Hauptverhandlung gegen Gustl Mollath - Schlaglichter vom fünften Tag

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 12.07.2014

Diese Hauptverhandlung  ist der zweite  Versuch, aufgrund derselben Anklage die Tatvorwürfe gegen Gustl Mollath zu klären. Den ersten Versuch, die Hauptverhandlung 2006 in Nürnberg, muss man streichen – der ist nicht mehr existent – so ähnlich drückt es OStA Meindl aus. 

In  diesem zweiten Versuch fehlt aber das wichtigste Beweismittel gegen den Angeklagten Mollath, die Aussage des (möglichen) Tatopfers. Deshalb ist das Gericht darauf angewiesen, von den Beteiligten des früheren Verfahrens über die damaligen Angaben der Zeugin informiert zu werden. Die jetzt gehörten Zeugen erinnern sich meist nicht oder nur bruchstückhaft daran. Deshalb werden ihnen zur Erinnerung Vorhalte aus den Akten vorgelesen. Diese Vorhalte aus den Akten sind zum strafrechtlichen Beweis ungeeignet. Könnte man das vorgehaltene als Beweis verwerten, könnte man sich die neue Hauptverhandlung ersparen und allein aufgrund der Akten neu urteilen. Das aber lässt die Strafprozessordnung aus gutem Grund nicht zu: Im öffentlichen Forum der Hauptverhandlung müssen die Beweise möglichst unmittelbar aufgenommen werden. Der Eindruck in Teilen des Publikums, das von der Vorsitzenden  und den anderen Fragestellern aus den Akten vorgelesene sei doch auch ein Beleg für die Taten und sogar für die psychische Störung oder Gefährlichkeit des Angeklagten, geht in die Irre. Bislang ist für keine der angeklagten Körperverletzungen ein verwertbarer Beweis erbracht worden. Dass einige die Taten dem Angeklagten zutrauen, genügt eben nicht. Dass sie meinen, der Angeklagte sei doch bestimmt damals „auffällig“ oder  gar „krank“ gewesen, genügt nicht. Es hilft auch nicht weiter, wenn man dem Angeklagten nicht ganz zu Unrecht vorwerfen kann, sich damals unkommunikativ, unkooperativ, stur oder irrational verhalten zu haben. Man muss ihm die konkret in der Anklageschrift aufgeführten Taten nachweisen. Und kleine Erinnerung: Ein Angeklagter muss überhaupt nichts zu seiner Verteidigung sagen, und die Tatsache der Aussageverweigerung darf keinesfalls gegen ihn verwendet werden. Das geht nur im Privatbereich, aber eben nicht im Strafprozess.

Ein Strafrichter

Gegen Richter E. hat RA Strate im Auftrag von Herrn Mollath ein Strafverfahren in Gang gesetzt. Er habe unter Missachtung einer verfassungsrechtlichen Interpretation des § 81 StPO Herrn Mollath zur Beobachtung unterbringen lassen.

In der Entscheidung des BVerfG heißt es:

„Eine Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Beobachtung kann danach nicht erfolgen, wenn der Beschuldigte sich weigert, sie zuzulassen bzw. bei ihr mitzuwirken, soweit die Untersuchung nach ihrer Art die freiwillige Mitwirkung des Beschuldigten voraussetzt (vgl. BGH, StV 1994, S. 231 f.). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Exploration erforderlich wäre, diese aber vom Beschuldigten verweigert wird und ein Erkenntnisgewinn deshalb nur bei Anwendung verbotener Vernehmungsmethoden (§ 136 a StPO) oder einer sonstigen Einflussnahme auf die Aussagefreiheit des Beschuldigten zu erwarten ist (vgl. OLG Celle, StV 1985, S. 224; StV 1991, S. 248).“

Ich glaube ihm, dass er das Urteil des BVerfG nicht kannte und er sich deshalb auch nicht wegen vorsätzlicher Freiheitsberaubung und Rechtsbeugung strafbar gemacht hat, als er die Unterbringung zur Beobachtung anordnete. Er war erst drei Wochen als Strafrichter tätig und möglicherweise  war dies der erste Fall, in der er den § 81 StPO anwenden wollte. Die Fahrlässigkeit, nicht in einem Kommentar nachgeschlagen zu haben, ist nicht tatbestandsmäßig. Und er hätte dazu - nach dem Programm des damaligen Sitzungstages am AG - auch gar keine Zeit gehabt. Im Übrigen fehlt auch ihm die Erinnerung. Was die Protokollführerin damals notiert hat, war kein Wortprotokoll und kann deshalb auch nicht als Beweis für das damals Gesagte verwertet werden.

Ein Staatsanwalt

Der Zeuge wirkt immer  noch sehr jung. Wohl deshalb bekommt er von RA Strate ein Lob ausgesprochen: Immerhin habe er gegen den erfahrenen VorsRiLG B. vor acht Jahren Mut gezeigt, als er selbst (neben Mollath und dem Verteidiger selbst) auch den Antrag gestellt habe, den Pflichtverteidiger zu entbinden. Seine richtige Überlegung: Wegen des bedrohlichen abendlichen Besuchs von Mollath bei seinem Verteidiger komme letzterer als Zeuge für die Gefährlichkeit seines Mandanten in Betracht. Und das schließe ihn aus der Rolle als Verteidiger aus. Der VorsRiLG B. hat diesen Antrag des Staatsanwalts einfach ignoriert. Und das Gericht hat dann doch die Schilderung des Verteidigers zum Nachteil des Mandanten ins Urteil geschrieben. (Dieser Punkt nimmt im Wiederaufnahmeantrag RA Strates fast 40 Seiten ein, das LG Regensburg hatte vergangenes Jahr diesen Wiederaufnahmegrund wie alle anderen als unzulässig angesehen, mit sehr fragwürdiger Begründung, siehe meinen Kommentar dazu - B7 -  hier)

Eine ehemalige Richterin am LG

In Nürnberg  ging es 2006 darum, jemanden mit einer der schwersten Sanktionen zu belegen, die das Strafrecht kennt: Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB. Das Gesetz ordnet die landgerichtliche Zuständigkeit an – eine Strafkammer soll darüber entscheiden, also Richter, die das Strafrecht und Strafprozessrecht aus dem Effeff kennen und die Verhandlungspraxis sicher beherrschen.

Die Überzeugung von der tatsächlichen Urteilsgrundlage muss aufgrund des „Inbegriffs der Hauptverhandlung“ gewonnen werden – das weiß natürlich jeder Richter und jede Richterin am LG: Die im Urteil verwendeten Tatsachen müssen durch die  in der Verhandlung eingeführten Beweise belegt werden. Dies ist in der Urteilsbegründung auch zu dokumentieren. Es ist – insbesondere wenn es um eine unbefristete Unterbringung geht – ein absolutes No-Go, die Fakten für die Verurteilung nicht der Hauptverhandlung, sondern den Akten (oder Teilen davon) zu entnehmen, um so Lücken in der Beweislage zu schließen. Ich weiß, mir wird wahrscheinlich wieder „Unfairness“ vorgeworfen, aber schon die Planung der damaligen Hauptverhandlung ließ für dieses Ziel nichts Gutes vermuten – die Beweisaufnahme zu den Tatvorwürfen sollte an einem halben Tag stattfinden  (zum Vergleich: jetzt sind es 17 Tage), für jeden Zeugen blieben da nur zehn Minuten. Und unter dem Zeitdruck, das Urteil noch vor dem geplanten Urlaub absetzen zu müssen, passierten der Richterin dann weitere Fehler.

Trotz grundsätzlich fehlender Erinnerung auch dieser Richterin gab es dann eine kleine Sensation. Nicht etwa Journalisten des Stern und des Spiegel im Jahr 2012,  sondern das damalige Gericht selbst hatte schon herausgefunden, dass das Attest gar nicht von der dort benannten Ärztin sondern von deren Sohn ausgestellt war.

Update wegen diverser Nachfragen: Richterin H. meinte zunächst, man habe wohl die Ärztin geladen, und habe dann telefonisch erfahren, dass das Attest vom Sohn erstellt wurde und dass dieser aber nicht zum Gericht kommen könne. Erst daraufhin habe die Kammer entschieden, das Attest zu verlesen, StA und Verteidiger hätten dem zugestimmt. Frau H. wurde dann darauf hingewiesen, dass die Ärztin lt. Zeugenliste gar nicht geladen war und dass die ausdrückliche Zustimmung von StA und Vert. zur Verlesung nicht protokolliert sei. Frau H. berief sich im Weiteren auf fehlende bzw. mangelnde Erinnerung.

Das Attest wurde in der damaligen Hauptverhandlung als Urkunde der Ärztin verlesen, obwohl das Gericht wusste, dass es gar nicht von dieser Ärztin stammt. Und dieser „Fehler“ wurde dann auch in die Urteilsgründe übernommen.

Die Sachverständigen

Wie schon an den vergangenen Tagen mischen sich die Sachverständigen gelegentlich in die Verhandlung ein und stellen Fragen. Herr Dipl.-Ing. Rauscher zur Frage der Reifenbeschädigung, Herr Prof. Dr. Eisenmenger zu rechtsmedizinischen Implikationen der Körperverletzung und heute auch Herr Prof. Dr. Nedopil. Er stellte die sinnvolle Frage, wie man denn bei Herrn Mollath die Gefährlichkeit festgestellt habe, wenn er doch viele Monate nach der Gutachtenerstellung und vor der erneuten Inhaftierung im Februar 2006 unauffällig in Nürnberg gelebt habe. Die Richterin beantwortet diese Frage nicht – sie beruft sich auf das Beratungsgeheimnis.

Aber auch ohne eine Antwort hat Prof. Nedopil einen wichtigen Punkt gemacht. Zugunsten Herrn Mollaths.

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89 Kommentare

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Danke für den Hinweis, Herr Hoffmann, ich hatte den Link zwar schon eingefügt, aber er hatte aus irgendeinem Grund erst einmal nicht funktioniert. Habe es jetzt noch mal versucht.

Also, so "flapsig" kann man den Richter E. meiner Meinung nicht entschuldigen wenn er als Strafrichter nicht wusste, dass man einen Angeklagten nicht gegen dessen Willen zur wochenlangen "Zwangsbegutachtung" in die Psychiatrie einweisen darf.

Wenn sich ein Normalbürger in einem bestimmten Rechtsbereich bewegt, dann  muss er auch die zugehörigen Regeln kennen und sich entsprechend verhalten. Als Autofahrer kann man auch nicht sagen, "ich habe zwar den Führerschein, aber neue Regeln/Vorschriften, die anschließend erlassen wurden kenne ich nicht".

Als Normalbürger und Berufstätiger macht man sich strafbar und man haftet zivilrechtlich wenn man die Regeln nicht kennt, die einen betreffen und wenn man sie in der Folge nicht anwendet, weil man sie nicht kennt.

Wie wäre das bei einem jungen Ingenieur, der eine Brücke statisch falsch plant, kann der auch sagen "tut mir leid, ich kannte die statischen Grundlagen noch nicht"?

Für einen Normalbürger heißt es grundsätzlich "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht". Ein Richter soll sich aber hier nicht wegen "schwerer Freiheitsberaubung" strafbar machen können, einfach weil er sich auf die Position zurückzieht, er hätte die  gesetzlichen Grundlagen für sein weitreichendes Handeln nicht gekannt.

Hoffentlich werden auch die beiden Herren BZK-Direktoren aus Erlangen und Bayreuth als Zeugen gehört. Die hätten den Wissensmangel des Richters E. nämlich kompensieren können/müssen, indem sie ihn darauf hinweisen, dass die stationäre Begutachtung eines Angeklagten gegen seinen Willen nicht erlaubt ist. Diese beiden Herren W. und L. werden aber voraussichtlich auch behaupten: "Tut mir leid, ich bin zwar hochbezahlter Klinikdirektor eines BZK, aber ich lese keine juristischen Entscheidungen, die meine Klinik und meine Patienten betreffen".

Was für ein Armutszeugnis für diese Entscheidungsträger und was für ein Desaster für die von der "Flapsigkeit" Betroffenen.

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@Prof Müller

Ist der Wiederaufnahmegrund denn noch ein Wiederaufnahmegrund, wenn das Gericht schon bei der Verhandlung 2006 wusste, dass der Sohn das Attest ausgestellt hat?

Soweit ich in Erinnerung habe, hat das OLG Nürnberg dies als einzigen Wiederaufnahmegrund genannt. Frau Heinemann sagt nun, von einer unechten Urkunde ist gar keine Rede. So jedenfalls verstehe ich diesen Absatz:

Trotz grundsätzlich fehlender Erinnerung auch dieser Richterin gab es dann eine kleine Sensation. Nicht etwa Journalisten des Stern und des Spiegel im Jahr 2012,  sondern das damalige Gericht selbst hatte schon herausgefunden, dass das Attest gar nicht von der dort benannten Ärztin sondern von deren Sohn ausgestellt war. Das Attest wurde also in der damaligen Hauptverhandlung als Urkunde der Ärztin verlesen, obwohl das Gericht wusste, dass es gar nicht von dieser Ärztin stammt. Und dieser „Fehler“ wurde dann auch in die Urteilsgründe übernommen.

Können findige Staatsanwälte und Richter daraus den Abbruch des Prozesses basteln? Ungeachtet dessen, was bisher an justiziellen Mängeln zu Tage getreten ist?

Ich traue das der bayerischen Justiz durchaus zu.

Robert Stegmann      

 

 

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Robert Stegmann schrieb:

 

Können findige Staatsanwälte und Richter daraus den Abbruch des Prozesses basteln? Ungeachtet dessen, was bisher an justiziellen Mängeln zu Tage getreten ist?

 

Ich traue das der bayerischen Justiz durchaus zu.

Robert Stegmann

 

Da eine falsche Urkunde vorsätzlich als Beweismittel verwendet wurde, wobei das Merkmal, das die Urkunde zur falschen Urkunde machte, auch noch verschwiegen wurde, mithin der Feststellung durch das zuständige Revisionsgerihct wie derjenigen durch das Verfassungsgericht damit entzogen war, liegt wohl Rechtsbeugung vor. Ein Richter MUSS wissen, dass er dem Inhalt eines falschen Zeugnisses keine Beweiskraft beimessen darf, jedenfalls nicht in dem Sinne, dass er die Aussagen der falschen Urkunde einfach als wahr übernimmt.

 

Wie Bossi schon sagte: Richter drehen sich die Tatsachen zurecht, lügen usw., um ihre Urteile revisionssicher zu machen:

http://www.youtube.com/watch?
feature=player_detailpage&v=LpuIc103AUo#t=41

 

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Gast schrieb:

 

Da eine falsche Urkunde vorsätzlich als Beweismittel verwendet wurde, wobei das Merkmal, das die Urkunde zur falschen Urkunde machte, auch noch verschwiegen wurde, mithin der Feststellung durch das zuständige Revisionsgerihct wie derjenigen durch das Verfassungsgericht damit entzogen war, liegt wohl Rechtsbeugung vor. Ein Richter MUSS wissen, dass er dem Inhalt eines falschen Zeugnisses keine Beweiskraft beimessen darf, jedenfalls nicht in dem Sinne, dass er die Aussagen der falschen Urkunde einfach als wahr übernimmt.

 

 

Das sagen Sie. Aber vielleicht hat er in der Kürze seiner Amtszeit gar nicht die Gelegenheit, die ganzen §§ und Kommentare zu lesen, die das Amt und die Folgen mit sich bringen. 

Siehe Richter Eberl.

Frau Heinemann und Herr Brixner brachten vielleicht auch nicht die Zeit dazu auf. Bei Frau Heinemann und ihren Urlaubswünschen sogar nachvollziehbar.

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Ein Abbruch des Wiederaufnahmeverfahrens kann man daraus nicht basteln. Eher auf eine klare Täuschung durch das damalige Gericht kann man schließen - trotz "Erinnerungslücken"...

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Sehr geehrter Herr Prof. Müller,

Sie bemerken richtig:

„Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB. Das Gesetz ordnet die landgerichtliche Zuständigkeit an – eine Strafkammer soll darüber entscheiden, also Richter, die das Strafrecht und Strafprozessrecht aus dem Effeff kennen und die Verhandlungspraxis sicher beherrschen.“

Hauptgrund für die Zuweisung dürfte sein, dass beim Landgericht immer mehrere Berufsrichter mit der Sache befasst sind, was beim Amtsgericht regelmäßig nicht der Fall ist (Ausnahme: Das erweiterte Schöffengericht, das aber auch nicht unterbringen kann).

 

Die Rolle der Beisitzerin, die das Urteil „eilig diktiert“ haben will (die Absetzung des Urteils ist regelmäßig die Aufgabe des sogen. Berichterstatters in der Kammer) kommt bei der Vernehmung wie auch der „öffentlichen Berichterstattung“ hierüber viel zu kurz, und sie wird dabei insgesamt nicht zutreffend gewürdigt:

Mollath habe sich „von uns“ nur verfolgt gefühlt, betonte sie, damit natürlich voll ins Schwarze treffend (http://www.sueddeutsche.de/bayern/zeugin-im-mollath-prozess-richterin-hat-urteil-eilig-diktiert-1.2041655).

Wenn man sich die Wiederaufnahmeanträge genauer ansieht, fällt auf, dass die sehr zahlreichen und detaillierten Hinweise auf manipulative Veränderungen der Sachabläufe und auch der Prozessgeschichte im damaligen Urteil anlässlich der jetzigen Vernehmung der Beisitzerin Petra H. nicht thematisiert sind. Diese Fehler können keine Flüchtigkeitsfehler sein, weil sie systematisch erfolgt sind, einzeln und zusammen genommen auch bestimmte gleichgelagerte Sinngehalte ergeben. Flüchtigkeitsfehler sind dagegen – in größerer Zahl auftretend – eindeutig chaotischer Natur.

Wenn das Wiederaufnahmeverfahren seine Aufgabe erfüllen soll, müssten derartige Dinge, die für den damaligen und auch jetzigen Verfahrensausgang Bedeutung hatten und haben, thematisiert werden. Andernfalls dürfen sie keinen Eingang in die bevorstehende Entscheidung finden, was eine erschreckende Aussicht wäre.

Haben Sie, Herr Professor Müller, eine Erklärung dafür, dass die Strafkammer – so scheint es - eher losgelöst von den Inhalten der Wiederaufnahmeanträge verhandelt? Es handelt sich hier doch nicht um ein Zivilverfahren, wo es den Parteien obliegt, den Prozessstoff zu bestimmen.

 

Beste Grüße,

Joachim Bode

 

 

 

  

„Aber auch ohne eine Antwort hat Prof. Nedopil einen wichtigen Punkt gemacht. Zugunsten Herrn Mollaths.“

Exakt. Nicht zum ersten Mal:

http://blog.beck.de/2014/07/10/hauptverhandlung-gegen-gustl-mollath-eind...

Völlig ausgeschlossen, dass Prof. Nedopil angesichts dessen, was sich da vor seien Augen und Ohren abspielt, Mollath als gefährlich einstufen würde.

Es wäre zu wünschen, dass das auch die härtesten Kritiker des Gutachters erkennen.

Er wird wahrscheinlich auch schneller durchschauen als andere, was da gelaufen ist, die Frage ist nur, was er damit anfangen kann.

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zu

http://blog.beck.de/2014/07/12/hauptverhandlung-gegen-gustl-mollath-schl...

und dem Bericht vom Prof. Müller, den Richter Armin E. betreffend.

Weshalb wurde Herr E. nicht gefragt wann ihm das Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2 BvR 1523/01 vom 09.10.2001: das erste mal bekannt wurde, und ob er sich dann nicht seiner eigenen Fehler in von ihm geführten Verfahren bewußt wurde, und weshalb er sie dann nicht zu korregieren versuchte?

Mir fehlt diese an sich notwendige Frage in allen Beiträgen zu diesem Thema. Würde das nicht sogar eine heute noch verfolgbare eigenständige Straftat im Amt des Armin E. offenlegen?

 

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@Apollon

Soviel ich den zahlreichen Kommentaren in der Vergangenheit, insbesondere des Untersuchungsausschusses entnehmen konnte, ist Herr Eberl inzwischen Richter am Arbeitsgericht. Da hat er mit Unterbringung nach § 63 wenig bis nichts zu tun.

 

 

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Frage @ Prof.Müller:

Sollte diese Behauptung Lapps aus dem Mollath-Blog: http://der-fall-mollath.de/

 

„Am Ende der fast sieben Stunden langen Verhandlung gibt Brixner dem Verurteilten  eine Warnung mit auf den Weg: Er werde lange nicht wieder freikommen, sagt der Richter. Wenn er so weitermache. Er soll Recht behalten.“

der Wahrheit entsprechen, wie wäre das juristisch zu bewerten?

 

Ist es üblich, oder gar vorgesehen, sprich im originären Aufgabenkreis enthalten, dass der verurteilende Richter am Ende eines Strafverfahrens prognostiziert, wie lange einer auf § 63 weggesperrt wird?

 

Und wenn ja, worauf (also auf welche rechtlichen Grundlagen, meine ich) stützen sich in solchen Fällen die Kenntnisse eines Richters über die voraussichtliche Dauer?

 

Einfach ausgedacht wird sich Herr Lapp das wohl nicht haben und da er seinerzeit ja noch nicht persönlich in den Fall GM involviert war und das somit damals auch nicht aus oder in  irgendeinem privaten Zusammenhang gehört haben könnte, muss er das wohl aus irgendwelchen, ihm vorliegenden, Unterlagen zitiert haben.

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Sehr geehrte Frau Menter,

Sie schreiben:

Also, so "flapsig" kann man den Richter E. meiner Meinung nicht entschuldigen wenn er als Strafrichter nicht wusste, dass man einen Angeklagten nicht gegen dessen Willen zur wochenlangen "Zwangsbegutachtung" in die Psychiatrie einweisen darf.

Freiheitsberaubung ist nur strafbar, wenn sie vorsätzlich begangen wird.

Wenn sich ein Normalbürger in einem bestimmten Rechtsbereich bewegt, dann  muss er auch die zugehörigen Regeln kennen und sich entsprechend verhalten. Als Autofahrer kann man auch nicht sagen, "ich habe zwar den Führerschein, aber neue Regeln/Vorschriften, die anschließend erlassen wurden kenne ich nicht".

Sie werden auch als Normalbürgerin und Autofahrerin nur strafrechtlich verfolgt, wenn Sie vorsätzlich handeln oder wenn die Strafbarkeit des fahrlässigen Verhaltens ausdrücklich geregelt ist (etwa in § 315c Abs.3 StGB). Auch für Richter E. gilt (ebenso wie für Sie) die Straßenverkehrsordnung, so dass er ggf. auch haftet, wenn er im Straßenverkehr einen Fehler macht. Das ist regelmäßig etwas anderes als strafrechtliche Haftung.

Als Normalbürger und Berufstätiger macht man sich strafbar und man haftet zivilrechtlich wenn man die Regeln nicht kennt, die einen betreffen und wenn man sie in der Folge nicht anwendet, weil man sie nicht kennt.

Nein, das trifft für das Strafrecht nicht zu!

Wie wäre das bei einem jungen Ingenieur, der eine Brücke statisch falsch plant, kann der auch sagen "tut mir leid, ich kannte die statischen Grundlagen noch nicht"?

Der Ingenieur haftet zivilrechtlich oder, wenn jemand verletzt/getötet wird ggf. strafrechtlich wegen fahrlässiger Körperverletzung/fahrlässiger Tötung. Aber nicht wegen Vorsatzdelikten wie Totschlag/Mord/Körperverletzung.

Für einen Normalbürger heißt es grundsätzlich "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht".

Das trifft nicht zu. Vorsatz setzt grds. "Wissen und Wollen" voraus, vgl. § 16 Abs.1 StGB.

Ein Richter soll sich aber hier nicht wegen "schwerer Freiheitsberaubung" strafbar machen können, einfach weil er sich auf die Position zurückzieht, er hätte die  gesetzlichen Grundlagen für sein weitreichendes Handeln nicht gekannt.

Ja so ist es. So wäre es auch bei Ihnen - nicht nur bei einem Richter.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Sehr geehrter Herr Bode,

Sie schreiben:

Wenn das Wiederaufnahmeverfahren seine Aufgabe erfüllen soll, müssten derartige Dinge, die für den damaligen und auch jetzigen Verfahrensausgang Bedeutung hatten und haben, thematisiert werden. Andernfalls dürfen sie keinen Eingang in die bevorstehende Entscheidung finden, was eine erschreckende Aussicht wäre.

Haben Sie, Herr Professor Müller, eine Erklärung dafür, dass die Strafkammer – so scheint es - eher losgelöst von den Inhalten der Wiederaufnahmeanträge verhandelt? Es handelt sich hier doch nicht um ein Zivilverfahren, wo es den Parteien obliegt, den Prozessstoff zu bestimmen.

Ich glaube, Sie missinterpretieren die Funktion des derzeitigen Verfahrens. Es geht nicht darum, die Fehler der früheren Hauptverhandlung und des früheren Verfahrens aufzuklären, sondern um eine Neuauflage des Prozesses gegen Gustl Mollath. D. h. unabhängig von den Fehlern des früheren Verfahrens soll es jetzt wieder neu losgehen. Das ist die Erklärung dafür, dass man losgelöst von den Inhalten der Wiederaufnahmeanträge verhandelt - diese Gründe spielen seit einem Jahr in diesem Verfahren formal keine Rolle mehr. Dass sie dennoch teilweise bei der Befragung der Richter und Staatsanwälte, angesprochen werden, ist eher mittelbar und indirekt der Fall.  Ich bedauere selbst, dass es keinen Prozess gibt, in dem die früheren Fehler systematisch aufgearbeitet werden.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Sehr geehrter Herr Stegmann,

Sie schreiben:

Ist der Wiederaufnahmegrund denn noch ein Wiederaufnahmegrund, wenn das Gericht schon bei der Verhandlung 2006 wusste, dass der Sohn das Attest ausgestellt hat?

Soweit ich in Erinnerung habe, hat das OLG Nürnberg dies als einzigen Wiederaufnahmegrund genannt. Frau Heinemann sagt nun, von einer unechten Urkunde ist gar keine Rede.

Auch wenn das Gericht bewusst eine unechte Urkunde verlesen hat, bleibt es doch eine unechte Urkunde.

Können findige Staatsanwälte und Richter daraus den Abbruch des Prozesses basteln? Ungeachtet dessen, was bisher an justiziellen Mängeln zu Tage getreten ist?

Ich traue das der bayerischen Justiz durchaus zu.

Das ist sowohl formal als auch inhaltlich völlig ausgeschlossen. ist eine  neue Hauptverhandlung angeordnet worden, kann man nicht mehr dahinter zurück, selbst wenn sich herausstellt, dass der Wiederaufnahmegrund nicht zutrifft.  Zudem: Was ändert es an der Unechtheit, dass diese dem Gericht sogar bewusst war? Eigentlich hat sich jetzt noch ein weiterer WA-Grund offenbart.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Noch eine Frage @ Prof Müller z.T. Richter E. war nicht informiert:

 

Gibt es nicht so etwas wie eine Sorgfaltspflicht, oder wie immer man das nennen könnte, der Vorgesetzten, in dem Fall der Behörde an sich, die Mitarbeiter (zumindest) über (gravierende) Änderungen zu informieren? Also Gesetzesänderungen, die in diesem Fall ja ganz direkt die Arbeitsgrundlage, den direkten Wirkungsbereich desjenigen betreffen?

Im Sinne einer Umlaufmappe, die dann jeder abzeichnen muss, oder heutzutage in Form von Mails, deren Kentnisnahme man bestätigen muss?

Wenn man schon von einem Richter nicht erwarten darf, dass er sich zu derartig folgenschweren Gesetzesgrundlagen bzgl. seines juristischen Handwerkszeugs selbsttätig auf dem laufenden hält.

 

Sowas ist in der freien Wirtschaft doch absolut üblich und meines Wissens nach auch bei Behörden.

Wäre dem nicht so, würden doch tagtäglich x tausendfach Gründe produziert, beispielweise irgendwelchen Ämter-Bescheiden erfolgreich zu widersprechen, da sie auf einer nicht mehr aktuellen rechtlichen Grundlage getroffen wurden.

 

 

Und vielen Dank für die wirklich verständlichen Ausführungen hier http://blog.beck.de/2014/07/12/hauptverhandlung-gegen-gustl-mollath-schl...

 

Als juristischer Laie sieht man das tatsächlich erstmal vollkommen anders, eben unter dem Gesichtspunkt, Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.

 

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Henning Ernst Müller schrieb:

In  diesem zweiten Versuch fehlt aber das wichtigste Beweismittel gegen den Angeklagten Mollath, die Aussage des (möglichen) Tatopfers. Deshalb ist das Gericht darauf angewiesen, von den Beteiligten des früheren Verfahrens über die damaligen Angaben der Zeugin informiert zu werden. Die jetzt gehörten Zeugen erinnern sich meist nicht oder nur bruchstückhaft daran. Deshalb werden ihnen zur Erinnerung Vorhalte aus den Akten vorgelesen. Diese Vorhalte aus den Akten sind zum strafrechtlichen Beweis ungeeignet. Könnte man das vorgehaltene als Beweis verwerten, könnte man sich die neue Hauptverhandlung ersparen und allein aufgrund der Akten neu urteilen. Das aber lässt die Strafprozessordnung aus gutem Grund nicht zu: Im öffentlichen Forum der Hauptverhandlung müssen die Beweise möglichst unmittelbar aufgenommen werden.

So weit, so gut. Aber auch wenn die jetzt gehörten Zeugen beste Erinnerung an das hätten, was Frau Petra M. ihnen damals erzählte, so wären sie doch nur eines: Zeugen vom Hörensagen. Niemand von ihnen war dabei, als die angeblichen Körperverletzungen stattgefunden haben sollen.

Der Umstand, dass die Hauptbelastungszeugin jetzt erstmals (!) von ihrem Aussageverweigerungsrecht als Ex-Frau Gebrauch macht, halte ich für höchst problematisch. Das ist nicht nur moralisch verwerflich, wie Herr Strate meinte, sondern ein grundsätzlicher Konstruktionsfehler im deutschen Recht. Dieses Aussageverweigerungsrecht hat doch nur zum Ziel, einen nahen Angehörigen vor dem inneren Konflikt zu schützen, einerseits als Zeuge die Wahrheit sagen zu müssen und andererseits dem nahen Angehörigen nicht schaden zu wollen.

Hier liegt der Sachverhalt aber anders: Frau M. ist als Ex-Ehefrau eine nahe Angehörige, deren einziges Ziel es ist, dem Ex-Ehemann maximal zu schaden. Sie ist ganz sicher nicht in dem oben beschriebenen Konflikt. Sie ist bzw. war Opferzeugin, sie ist Nebenklägerin, sie hat die Prozesse gegen Mollath in Gang gebracht und Grund für ihre Aussageverweigerung ist einzig und allein, sich einer peinlichen Befragung und Konfrontation mit Unstimmigkeiten in ihren Aussagen entziehen zu können. Sie hofft - mit einigen Chancen - dass von ihren alten Anschuldigungen genug übrigbleibt und genug in den Prozess eingeführt werden kann, um Herrn M. erneut die Taten nachweisen zu können. So auch ihr Rechtsanwalt, der ganz offen erklärt hat: meine Mandantin hat oft genug ihre Aussagen vor Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht getätigt, es ist alles gesagt, es gibt nichts hinzuzufügen.

Eine solche Vorgehensweise ("ich hab schon alles gesagt, ich brauch nicht mehr vor Gericht erscheinen") läuft aber eklatant der europäischen Menschenrechtskonvention zuwider. Artikel 6 lautet:

 

3) Jede angeklagte Person hat mindestens folgende Rechte:

d) Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten.

 

Mein Fazit: Deutsches Recht muss hier nachgebessert werden. Ein Aussageverweigerungsrecht kann jedenfalls dann nicht in Betracht kommen, wenn die Person, die von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch macht, gleichzeitig noch Nebenklägerin ist und die Nebenklage aufrecht erhält.

Denn dann ist offensichtlich, dass die Opferzeugin zum Ziel hat, mit ihren Anschuldigungen als Kläger vor Gericht auch durchzukommen. Als Minimum müsste in einem solchen Fall gefordert werden, dass nur dann ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht, wenn die Nebenklage zurückgenommen wird bzw. darauf verzichtet wird. Nur dann ist glaubhaft, dass  hier ein (event. neu entstandener) innerer Konfklikt besteht, den Angehörigen nicht (mehr) belasten zu wollen. Mit Aufrechterhalten der Nebenklage hat aber Frau Ex-Mollath deutlich gemacht, dass sie weiterhin eine Verurteilung von Mollath anstrebt.

 

Dieses Recht nach europäischer Menschenrechtskonvention ist Herrn Mollath somit widerrechtlich genommen, wenn Frau Petra M. nicht vor Gericht erscheinen will. Ihre früheren Aussagen sind jetzt rechtlich unwirksam. Es kann aber auch nicht angehen, ihre damaligen Aussagen und Anschuldigen indirekt, über Zeugen vom Hörensagen, in die Verhandlung einzuführen. Denn alles, was die damaligen Zeugen berichten können, haben sie von Frau Mollath gehört (siehe z.B. das Beispiel der Erlanger Psychiaterin, deren Attest sich ausschließlich auf die Aussagen von Frau Mollath stützte). Solche Zeugen vom Hörensagen sind nur dann sinnvoll, wenn Frau Mollath selbst wahrheitsliebend und glaubwürdig wäre. Ansonsten sind diese Zeugen eben alle den Lügengeschichten der Frau Mollath aufgesessen, falls Frau Petra M. tatsächlich das Ziel hatte, ihrem Mann etwas anzuhängen. Genau diese entscheidende Frage der Glaubwürdigkeit bzw. der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Frau Mollath kann aber vom Gericht unter diesen Umständen nicht mehr überprüft werden.

Bleibt noch übrig die Aussage der Schwägerin S., der Frau des Bruders. Diese wurde, wie wir jetzt wissen, bereits in der ersten Verhandlung vereidigt. Jetzt behauptet sie ganz nassforsch, die damalige Aussage sei nicht richtig gewesen, die heutige Aussage sei richtig und sie sei Zeugin vom Sehen. Dann sollte man als erstes Frau S. nochmal vereidigen. Einer der Eide war dann ganz offensichtlich ein Meineid - oder alternativ das Protokoll und das Urteil von Brixner waren eine Fälschung (und so etwas kommt doch in Deutschland niiiiiiemals vor, nicht wahr).

Ach ja, und das Attest über die blauen Flecken der Frau M. war wohl für den Müll. Jeder Student in der Rechtsmedizin lernt, dass man hier eine umfassende Dokumentation inklusive Fotos vornehmen muss. Zentimeter daneben legen. Nur der junge Arztlehrling wusste das nicht mehr, obwohl das Studium doch gerade erst beendet war...

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Sehr geehrter Psychofan,

Sie schreiben:

Der Umstand, dass die Hauptbelastungszeugin jetzt erstmals (!) von ihrem Aussageverweigerungsrecht als Ex-Frau Gebrauch macht, halte ich für höchst problematisch. Das ist nicht nur moralisch verwerflich, wie Herr Strate meinte, sondern ein grundsätzlicher Konstruktionsfehler im deutschen Recht. Dieses Aussageverweigerungsrecht hat doch nur zum Ziel, einen nahen Angehörigen vor dem inneren Konflikt zu schützen, einerseits als Zeuge die Wahrheit sagen zu müssen und andererseits dem nahen Angehörigen nicht schaden zu wollen.

Hier liegt der Sachverhalt aber anders: Frau M. ist als Ex-Ehefrau eine nahe Angehörige, deren einziges Ziel es ist, dem Ex-Ehemann maximal zu schaden. Sie ist ganz sicher nicht in dem oben beschriebenen Konflikt. Sie ist bzw. war Opferzeugin, sie ist Nebenklägerin, sie hat die Prozesse gegen Mollath in Gang gebracht und Grund für ihre Aussageverweigerung ist einzig und allein, sich einer peinlichen Befragung und Konfrontation mit Unstimmigkeiten in ihren Aussagen entziehen zu können. Sie hofft - mit einigen Chancen - dass von ihren alten Anschuldigungen genug übrigbleibt und genug in den Prozess eingeführt werden kann, um Herrn M. erneut die Taten nachweisen zu können.

Ich teile Ihre Auffassung im Großen und Ganzen. Die Verfahrensweise der Nebenklägerin, vom BGH akzeptiert, verhindert eine Konfrontation, wie sie dem fair-trial-Grundsatz entspricht. Würde man in dieser Verhandlung zum Ergebnis kommen, Gustl Mollath habe seine Frau geschlagen, ohne dass Sachbeweise angeführt werden können, wäre eine Revision und bei deren Scheitern auch ein Gang zum EGMR notwendig - möglicherweise wären diese Schritte auch erfolgreich.

Es kann aber auch nicht angehen, ihre damaligen Aussagen und Anschuldigen indirekt, über Zeugen vom Hörensagen, in die Verhandlung einzuführen. Denn alles, was die damaligen Zeugen berichten können, haben sie von Frau Mollath gehört (siehe z.B. das Beispiel der Erlanger Psychiaterin, deren Attest sich ausschließlich auf die Aussagen von Frau Mollath stützte). Solche Zeugen vom Hörensagen sind nur dann sinnvoll, wenn Frau Mollath selbst wahrheitsliebend und glaubwürdig wäre. Ansonsten sind diese Zeugen eben alle den Lügengeschichten der Frau Mollath aufgesessen, falls Frau Petra M. tatsächlich das Ziel hatte, ihrem Mann etwas anzuhängen. Genau diese entscheidende Frage der Glaubwürdigkeit bzw. der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Frau Mollath kann aber vom Gericht unter diesen Umständen nicht mehr überprüft werden.

Im deutschen Strafprozessrecht gibt es kein Verbot der Verwertung von Zeugnissen vom Hörensagen. Ich habe den Eindruck, dass die Kammer solche Zeugnisse auf Aussagen der Petra M. vor Behörden beschränken will. Da gibt es nicht viel, weil diese Zeugen sich meist nicht mehr erinnern. Es trifft aber keineswegs  zu, dass das Gericht die Glaubwürdigkeit der Frau M. bzw. die Glaubhaftigkeit ihrer damaligen Angaben nicht prüfen könne oder dürfe. Im Gegenteil: Lt. BGH muss der geringe Beweiswert berücksichtigt werden. Nach meiner Einschätzung wird das auch der Fall sein, weshalb ich ja auch oben geschrieben habe, dass die Körperverletzung bislang m. E. nicht strafprozessual nachgewiesen ist.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

 

Henning Ernst Mueller schrieb:
..., weshalb ich ja auch oben geschrieben habe, dass die Körperverletzung bislang m. E. nicht strafprozessual nachgewiesen ist.

 

FOCUS vom 12.7. 2014 schrieb:
"Sie sah recht kläglich aus, wie sie so vor mir stand", erinnerte sich Dr. Markus R. an die damalige Untersuchung. Bis auf die Unterhose sei sie ausgezogen vor ihm gestanden, von Kopf bis Fuß übersät mit Hämatomen und deutlichen Würgemalen am Hals. ( http://www.focus.de/politik/deutschland/verwirrender-verhandlungsauftakt... )

Ist das nichts?

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Sehr geehrter Herr Prof. Müller,

 

angenommen, Herr Mollath würde "in dubio pro reo" freigesprochen und keine weiteren Maßnahmen verhängt. Das Gericht erklärt in der mündlichen Urteilsbegründung, die Schläge und Reifenstechereien seien nicht nachweisbar, dass z.B. die Schläge aber nur eine Erfingung der Ehefrau seien, sei ebenfalls nicht erwiesen. Meiner Meinung nach hätte Herr Mollath mangels Beschwer kein Revisionsrecht. Wie sehen Sie das?

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@Gastkommentator: es gibt keine unterschiedlichen Freispruchsklassen. Nur scheint es in der Frage, ob der Staat auch eine Entschädigung zahlen muss, eine Rolle zu spielen, ob der Freigesprochene im früheren Prozess sich irgendeine Schuld am Fehlurteil anrechnen lassen muss. In Bayern ist man in dieser Hinsicht sehr erfinderisch, um auch noch die lächerlichen 25 Euro pro Tag an Entschädigung einzusparen.

 

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@Gastkommentator,

angenommen, Herr Mollath würde "in dubio pro reo" freigesprochen und keine weiteren Maßnahmen verhängt. Das Gericht erklärt in der mündlichen Urteilsbegründung, die Schläge und Reifenstechereien seien nicht nachweisbar, dass z.B. die Schläge aber nur eine Erfingung der Ehefrau seien, sei ebenfalls nicht erwiesen. Meiner Meinung nach hätte Herr Mollath mangels Beschwer kein Revisionsrecht.

Zu welchem Zweck  sollte er in Revision gehen können, wenn er aus tatsächlichen Gründen freigesprochen wird, also auch keine Unterbringung mehr möglich ist? Ob die Schläge eine "Erfindung der Ehefrau" sind oder nicht, ist nicht die Fragestellung der Hauptverhandlung. Sie ist nicht angeklagt.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

Henning Ernst Müller schrieb:

@Gastkommentator,

angenommen, Herr Mollath würde "in dubio pro reo" freigesprochen und keine weiteren Maßnahmen verhängt. Das Gericht erklärt in der mündlichen Urteilsbegründung, die Schläge und Reifenstechereien seien nicht nachweisbar, dass z.B. die Schläge aber nur eine Erfingung der Ehefrau seien, sei ebenfalls nicht erwiesen. Meiner Meinung nach hätte Herr Mollath mangels Beschwer kein Revisionsrecht.

Zu welchem Zweck  sollte er in Revision gehen können, wenn er aus tatsächlichen Gründen freigesprochen wird, also auch keine Unterbringung mehr möglich ist? Ob die Schläge eine "Erfindung der Ehefrau" sind oder nicht, ist nicht die Fragestellung der Hauptverhandlung. Sie ist nicht angeklagt.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

 

Danke, genau das ist meine Meinung.

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  Sehr geehrter Herr Prof. Müller,     nachdem bereits mehrere Fragen zum Thema Richter Eberl von Ihnen beantwortet wurden, möchte ich trotzdem nochmal darauf zurück kommen. Sie schreiben, dass Richter Eberl erst 3 Wochen Strafrichter war, es daher möglicherweise seine erste Anwendung des § 81 StPO war und er die entsprechende Entscheidung des BVerfG vielleicht tatsächlich nicht kannte. Soweit mir bekannt ist Richter Eberl heute 54 Jahre alt, d.h. damals war er 43 oder 44 Jahre alt, mithin zu der Zeit schon lange Jahre (ca. 15?) für die Justiz tätig und nicht frisch von der Uni. Des weiteren schreiben Sie, dass es ihm zwar vorzuwerfen ist nicht in einem Kommentar nachgesehen zu haben, aber entschuldbar da hierfür an dem damaligen Sitzungstag keine Zeit gewesen wäre. Dazu hätte ich folgende Fragen:     Die mögliche Unterbringung nach § 81 StPO hat sich doch nicht am Sitzungstag ergeben, diese Möglichkeit war bereits im Vorfeld bekannt. Darf man daher nicht zwingend erwarten, dass ein Richter sich vor der Verhandlung mit dem entsprechenden Gesetz einschl. Kommentierung beschäftigt und sich auf den aktuellen Stand bringt ? Dies gerade wenn man erst seit 3 Wochen als Strafrichter tätig ist und nicht sicher sein kann die aktuellsten Entwicklungen zu kennen. Immerhin ging es hier doch um bis zu 6 Wochen Freiheitsentzug. Sie argumentieren hier mit dem nicht belegbaren Vorsatz (Wissen und Wollen). Da gebe ich Ihnen völlig recht. Wie sieht es aber mit einen Unterlassen aus ? Zum Vergleich: Ein Steuerberater der seinen Mandanten schädigt, indem er mit einer 3 Jahre alten AO arbeitet, wird sich sicherlich nicht mit fehlenden Wissen heraus reden können. Dafür gibt es doch Loseblattsammlungen. Die Entscheidung des BVerfG war immerhin mehr als 2,5 Jahre alt.     Des weiteren scheint sich Richter Eberl auch nicht mit § 81 StPO Abs. 2 beschäftigt zu haben. "Das Gericht darf die Anordnung nicht treffen, wenn sie ...zu der zu erwartenden Strafe ...außer Verhältnis steht". Gustl Mollath war nicht vorbestraft, die Fälle datierten aus 2001 und 2002, es gab in den vergangenen 2 Jahren seit dem Auszug von Frau M. keine weiteren Gewalttaten. Bitte korrigieren sich mich ggf., aber hier wäre doch sicherlich höchstens eine Strafe zur Bewährung erfolgt. Ich sehe da die Verhältnismäßigkeit für nicht gegeben.     Abschließend. Die Entscheidung des BVerfG betrifft doch nicht eine Sache die alle 10 Jahre einmalig vorkommt. Ich gehe mal davon aus, dass sich niemand für 6 Wochen einweisen lässt, wenn es genügt sich zu weigern. Das betrifft doch die (tägliche?) Praxis und muss daher allgemein bekannt gewesen sein. Beispielweise bei den Mitarbeitern der Geschäftsstelle, der Polizei, sämtlichen Mitarbeitern der Klinik etc. Wenn seit 2,5 Jahren niemand mehr gegen seinen Willen zwecks Exploration eingeliefert wurde, muss das auffallen. Gerade in der Klinik.     Im übrigen vielen Dank für Ihren Blog und Ihre großen Bemühungen in diesem Fall.     Beste Grüße  
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Sehr geehrter Lars,

allen Ihren Ausführungen ist zuzustimmen. Sie belegen den Fehler des Richters, der zuvor kein Strafrichter war. Selbstverständlich hätte er sich schlau machen können und müssen, bevor er eine solche Entscheidung trifft. Aber hier geht es um Vorsatz und um Strafrecht. Eine Sorgfaltspflichtverletzung genügt dafür nicht. Auch der von Ihnen genannte Steuerberater würde nicht wegen vorsätzlicher Straftaten bestraft werden können, wenn er etwas versäumt. Ich "entschuldige" ihn keineswegs damit, dass für die Kommentarlektüre keine Zeit war. Eine Entschuldigung (im Rechtssinne) käme nur in Betracht, wenn man zuvor die tatbestandsmäßige Handlung bejaht.  Die mangelnde Zeit war offenbar systematisch angelegt, wenn man  das Programm betrachtet, was er absolvieren sollte (dafür konnte er offenbar nichts, weil das Programm von seinem Vorgänger stammte). Auch eine Freiheitsberaubung durch Unterlassen muss vorsätzlich begangen sein (und sich auf den konkreten Erfolg beziehen).

Zur Verhältnismäßigkeit: Diese bezieht sich auf die mögliche Unterbringung, nicht auf die zu erwartende Strafe. Aber im Ergebnis bin ich (wie alle wissen, die meine Beiträge kennen) auch der Ansicht, dass die Entscheidung unverhältnismäßig war. Aber eine Fehlentscheidung ist nicht unbedingt auch eine vorsätzliche Fehlentscheidung.

Im Übrigen: Ja, das muss auffallen. Ich gehe davon aus, dass die Entscheidung des BVerfG - jedenfalls anfänglich - systematisch missachtet wurde. Was aber den Vorsatz dieses einen Richters nicht belegt. Zudem hat Richter E. ausgeführt, er sei selbst der Ansicht, die BVerfG-Entscheidung sei im Fall Mollath gar nicht einschlägig gewesen.

Man sollte auch wissen, dass die Anordnung nach § 81 StPO sehr selten ist.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Wiederaufnahmeverfahren: Gustl Mollath sucht nach dem Komplott

Von Otto Lapp

 

 

 Einmal in dieser Woche steht Gustl Mollath nicht im Mittelpunkt. Einmal ist nicht er das einzige angebliche Justizopfer, sondern Klaus Stölzel. Der 54-jährige Nürnberger fliegt nämlich hochkant aus dem Saal 104 des Regensburger Landgerichtes, wo der Fall Mollath seit Montag neu aufgerollt wird. „Eine Unverschämtheit,“, schreit Stölzel, „ich protestiere.“ Aber die Vorsitzende Richterin Elke Escher bleibt hart. Denn Stölzel trägt ein T-Shirt, das sie im Gericht „nicht sehen möchte“. Ein schwarzes T-Shirt mit dem Bild von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble. Darunter steht „Stasi 2.0“, eine Anspielung auf einen Überwachungsstaat. „Sie haben den Sitzungssaal zu verlassen“, sagt die Richterin. Was er, inzwischen stehend, so gar nicht möchte, denn er gehört zu den Unterstützern von Mollath. „Ich möchte es schriftlich haben, ich habe ein Interventionsrecht.“ Ein Justizbeamter ist schon im Saal. „Ich protestiere hier, das ist eine Ungebühr.“ Der zweite Justizbeamte. „Ich protestiere, das ist gegen die Menschenrechte.“ Draußen stehen noch mehr Justizbeamte, sie alle müssen Überstunden machen diese Woche wegen der erhöhten Sicherheitsvorkehrungen. „Die Menschenrechte werden mit Füßen getreten. Das ist kein faires Verfahren.“ Abgang Stölzel (wütend), die Bühne gehört wieder Gustl Mollath (teilnahmslos), wie es sich gehört. Es ist sein Verfahren, und es soll vor allem eins werden. Fair. Und das hat er in dieser Woche auch schon gelobt. Dass das Verfahren, das ihn in die geschlossene Psychiatrie gebracht hat, sehr viele Mängel aufwies, ist seit Jahren bekannt. Einige sprechen gar von einem Justiz-Skandal, andere, auch Mollath selbst, von einem Komplott, gar einer Verschwörung gegen ihn. Weil er die angeblichen Schwarzgeldgeschäfte seiner Frau anzeigte, soll er mit vereinter Kraft von Justiz, Psychiatrie und Hochfinanz hinter Gittern gelandet sein. Das hat er in den mehr als sieben Jahren in der Forensik immer wiederholt. Und selbst jetzt noch lässt er diesen Gedanken nicht los.

Er macht zwar keine Aussage, weil ein forensischer Gutachter mit im Saal sitzt, aber still sein kann Mollath nicht. „Grüß Gott, Frau Richterin a.D. Heinemann.“ „Sehr geehrter Herr Richter Eberl, ich grüße Sie.“ In versöhnlichem Ton mit leichter Mollath’scher Ironie gewürzt grüßt er die Zeugen, die ihm früher im Leben als Richter, Gutachter, Staatsanwälte oder angebliche Opfer begegnet sind. „Grüß Gott, Herr Schorr.“

Schorr (34) war der Staatsanwalt, der die angeblichen Reifenstechereien Mollaths bearbeitete, die an Silvester 2004 losgingen. Ruhig will Mollath wissen, ob es nicht sinnvoll gewesen wäre, ein Gutachten über die zerstochenen Reifen anfertigen zu lassen. Schorr zweifelt, ob ein Gutachter „von durchstochenen Reifen auf die Gefährlichkeit“ Mollaths hätte schließen können. „Aber ein Gericht konnte das“, zischt sein Anwalt Gerhard Strate. Denn das Nürnberger Landgericht hielt Mollath für allgemeingefährlich, hauptsächlich weil er 129 Reifen durchstochen haben soll.

Die damalige Beisitzende Richterin Petra Heinemann (67) gehörte damals der siebten Kammer am Nürnberger Landgericht an, die Mollath unterbringen ließ. „Werden psychiatrische Gutachten auf ihr Richtigkeit überprüft“, will er wissen. „Immer.“ Mollath will Aufklärung. Wie das gemacht werde? Sie seien intensiv durchgelesen worden, man habe mit dem Sachverständigen gesprochen, „und manches Mal gegen den Gutachter entschieden“.

„War ihr Mädchenname Selig oder ähnlich? Die Richterin, die sich kaum oder falsch an die Verhandlung mit Mollath erinnert, die ein mit Fehlern gespicktes Urteil diktierte, weil sie in einen lange gebuchten Urlaub wollte, die nur noch über den Angeklagten von damals wusste, dass er partout nicht mit sich reden lassen wollte, diese Richterin wundert sich jetzt. „Bei den früheren Frau angeht“, erklärt Mollath. Da seien auch Konten gewesen, „da war ein Konto ,Seligstadt‘, da meinen Fachleute, das könnte mit Ihnen zusammen hängen.“ Eine typische Frage aus Mollaths Schwarzgeldkosmos.

Von einem anderen Zeugen will er wissen, ob er den Mann seiner Ex-Frau kenne. Denn hier könnten ja Seilschaften dazu geführt haben, dass er untergebracht wurde. Auch bei seinem ehemaligen Staatsanwalt Schorr hält er Seilschaften in Nürnberg für möglich. Aber der war erst Anfang April 2004 in die Stadt gekommen, und drei Wochen später stand Mollath vor Gericht. Zu kurz für wirkungsvolle Seilschaften. Und von einer Ärztin will er wissen, wie lange sie Kunde bei der Hypovereinsbank war, jener Bank, in der seine Frau arbeitete und wo er Schwarzgeldschiebereien vermutete. Und von Alfred Huber, einem seiner ehemaligen Richter, will er wissen, ob der Fußballschiedsrichter gewesen sei. Hier vermutet er eine Seilschaft über den FCN bis in die höchsten Kreise der Stadt gegen ihn. „Fußball nicht“, sagt der Richter. „Mit Schach kann ich dienen.“

 

„Sehr geehrter Herr Richter Eberl, ich grüße Sie“. Nein, Eberl (54) habe keine Notizen mehr von der Verhandlung mit Mollath. Aber er weiß noch, dass es bald nach Beginn im April 2004 zu einer „atmosphärischen“ Störung im Saal gekommen ist, weil Mollath nicht mit dem Gutachter im Saal sprechen wollte. Der Mollath von 2014 erklärt seinem Richter von damals, warum: Er sei nicht psychisch krank. Dass er nur deshalb immer die Rolläden zu Hause heruntergelassen hätte, lag auch an den wertvollen Antiquitäten. Sonnenstrahlen hätten die Farbe ändern können.

Ein Gerichtsvollzieher hatte allerdings nie wertvolle Antiquitäten in Mollaths Haus gefunden. Den kann Mollath aber nicht mehr fragen. Er ist bereits verstorben.

 

http://nordbayerischer-kurier.de/nachrichten/wiederaufnahmeverfahren-gus...

 

 

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Auch wenn die Unterstützerszene (Strate, Müller &  Co.) nicht müde wird, das zu behaupten: Es stimmt doch überhaupt nicht, dass seit der Entscheidung des BVerfG vom 9.10.2001 "niemand mehr gegen seinen Willen (zum Zwecke der psychiatrischen Untersuchung nach § 81 StPO) untergebracht werden darf".

Er darf untergebracht werden, wenn und soweit auch ohne seine Mitwirkung und ohne zum Mittel der verfassungswidrigen Totalbeobachtung zu greifen bzw. ohne sonst verfassungswidrige Einwirkung relevante psychiatrische Erkenntnisse zu erwarten sind.

Das kam im Fall Mollath durchaus in Betracht, da es hier  -  anders als im Fall Schmider, der der BVerfG-Entscheidung zugrunde lag  -  um Aggressionsdelikte ging und Aspekte wie Aggressivität und Selbstbeherrschung sehr wohl ohne verfassungswidrige Totalbeobachtung feststellbar sind.

Was man dem Amtsrichter daher vorwerfen kann, ist nicht die Nichtbeachtung einer der Unterbringung schon im Ansatz entgegenstehenden BVerfG-Entscheidung, sondern die defizitäre Begründung und die fehlende Konkretisierung und zeitliche Begrenzung der durchzuführenden Maßnahmen.

 

[Nebenbei: Wenn der Amtsrichter in einem Kommentar nachgeschlagen hätte, hätte er da (nur) folgenden Satz gefunden: "Bei fehlender Bereitschaft des Beschuldigten zur Mitwirkung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn gleichwohl ein verwertbares Ergebnis zu erwarten ist (BVerfG NStZ 2002, 98)" [Karlsruher Kommentar zur StPO, 3. Aufl. 2003/7. Aufl. 2013, § 81 Rn. 5].]

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Wilfried schrieb:

Auch wenn die Unterstützerszene (Strate, Müller &  Co.) nicht müde wird, das zu behaupten: Es stimmt doch überhaupt nicht, dass seit der Entscheidung des BVerfG vom 9.10.2001 "niemand mehr gegen seinen Willen (zum Zwecke der psychiatrischen Untersuchung nach § 81 StPO) untergebracht werden darf".

Er darf untergebracht werden, wenn und soweit auch ohne seine Mitwirkung und ohne zum Mittel der verfassungswidrigen Totalbeobachtung zu greifen bzw. ohne sonst verfassungswidrige Einwirkung relevante psychiatrische Erkenntnisse zu erwarten sind.

Das kam im Fall Mollath durchaus in Betracht, da es hier  -  anders als im Fall Schmider, der der BVerfG-Entscheidung zugrunde lag  -  um Aggressionsdelikte ging und Aspekte wie Aggressivität und Selbstbeherrschung sehr wohl ohne verfassungswidrige Totalbeobachtung feststellbar sind.

Was man dem Amtsrichter daher vorwerfen kann, ist nicht die Nichtbeachtung einer der Unterbringung schon im Ansatz entgegenstehenden BVerfG-Entscheidung, sondern die defizitäre Begründung und die fehlende Konkretisierung und zeitliche Begrenzung der durchzuführenden Maßnahmen.

 

[Nebenbei: Wenn der Amtsrichter in einem Kommentar nachgeschlagen hätte, hätte er da (nur) folgenden Satz gefunden: "Bei fehlender Bereitschaft des Beschuldigten zur Mitwirkung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn gleichwohl ein verwertbares Ergebnis zu erwarten ist (BVerfG NStZ 2002, 98)" [Karlsruher Kommentar zur StPO, 3. Aufl. 2003/7. Aufl. 2013, § 81 Rn. 5].]

Und was kam nach dieser Beobachtung tatsächlich Verwertbares raus ?

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Naja, bei Mollaths Unterbringung 2004 gings um einmalige Körperverletzung 2001 und einstündige Freiheitsberaubung 2002, beides während Ehestreitigkeiten. Ach ja, Briefdiebstahl, auch 2002. Ansonsten gabs nix vorher und nix nachher.

Da find ich diese Zwangseinweisung doch leicht übertrieben.

 

 

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#26

Armer Otto Lapp!

Man merkt deutlich, wie ihm der Stoff ausgeht.

Juristisch hatte er ja noch nie irgend etwas zu melden, und im übrigen bedient er nach wie vor die Kampf-Klaviatur seiner diffamierenden und offensichtlich hassgeprägten Eindrücke, die sich in immer verwegenere Gefilde zurück ziehen müssen - mangels Qualität und Masse.

Was wird er nur am Ende des Verfahrens "berichten"? Vielleicht berät er sich mit den Kolleginnen Lakotta und Schwarzer..... Zu Dritt müssten die doch eine Zeile hinkriegen!

@ Prof. Müller

"Ich glaube ihm, dass er das Urteil des BVerfG nicht kannte und er sich deshalb auch nicht wegen vorsätzlicher Freiheitsberaubung und Rechtsbeugung strafbar gemacht hat, als er die Unterbringung zur Beobachtung anordnete. Er war erst drei Wochen als Strafrichter tätig und möglicherweise  war dies der erste Fall, in der er den § 81 StPO anwenden wollte. Die Fahrlässigkeit, nicht in einem Kommentar nachgeschlagen zu haben, ist nicht tatbestandsmäßig. Und er hätte dazu - nach dem Programm des damaligen Sitzungstages am AG - auch gar keine Zeit gehabt."

Danke für die klaren Worte.

Auch wenn die Vorwürfe – gerade für den Laien – plausibel wirken, sind sie deshalb noch lange nicht bewiesen, dennoch trifft die auf öffentlicher Bühne Angeklagten die ganze Wucht der öffentlichen Verurteilung, da gilt nicht "et audiatur altera pars", auch Korrekturen sind nicht vorgesehen.

Erst vor wenigen Wochen berichtete die SZ unter dem Titel "Fünf Wochen ohne Urteil weggesperrt" über die Nichtverfolgung der Freiheitsberaubungsvorwürfe:

http://www.sueddeutsche.de/bayern/fall-gustl-mollath-fuenf-wochen-ohne-u...

Erschreckend waren viele Kommentare im Forum, wobei ich mich schon wunderte, dass der Richter diesmal nicht Brixner hieß. Ein Kommentar warb offen für Lynchjustiz, immerhin nur für ein paar Stunden. Allmählich stelle sich die Frage der "Selbstjustiz", hieß es in einem anderen, der stand da einen Tag lang. Man müsse handeln "wie in Frankreich" drückt verklausuliert dasselbe aus, das steht da immer noch. Insgesamt befeuerte dieser Artikel die Kritik an der bayrischen Justiz, die in diesem Fall offensichtlich nicht berechtigt ist.

Sollte sich zeigen (wovon ich ausgehe), dass auch andere Akteure entgegen der weit verbreiteten Überzeugung nicht vorsätzlich gehandelt haben, wird es wohl lange dauern, bis das überall ankommt. Und die Frage des Gewissens könnte sich dann noch ganz anders stellen als bislang gedacht.

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Gast schrieb:

 Insgesamt befeuerte dieser Artikel die Kritik an der bayrischen Justiz, die in diesem Fall offensichtlich nicht berechtigt ist.

Sollte sich zeigen (wovon ich ausgehe), dass auch andere Akteure entgegen der weit verbreiteten Überzeugung nicht vorsätzlich gehandelt haben, wird es wohl lange dauern, bis das überall ankommt. Und die Frage des Gewissens könnte sich dann noch ganz anders stellen als bislang gedacht.

Momentmal - zwischen Kritik und strafbarem Handeln ist schon noch ein gewisser Unterschied ?!?

Das ist eben genau die Art von Nebelkerzen, die das Publikum blenden sollen: Seht's doch, es war schon alles gut.

War es eben nicht. Ein Fachmann hat versagt und zumindest fahrlässig etwas getan, was er nicht hätte tun dürfen. Und dies soll nur unberechtigt kritisiert werden dürfen ?

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Gast schrieb:

Sollte sich zeigen (wovon ich ausgehe), dass auch andere Akteure entgegen der weit verbreiteten Überzeugung nicht vorsätzlich gehandelt haben, wird es wohl lange dauern, bis das überall ankommt. Und die Frage des Gewissens könnte sich dann noch ganz anders stellen als bislang gedacht.

Sie sind derjenige, der den Schuss noch nicht gehört hat!

Wenn die Akteure nicht vorsätzlich gehandelt haben, was heisst das denn dann?

Was meinen Sie eigentlich, was los ist, wenn nach einer Weile überall ankommt, dass solche Betriebsunfälle möglich sind?

Und die Justiz -allen voran die Ministerin- trotz aller offenkundigen Zweifel mit Zähnen und Klauen behaupten, es sei alles korrekt gelaufen?

Dass jeder einfach so 7,5 Jahre in der Psychiatrie verschwinden kann und ohne massiven öffentlichen Druck, keine Chance besteht das zu korrigieren?

Das Richter einfach derart schlampen und heute nicht einmal ein Wort des Bedauerns über die Lippen bringen, sondern beleidigt in den Urlaub abdampfen?

 

Gegen Kriminelle ist man nie gefeit, aber wenn sowas einfach passieren kann, ja wieviele sitzen denn da noch? 

Wenn das kein Vorsatz war, ist das Vertrauen in die Jusitz zu recht zerstört.

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1. Richterin Heinemann sagt, dass Frau Dr. R. geladen gewesen sei. Ich gehe davon aus, dass die Akten in den letzten zwei Jahren von mehreren Leuten akribisch genau gelesen wurden. Niemand hat einen Hinweis darauf entdeckt. Was verbirgt sich hinter dieser Sensation? Ein weiterer Hinweis auf die schlampige Aktenführung? Vermutlich wurde doch nur ganz vorsichtig gesagt, es sei möglich, dass ... oder wurde alles wirklich mit Bestimmtheit behauptet?

 

2. Es gab einen jungen Richter, dem der Beschluss des BVerfG vielleicht unbekannt war. Kann es sein, dass ein junger Richter, dann in den RiStBV nachsieht? Dort steht:

61

Allgemeines

 

(1) Der für die Anordnung der Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus geltende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 81 Abs. 2 Satz 2 StPO) ist auch bei der Vollstreckung der Anordnung zu beachten.

 

(2) Der auf freiem Fuß befindliche Beschuldigte darf in der Regel erst dann zwangsweise in das psychiatrische Krankenhaus verbracht werden, wenn er unter Androhung der zwangsweisen Zuführung für den Fall der Nichtbefolgung aufgefordert worden ist, sich innerhalb einer bestimmten Frist in dem psychiatrischen Krankenhaus zu stellen, und er dieser Aufforderung nicht nachgekommen ist. Einer solchen Aufforderung bedarf es nicht, wenn zu erwarten ist, dass der Beschuldigte sie nicht befolgt.

 

62

Dauer und Vorbereitung der Beobachtung

 

(1) Der Sachverständige ist darauf hinzuweisen, dass die Unterbringung nicht länger dauern darf, als zur Beobachtung des Beschuldigten unbedingt notwendig ist, dass dieser entlassen werden muss, sobald der Zweck der Beobachtung erreicht ist, und dass das gesetzliche Höchstmaß von sechs Wochen keinesfalls überschritten werden darf.

 

(2) Der Sachverständige ist zu veranlassen, die Vorgeschichte möglichst vor der Aufnahme des Beschuldigten in die Anstalt zu erheben. Dazu sind ihm ausreichende Zeit vorher die Akten und Beiakten, besonders Akten früherer Straf- und Ermittlungsverfahren, Akten über den Aufenthalt in Justizvollzugsanstalten, in einer Entziehungsanstalt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus (mit Krankenblättern), Betreuungs-, Entmündigungs-, Pflegschafts-, Ehescheidungs- und Rentenakten zugänglich zu machen, soweit sie für die Begutachtung von Bedeutung sein können.

 

(3) Angaben des Verteidigers, des Beschuldigten oder seiner Angehörigen, die für die Begutachtung von Bedeutung sind, z.B. über Erkrankungen, Verletzungen, auffälliges Verhalten, sind möglichst schnell nachzuprüfen, damit sie der Gutachter verwerten kann.

 

(4) Sobald der Beschluss nach § 81 StPO rechtskräftig ist, soll sich der Staatsanwalt mit dem Leiter des psychiatrischen Krankenhauses fernmündlich darüber verständigen, wann der Beschuldigte aufgenommen werden kann."

 

Oder bleiben die RiStBV ohne weitere Beachtung? Oder hatte ein junger Richter schon damals (wie kürzlich in Würzburg behauptet) keine Zeit, die Vorgaben aus Karlsruhe zu beachten?

 

3. Warum steht eigentlich nur im Bericht von Herrn Lapp etwas über die Zeugenaussage Gebessler?

 

4. Kann diese Häufung von Fehlern, Schlampereien, Versäumnissen, Nichtwissen u.s.w. tatsächlich mit Zufall erklärt werden?

Es ist Max Mustermann zuzustimmen, wenn eine (oder mehrere) Personen mit Vorsatz gefunden sind, dann ist die Ehre der Justiz wiederhergestellt. Bisher gibt die Justiz von sich selbst ein schlechtes Bild, wenn der Fall Mollath noch dazu als "Normalfall" dargestellt wird. Schlampereien, Versäumnisse u.s.w. sind üblich und an der Tagesordnung. Das ist unrecht gegenüber den vielen Menschen, die dort mit bestem Wissen und Gewissen ihren Dienst versehen, vielleicht sogar remonstrieren. Nur, was passiert mit denen?

 

 

 

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Hobbydetektiv schrieb:
...

2. Es gab einen jungen Richter, dem der Beschluss des BVerfG vielleicht unbekannt war. Kann es sein, dass ein junger Richter, dann in den RiStBV nachsieht? Dort steht: (...)

Oder bleiben die RiStBV ohne weitere Beachtung? Oder hatte ein junger Richter schon damals (wie kürzlich in Würzburg behauptet) keine Zeit, die Vorgaben aus Karlsruhe zu beachten?

Diese Nummern der RiStBV sind seit 1997 unverändert. Die o.a. Entscheidung des BVerfG ist darin gerade nicht verarbeitet.

5

Bei dem Richter E. stellen sich noch weitere Fragen:

- war die Entscheidung einer bloßen Kammer des BVerfG überhaupt bindend (das war bis in die Nullerjahre noch nicht ganz eindeutig geklärt)

- betraf sie einen vergleichbaren Fall? Die BVerfG-Entscheidung betraf ein Verfahren (wohl "Flowtex"), in dem der Angeklagte schon einmal begutachtet worden war, die Kammer aber das Ergebnis offenbar nicht so ganz akzeptieren wollte und daher das neue Gutachten mit "Totalbeobachtung" anordnete. Ich denke, dass bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung der Umstand , dass es bereits ein Erstgutachten gab, eine sehr große Rolle gespielt hat.

5

Sehr geehrter Herr Kuntze,

Für den Vorsatz reicht des Wissen um den objektiven Tatbestand. Mein Gedankengang ist, dass § 81 StPO ggf. die Rechtswidrigkeit entfallen lässt, dies wäre aber eher eine Irrtumsproblematik (Verbotsirtum) und ggf. wäre auch an ein Tatbestandsirrtum zu denken. Beide Irrtumsvarianten sind im StGB geregelt mit unterschiedlichen Anforderungen und Konsequenzen....

(...)

Jedenfalls sehe ich hier eher eine Irrtumsproblematik als ein Vorsatzproblem.

Es handelt sich, wenn er die BVerfG-Entscheidung nicht kannte, um einen Erlaubnistatbestandsirrtum, der - nach allg. Auffassung - in der Rechtsfolge nun eben den Vorsatz entfallen lässt (§ 16 Abs.1 analog).

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

 

Sehr geehrter Hobbydetektiv,

Sie schreiben:

Richterin Heinemann sagt, dass Frau Dr. R. geladen gewesen sei. Ich gehe davon aus, dass die Akten in den letzten zwei Jahren von mehreren Leuten akribisch genau gelesen wurden. Niemand hat einen Hinweis darauf entdeckt. Was verbirgt sich hinter dieser Sensation? Ein weiterer Hinweis auf die schlampige Aktenführung? Vermutlich wurde doch nur ganz vorsichtig gesagt, es sei möglich, dass ... oder wurde alles wirklich mit Bestimmtheit behauptet?

Dass die Ärztin nicht geladen war, wurde in der HV geklärt. Frau Heinemann sagte dann, da habe Sie sich wohl falsch erinnert. Ich sehe die "Sensation" darin, dass sie von einem Anruf berichtet, bei dem man erfahren habe, dass nicht die Ärztin, sondern der Sohn das Attest erstellt habe. Ob es wirklich so war, weiß ich nicht. Und Frau Heinemann würde wahrscheinlich auf Nachfrage antworten: "Ich.weiß.es.nicht."

Warum steht eigentlich nur im Bericht von Herrn Lapp etwas über die Zeugenaussage Gebessler?

Herr Gebessler wurde schon am Vortag vernommen zu einem Zeitpunkt, zu dem ich nicht mehr im Gerichtssaal war. Vielleicht war Herr Lapp der einzige, der noch da war und die Aussage Gebesslers für berichtenswert hielt.

Kann diese Häufung von Fehlern, Schlampereien, Versäumnissen, Nichtwissen u.s.w. tatsächlich mit Zufall erklärt werden?

Nein, Zufall war es wohl nicht, denn diese Fehler etc. bauen ja teilweise aufeinander auf. Es sind auch systematische/strukturelle Schwächen erkennbar, die es verhinderten, dass in diesem Fall rechtliche Schutzmechanismen griffen. Und natürlich haben die Folgen der juristischen und psychiatrischen Fehlentscheidungen einigen ganz gut ins Konzept gepasst.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Warum steht eigentlich nur im Bericht von Herrn Lapp etwas über die Zeugenaussage Gebessler?

Herr Gebessler wurde schon am Vortag vernommen zu einem Zeitpunkt, zu dem ich nicht mehr im Gerichtssaal war. Vielleicht war Herr Lapp der einzige, der noch da war und die Aussage Gebesslers für berichtenswert hielt.

 

Wer bitteschön ist Herr Gebessler? Wo findet man den Artikel, denn Herr Lapp zu seiner Aussage gemacht hat?

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Sehr geehrter Herr Professor Müller,

 

vielen Dank für Ihre Antwort.

 

Die Kritik über die fehlende Berichtüberstattung über die Aussage des Zeugen Gebessler bezog sich nur auf die professionellen Journalisten. Sie hatten in Ihrer Einleitung zum Blog mitgeteilt, dass Sie wegen Ihrer sonstigen Verpflichtungen nur teilweise den Prozess verfolgen können. Ich gehe bei Ihrer bisherigen offenen Berichterstattung davon aus, dass Sie alles berichten, was Sie von der Verhandlung wissen.

 

Besten Dank für diesen Blog und Ihr Eingehen auf die vielen Fragen.

 

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@ giovanni

es ist Ihnen unbenommen, den Kommentar so zu lesen, wie Sie das tun, affirmativ ist er jedoch nicht unbedingt. Es ist ja noch nicht einmal Vorsatz ausgeschlossen, er müsste halt auch denen zugeordnet werden können, die verfolgt werden. Denken Sie mal an den Dr. Leipziger in Bayreuth - was hat er denn davon, wenn er den Mann aus Nürnberg seiner Freiheit beraubt?

Warum sollte er das tun?

Wie soll man in der Situation ausschließen können, dass hier das System aus verschiedenen Gründen versagt haben könnte, dass menschliche Schwächen (Faulheit, Inkompetenz etc.) oder das allgemeine Sicherheitsbedürfnis einen wesentlichen Anteil hatten?

Solange ich das nicht weiß, habe ich ein ungutes Gefühl, wenn jemand über "Selbstjustiz" nachdenkt oder  schriftlich davon träumt, mit einer Axt bei den "Tätern" zu erscheinen bzw. Verständnis dafür zeigt, wenn andere das tun.

Dann würde mich interessieren, wie überhaupt Vorsatz nachgewiesen werden könnte. Spontan fällt mir nur ein, dass Zeugen entsprechende Pläne bezeugen.

 

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Hochinteressant.

Vom AG bis zur Ministerin wird ein Fehler einfach perforiert.

Wenn ein Professor der Ministerin mal rät, die StA könnte ihr doch mal en Detail den Fall darlegen, springt der Richterverband im Dreieck.

Wenn dann eine Frage gestellt wird, die wohl jedem halbwegs tauglichen Erstsemester auf der Zunge liegt, wird gelöscht.

Nach der Demontage steht nun der Vertrauensverlust in die freie Lehre an???

Nun ja, löschen kann man natürlich, wenn man seinen Standpunkt nicht vertreten kann.

Tröstend und zugleich erschreckend wirkt die Erkenntnis, dass am Anfang allen Untergangs immer die "normative Kraft des Faktischen" stand.

Lösch halt!

P.S. Es soll ja auch Kommentatoren geben, die wenn sie sich bei einer Auskunft mal exaltiert haben, sich auch im Anschluss entschuldigt haben und den deutlichen Hinweis gegeben haben, dass keineswegs die persönliche Haltung des Gegenüber gegenständlich war, sondern dem freien Spiel der Rede gefolgt wurde.

 

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Und die Herren BZK-Direktoren - können die sich auch auf die Position zurückziehen, dass sie ihr Kerngeschäft betreffende rechtliche Vorgaben einfach nicht gelesen hätten?

Im Gegensatz zu Richter E. waren sie ja schon länger im Geschäft und standen nicht unter Zeitdruck wie Richter E.

Dr. Strate hat m. E. nach detailliert aufgeführt in welchen medizinischen Fachjournalen die Entscheidung zu Gunsten eines Angeklagten betreffend die "Laborrattenbeobachtung" veröffentlich war.

Muss man hier den Vorsatz nachweisen, also die Tatsache beweisen, dass die Forensikexperten in leitender Stellung eine Entscheidung kannten, oder reicht es, dass man nach allgemeiner Erfahrung oder ähnlichem urteilt, z. B., "mit hoher Wahrscheinlichkeit" kannte der Leiter des BZK B. die Entscheidung und hat den einweisenden Richter nicht darauf hingewiesen, dass sie existiert.

 

Wäre es nicht sinnvoll die Strafbarkeit des fahrlässigen Verhaltens in diesem Falle zu regeln? Sonst geht es ja zu Lasten potentieller Opfer munter weiter mit der Handhabung "tut mir leid, Entscheidung kannte ich nicht".

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@ Max Mustermann

 

#40 war ursprünglich auch an Sie adressiert.

Vorweg: ich bin überzeugt davon, dass im Fall Mollath Vorsatz eine große Rolle spielt.

Aber ich weiß nicht, wem ich ihn vorwerfen würde, solange ich nicht die ganze Geschichte verstehe. Ich kann beispielsweise nicht ausschließen, dass einzelne Akteure wie die Amtsrichter oder Dr. Leipziger selbst instrumentalisiert wurden. Insofern kann ich gut nachvollziehen, dass die Anforderungen an Beweise hoch sind.

Was ich meine, „was los ist, wenn nach einer Weile überall ankommt, dass solche Betriebsunfälle möglich sind?“ Nun, ich meine, dass vergleichbare Fälle immer wieder vorkommen, dass man das auch wissen könnte, dass das aber kaum jemanden interessiert, wenn er nicht selbst betroffen ist. Womit ich keinesfalls den Fall Mollath relativieren, sondern das Problem verdeutlichen möchte.

Bis in die 1970er Jahren verschwanden schwer erziehbare Kinder und Jugendliche noch schneller als heute in der Psychiatrie, ohne dass es einen Aufschrei gegeben hätte. Heute ist die um sich greifende Erbschleicherei ein großes Problem. Oder man entledigt sich der lästigen Ehefrau, um ihr Vermögen mit einer neueren Partnerin zu genießen. Gefährliche Zeugen ließ und lässt man in der Psychiatrie verschwinden, eine „elegante“ Alternative zum Mord.

Es gibt viele Opfer, die nicht die geringste Chance haben, die wahren Motive ihrer fürsorglichen Nächsten zu entlarven – vor allem dann nicht, wenn es mehrere sind, wenn sie über hohen Sozialstatus verfügen, wenn sie aufgrund gesellschaftlicher Zuschreibungen quasi über jeden Verdacht erhaben sind, aber auch, wenn die Opfer solcher Intrigen nicht zuletzt dank des Zusammenlebens mit eben jenen Nächsten (die sich auch nicht scheuen, ein wenig „nachzuhelfen“) isoliert oder psychisch belastet sind. Das ist maximal perfide, moralisch höchst verwerflich, aber schwer zu beweisen.

Der Fall Mollath hat ein Schlaglicht auf die Schwächen des Justiz-Psychiatrie-Systems geworfen und eine wichtige Diskussion angestoßen, die bereits in der Politik angekommen ist: die Hürden der Psychiatrisierung sollen erhöht und die Kontrollen verbessert werden. Von der Psychiatrie wäre zu wünschen, dass das etablierte, leider in vielen Fällen notwendige Instrument der Fremddiagnose mit höchster Sorgfalt angewendet wird (wobei man da oft in einem echten Dilemma steckt). Aber es ist zu befürchten, dass die besten Gesetze, die beste Anwendung dieser Gesetze, die beste Psychiatrie den Missbrauch des Systems bei entsprechend hoher krimineller Energie nicht gänzlich verhindern können.

Auch die Medien stehen in der Pflicht, die „Betriebsunfälle“ sollen überall ankommen. Das sollte aber möglichst sachlich, kompetent und verantwortungsvoll geschehen. Denn es ist schon fragwürdig, wenn einzelne Aspekte, noch dazu wenig belegte, in den Vordergrund gestellt werden mit der Konsequenz, dass falsche Schlüsse gezogen und fragwürdige Reaktionen gefördert werden und nicht zuletzt die eigentlichen Probleme weiterhin im Dunklen bleiben.

Übrigens meine ich, dass von bestimmten Personen nie ein Wort des Bedauerns zu erwarten ist.

 

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@Hobbydetektiv.

Abgesehen davon, dass die RiStBV keine Gesetze sind, an die ein Richter gebunden wäre, vielleicht googeln Sie das auch mal...

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@ Prof. Müller

 

Gibt es irgendeinen konkreten Grund, warum Sie  meine Fragen hier http://blog.beck.de/2014/07/12/hauptverhandlung-gegen-gustl-mollath-schl... und hier http://blog.beck.de/2014/07/12/hauptverhandlung-gegen-gustl-mollath-schl... nicht beantwortet haben?

 

Hab ich am Ende technisch was falsch gemacht, irgendeine Nettiquette missachtet oder die Antwort schlicht übersehen?

 

Meine Fragen waren keinesfalls rhetorischer Natur, ganz im Gegenteil, und die Antworten würden mich nach wie vor sehr interessieren.

 

Vielen Dank im Voraus!

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Sehr geehrter f&f, Ihre Fragen hatte ich übersehen.

Sie schreiben:

Sollte diese Behauptung Lapps aus dem Mollath-Blog: http://der-fall-mollath.de/

„Am Ende der fast sieben Stunden langen Verhandlung gibt Brixner dem Verurteilten  eine Warnung mit auf den Weg: Er werde lange nicht wieder freikommen, sagt der Richter. Wenn er so weitermache. Er soll Recht behalten.“ der Wahrheit entsprechen, wie wäre das juristisch zu bewerten

Wenn es diese Äußerung gegeben hat, dann wird der Richter sie sicherlich als "gutgemeinten Ratschlag" oder "zutreffende Voraussage" verstanden wissen wollen.

Ist es üblich, oder gar vorgesehen, sprich im originären Aufgabenkreis enthalten, dass der verurteilende Richter am Ende eines Strafverfahrens prognostiziert, wie lange einer auf § 63 weggesperrt wird? Und wenn ja, worauf (also auf welche rechtlichen Grundlagen, meine ich) stützen sich in solchen Fällen die Kenntnisse eines Richters über die voraussichtliche Dauer?

Das ist nicht üblich und auch nicht vorgesehen. Doch auch Richter haben bzw. nehmen sich eine gewisse Freiheit, ihre persönlichen Ansichten und Einschätzungen  (nach Urteilsverkündung) zu äußern oder dem Verurteilten einen "guten Rat" zu erteilen. Inwiefern das sinnvoll ist, wenn man zugleich - im Urteil - davon ausgeht, der Angeklagte sei "wahnkrank" und "könne nicht anders",  fragt sich allerdings.

Gibt es nicht so etwas wie eine Sorgfaltspflicht, oder wie immer man das nennen könnte, der Vorgesetzten, in dem Fall der Behörde an sich, die Mitarbeiter (zumindest) über (gravierende) Änderungen zu informieren? Also Gesetzesänderungen, die in diesem Fall ja ganz direkt die Arbeitsgrundlage, den direkten Wirkungsbereich desjenigen betreffen?

Sowas ist in der freien Wirtschaft doch absolut üblich und meines Wissens nach auch bei Behörden. Wäre dem nicht so, würden doch tagtäglich x tausendfach Gründe produziert, beispielweise irgendwelchen Ämter-Bescheiden erfolgreich zu widersprechen, da sie auf einer nicht mehr aktuellen rechtlichen Grundlage getroffen wurden.

Über aktuelle Gesetzesänderungen, die die tägliche Arbeit der Richter betreffen (und noch nicht in den Gesetzessammluingen einsortiert sind), wird teilweise schon durch Umläufe  informiert, hier lag aber keine Gesetzesänderung vor, sondern eine BVerfG-Entscheidung zu dem (praktisch seltenen) Fall einer Anordnung nach § 81 StPO. Das BVerfG (wie auch der BGH) hat keinen direkten Durcghgriff auf alle Gerichte und alle Fälle, die dort anhängig sind. Es ist Teil der richterlichen (unabhängigen) entscheidung, ob ein von einem höheren Gericht entschiedener Fall demjenigen entspricht, den sie selbst entscheiden.

Wenn man schon von einem Richter nicht erwarten darf, dass er sich zu derartig folgenschweren Gesetzesgrundlagen bzgl. seines juristischen Handwerkszeugs selbsttätig auf dem laufenden hält.

Wie ich nun schon mehrfach dargestellt habe: Selbstverständlich darf man dies erwarten! Aber ein "Erwartendürfen", ein "Wissenmüssen" genügt eben gerade nicht für vorsätzliches Handeln.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

 

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