Verjährungfristen in Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren verlängern? Keinesfalls!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 28.01.2024
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht1|2204 Aufrufe

Mein dritter Beitrag zum diesjährigen Verkehrsgerichtstag. Heute mache ich mir Luft zu einer etwas versteckten Empfehlung, die dahin geht, den Verwaltungsbehörden in Bußgeldsachen mehr Zeit für Ermittlungen zu geben und die seit Jahrzehnten geltenden Verjährungsvorschriften zu ändern. Offenbar wird behauptet, es würde bei längeren Ermittlungszeiträumen besser ermittelt werden. Wer öffentliche Verwaltung nur ansatzweise kennt, der weiß, dass mehr Zeit einfach nur längere Verfahren provoziert. Bequemlichkeit, vielleicht gar in Einzelfällen Faulheit werden hierdurch gefördert, nicht aber bessere Arbeit. Angesichts viel schnellerer (digitaler Wege) in heutigen Verfahren als etwa im Vergleich vor noch 20 Jahren müsste eigentlich die Verjährungsfrist auf seiten der Verwaltungsbehörden reduziert werden. Der Bürger hat m.E. einen Anspruch auf schnellere Arbeit, nicht auf langsamere. Ich tippe aber, dass der Arbeitskreis IV von Vertreter*innen der Verwaltungsbehörden gekapert wurde, um dort "die richtigen Abstimmungsergebnisse" herbeizuführen. Auch die übrigen wenig fortschrittlichen Empfehlungen, die jeglicher empirischer Grundlage entbehren, sprechen eine deutliche Sprache:

 

Verschleierungshandlungen im Zuge des sog. „Punktehandels“ bzw. der „Punkteübernahme“ schwächen die Wirkung bußgeldrechtlicher Sanktionen. Sie untergraben auch die
Funktion des Fahreignungsregisters, wiederholt mit gravierenden Verkehrsverfehlungen
aufgetretene Kraftfahrer ggf. von der Teilnahme am Straßenverkehr ausschließen zu können. Sie gefährden die Sicherheit des Straßenverkehrs. Ferner sind Verschleierungshandlungen geeignet, die staatliche Rechtspflege zu beeinträchtigen. Dies gilt insbesondere für
im Internet aggressiv beworbene „Geschäftsmodelle“ von gewerblich tätigen „Punktehändlern“. Gleichwohl gehen die Beteiligten nach derzeitigem Rechtsstand in der Regel sanktionslos aus.
1. Der Arbeitskreis empfiehlt, solchen Verschleierungshandlungen durch die Schaffung effektiver Sanktionsvorschriften entgegenzuwirken, die auch die Verhängung von Fahrverboten gegen die tatsächlichen Fahrzeugführer und die Eintragung sowie Bewertung im
Fahreignungsregister ermöglichen. Diesbezügliche Internetangebote sollen unterbunden werden. Ein Angehörigenprivileg sollte geprüft werden.
2. Dies sollte mit einer Intensivierung der behördlichen Ermittlungen und einer Verbesserung der Personalausstattung der Bußgeldbehörden einhergehen.
3. Der Arbeitskreis empfiehlt erneut eine Verlängerung der Verfolgungsverjährungsfrist bei
Verstößen nach § 24 Abs. 1 StVG von drei auf sechs Monate.
4. Er begrüßt, dass innerhalb der Bundesregierung Überlegungen zur Behebung der Ahndungslücken angestellt werden.

So....das war der letzte "Meckerbeitrag" zum VGT.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

1 Kommentar

Kommentare als Feed abonnieren

Der "Punktehandel" ist natürlich besonders ärgerlich, weil die eigentlich beabsichtigte Wirkung, Verkehrsteilnehmern, die beharrlich gefährliche Verstöße gegen die StVO begehen, aus dem motorisierten Verkehr zu ziehen, durch die charkterlich am wenigsten geeigneten Betroffenen unterlaufen werden, wenn sie denn das Geld dafür haben. Daher sind die Nrn. 1 und 4 des Beschlusses schon in Ordnung. 

Nur sehe ich schon bei der Nr. 2 erhebliche Probleme, da geeignete Mitarbeiter nicht einfach gebacken werden können. Und die Bezahlung der Arbeit macht aus dem öffentlichen Dienst an dieser Stelle z.Zt. das Einstellen schwer. Deshalb wird eine Verlängerung der Verjährungsfristen eben gerade nicht dazu führen, dass irgendwelche Verbesserungen im Kampf gegen den Punktehandel eintreten, weil die Verfahren ja nicht geändert werden. Gibt es einen "Geständigen", guckt auch dann niemand genauer hin.

Im Ergebnis wird allerdings den Betroffenen, die mit Punktehandel nichts am Hut haben, die Verteidigung erschwert, wenn sie mit Vorwürfen aus einem Vorgang konfrontiert werden, den sie schon nach drei Monaten fast und nach sechs Monaten ganz vergessen haben. Und den Zeugen geht es ja nicht besser, wenn sich das Verfahren über mehrere Monate zieht, oft sogar den Polizeibeamten, die die Anzeige geschrieben haben. Was man im Gerichtsverfahren da manchmal für Aussagen erhält, wenn die Polizei eine Anzeige nach einer Zufallsbeobachtung geschrieben hat ... Da könnte man gleich vor dem Gericht irgendeinen Passanten interviewen und das als Aussage protokollieren. Daher volle Zustimmung zur Kritik. Denn mit drei Monaten mehr wird's nicht besser werden.

0

Kommentar hinzufügen