Das neue Cannabisgesetz – Teil 4: Systematik und Anwendungsbereich des Konsumcannabisgesetzes (KCanG)

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 31.03.2024

1. Systematik

Das BtMG sieht in § 3 Abs. 1 einen Erlaubnisvorbehalt vor. Liegt für den Umgang mit Betäubungsmitteln keine Erlaubnis des BfArM vor oder ist dieser nicht nach § 4 BtMG von der Erlaubnis ausgenommen, ist der Umgang nach den §§ 29 ff. BtMG strafbewehrt. Das KCanG folgt einer anderen Systematik.

a) Umgangsverbot

Das KCanG sieht in § 2 Abs. 1 ein verwaltungsrechtliches Verbot für den Umgang mit Cannabis vor, das auch den Besitz, Anbau oder Erwerb von Cannabis umfasst.

b) Ausnahmen vom Verbot

§ 2 Abs. 3 Satz 1 KCanG regelt wieder Ausnahmen vom Verbot des § 2 Abs. 1 KCanG. Danach sind neben dem nach § 2 Abs. 4 KCanG erlaubten Umgang mit Cannabis zum wissenschaftlichen Zwecken folgende Handlungen durch Personen über 18 Jahren erlaubt:

  • Der Besitz von Cannabis nach § 3 KCanG (bis zu drei Pflanzen und bis zu 50 g Cannabis am Wohnort oder bis zu 25 g Cannabis außerhalb des Wohnortes),
  • der private Eigenbau von bis zu drei Pflanzen nach § 9 KCanG und
  • der gemeinschaftliche Eigenanbau nebst Weitergabe und Entgegennahme von Cannabis in Anbauvereinigungen.

§ 2 Abs. 5 KCanG nimmt zudem Bundes- oder Landesbehörden für den Bereich ihrer dienstlichen Tätigkeit sowie die von diesen mit der Untersuchung von Cannabis beauftragten Behörden vom Umgangsverbot aus.

c) Rückausnahme

Eine Rückausnahme enthält wieder § 2 Abs. 3 Satz 2 KCanG: Die vorgenannten Ausnahmen des § 2 Abs. 3 Satz 1 KCanG gelten nicht in militärischen Bereichen der Bundeswehr, d.h. in Kasernen darf Cannabis weder angebaut noch besessen werden.

d) Strafbewehrung

Verstöße gegen das Umgangsverbot des § 2 KCanG sind in § 34 KCanG unter Strafe gestellt. Der strafbare Besitz beginnt aber erst bei mehr als 30 g Cannabis außerhalb des Wohnsitzes oder bei mehr als 60 g Cannabis insgesamt (z.B. mehr als 30 g zu Hause und mehr als 30 g außerhalb) oder bei mehr als drei lebenden Cannabispflanzen. Der Erwerb ist erst bei mehr als 25 g Cannabis pro Tag oder mehr als 50 Gramm Cannabis pro Kalendermonat strafbar.

Die Strafvorschrift stelle ich im Einzelnen in einem eigenen Blog-Beitrag vor.

e) Ordnungswidrigkeit

In § 36 KCanG sind manche Umgangsformen zudem als Ordnungswidrigkeit eingestuft. So ist der Besitz von mehr als 25 g und bis zu 30 g Cannabis außerhalb des Wohnsitzes oder von insgesamt mehr als 50 g und bis zu 60 g Cannabis bußgeldbewehrt, ebenso wie der Besitz von Cannabis in grundsätzlich erlaubter Menge in militärischen Bereichen.

2. Anwendungsbereich

Das Umgangsverbot und die Strafnormen sowie Ordnungswidrigkeiten beziehen sich auf „Cannabis“, welches in § 1 Nr. 8 KCanG wie folgt legaldefiniert ist:

Cannabis: Pflanzen, Blüten und sonstige Pflanzenteile sowie Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen einschließlich den pflanzlichen Inhaltsstoffen nach Nummer 1 und Zubereitungen aller vorgenannten Stoffe mit Ausnahme von

a) Cannabis zu medizinischen Zwecken oder Cannabis zu medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken im Sinne von § 2 Nummer 1 und 2 des Medizinal-Cannabisgesetzes,

b) CBD,

c) Vermehrungsmaterial,

d) Nutzhanf und

e) Pflanzen als Teil von bei der Rübenzüchtung gepflanzten Schutzstreifen, wenn sie vor der Blüte vernichtet werden;

Die weiteren Begriffsbestimmungen finden sich ebenfalls in § 1 KCanG. So liegt nach § 1 Nr. 9 Buchst. a KCanG nur dann ein erlaubter Umgang mit Nutzhanf vor, wenn der Verkehr mit dem Nutzhanf  – ausgenommen der Anbau – ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen. Die aus dem BtMG bekannte Problematik bleibt damit weiterhin erhalten (s. dazu meine bisherigen Blog-Beiträge).

Cannabisöl, das pflanzliche Inhaltsstoffe enthält, unterfällt dem KCanG, während synthetisch hergestelltes THC ein Betäubungsmittel darstellt.

Die bisherigen Folgen meiner Serie:

Neue Serie zum Cannabisgesetz – Teil 1: Welche Gesetze werden geändert

Das neue Cannabisgesetz – Teil 2: Änderungen von BtMG und BtMVV

Das neue Cannabisgesetz – Teil 3: Änderungen im Straßenverkehr

Weitere Folgen:

  • die Regelungen zum Eigenanbau
  • die Regelungen zu den Anbauvereinigungen
  • die neuen Strafvorschriften des KCanG
  • die nicht geringe Menge von Cannabis
  • Absehen von Strafverfolgung beim Umgang mit geringen Mengen zum Eigenkonsum
  • die wichtigsten Bußgeldvorschriften des KCanG
  • Aufbau und Systematik des MedCanG
  • die wichtigsten Straf- und Bußgeldvorschriften MedCanG
  • Regelungen zu Therapie statt Strafe in KCanG und MedCanG
  • Tilgung von Eintragungen im Bundeszentralregister
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2 Kommentare

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Gibt es denn neben Nr. 1 c.) keine weiteren Rückausnahmen? Ich denke da insbesondere an medizinische Einrichtungen im weiteren Sinne sowie Justizvollzugsanstalten.

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Hier habe ich mich wohl missverständlich ausgedrückt oder den Sinn bzw. die o.g. Erläuterungen von 1. c.) falsch verstanden:

In der Bundeswehr gibt es keinen erlaubten Umgang (Besitz und Anbau) geringer Mengen von Cannabis für Genusszwecke. Das wurde oben als "Rückausnahme" bezeichnet. Ist ja nachvollziehbar, dass eine "zugedröhnte" Truppe, die mit Kriegswaffen hantiert, ein Sicherheitsrisiko darstellt.

Daher war meine Frage, ob nicht auch in medizinischen Einrichtungen und Justizvollzugsanstalten aus ähnlichen Gründen der Umgang (Besitz und Anbau) geringer Mengen Cannabis zu Genusszwecken weiterhin verboten und strafbar bleiben sollte.

Oder dürfen Häftlinge sich jetzt ungestraft 25 bzw. 50 Gramm Cannabis verschaffen (dass in JVA´s Betäubungsmittel zirkulieren und konsumiert werden, ist ja leider traurige Realität), ohne dass dagegen strafrechtlich vorgegangen werden kann, um sich den Alltag etwas zu "versüßen"?  Die vollzugsinterne Sanktionierung wegen Verstößen gegen die "Hausordnung" oder was auch sonst noch an Disziplinarmaßnahmen vorhanden ist, meine ich damit nicht - ist ja keine Kriminalstrafe.

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