Top-Versicherungsrechtler wegen verbaler Entgleisungen nach einem Fussballspiel entlassen

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 13.11.2015

Das Juraportal “Legal Tribune Online” berichtet über einen interessanten Fall aus Großbritannien. C. O’Connell, ein Top-Anwalt für Versicherungsrecht in Großbritannien, beschimpfte nach einem verlorenen Fußballspiel seines Lieblingsvereins Chelsea die Fans der gegnerischen Mannschaft und wurde dabei gefilmt. Die verbalen Entgleisungen gipfelten darin, dass er die Fans der gegnerischen Mannschaft Liverpool unter anderem "ekelhaften Abschaum" (disgusting scouse scum) sowie "böse, schreckliche Menschen" (nasty, horrible people;) nannte. Sein Arbeitgeber, die internationale Anwaltskanzlei Goldberg Segalla, „was not amused“. Es kam zur Kündigung. Rick Cohen, Managing Partner bei Goldberg Segalla, zeigt sich in einem Video, das auf der Webseite der britischen Tageszeitung ”Dailymail” erschienen ist, entsetzt über O’Connells Verhalten. Das Verhalten sei mit dem Firmenethos der Kanzlei nicht zu vereinbaren. Und fast wie in einem Werbespot gibt die Kanzlei zu verstehen: „Unsere zentralen Werte erfordern es, dass jeder, der in dieser Kanzlei beschäftigt ist, Respekt gegenüber Mandanten, den Gerichten, den Kollegen und der Gemeinschaft zeigt. Respekt, Toleranz, Freundlichkeit, Verschiedenheit, Wohltätigkeit – dies sind nicht nur Worte für uns, wir stehen wahrhaft zu diesen Werten." Aus der Sicht des deutschen Arbeitsrechts wäre eine Kündigung nur schwer zu begründen. Denn private Verfehlungen von Arbeitnehmer rechtfertigen grundsätzlich keine Kündigung. Ob der Arbeitgeber herausgehobenen Arbeitnehmern eine solche weitreichende und die kündigungsbewehrte Wohlverhaltenspflicht auferlegen kann, ist fraglich.

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3 Kommentare

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"Die Tugend muss durch den Schrecken herrschen." Scheint man sich hier offenbar gedacht zu haben. Bleibt nur zu hoffen, dass sich die pathosgeladene Inszenierung nicht irgendwann als Scheinheiligkeit herausstellt - und dass sich die Gerichte von diesem zweifelhaften Zeitgeist nicht beirren lassen und derartige Kündigungen kassieren.

 

 

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stoffels schrieb:
private Verfehlungen von Arbeitnehmer rechtfertigen grundsätzlich keine Kündigung.
Ist das als Scherz gemeint oder haben Sie die Entscheidungen der letzten Zeit schon wieder vergessen?
http://blog.beck.de/2015/07/22/k-ndigung-eines-rechtsradikalen-erziehers
http://faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/erzieherin-verklagt-di...
Im Gegensatz zum Spitzenanwalt hat diese Erzieherin nicht einmal eine Straftat begangen.

Dass außerdienstliches Verhalten grds. keine Kündigung rechtfertigen kann, dürfte dennoch der höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprechen; siehe ErfK, § 626 Rn. 82 ff. m.w.N. (In Tendenzbetrieben ist es evtl. etwas anders; str.). Sicher wird man irgendwo eine Grenze ziehen müssen, da es natrülich auch außerdienstliche Äußerungen gibt, die den innerbetrieblichen Frieden geradezu zwangsläufig stören (Volksverhetzung etc.)

 

Der Ausgangsfall ist hiervon m.E. weit entfernt. Selbst die Strafverfolgungsbehörden werden sich bei solchen Sachen (vgl. Nr. 229 RiStBV: "Wirtshausstreitigkeiten") u.U. zurückhalten. Wenn man jeden entlassen könnte, der privat etwas "Dummes" tut oder sagt, wären 90% der Arbeitverhältnisse kündbar. Oder soll man dem Ehebrecher auch kündigen können? Etwa, weil die "hohe Stellung und besondere Wertschätzung der Familie in unserem Unternehmen eine derart zentrale Rolle einnimmt und uns daher ein Festhalten am Arbeitsverhältnis unzumutbar macht. Blablabla"

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