Kündigung eines rechtsradikalen Erziehers

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 22.07.2015

Einen brisanten Fall, über den auch in der überregionalen Presse berichtet worden war, hatte kürzlich das ArbG Mannheim (Urteil vom 19.5.2015 – Az. 7 Ca 254/14) zu entscheiden: Im Streit stand eine fristlose personenbedingte Kündigung, die die Stadt Mannheim gegenüber einem Horterzieher ausgesprochen hatte. Hintergrund war die von rechtsradikalem Gedankengut geprägte Weltanschauung des Erziehers, von der das Gericht nach der Beweisaufnahme überzeugt war. Hinzu kam eine dokumentierte Gewaltbereitschaft, weshalb die Stadt Mannheim begründete Zweifel an der Verfassungstreue des Erziehers haben musste. Das Urteil hebt hervor, dass den Erzieher als Angehörigen des öffentlichen Dienstes die sog. politische Treuepflicht oblag. Von ihm müsse man ein Mindestmaß an Verfassungstreue verlangen können. Das Maß der Treuepflicht bestimme sich dabei nach dem konkreten Aufgabenbereich. Im vorliegenden Fall ging das Gericht aufgrund der konkreten Tätigkeit des Klägers von einer gesteigerten Treuepflicht aus. Dem Kläger seien bei seiner Tätigkeit als Erzieher in einer staatlichen Einrichtung zahlreiche Kinder im Alter zwischen 6 und 14 Jahren zur Betreuung anvertraut. Der Bereich der Kindererziehung und Betreuung ist aus Sicht des Gerichts ein besonders sensibler Bereich, in dem erhöhte Maßstäbe anzulegen sind. Von diesem Maßstab ausgehend bejaht das Gericht in einer Gesamtschau ein rechtsextremistisches Weltbild des Klägers mit Bezug zum Arbeitsverhältnis. Hierzu führten unter anderem der Facebook-Auftritt des Klägers mit der Nachstellung einer gewalttätigen Szene unter Verwendung von Kinderspielzeug aus dem Hort, sowie das Tragen von Kleidung der Marke "Thor Steinar" und der im Spind gefundenen Baseballschläger aus der Hooliganszene. Hinzu kommt unter anderem auch die Teilnahme an NPD-Veranstaltungen, wobei das Gericht darauf hinwies, dass auch eine zugelassene Partei wie die NPD verfassungsfeindliche Ziele verfolgen könne, wovon bei der NPD nach Überzeugung der Kammer auszugehen sei. Nach der Beweisaufnahme stehe außerdem eine schwerwiegende rechtsextremistische Äußerung des Klägers gegenüber einer Arbeitskollegin im Dezember 2013 für das Gericht fest ("Wenn es mein Sohn wäre, dann würde er Springerstiefel tragen und eine rote Binde am Arm"). Unter Berücksichtigung der Einschätzung des Erziehers als zu Gewalt neigendem Hooligan hat die Kammer im Ergebnis die Eignung des Klägers für den Beruf des Kindererziehers als nicht gegeben angesehen. Es sei für die Stadt Mannheim nicht zumutbar, den Kläger auch nur einen Tag länger in der Kinderbetreuung einzusetzen. Der auch von Gewerkschaftsseite begrüßten Entscheidung ist sicherlich zuzustimmen. Interessant wäre die Frage, wie das Gericht entschieden hätte, wenn es sich nicht um einen kommunalen, sondern um eine in privater oder kirchlicher Trägerschaft stehende Kita gehandelt hätte. Das ArbG Mannheim stützt seine Argumentation ja ausdrücklich auf die Treuepflicht der Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Gleichwohl spricht m.E. viel dafür, dass der mitgeteilte Sachverhalt auch einem nicht öffentlichen Arbeitgeber die Kündigung erlaubt hätte. Bemerkenswert ist schließlich, dass das ArbG die NPD auch vor dem Abschluss des Parteiverbotsverfahrens vor dem BVerfG als verfassungsfeindlich einstuft und hieraus Konsequenzen zieht.

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7 Kommentare

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Vom Ergebnis her und auch aus der kündigungsrechtlichen Sicht sicherlich eine nachvollziehbare Entscheidung, sofern der Sachverhalt exakt wiedergegeben wurde.

 

Interessant könnte in diesem Zusammenhang sein, wie sich das im öffentlichen Dienst herrschende Prinzip der Bestenauslese bei der Einstellung hier bemerkbar machen könnte.

 

Könnte beispielsweise ein derartig gekündigter Arbeitnehmer einwenden, dass die hier bemängelten "persönlichen/charakterlichen " Fähigkeiten gar nicht Bestandteil des Anforderungsprofils bei der Stellenvergabe waren? Letztlich könnte der gekündigte Arbeitnehmer ja argumentieren, dass er nach dem Prinzip der Bestenauslese ausgewählt worden ist und anscheinend diese charakterlichen Mängel bei der Bewerberauswahl nicht entscheidend, weil nicht überprüft, waren. Ein öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber wird schwerlich von "charakterlichen" Mängeln ausgehen können, wenn derartige Mängel einer Einstellung schon nicht im Wege gestanden waren.

 

Im Ergbnis meine ich, kann man sich hier sehr gut die Frage stellen, wie es denn überhaupt zu einer solchen Stellenbesetzung kam.

 

Man käme dann sehr schnell zu der Thematik der inzidenten "Verschuldensverlagerung" auf den öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber bei der Personalauswahl. Für ein Arbeitsgericht stellt es sich als relativ einfach dar, einen "personenbedingten" Grund auf rechtssichere Beine zu stellen und damit den "schwarzen Peter" dem Gekündigten zuzuschieben. Schwierigkeiten haben die Gerichte jedoch zumeist dann, den öffentlichen Dienst für derartige Umstände schon im Rahmen der Personalauswahl zur Verantwortung zu ziehen.

 

Es bleibt zu hoffen, dass die Einstellungspraxis der Stadt Mannheim personelle Konsequenzen haben wird, denn latent besteht die Gefahr weiter, dass Kinder derartigen ideologisch geprägten Erziehern grundsätzlich ausgeliefert sein können.

 

In kündigungsrechtlicher Hinsicht ist diese Entscheidung keine Überraschung.

 

@Prof. Stoffels:

 

Ich stimme Ihnen zu. Auch in der Privatwirtschaft wäre dieser Vorgang in vielen Fällen ein ausreichender Kündigungsgrund, wenngleich ich bezweifle, dass es innerhalb der Privatwirtschaft tatsächlich in diesen Fällen zu öffentlichen Gerichtsverhandlungen käme.

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Ich stimme Ihnen zu. Auch in der Privatwirtschaft wäre dieser Vorgang in vielen Fällen ein ausreichender Kündigungsgrund, wenngleich ich bezweifle, dass es innerhalb der Privatwirtschaft tatsächlich in diesen Fällen zu öffentlichen Gerichtsverhandlungen käme.

 

Haben Sie konkrete Anhaltspunkte für diese Annahme?

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Nein. aber meine bisherige berufliche Erfahrung sagt mir, dass ein Arbeitgeber ungern vor Gericht auftritt und sich dort dafür rechtfertigt, warum er überhaupt einen derartigen Bewerber eingestellt hat. Das heißt im Falle einer Klage, dürfte es im Vorfeld in der Mehrzahl der Fälle ein großzügiges Abfindungsangebot geben.

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Bei den Äußerungen des Klägers hätte ich auch Angst. Ich frage mich allerdings, ob man auch bei linksextremen Erziehern bzw. islamistischen Erzieherin auch so handeln würde?

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Irgendwie bringt der Sachverhalt mein Weltbild etwas ins Wanken. Offenbar war der vermeintliche Rechtsradikale in Geschlechterfragen "aufgeklärt" genug, auch als Mann einen - klassischerweise - Frauenjob anzunehmen. Irgendwie passt das nicht ganz in mein Bild des typischen Faschos / Rechtskonservativen (Frau am Herd, Kinder blond, PKW deutscher Marke, Mann in "Männerjob"als Ernährer und Oberbefehlshaber der Familie).

Demnächst haben wir dann vielleicht auch offen homosexuelle (Rechts)Skinheads, eine Demo "Hooligans gegen Fußballgewalt" und auf dem Wahlzettel die AfD 2.0 (Autonome für Deutschland).

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@Leser:

 

Möglicherweise sind Ihre Vorstellungen von den Erscheinungsformen eines "Rechtsradikalen" etwas stereotyp?

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Zweifelsohne, wie der Fall belegt. Dass "die Rechten" nicht mehr sind, was sie einmal waren / man sich vielleicht darunter vorstellt, wollte ich ja gerade vermitteln.

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