Wieder das OLG Hamm: Aufhebung einer Verurteilung zu 2 Monaten wegen Besitzes von 0,9 Gramm Marihuana

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 16.11.2014

Das OLG Hamm hat sich erneut mit dem Besitz von Marihuana zum Eigenkonsum beschäftigt, diesmal ging es um 0,9 g Marihuanazubereitung, die der vorbestrafte und wegen einschlägiger Tat unter Bewährung stehende Angeklagte in Besitz hatte. Das Amtsgericht hatte auf eine Freiheitsstrafe von 2 Monaten erkannt, das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung verworfen.

Das OLG Hamm hob das Urteil auf (Beschluss vom 29.7.2014, 2 RVs 33/14 = BeckRS 2014, 16822), da das Landgericht die Möglichkeit eines Absehens von Strafe gemäß § 29 Abs. 5 BtMG nicht erörtert hat:

"Die Marihuanazubereitung mit einem Nettogewicht von 0,9 g, die bei dem Angeklagten vorgefunden worden ist, lag daher erheblich unter den vorgenannten Grenzmengen für Cannabisprodukte von 6 g bzw. 10 g. Das Landgericht hat sich dennoch nicht erkennbar mit der Anwendung der Vorschrift des § 29 Abs. 5 BtMG, bei der es sich um eine Ausgestaltung des verfassungsrechtlichen Übermaßverbotes handelt (vgl. Körner, a. a. O., § 29 Randziffer 3 m. w. N.), befasst."

Ergänzend weist das OLG darauf hin, dass auch die Höhe der verhängten Freiheitsstrafe auf rechtliche Bedenken stoße. Hierzu führt es aus: 

"Bei Anlegung dieser Maßstäbe begegnet im vorliegenden Fall eines ausgesprochen geringfügigen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz, d. h. eines Bagatelldelikts, die Verhängung einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten Bedenken dahin, ob dies noch einen gerechten Schuldausgleich darstellt oder gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt (vgl. BVerfG 50, 205, 215; OLG Stuttgart a. a. O.; OLG Braunschweig a. a. O.). Das Tatunrecht wiegt hier so gering, dass die Verhängung einer Freiheitsstrafe als eine unangemessen harte und damit gegen das Übermaßverbot verstoßende Sanktion erscheint, auch wenn der Angeklagte einschlägig vorbestraft ist und unter Bewährung stand und steht. In einem solchen Fall wie dem vorliegenden wäre daher - soweit nicht ohnehin ein Absehen von Strafe nach § 29 Abs. 5 BtMG oder eine Verfahrenseinstellung nach § 153 Abs. 2 StPO (der die aus der wirksamen Berufungsbeschränkung erwachsene Teilrechtskraft in Bezug auf den Schuldspruch nicht entgegensteht) in Betracht käme - eingehend zu prüfen, ob dem Übermaßverbot durch Verhängung einer geringen Geldstrafe zu entsprechen ist (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 5 Absehen von Strafe 1)."

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