksichtigen. Unter Anderem sollte man nicht vergessen, dass man von GM eine wahrheitsgemäße und unmittelbare Erinnerung zu Wahrem und/oder Gefälschtem von vor 13 Jahren erwartet.

Im Konkreten liegen Sie mit Ihrer juristischen Deutung aber daneben. Eine zu knappe Schilderung ist eben nicht "keine Schilderung", sondern eben "knapp", "zu knapp", "nicht nachvollziehbar" oder "nicht ausreichend nachvollziehbar". Die letzteren Wertungen verwenden Gerichte sonst durchaus inflationär und oft ohne nachvollziehbare Begründung ;-)

Warum nicht in diesem Fall?

Meine Hypothese als Nichtjurist:

Auch eine so kurze Einlassung bzw. Schilderung wäre zumindest ein Bestreiten. Damit würde die Anklage den Beweis der eigenen Behauptungen zu Anlass und Tathergang schulden. Eine Beweisführung durch weitere Zeugenaussage der Nebenklägerin in der HV stand aber absehbar nicht zur Verfügung. Damit hätte das Gericht die strengen Maßstäbe der Beweiswürdigung in der "Aussage gegen Aussage"-Situation auf der Anklageseite strikt anwenden müssen. Mindestens in einer Strenge wie bei GM, was kaum zum Vorteil der Nebenklägerin ausgegangen wäre.

Es war also für das Durchsetzen des KV-Vorwurfs elementar, dass qualifizierte Bestreiten von GM zu verleugnen. Vielmehr wurde sein Bestreiten dann sogar zum Eingeständnis umgedeutet, dass die Verletzungen aus dem Streit herrühren. Deshalb auch die kaum nachvollziehbare gerichtliche Wertung zur Unvereinbarkeit der Verteidigungsstrategien (Auto vs. Streit). Damit schaffte das Gericht sehr kreativ eine Beweissituation, die eine strenge und mindestens gleichwertige Prüfung der Glaubhaftigkeit der Behauptungen beider Seiten entbehrlich machte.

Ich mag Kreatives. Ich mag aber nicht die Kreativität von Schreibtischtätern. Sie ist so nutzlos wie gefährlich.

Grillen Sie mich, aber bitte tun Sie es nachvollziehbar!

Herzliche Grüsse

Lutz Lippke

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Offene Fragen

Sehr geehrter Herr Prof. Müller,

von der letzten Seite sind noch ein paar Fragen offen (kriminologisch und rechtlich). Falls Sie bei Gelegenheit mal darauf eingehen, wäre das nett:

Kriminologisch: Komplott-Hypothese Materialien - Beziehungsmatrix

Rechtlich: Hätte das schriftlich ausgeteilte GA Nedopils nicht nach dem mündlichen überarbeitet werden müssen?

(Danke)

 

Ich kann Herrn Sponsel in seinen Einwänden gegen die Befragung auch nicht folgen. Das spielt für mich aber schon deshalb keine Rolle, weil ich der Ansicht bin, dass Herr Mollath sich mit seiner Aussage weder verschlechtert noch verbessert hat. Hätte er geschwiegen, wäre es halt immer noch bei den Schreiben und früheren Einlassungen zu "ich habe mich nur gewehrt" geblieben. Es gibt keinen Grund für die Annahme, dass die Kammer sie dann anders bewertet hätte.

Sehr geehrter Herr Sponsel,

ich kenne keine kriminologische Forschung zu Komplott-Hypothesen. Da Komplotte in jedem Einzelfall anders ablaufen, halte ich es - auf den konkreten Fall bezogen - auch eher für eine kriminalistische Fragestellung, inwieweit Komplotte (also etwa in Form der Absprache von Zeugen bzw. Justizangehörigen untereinander) einen Prozess und dessen Ergebnis beeinflusst haben  oder nicht. Ich habe mich vor Jahren einmal aus strafprozessrechtlicher Sicht mit der quantitativen Erfassung von Indizien befasst, bin aber eher zum Ergebnis gekommen, dass man damit nicht sehr viel weiterkommt. Der Aufsatz heißt "Mathematik in der strafprozessualen Beweiswürdigung" (FS für Rolinski, 2002, S. 219 ff.). Dort habe ich mich aber auch nicht ausdrücklich mit Komplotthypothesen befasst.

Sachverständigengutachten werden dem Mündlichkeitsgebot entsprechend mündlich erstattet. Zwar liegen sie meist auch schriftlich vor, bei Abweichungen zählt aber das, was in der Hauptverhandlung gesagt wurde. Ihr Vorschlag, bei Abweichungen solle auch das schriftliche Gutachten angepasst werden, ist sicher sinnvoll, ist aber rechtlich de lege lata  nicht vorgesehen. Ebenso wie bei der Protokollierung/Aufzeichnung der Hauptverhandlung besteht hier auch aus meiner Sicht ein Desiderat an die Gesetzgebung.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

Relevant ist nicht nur das "objektiv Falsche", sondern auch die Fähigkeit, sich bei (gut begründbaren und auch begründeten) Einwänden zu distanzieren. Wir müssen noch gar nicht mit Diagnosen herumwerfen, umgangssprachlich würde man von einem Sich-Verrennen sprechen. Das wiederum zeichnet die Mollath-Debatte insgesamt aus, so dass allein daher ein evtl. Krankheitswert ausgeschlossen werden kann. Außerdem wollen wir doch nicht schlechten Vorbildern folgen ...
 

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Lutz Lippke schrieb:

Die Definition Glaubhaftigkeit = Widerspruchsfreiheit (der Aussage) + Konstanz wäre also entweder ungenügend oder vom Gericht falsch angewandt worden.

Dass diese Definition vor allem durch den Klammerzusatz ungenügend ist, läßt sich leicht feststellen.

Wenn ich irgendeine Verletzung habe und einfach nur behaupte "LL hat mich geschlagen." - Wäre die Aussage dann schon deshalb glaubhaft, nur weil ich bei dieser Aussage bleibe? Denn wenn ich keine genaueren Angaben mache, wird diese Aussage natürlich auch in sich widerspruchsfrei bleiben.

Widerspruchsfreiheit darf zumindest nicht auf die Aussage beschränkt bleiben, sondern muss sich auch auf andere Fakten zu Täter beziehen. Wenn ich behaupte "LL hat mich geschlagen", es steht aber fest, dass sich LL und ich zur Tatzeit 200 km voneinander entfernt befunden haben, dann besteht ein erheblicher Widerspruch, der meine Aussage unglaubhaft macht.

Auch im Fall GM gibt es so einen Widerspruch, wenn auch nicht ganz so deutlich:

Quote:
2.b) Zudem findet sich in der Reaktion des Angeklagten im Schreiben vom 9.8.2002 auf die Übersendung des Attests keinerlei Hinweis darauf, dass sich der Angeklagte nur gewehrt hätte.

Ich hab da den Sachverhalt nicht komplett im Kopf, deshalb löse ich mich etwas vom Fall und vereinfache:
Jemand bekommt ein Attest zur Kenntnis, wonach er eine Frau geschlagen haben soll. Er schreibt eine Reaktion, sagt aber mit keinem Wort, dass er sich nur gewehrt hat und der Angriff von der Frau ausgegangen war.
Jahre später, als diese Tat vor Gericht verhandelt wird, spricht er nun erstmals von Notwehr und dem Angriff der Frau.
Unabhängig vom Fall GM wird man sich doch schwertun, eine Erklärung dafür zu finden, wieso damals noch keine Rede von einer Notwehr war, jetzt aber schon. Das wirkt dann doch sehr wie eine Ausrede oder Schutzbehauptung.

Und auch sowas fällt in den Bereich "Widerspruchsfreiheit" - nicht der Aussage, aber des Gesamtverhaltens. Es kann im Einzelfall sicherlich gute Gründe geben, wieso derjenige damals nix zu gesagt hat (liebte die Frau noch und wollte sie schützen; hat sich geschämt dass ihn ne Frau verhauen hat; etc.). Aber das muss er dann auch erklären, um diesen Widerspruch aufzulösen.

Und GM hat diesen Widerspruch in seinem Fall nicht aufgelöst, zumindest nicht im Prozess. Deshalb kann das Gericht auch die Tatsache, dass GM zeitnah zum Vorfall noch nicht von Notwehr gesprochen hat, als widersprüchliches Verhalten erkennen und als einen der Gründe nehmen, weswegen es seine Aussage bezüglich der Notwehr nicht glaubt.
 

Quote:
Das Gericht behauptet zwar, dass GM keinen Angriff seiner Frau geschildert hätte, was so aber nicht stimmt. GM berief sich auf Abwehrhandlungen, was ja die Schilderung eines Angriffs seiner Frau impliziert, wenn es denn eine körperliche Auseinandersetzung gegeben hatte.

Einen Vorfall zu implizieren ist etwas anderes, als ihn zu schildern.

Quote:
Das Gericht wertete weiter zur Abwehr, das Verletzungsbild mache wegen der Vielzahl der Verletzungen und der körperlichen Überlegenheit von GM eine Abwehr fernliegend (S.67). Damit widerspricht sich das Gericht selbst zur Einschätzung, dass die Ausführungen des Rechtsmediziners nachvollziehbar waren. Denn dieser hatte lt. Gericht den Ausschluss von Notwehr aus dem Verletzungsbild als nicht möglich erklärt (S.66). Daraus ergeben sich 2 Möglichkeiten. Entweder widerspricht das Gericht aus unerklärten Gründen doch der Feststellung des Rechtsmediziners zum Verletzungsbild und deren Nachvollziehbarkeit oder das Gericht bezog sich in der Wertung nicht wie dargestellt auf das Verletzungsbild, sondern auf andere Umstände.

Ja, es werden andere Umstände herangezogen. Geht auch nicht anders.
GM hat seine Frau geschlagen. (Soweit ich sehe, hält der Rechtsmediziner den Sturz aus dem Auto nicht als alleinige Ursache für die Verletzungen für möglich, deshalb nehme ich das als gegeben hin.)

GM sagte: "Es war Notwehr". Das Gericht muss jetzt entscheiden, ob es diese Aussage glaubt. Es fragt also den Mediziner, ob diese Aussage überhaupt richtig sein kann.

Ganz wichtig: Der Mediziner entscheidet gar nichts! Er gibt dem Gericht ein Gutachten über die Verletzungen und kann dann auf Frage des Gerichts nach den möglichen und unmöglichen Ursachen etwas sagen. Und dieses Gutachten wird dann vom Gericht (neben den Aussagen von GM und Zeugen etc.) in der "Gesamtschau" herangezogen, um zu beurteilen, wie sich nach Ansicht des Gerichts der Sachverhalt abgespielt hat. Der Rechtsmediziner als Experte wird befragt und sagt, dass er weder Notwehr noch Misshandlung ausschließen kann. Das bedeutet, dass er das Gericht in der Hinsicht nicht weiterbringt. Das bedeutet aber nicht, dass das Gericht jetzt "in dubio pro reo" entscheiden muss. Sondern das Gericht sieht sich das Gesamtbild (Verletzungsbild, Zeugenaussagen etc.) und kommt dann zu dieser Entscheidung:

Quote:
Schließlich erscheint die Äußerung des Angeklagten, er habe sich gegen seine Ehefrau nur gewehrt, angesichts des erheblichen und komplexen Verletzungsbildes mit einer Vielzahl von Verletzungen an verschiedenen Körperstellen und der körperlichen Überlegenheit des Angeklagten gegenüber seiner Frau, die der Zeuge R als sehr dünn und kläglich aussehend geschildert hat, fernliegend.

Hier müssen Sie genau lesen: Das Gericht sagt "fernliegend", nicht unmöglich. Der Rechtsmediziner hat weder Misshandlung noch Notwehr ausgeschlossen. Das Gericht hält im Gesamtbild die Misshandlung für deutlich wahrscheinlicher als Notwehr. So viel wahrscheinlicher, dass nicht einmal genug Zweifel für eine "in dubio"-Anwendung bleiben.

Ein Widerspruch würde nur vorliegen, wenn der Rechtsmediziner eine Sachverhaltsmöglichkeit ausgeschlossen hätte und das Gericht diese dann trotzdem angenommen hätte.

Quote:
I.S. schreibt: "M hat F geschlagen. Vor Gericht behauptet M dann aber, sich nur gewehrt zu haben. Details wie der Angriff abgelaufen ist, wie M sich genau verteidigt hat, wieso die körperlich unterlegene F ihn angegriffen hat - zu all dem will er nichts sagen."

Woher wissen Sie das alles?

Weil es eine fiktive Verallgemeinerung war, wie ich im Absatz vorher geschrieben hab:
"Wenn man sich das mal völlig losgelöst vom Fall GM betrachtet ..."

 

Quote:
Einer üblichen Denklogik "Wenn A und B, dann gilt C" entzieht sich damit das Urteil.

Das liegt im Bereich des Gutachtens des Rechtsmediziners allerdings daran, dass er sagt: A und B liegt vor, deshalb ist C oder D möglich. Und das Gericht sagt daraufhin: Weil A vorliegt und ausserdem noch E (was nicht in den Bereich Rechtsmedizin fällt und deshalb nicht Teil des Gutachtens war), ist D fernliegend und wir gehen von C aus.

Es ist normal, dass ein Gericht wegen der sich widersprechenden Aussagen der Beteiligten keinen Sachverhalt bestimmen kann, den alle bestätigen, sondern dass es den annimmt, den es für den wahrscheinlichsten hält.

Die Einlassung des Angeklagten spricht - so wörtlich auf Seite 55 UA - für die Glaubhaftigkeit der Angaben der Nebenklägerin, neben seinen Schreiben vom 24.9.2003 und 9.8.2002, Zeitnähe, Konstanz und rechtsmedizinischer Nachvollziehbarkeit. Die Betonung liegt auf "spricht für". Auch bei der Konstanzprüfung und der Verwertung des rechtsmedizinischen Gutachtens fällt auf, dass nur die Rosinen dafür herausgepickt wurden. Dazu nur ein Beispiel auf Seite 51 der Urteilsausfertigung:

Weiter hat der Sachverständige einleuchtend erklärt, dass eine Wunde mit Abdruck von Ober- und Unterkiefer rechtsmedizinisch einem Biss zuordenbar sei.
Auch der Umstand, dass von der von der Nebenklägerin gegenüber den Zeugen beschriebenen Narbe nach Angabe der Zeugen Maske und Simbek heute nur noch Reste zu sehen sind/ ist nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Eisenmenger aus rechtsmedizinischer Hinsicht kein ungewöhnlicher Vorgang, da Narben im Laufe der Zeit schrumpften. und kleiner würden, veröden und depigmentieren würden. Auch ist in der Schilderung eines kreisförmigen Hämatoms durch den Zeugen Reichel kein Widerspruch zu einer Bisswunde zu sehen. Bisswunden sind nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen zwar in der Regel längsoval und ca. 4,5 x 2,5 an. Setzte man kreisförmig mit rundoval gleich, ergebe sich daher kein Widerspruch.

Die Kammer setzt sich aber nicht mit den vielen Einwänden von Wenn und Aber des Sachverständigen. So kommt die Gleichsetzung von kreisförmig mit rundoval nach den Ausführungen des Sachverständigen nur dann in Betracht, wenn man die Schlampigkeit des Attest mit berücksichtigt. Auf Seite 14 der Mitschrift (10. Verhandlungstag) heißt es dazu auch: 

Zwei Ausnahmen gibt es, wo man sagen kann, das lässt sich keinesfalls medizinisch erklären. Das ist eine Narbenbildung aufgrund einer Bissverletzung, die nicht geblutet haben soll. Ausschließbar sind auch ...

Ist das auch ein Problem der "Verhandlungswidrigkeit" (siehe A. Hirsch Seite 1 Nr.7)? Oder kann man dem mit den ergänzenden Forderungen an das Gebot einer optimalen Aufklärung des Sachverhalts aus BGH NStZ-RR 1998, 16 begegnen?

@WR Kolos

 

Einen Verstoß gegen das Gebot bestmöglicher Sachaufklärung sehe ich in der von Ihnen monierten fehlenden Auseinandersetzung mit den Einwänden des Sachverständigen nun gar nicht. Aber auch das Problem der "Verhandlungswidrigkeit" sehe ich nicht. Es wird ja nichts behauptet, was den Ergebnissen der Hauptverhandlung widerspricht, sondern die Beweise werden nur anders gewürdigt, als Sie es für richtig halten. Natürlich sind gerichtliche Beweiswürdigungen ganz oft empörend für Verurteilte, weil sie die Beweiswürdigung - aus ihrer Perspektive sicher häufig zu Recht - als einseitig belastende Rosinenpickerei wahrnehmen. Allerdings gebe ich zu bedenken, dass sich für einen Angeklagten im Grunde jede Beweiswürdigung, die nicht in seinem Sinne ist, als Rosinenpickerei anfühlen muss. Und das ist vielleicht auch der Grund dafür, dass die Beweiswürdigung kaum revisibel ist, wenn sie in sich schlüssig ist. Unbefriedigend in diesem Bereich ist für mich, und insoweit habe ich Verständnis für Ihre Position, dass die Grenzen von einer dem Angeklagten bloß nicht genehmen Beweiswürdigung hin zum Verdrehen, Verbiegen und Lügen doch sehr fließend und damit nur schwer auszumachen sind. 

 

4

Längsoval oder kreisförmig - egal. Kreisförmig oder ringförmig (Bisswunde) - ebenfalls wurscht. Eine Narbe ohne vorherige offene Wunde, ein Hämatom entwickelt sich zur Narbe - jesusgleiche medizinische Wunder werden akzeptiert. Was nicht passt, wird passend gemacht.

Wenn solches Kuddelmuddel an Begriffen und deren munteres, absichtsvolles Verwechseln sowie das Postulieren biologischer Unmöglichkeiten durch die Rechtsprechung publik wird, ist es kein Wunder, dass manche Menschen solche Sprachverdrehungspraktiker gleich zu Rechtsverdrehern machen.

Und sollten derarteige Fehler in der Beweiswürdigung vom BGH akzeptiert werden, so kann ich das sogar verstehen.

@all

Ich nehme wahr, dass hier Welten aufeinanderprallen. Es steht wissenschaftliche Methodik und umfassende Genauigkeit gegen meinungsgetriebene Beliebigkeit und dogmatischen Basta-Fatalismus.

Sicher ist es nicht leicht und unmittelbar fehlerfrei möglich, insbesondere für Nichtjuristen und Zaungäste des Verfahrens, ALLGEMEINGÜLTIGE STANDARDS einer objektiven und überprüfbaren Arbeitsweise auf den Fall und das Juristische im Allgemeinen anzuwenden. Denn die Justiz entzieht sich offensichtlich einer solchen Genauigkeit und Überprüfbarkeit. Probleme und Folgen daraus sind auch einigen Juristen bewusst und unangenehm, aber es bleibt in der Konsequenz beim Bedauern, Hinnehmen und Hoffen auf kleine Verbesserungen. Am Ende wird von vielen Juristen häufig auf die dogmatischen Festlegungen der Justizobrigkeit verwiesen und das Gegebene als Ewigwährendes bis zum neuen Dekret dargestellt. Dabei funktioniert die Weiterentwicklung der Rechtsprechung nur auf Grundlage des Widerstands und der Infragestellung innerhalb des juristischen Systems. In der Justiz wird systematisch die Grundordnung missachtet, der Fall Mollath ist ein beredtes Beispiel dafür. Das gilt unabhängig davon, ob man ihm in der Sache selbst etwas unterstellen möchte oder nicht. Die Justiz ist faktisch nicht befähigt, solche Verfahren durchzuführen. Sie ist für sich selbst nicht in der Lage, Wahrheit und Fiktion zu trennen, geschweige denn dies in Verfahren zu leisten. Es gibt für viele systematische Mängel in der Justiz keine logische Begründung, allenfalls die absichtliche Inkaufnahme der Mängel selbst. Das Hoffen auf kleine Schritte der Verbesserung ist damit Illusion oder bewusst gezündete Nebelkerze, damit es bleibt wie es schon immer war. Es gibt ein Widerstandsrecht als Grundrecht. Vor allem aber gibt es eine Pflicht als Bürger solche Zustände nicht zu decken oder zu verharmlosen.

Ich vermute, dass alle Lebensbereiche, die nicht unmittelbar der Machtausübung dienen, in ihrem Entwicklungsstand der Justiz um Jahrzehnte voraus sind. Wir diskutieren hier teilweise über und im Duktus der McCarthy-Zeit, der Rassentrennung und Menschenversuche. Wie kann man als heute normal lebender Jurist diesen Spagat aushalten? Wie kann man als unbedarfte Prozesspartei diese Parallelwelt verstehen und sich daran anpassen?      

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@ #6

Konzentrieren wir uns auf dass, was das Gericht schreibt. Setzt man die allgemeingültige Definition des Dudens in den vorliegenden Satz ein, liest man folgendes:

Quote:

Desweiteren erschöpft sich die dahingehende Einlassung des Angeklagten darauf, dass er pauschal angegeben hat, er habe nur Schläge abgewehrt. Die Einlassung des Angeklagten beinhaltet jedoch weder die ausführliche Beschreibung eines Angriffs der Nebenklägerin, ...

Daraus wird unmittelbar klar, dass Ihre Behauptung, dass Gericht habe an dieser Stelle das Vorliegen eines Angriffs verleugnet, schlicht und ergreifend falsch ist. Im Übrigen hat der Duden nichts mit Jura zu tun.

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@ Foto biene

Wo sehen Sie eine Unterstellung. Ich schätze die Leistung und das Engsgement von Prof. Müller, danke ihm für viele Einsichten, Hinweise und Antworten. Dass ich in letzter Konsequenz nicht in allem mit seinen Einschätzungen einverstanden bin, kann Prof. Müller glaube ich hinnehmen und auch verstehen.

Soweit Sie die "Welten" ansprechen, ist es hier bereits mehrfach deutlich von Juristen benannt worden, dass sich das Juristische der Genauigkeit entzieht, die in der Naturwissenschaft Standard ist. Uneinigkeit herrscht wohl höchstens darüber, ob dies in der Natur der Sache oder fehlendem Willen liegt. Hierzu vertrete ich sicherlich nicht die Mehrheitsmeinung, aber die Minderheit ist keineswegs klein und es zählen auch renommierte Juristen dazu. Wenn Sie offen für einen anderen Blick sind, werden Sie schnell fündig. Ansonsten geht es hier um Meinungsfreiheit und deren Kontrolle. Sie sprechen an, dass es keine Basis für die Behauptungen in meinem Kommentars gibt. Wenn substanziell kritische Kommentare gelöscht werden, geht damit schon ein Teil dieser Basis verloren. Abgesehen davon, fehlt es in der Tat an einer soliden Datenbasis für die Behauptung einer grundrechtskonformen Justiz. Denn diese realisiert sich nicht durch die Gesetze und Verfahrensordnungen, sondern durch deren grundrechtskonforme Anwendung. Dies müsste evaluiert und kontrolliert werden. Wird das evaluiert und kontrolliert? Können Sie mir die Quellen des Qualitätsmanagements nennen? Wer hat hier eigentlich Darlegungspflichten?

Die letzte mir bekannte Quelle zum Strafrecht ist Karl Peters mit Offenbarungen für all die vielen Beschwichtiger, die wie Sie jegliche Basis und detaillierten Darlegungen für die allgemein bekannten Mängel vermissten.

Prof. Müller leistet nach meiner Ansicht Pionierarbeit bei der Wiederentdeckung der Evaluation der Justiz. Vielleicht bin ich ungeduldig und mitunter auch ungerecht. Aber die Notwendigkeit eines "modernen Peters" liegt auf der Hand. Die Beschwichtiger sind alle noch und wieder da.

Sie werfen mir auch Pauschalierung vor? Das ist seltsam, da ich meine allgemeine Wahrnehmung dargestellt hatte. Ihr Vorwurf hat wohl eher den Grund, dass Sie meine Wahrnehmung, meine Meinung grundsätzlich nicht mögen. Da macht es keinen Sinn in die Details zu gehen.

Bienen haben sowieso eine ganz andere Wahrnehmung und Denkweise als ich. Vielleicht liegt es auch daran.
 

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Lutz Lippke schrieb:

Soweit Sie die "Welten" ansprechen, ist es hier bereits mehrfach deutlich von Juristen benannt worden, dass sich das Juristische der Genauigkeit entzieht, die in der Naturwissenschaft Standard ist. Uneinigkeit herrscht wohl höchstens darüber, ob dies in der Natur der Sache oder fehlendem Willen liegt.

Anzunehmen, dass zwischen Natur der Sache und fehlendem Willen eine "entweder ... oder"-Beziehung besteht, halte ich für falsch.

Es liegt immer erstmal in der Natur der Sache. Juristische Sachverhalte werden üblicherweise von Personen geschildert. Selbst mit Geräten wie Lügendetektoren würden Sie niemals sicher sein können, welche Aussagen stimmen. (Und das liegt nicht einmal an der Ungenauigkeit dieser Geräte.)

Es ist nämlich nicht einmal immer böser Wille im Spiel. Menschen haben unterschiedliche Wahrnehmung, die Erinnerung im Gehirn sind keine unveränderlich abgespeicherten und problemlos wieder aufrufbare Daten. Durch spätere Erkenntnise (beispielsweise Berichte über den Vorfall), kann es passieren, dass Zeugen davon überzeugt sind, dass sich ein Vorfall in bestimmter Art und Weise abgespielt haben muss und schildern das dann als ihre Wahrnehmung. (Sehen Sie beispielsweise mal in der Suchmaschine Ihres geringsten Misstrauens nach dem Stichwort "Knallzeuge".)

 

Natürlich funktioniert auch bei Juristen "Wenn A dann B". Das Problem ist aber, dass in Naturwissenschaften A irgendwann durch Experimente und Forschungen belegt, widerlegt oder festgelegt werden kann - selbst wenn in manchen Fragen unsere Technik noch nicht weit genug dafür ist, irgendwann wirds gehen.

Wenn aber mehrere Personen unterschiedliche Wahrnehmungen haben, wie A ausgesehen hat (oder ihrer Meinung nach haben muss), dann ist A niemals exakt bestimmbar. Es bleibt also nur, aus den Aussagen das wahrscheinlichste A zu bestimmen und das anzunehmen.

Und bis hierhin ist noch nicht einmal berücksichtigt, dass nicht jede gegenüber dem Gericht gemachte Darstellung von A auch der Wahrnehmung der Zeugen bzw. Parteien entspricht, sondern dass vor Gericht auch absichtlich gelogen werden kann. Das erschwert die Sache natürlich noch zusätzlich.

Jetzt allerdings, bei der Bestimmung des wahrscheinlichsten A kann ZUSÄTZLICH zum "Natur der Sache"-Grund auch noch fehlender Wille treten. (Beispiel: Viele Gerichte sehen beim einer Differenz zwischen der Aussage von Polizisten und Zivilbevölkerung die Aussagen der Polizei ohne größere Prüfung immer als wahr an.)

@ A. Hirsch

Ich habe schon so etwas geahnt, dass es schwierig sein dürfte, das Weglassen der Vorbehalte des Sachverständigen revisionsrechtlich zu überprüfen. Es war nur die Hoffnung, dass Sie vielleicht dafür eine geniale Idee hätten :-) Doch im Grunde muss man ja auch kein Rechtsmediziner sein, um begründete Zweifel daran zu haben, dass ein Abdruck von Ober- und Unterkiefer - wie im Attest und in den Urteilsgründen festgestellt - eine Narbenbildung habe verursachen können. 

Die Beurteilung der Aussage als in sich widerspruchsfrei und überzeugend reicht nicht aus, wenn sich die gerichtliche Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten allein auf die Aussage einer einzigen Belastungszeugin stützt. Eine lückenlose Gesamtwürdigung ist dann von besonderer Bedeutung (vgl. BGHR StPO § 261 Indizien 1, 2; StV 1996, 582; 1997, 513; NStZ-RR 1998, 16, NJW 2003, 2250). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass der Tatrichter alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 1, 13; § 267 Abs. 1 Satz 1 Beweisergebnis 8; BGHR StGB § 176 Abs. 1 Beweiswürdigung 3 m.w.N.). Dem gerecht zu werden tendiert gegen Null, wenn Gericht, Anklagevertretung, Verteidigung und der gerichtsmedizinische Sachverständige keine Möglichkeit hatten, Fragen an die Belastungszeugin zu stellen.

"Ein guter Jurist kann alles in jede Richtung schreiben"

Das wurde im deligbusblog von O. Garcia zitiert*, wobei das Zitat einen kleinen Schönheitsfehler hat, wie die folgende Hinführung zeigt:

Quote:

"Die neue Hauptverhandlung hatte noch nicht begonnen, als die SPIEGEL-Journalistin Beate Lakotta einen längeren Vorabbericht brachte. Darin war ein Zitat zu lesen, das mich stutzen ließ:

Quote:

Der zuständige Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl beschrieb seine Lage vor dem Ausschuss so: “Mein Auftrag war: Führe ein Wiederaufnahmeverfahren zugunsten Gustl Mollaths.” Nur: Wo nimmt man einen Wiederaufnahmegrund her? Eine undankbare Aufgabe, aber nicht unlösbar: “Ein guter Jurist kann alles in jede Richtung schreiben”, sagte Meindl vor dem Ausschuss. “Sie können Unschuldige hinter Gitter bringen, einen Schuldigen freisprechen.”

Ist das jemals bestätigt worden? Findet sich das Zitat etwa in den Protokollen des Untersuchungsausschusses des bayerischen Landtags? Können die eingesehen werden?

*

http://blog.delegibus.com/2014/08/11/fall-mollath-alles-verloren/

Ein Hinweis, der für die Einschätzung der Glaubwürdigkeit der Hauptbelastungszeugin relevant sein dürfte. Ich bin mir bewusst, dass ich damit ziemlich spät komme. Aber das hat gute Gründe.

Die Hauptbelastungszeugin und Nebenklägerin soll laut Ermittlungsvorgang zu dem Tatvorwurf Sachbeschädigungen am 4.2.2005, 11:07 bis 11:40 Uhr, zu den Videoaufnahmen vernommen worden sein, die am 1.2.2005 am Anwesen Greger entstanden waren. Am gleichen Tag fand übrigens ab 9:50 Uhr eine Hausdurchsuchung bei Mollath statt, wohlgemerkt – falls der oben genannte Vernehmungszeitpunkt stimmen sollte -  noch bevor die Hauptbelastungszeugin das Video gesehen hatte und sich dazu äußern konnte.

Zu Beginn dieser angeblichen Vernehmung am 4.2.2005, 11:07 bis 11:40 Uhr, soll  ausweislich der Niederschrift über diese Zeugenvernehmung u.a. auf die Sachbeschädigungen bei Zimmermann hingewiesen worden sein (Blatt 112 Ermittlungsakte Sachbeschädigungen).

Betrachtet man sich nun die insoweit stimmigen Aussagen von Maske, Grötsch und Zimmermann ergibt sich folgendes: Maske hat seinen Freund Zimmermann angerufen, bei dieser Gelegenheit von dessen Sachbeschädigungen am 31.1./1.2.2005 erfahren und Zimmermann den Zusammenhang mit Mollath nahegelegt. Daraufhin rief Zimmermann bei POK Grötsch an, um diesen über den mutmaßlichen Zusammenhang mit Mollath in Kenntnis zu setzen. Anschließend fordert Grötsch Zimmermann schriftlich zu einer schriftlichen Zeugenäußerung auf. So weit, so gut.

Der Zeuge Zimmermann erwähnt nun mehrfach, dass Maskes Anruf und sein, Zimmermanns,  anschließender Anruf bei POK Grötsch „Wochen später“ erfolgt seien. Erst danach habe sich die Polizei an den Sachbeschädigungen vom 31.1./1.2.2005 sehr interessiert gezeigt.
Zimmermanns mehrfach wiederholte Aussage („Wochen später“) werden von dem Datum gestützt, an dem er seine schriftliche Äußerung als Zeuge unterschrieben hat (20.3.2005, also knapp 7 Wochen nach den Sachbeschädigungen und der erstmaligen Anzeige gegen Unbekannt bei der Streifenpolizei). Allerdings widerspricht dem die polizeiliche Aktendokumentation; denn ausweislich eines Posteingangsstempels soll Zimmermanns Zeugenäußerung bereits am 28.2.2005 bei POK Grötsch eingegangen sein, nachdem er ihn bereits am „09.02.2005“ zur Abgabe einer schriftlichen Äußerung aufgefordert haben will.  

An dieser Stelle will ich es mal bei den mitgeteilten Fakten und dem Hinweis belassen, dass eine – die m.E. wahrscheinlichere – Auflösung des dargestellten Widerspruchs bedeuten würde, dass Grötsch am 1.2.2005, 11:07 Uhr, noch nicht über die Sachbeschädigungen bei Zimmermann und noch weniger über den mutmaßlichen Zusammenhang mit Mollath informiert gewesen sein kann. Woraus ferner folgen würde, dass – neutral formuliert – mit der eingangs erwähnten Niederschrift über die Zeugenvernehmung der Hauptbelastungszeugin zu den Videoaufnahmen etwas nicht stimmen kann. Die bürotechnisch perfekte maschinenschriftliche Niederschrift wurde übrigens von Grötsch und der Zeugin unterschrieben. Gegebenenfalls wäre die Glaubwürdigkeit der Hauptbelastungszeugin in einem nochmals anderen Licht zu sehen.

Zu Ihrer Information: Frau Gabriele Wolff („Wolff-Blog“) und Herr Dr. Strate teilen meine Bedenken nicht. Den Zeugen Zimmermann bezeichnet Frau Wolff u.a. als „problematisch“. Herr Dr. Strate verweist auf die polizeiliche Aktendokumentation. Auf das Datum, 20.3.2005, das Zimmermann zwar undeutlich, aber nachvollziehbar neben seine Unterschrift auf der schriftlichen Zeugenäußerung geschrieben hat, gingen Frau Wolff und Herr Dr. Strate bis dato nicht ein. Frau Wolff hat den Disput (mit meiner Billigung) beendet.

Mit guten Argumenten lasse ich mich in dieser Runde gerne von der Abwegigkeit meiner Bedenken überzeugen.

P.S.
Sehr geehrter Herr Prof. Müller, ich bin gerne bereit, Ihnen die zur Prüfung meiner Angaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen (PDF-Dokumente).

Folgt man Max Mustermann, muss man sich, in der grob vereinfachenden Sprache Max Mustermanns, ja echt fragen, wozu man für die WAV überhaupt mehr als zwei oder drei Tage angesetzt hat.

Wär doch dann echt schneller gegangen oder?

"GM, schildern Sie diesesmal was zur Situation?
Wieso haben Sie sich gewehrt,
Wogegen und wie?"

"Nein, ich sag nix."

"Gut, dann wars wohl keine Notwehr, wir haben hier ein Attest, das bestätigt, da gabs Verletzungen, wenn Sie JETZT keine anderweitige Erklärung abliefern, dann waren logischerweise Sie der Täter, außer Sie wüßten jemanden, der Ihrer damaligen Frau diese Verletzungen zugefügt hat."

Fäddisch wärs gewesen, oder?

Aber nein, man macht eine wochenlange Veranstaltung daraus.

Warum eigentlich?

Wozu und wofür?

Dass GM evtl „etwas „ irrtitert gwesen sein könnte, dass nun doch von Anfang an ein Psychiater dabei sitzt, könnte u.U. damit zusammenhängen, dass Dr. Strate schon Monate vorher abgekündigt hatte, soweit werde es sicherlich nicht kommen, aber seis drum.

Max Mustermann hätte man ja, so wie er das darstellt, recht leicht zufrieden stellen können.

Hätte man, wenn man schon ein derartig aufwendiges und vielbeachtetes WAV veranstaltet, auch noch Lieschen Müller zufrieden stellen wollen, hätte man ja durchaus nicht nur die Reifen und den rechtsmedizinischen Hintergrund der Verletzungen / des Attestes, der dazu sehr mannigfaltigen Aussagen seitens der Geschädigten, ihrer Bekannten etc.) intensiv durch Sach-Verständige untersuchen lassen können, sondern auch die technische Genese des Attestes als solche.

Wäre ECHT nahegelegen, vor allem in diesem Fall. (ich flüster grad nochmal unechte Urkunde= Wiederaufnahmegrund........ jaaaa ich weiß, is schon ewig her und so..........)

Früher hätte man gesagt, nääää, kann so nid jewesen seiiin, Typenbild der Schreibmaschine, Farbband anderer Ton, heute hätte man gesagt, hmmmmmm, Datei-endungen sind aber seltsam (wie ja auch von Strate angemerkt)

Man hätte es untersuchen können, sollen und auch müssen, GERADE bei der Beweislage, bei der superdünnen.

Hat man nicht.

Vielleicht weil dabei rausgekommen wäre, blöd aber auch, noch nicht mal technisch kann man sicher nachweisen, dass das Attest da und da TATSÄCHLICH genau SO ausgestellt wurde.

Wär am Ende ein echt begründeter Zweifel übrig geblieben.

Selbst wenn, um da mal gleich irgendwelchen begeisterten VT-Fans das Argumentationswasser abzugraben, gar nix gefummelt wurde.

Oder "nur" gefummelt wurde, wie von der Verteidigung in den Raum gestellt, um ein Attest für die Kur und eins für vielleicht mal den zukünfitigen Ex Gatten unter die Nase halten zu können in der Hand zu haben, es aber t a t s ä c h l i c h irgendwas zu attestierendes gab.

Nein, man hat nicht näher drauf geguckt, weil ???? (Neuland???) , so schaut das aus.

Find ich voll neben der Zeit, ganz im Ernst.

Und macht nix, aber auch gar nix, an dem Ganzen auch nur einen Deut glaubwürdiger als seinerzeit.

Beim ersten Urteil, meine ich.

I.d.S.
f&f

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Ja, es geht um die Beweiswürdigung.

Wie ist das mit der Aussage des Zeugen Braun, der vereidigt worden ist. - Wiegt diese Aussage mehr als die Aussage der anderen Zeugen? Früher war das zumindest mal so. Wenn es heute nicht mehr der Fall sein sollte, dann würde ich gerne wissen warum ihn die Beklagtenseite vereidigen ließ.

Das Gericht stützt sich zur Untermauerung der gefährlichen KV auf die (teils nur schriftlich vorliegenden) Aussagen der Exfrau, der Sprechstundenhilfe, des neuen Ehemanns und des Arztes:

- Die Exfrau hätte zum Zeitpunkt der körperlichen Auseinandersetzung kein Motiv gehabt für eine Falschbeschuldigung und wäre deshalb glaubwürdig. - Wie ich jetzt im Buch von Dr. Strate gelesen habe, hat die Exfrau die Thematik "Unterhaltszahlungen und Scheidung" aber sogar der Frau Dr. Krach gegenüber angeschnitten, was dem Gericht nicht entgangen sein dürfte. Eine Frau, die im Monat 7.000,-- € brutto verdient, die über eine Million aus einer Erbschaft verfügt, die sicherlich Ersparnisse hatte und außerdem das Haus des Gatten mit einem 6-stelligen Betrag zu ihren Gunsten belastet hatte, soll also kein Motiv gehabt haben sich anstehender Unterhaltszahlungen via Unzumutbarkeit durch einen Angriff auf Leib und Leben zu entledigen.

Der Dr. Reichel sei wiederum besonders glaubwürdig weil er P3M am Untersuchungstag zum ersten Mal in seinem Leben gesehen habe. - Dr. Reichel äußert sich aber, gut hörbar für alle Beteiligten, dahingehend dass P3M ja schon immer mager gewesen sei, aber am Untersuchungstag war sie eben noch magerer.

Die Sprechstundenhilfe und Schwägerin von P3M tritt im WAV, im Gegensatz zum ersten Verfahren, überraschenderweise als weitere mittelbare Zeugin (zusätzlich zu Dr. Reichel) für die gefährliche KV auf den Plan, indem sie über eine Wundenbesichtigung in einer Eisdiele in der Mittagspause der beiden Damen berichtet. - Dem steht die Tatsache gegenüber, dass Dr. Reichel in seinen Unterlagen vermerkt hat, die Untersuchung habe um 11.xx Uhr stattgefunden, also auf jeden Fall vor jeder in Deutschland üblichen Mittagspause.

Der neue Ehemann von P3M soll laut Gericht eine Narbe gesehen haben, die er aber laut eigenen Aussagen eben gerade nicht gesehen hat.

Das Attest selbst spottet in Bezug auf Orthographie und medizinischer Qualität jeder Beschreibung. Weder steht darüber für welchen Zweck und zur Vorlage bei wem es ausgestellt worden ist, noch werden medizinische Begriffe richtig verwendet, unter den Verletzungsmerkmalen erscheint der Hinweis, mit "schmerzhaft", Fotos gibt es sowieso nicht, die Schürfwunden (vermutlich vom Sprung aus dem Auto), die sich Dr. Reichel separat notiert hatte, fehlen komplett, es sind auffällige für P3M typische Rechtschreibfehler enthalten u. s. w.

Ich habe mich seit 2011 mit dem Fall Mollath beschäftigt und habe vermutlich alles gelesen was es zu lesen gab. Mir ist nie aufgefallen, dass Mollath selber auch nur ein einziges Mal gelogen hätte.

Die Exfrau hingegen, die hinter dem Rücken des langjährigen Arbeitgebers dessen Kunden zu einer fremden Bank abwirbt und dafür Provisionen kassiert ist für das Gericht glaubwürdig. Die diversen Lügen, die sie der Frau Dr. Krach aufgetischt hat, um an das Ferngutachten zu kommen spielen auch keine Rolle. - Kann man alles bei Dr. Strate nachlesen.

Als Nichtjurist steht man der Angelegenheit fassungslos gegenüber, als Bayer eher nicht.

Nachdem Mollath programmgemäß in der Hochsicherheitsforensik in Straubing gelandet ist, hat ihn die Exfrau angerufen und gefragt "Und, was sagst Du jetzt?!".

 

 

 

 

 

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Gast schrieb:

Ich habe mich seit 2011 mit dem Fall Mollath beschäftigt und habe vermutlich alles gelesen was es zu lesen gab. Mir ist nie aufgefallen, dass Mollath selber auch nur ein einziges Mal gelogen hätte.

 

Was haben Sie eigentlich gedacht, als die Verteidigung in der HV plötzlich rief: "Das ist eine Lüge!"?

"Und, was sagst Du jetzt?!"

Gast schrieb:

Nachdem Mollath programmgemäß in der Hochsicherheitsforensik in Straubing gelandet ist, hat ihn die Exfrau angerufen und gefragt "Und, was sagst Du jetzt?!".

Gibt es für dieses Zitat eine Fundstelle?

 

# 30, Gast:

Ich erscheine hier versehentlich nicht unter atropa belladonna, sondern als Gast.

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# 11, W. R. Kolos

 

Herr Mollath hat doch überdies auch wiederholt mitgeteilt:

"Ich habe die mir vorgeworfenen Taten nicht begangen".

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Herr Mustermann, sie unterlassen keine Gelegenheit Belastendes gegen Herrn Gustl Mollath (vergeb lich) finden zu wollen. Zu vorletzt in Ihrem Kommentar mit einem Münchner Boulevard-Journalisten,

der nach Ihren Worten von G:M. "knierutschend " G.M. die Frage gestellt hat, ob GM die Körperverletzung begangen  hat.  Jetzt versuchen Sie den nachvollziehbaren Konflikt zwischen G.M. und Herrn Dr. Strate mit sehr unglücklichen Aussagen von beiden Seiten auch in der Öffentlichkeit wiederum zu instrumentialisieren, um Herr Mollath unglaubwürdig zu machen. Sieht Wahrheitsfindung so aus?

 

 

 

 

 

 

 

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@Menschenrechtler

Man wird ja wohl noch fragen dürfen...

Aber wollten Sie uns nicht noch darstellen, wie das jetzt genau war mit der Bank, dem Jobverlust und dem Schützen?

@ Menschenrechtler: sogar die katholische Kirche in ihrem Absolutheitsanspruch erkannte ("schon" 450 Jahre nach Abaelard) den Sinn der Dialektik und führte im 16. Jahrhundert den advocatus diaboli ein.

# 39, Dr. Sponsel.

Auf Anhieb fällt mir nicht ein wo ich das mit dem Anruf von P3M in der Hochsicherheitsforensik in Straubing gelesen habe.

Es war ein Zitat von Mollath. - P3M hatte ihn über den Lautsprecher im BZK ausrufen lassen, ihm dann den Satz mitgeteilt "Na, was sagst Du jetzt", oder "Und, was sagst Du jetzt". - Mollath hat nicht darauf geantwortet, sondern aufgelegt.

Vermutlich stand es in einem der Gutachten. - Frau Wolff wüßte solche Fundstellen auf Anhieb.

 

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atropa belladonna schrieb:

# 39, Dr. Sponsel.

Auf Anhieb fällt mir nicht ein wo ich das mit dem Anruf von P3M in der Hochsicherheitsforensik in Straubing gelesen habe.

Es war ein Zitat von Mollath. - P3M hatte ihn über den Lautsprecher im BZK ausrufen lassen, ihm dann den Satz mitgeteilt "Na, was sagst Du jetzt", oder "Und, was sagst Du jetzt". - Mollath hat nicht darauf geantwortet, sondern aufgelegt.

Vermutlich stand es in einem der Gutachten. - Frau Wolff wüßte solche Fundstellen auf Anhieb.

 

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=a2&dig=2014%2F07%2F0...

Leider ohne weiteren Quellenverweis.

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Beweisträchtige Fundstellen belegen wäre hilfreich

atropa belladonna schrieb:

# 39, Dr. Sponsel.

Auf Anhieb fällt mir nicht ein wo ich das mit dem Anruf von P3M in der Hochsicherheitsforensik in Straubing gelesen habe.

Es war ein Zitat von Mollath. - P3M hatte ihn über den Lautsprecher im BZK ausrufen lassen, ihm dann den Satz mitgeteilt "Na, was sagst Du jetzt", oder "Und, was sagst Du jetzt". - Mollath hat nicht darauf geantwortet, sondern aufgelegt.

Vermutlich stand es in einem der Gutachten. - Frau Wolff wüßte solche Fundstellen auf Anhieb.

Ich fände es sehr hilfreich, wenn Sie solch kritische und beweisträchtigen Fundstellen belegen würden.

Gast schrieb:

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=a2&dig=2014%2F07%2F0...

Leider ohne weiteren Quellenverweis.

Danke. Das Telefonat müsste sich über die Straubing-Akten noch sichern lassen, vermutlich nicht der Inhalt. Könnte den Mollath mit einer eidesstattlichen Versicherung aufwerten?

# 33, fotobiene:

 

Auf Seite 266 bei Strate kann ich keinerlei Lüge von Mollath entdecken.

 

Man sollte sich auch von der Vorstellung befreien Mollath müsste sein Unschuld beweisen, es ist immer noch so, dass man ihm seine Schuld nachweisen müsste.

 

Dieses 40-Minuteninterview habe ich mir gerade angesehen, auch hier kann ich keinerlei Lügen von Seiten Mollath ersehen.

 

Was den „angeblichen Sprung aus dem Auto“ angeht, den Sie erwähnen, der auch zu seinen Lügen gehören würde, so kann ich Ihnen versichern, dass ich fest davon überzeugt bin, dass dieser Sprung aus dem Auto tatsächlich stattgefunden hat und demnach keine Lüge von Mollath war.

 

Wenn Sie gerne an einer besseren Zukunft arbeiten möchten, statt an der Aufklärung der Vergangenheit, dann nur zu.

 

Ich ziehe es vor zuerst einmal den vorliegenden Skandal aufzuklären bevor ich eine Grundlage habe um ggf. an der Zukunft arbeiten zu können.

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Das Zitat kam aus dem ersten Schreiben des Unterstützerkreises an die Presse.

link suchen ist mir jetzt zu mühsam

Bedeutung Eid, Meineid

MT schrieb:

@ #48

Quote:

Einer beeideten Aussage kommt allein wegen der Eidesleistung kein höherer Beweiswert zu als einer unbeeideten.

http://www.beck.de/rsw/upload/NVwZ/April_Bedeutung_beeideter_Aussagen_20...

Danke. Welchen Sinn haben dann Vereidigung? Hat nicht die Zeugin Sim auch einen Meineid geleistet? Falls, scheint er ihrer Glaubwürdigkeit im Urteil aber nicht geschadet zu haben ... Schwierigi, schwierig.

@I.S.

Das Zitat zu den "Welten" bezieht sich zunächst allein auf die Theorie und nicht auf Praxisprobleme der Umsetzung. Denn die gibt es auch bei genauesten, wissenschaftlichen Theoriemodellen.

Wenn Sie umgehend erklären, dass es [die fehlende Genauigkeit] immer erstmal in der Natur der Sache [hier des juristischen Beweises] liegt, dann beschreiben Sie damit vermutlich Ihren theoretischen Grundsatz und gehören zu der Gruppe, die schon theoretisch Genauigkeit ausschließt.
Ihre Begründung dafür ist nicht theoretisch, sondern pragmatisch-praktisch. Sie begründen mit üblichen Erfahrungen und nicht mit grundlegenden Gesetzmäßigkeiten. Auch wenn empirische Daten durchaus ein Theoriemodell begründen können, genügt dafür jedenfalls nicht eine beispielhafte Aufzählung. Damit erreicht man allenfalls eine Hypothese. Für ein schlüssiges Theoriemodell muss die Aufzählung entweder vollständig sein oder durch regelgerechte Ableitungen vollständig erfasst sein.

Ich bin kein Experte für die Entwicklung von theoretischen Modellen, nachfolgende Skizze einer theoretischen Modellbildung erfolgt daher unter dem Vorbehalt des Irrtums. Da juristisches Recht wie die Mathematik aus rein theoretischer Sicht eine ideelle Konstruktion ist, spielt die Abbildfunktion eines Modells im Prinzip erstmal keine Rolle. Vielmehr benötigt man mindestens 2 voneinander unabhängige Axiome (Dogmen) die über ein weiteres Axiom (Dogma) in Beziehung stehen. Dieser Teil ist eine Übereinkunft, die nicht bewiesen werden kann. In der Regel steht diese Übereinkunft jedoch im Zusammenhang mit allgemeinen Erfahrungen. Da diese Übereinkunft der Grundbaustein des Modells ist, sollte nur ein minimalistisches Set von Axiomen existieren.

Für eine Theorie der absoluten Wahrheit wäre z.B. Axiom 1 "Es gibt Wahrheit",  Axiom 2 "es gibt Unwahrheit", Axiom 3 "Wahrheit und Unwahrheit sind unvereinbar". Aus diesem Theoriemodell kann man ableiten, das etwas entweder wahr oder unwahr ist und Beides im Modell existiert, nämlich jeweils mindestens 1 Mal. Das wars dann auch schon.

Wenn wir beim Modell der absoluten Wahrheit bleiben, könnten wir darauf aufbauend weitere Axiome hinzufügen. Axiom 4 "Es gibt böse Wahrheit, die bestraft werden muss", Axiom 5 "Unwahrheit ist böse Wahrheit", Axiom 6 "Es gibt Subjekte", Axiom 7 "Subjekte können böse Wahrheit erzeugen", Axiom 8 "Subjekte können als Zeuge Wahrheit sehen" Axiom 9 "Subjekte können Wahrheit aussprechen", Axiom 10 "Subjekte können Unwahrheit aussprechen", Axiom 11 "Subjekte haben Angst vor Strafe".

Nach dieser Erweiterung können wir ableiten, dass Subjekte, die böse Wahrheiten erzeugen, vor Strafe Angst haben und daher die Unwahrheit sagen könnten. Da Unwahrheit ebenfalls eine böse Wahrheit ist, muss sich das Subjekt zwischen 2 bösen Wahrheiten und den möglicherweise folgenden Strafen entscheiden. Da die innere Entscheidung nicht gesehen werden kann, bleibt zunächst offen, ob das Subjekt bei Bestreiten lügt oder die Wahrheit sagt. Objektive Beweise (sichtbare Wahrheiten) sind aber Zeugnis und überführen den Lügner. Wenn es direkte Zeugen gibt, die selbst ohne Angst vor Strafe für das Erzeugen der bösen Wahrheit sind, dann kennen diese die Wahrheit und haben keinen Grund zu lügen. Mit deren Aussage kann ein Lügner ebenfalls überführt werden. Gibt es keine objektiven Beweise und keine Zeugen, ist das Problem nicht entscheidbar.

Die Mängel dieses historisch angewandten Theoriemodells bzw. deren praktische Ableitungen hatte Prof. Müller in einem  Kommentar kurz beschrieben. Vermutlich wurde das Modell im Trial and Error-Modus weiterentwickelt und bis heute abgewandelt, eine Frage der Rechtshistorie. Aufgabe von wissenschaftlicher Rechtstheorie war und ist es, diese Entwicklung durch die Weiterentwicklung eines konsistenten Theoriemodells abzubilden und zu beeinflussen. Dazu gehört immer die Prüfung der Axiome auf ihre grundlegende Gültigkeit, die Korrektheit der Ableitungen und damit die Konsistenz des Modells. Genau darum geht es.

Gibt es ein konsistentes Theoriemodell zur heutigen, deutschen Rechtsprechung? 

     

 

 

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Sehr geehrte Kommentatoren,

da die Bedeutung des Eides auch Gegenstand meiner Forschungsaktivitäten ist, darf ich dazu kurz etwas schreiben:

Der Eid und demzufolge auch der Meineid (§ 154 StGB) haben heute v.a. historische Bedeutung. Seit  Einführung der Strafbarkeit der uneidlichen Falschaussage (§ 153 StGB) haben Eid und Meineid stetig an Bedeutung verloren. Feste Beweisregeln (etwa: eine beeidete ist mehr wert als eine unbeeidete Aussage) gab es schon vorher nicht mehr. Es ist jetzt nur noch ein bisschen der "Mythos" des Verbrechens Meineid, der der beeideten Aussage ein höheres Gewicht geben könnte. Das Gericht ist aber nicht daran gebunden. Seitens der Verteidigung kann es bei einem Entlastungszeugen, dem Staatsanwaltschaft/Gericht ersichtlich skeptisch gegenüberstehen, dennoch eine gewisse Wirkung haben, den Zeugen vereidigen zu lassen. Immerhin kann das Gericht dann nicht ganz so einfach über die Aussage hinweggehen, da der Zeuge ja das Risiko einer Freiheitsstrafe eingegangen ist. Insofern machte die Vereidigung des Zeugen Braun Sinn, wenn sie auch den erwünschten Effekt nicht hatte. Bei einem Belastungszeugen kann die Vereidigung aub Sicht der Verteidigung dann Sinn machen, wenn man deutlich Widersprüche im Aussageinhalt erkennt und den Zeugen damit etwas unter Druck setzt, sich ggf. zu korrigieren.  Es sind heute meist solche  Erwägungen, die noch zur Vereidigung führen. Die Regel-Vereidigung wurde vor einigen Jahren abgeschafft, bis dahin mussten immer noch alle Prozessbeteiligten der Nicht-Vereidigung zustimmen.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Bei einem Belastungszeugen kann die Vereidigung aub Sicht der Verteidigung dann Sinn machen, wenn man deutlich Widersprüche im Aussageinhalt erkennt und den Zeugen damit etwas unter Druck setzt, sich ggf. zu korrigieren.  Es sind heute meist solche  Erwägungen, die noch zur Vereidigung führen.

 

Dann versteh ich aber jetzt ehrlich noch weniger als eh schon, warum die Verteidigung nicht die Vereidung der Zeugin Simbek beantragt hat, wo diese doch für alle offenkundig teils die gegenteiligen Aussagen zu ihrer ersten, damals sogar beeidigten, Aussage gemacht hat.

Das macht doch ü b e r h a u p t keinen Sinn, WIESO wurde diese hervorragende Gelegenheit nicht genuzt?

Denn wenn sie genutzt worden wäre, dann hätte folgerichtig die Zeugin definitv entweder einen Meideid erinräumen müssen oder ihre (aktuelle Version ihrer) Aussage korrigieren.(und schwupps, hätte sich eine wichtigsten, zur Überzeugungsbildung des Gerichts führenden Glaubwürdigkeitssäulen in Luft aufgelöst)

Da hätte es also, wenigstens EINMAL in diesem so vielschichtigen Gebilde tatsächlich mal NUR Möglichkeit A ODER B gegeben.

Und das wurde nicht genutzt?

W a r u m ?????

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f&f schrieb:
Und das wurde nicht genutzt? W a r u m ?????

Weil es nichts bringt.

Wer lügt, lügt weiter.

Escher weiss doch, warum die erste Aussage abweicht.

A) nur ganz oberflächlich vernommen B) von einem Richter notiert, daher sind Abweichungen schon drin, kennt Escher ja von sich selbst.

 

Also kein Problem.

 

Escher hat Braun ja auch den Eid abgenommen, konnte ihm aber noch nicht einmal mitteilen, auf was er da eigentlich schwören soll.

Escher schreibt dann irgendwas ins Urteil. Und das ist dann Brauns Eid. Egal was der eigentlich gesagt hat.

Sehr geehrter Prof. Müller,

ich möchte zur uneidlichen Falschaussage etwas ergänzen. Die Verfahrensordnungen verpflichten zur wahrheitsgemäßen, vollständigen Aussage, wenn kein Aussageverweigerungsrecht besteht. Ich kenne einige Fälle von nachweislicher Falschaussage zu entscheidungserheblichen Sachverhalten, die keinerlei Konsequenzen nach sich zogen. Meine Erfahrung aus ZPO-Verfahren und einigen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist, dass Falschaussagen auch bei deren Nachweis keinerlei Risiko darstellen und Konsequenzen nach sich ziehen. Ob das für Jedermann gilt, weiß ich allerdings nicht, da ich noch nicht gelogen habe.

Freundliche Grüsse

Lutz Lippke

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# 45, atropa belladonna

Zitat: „Ich ziehe es vor zuerst einmal den vorliegenden Skandal aufzuklären bevor ich eine Grundlage habe um ggf. an der Zukunft arbeiten zu können.“

Genau das ist auch mein Anliegen – den vorliegenden Skandal aufklären.

Dem Gericht ist bei seinen Betrachtungen („Gesamtschau“) zur Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin und Hauptbelastungszeugin nämlich nicht alles ins Blickfeld geraten. In diesem Zusammenhang verweise ich auf Kommentar # 28, 18.12.2014. Nach den dort dargelegten  - durchweg belegten oder belegbaren! –  Fakten und Aussagen steht immerhin im Raum, dass die Nebenklägerin an der Erstellung einer höchstfragwürdigen Niederschrift über eine mindestens ebenso fragwürdige Zeugenvernehmung beteiligt war, die im 2006er Prozess bei der „Tatnachweisführung“ zu den Sachbeschädigungen eine Rolle spielte.
Im Wiederaufnahmeverfahren wurde diese Sache nicht thematisiert. Nun sollte sie wenigstens in den nachgehenden Erörterungen zur Glaubwürdigkeit und zum  vorhandenen oder nicht vorhandenen Belastungseifer der Hauptbelastungszeugin registriert werden. Denn die Kenntnisnahme dieser Sache erleichtert unter Umständen die Entscheidungsfindung.

In seiner falschen Logik ist das LG Regensburg immerhin konsequent:

  • Eine Narbe, die ihre Ursache in "irgendwie muss er mich gebissen haben" ohne festgestellte blutende Wunde haben soll sowie der von einem Sachverständigen genannte (theoretischen) Möglichkeit reicht aus, um einen Biss als Tatsache anzunehmen.
  • Eine vom Sachverständigen nicht auszuschließende Möglichkeit der psychischen Ausnahmesituation reicht aus, um eine Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB anzunehmen.

Konsequenterweise sollte der BGH das Urteil aufheben mit der Begründung, dass Rechtsfehler in der Beweiswürdigung und der Frage der Schuldfähigkeit nicht auszuschließen sind. Das reicht ja offensichtlich nach den Maßstäben des LG Regensburg.

Lieber Herr Sponsel,

 

mir liegt es fern, Sie als Person zu diskreditieren oder Ihre Bemühungen lächerlich zu machen.

Ich les Ihre Webseite schon. 

Sie stellen sich in Ihrem obigen Beitrag nun auch ein wenig anders dar:

So als würde Ihr Bemühen darauf abzielen, den Bedeutungsgehalt der Worte für sich (Sponsel) selber zu erforschen. Dagegen habe ich doch nun wahrlich nichts einzuwenden.

Die Lesart aber - die mir aufgestossen ist-, dass Sie es dem Gericht zum Vorwurf machen, dass es keinen Appendix mit Begriffserklärungen beigefügt hat, halte ich schlicht nicht für hilfreich.

Und vor allen Dingen gar nicht originell.

Juristen arbeiten viel mit Sprache. Auf Ihre Erkenntnis sind die schon lange gekommen. Ist ein alter Hut und wurde auch schon tausendmal durchgekaut.

Basiseinwand lautet: Die Kritik an der Sprache kann wiederum nur in der Sprache formuliert werden.

Konsequent zu Ende gedacht, kann ein Urteil, das die Realität massgerecht wiedergibt, eigentlich nur so abgefasst werden, dass Escher ein weisses Blatt Papier abgibt.

Prozessökonomisch betrachtet sicher eine sinnvolle Lösung. Und das Urteil wäre ausnahmsweise in letzter Konsequenz mal nicht angreifbar. Aber Sie werden sich schwer tun, Ihren Mitmenschen zu erklären, dass einer wegen einem weissen Blatt in die JVA muss.

Soviel LSD kriegen Sie nicht unter die Leute.

Daher hat man sich ofiziell entschieden, einen für jederman allgemein verständlichen Sprachgebrauch stillschweigend vorauszusetzen.

Fragen Sie mich jetzt bitte nicht, was das heissen soll. Mir ist klar, dass das Unfug ist. Aber anders lässt sich der Berg Arbeit nicht bewältigen. Wenn keine Gesetzesdefinition vorliegt, kommt halt ultraschnell Misch-Masch raus. Und selbst wenn eine vorliegt, geht der Streit los, was die denn nun wieder bedeuten soll.

Kurz: Sie kriegen ein Jahrtausende altes System auf diesem Weg nicht klein.

Haben andere vor Ihnen schon versucht. 

Die Unzulänglichkeit unserer Handhabung hat sich halt bewährt...was ja gar nicht ausschliesst, dass man immer wieder sinnvolle Verbesserungen einführen kann. Aber das mit der Sprache würd ich lassen. Dann kommen Sie vom Regen in die Traufe.

Liebe Grüsse

@ Fotobiene

Sie haben diese Diskussion doch auf aufgemacht. Und sie war sehr kurz.

Sachverständiger ist wer mit Sachverstand arbeitet, also Fragestellungen sachlich verstehen und darstellen kann. Glauben und Meinen sind da vollkommen fehl am Platze. Wie Sachverstand der freien (subjektiven) richterlichen Beweiswürdigung zu begründen ist, würde mich noch interessieren. 

Der Sachverständige hat die Grenzen seiner sachlichen Erkenntnisfähigkeit deutlich zu machen. Das Gericht als sachverständiger Entscheider hat diese Grenzen zu beachten.

Ein Sachverständiger der Erkenntnislücken durch Glauben und Meinen ersetzt, ist befangen und unmittelbar abzulehnen. Ein Gericht, dass Sachverständigen Glaubensbekenntnisse und Meinungen abfordert, ist befangen und unmittelbar abzulehnen. Ein Gericht, dass die aufgezeigten Grenzen der sachlichen Erkenntnisfähigkeit ignoriert, ist befangen und unmittelbar abzulehnen.

Unter gewissen Bedingungen ist auch eine Ablehnung nach erfolgten Entscheidungen noch möglich. Ablehnungen gelten ja überwiegend als aussichtslos. Und klar, das wird mit allen Mitteln abgeblockt. Dienstliche Äußerung des Abgelehnten "Ich fühle mich nicht befangen". Umfangreich und zu Sache? Zurückweisung der Ablehnung am folgenden Tag, Beschwerde bleibt 1,5 Jahre unbearbeitet, Beschwerdezurückweisung mit kreativer Sachverhaltsdarstellung (Münchhausen-Syndrom). Wieder Ablehnung und Tatbestandsberichtigung. Zurückweisung des Berichtigungsantrags als unzulässig, weil Sachverhalte in Beschlussgründen kein Tatbestand sind. Dienstliche Äußerung des Abgelehnten "Ich sehe keine Gründe für Befangenheit". Warten.

Was ist Erfolg? Derzeit schon die Offenbarung dessen, was Max Mustermann so selbstverständlich beschrieb

"Aber anders lässt sich der Berg Arbeit nicht bewältigen. Wenn keine Gesetzesdefinition vorliegt, kommt halt ultraschnell Misch-Masch raus. Und selbst wenn eine vorliegt, geht der Streit los, was die denn nun wieder bedeuten soll. Kurz: Sie kriegen ein Jahrtausende altes System auf diesem Weg nicht klein. Haben andere vor Ihnen schon versucht. Die Unzulänglichkeit unserer Handhabung hat sich halt bewährt."

Ist dieser Berg der Arbeit ein Mythos oder ein Produkt der bewährten Unzulänglichkeit. Was kann uns der Fall Mollath diesbezüglich mitteilen?

Bitte Prof. Müller lassen Sie mir wenigstens diesen Joke: Justizkadetten-Abschlussball.
 

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# 48, Dr. Sponsel

 

Es ist nicht erfolgversprechend den hämischen Anruf von P3M über „Straubing-Akten“ zu rekonstruieren, weil das Gericht nicht einmal die eidesstattliche Versicherung von Zahnarzt Braun, plus seine vereidigte Aussage im WAV, in Bezug auf den vergleichbaren Inhalt eines Anrufs von P3M bei Braun zu Ungunsten von P3M gewürdigt hat.

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Um Erfolg geht es doch gar nicht

atropa belladonna schrieb:

# 48, Dr. Sponsel

 

Es ist nicht erfolgversprechend den hämischen Anruf von P3M über „Straubing-Akten“ zu rekonstruieren, weil das Gericht nicht einmal die eidesstattliche Versicherung von Zahnarzt Braun, plus seine vereidigte Aussage im WAV, in Bezug auf den vergleichbaren Inhalt eines Anrufs von P3M bei Braun zu Ungunsten von P3M gewürdigt hat.

Es geht um die Urteilsanalyse und das Aufzeigen, Dokumentieren und Begründen der Hunderte von Fehlern, die das LG  gemacht hat. Das ist einmalig möglich, weil noch nie ein Fall - dank Dr. Strate - so gut dokumentiert wurde (noch nie war es z.B. möglich, das mündliche GA mit dem schriftlichen zu vergleichen). 

In vielen Foren herrscht die Meineritis, in diesem beck-blog ist das glücklicherweise nicht so ausgeprägt.  D.h. wichtige Aussagen sollten möglichst gut belegt oder begründet werden. Und der Inhalt dieses Telefongesprächs ist wichtig.

"Kronzeuge" Braun hat sich selbst und seine Glaubwürdigkeit durch seine überaus unangemessene Folklorebemerkung entwertet - wie Mollath übrigens auch durch seine Nichtaussage zum 12.08.2001.  Er hat sozusagen durch seine nichtsaussagende Aussage die Büchse der Beweiswürdigungspandora geöffnet. Er war nicht gut beraten und nicht gut vorbereitet. Und dies lag sicher nicht an Dr. Strate.

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