Warum Tatort-Krimis immer schlechter werden: Der offene Brief der Drehbuchautoren

von Prof. Dr. Thomas Hoeren, veröffentlicht am 30.03.2012

Ich frage mich schon seit langem, warum die meisten Tatortkrimis im Ersten langweilig sind. Man wittert schlechte Drehbücher mit unglaubwürdigen Plots, hölzernen Dialogen und diffusem Handlungsstrang.

 

Jetzt weiß ich, warum: Ich habe den jüngst veröffentlichten "Offenen Brief" der Tatort-Drehbuchautoren pro Urheberrecht gelesen. Zum Inhalt will ich gar nicht Stellung beziehen (das haben andere getan; siehe Link auf CCC unten). Aber sieht man sich die zahlreichen Stil- und Grammatikfehler in der Pressemitteilung zum "Brief" an, ahnt man, was beim Tatort u.a. falsch läuft. Hier die sprachliche Analyse der Pressemitteilung (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) - der Text des Offenen Briefes ist noch konfuser:

 

 

"Die Auseinandersetzung um das Urheberrecht tobt mit zunehmender Heftigkeit, bislang behaupten aber die Grünen, Piraten, die sogenannte Netzgemeinde und junge Netzpolitiker[1] aller Parteien[2] die Deutungshoheit und erklären der analogen Gesellschaft, dass das „viel zu komplizierte Urheberrecht“ dringend modernisiert werden müsse, dass die Nutzer besser gestellt werden müssten, dass das "Teilen des Wissens" einfach zum Internet gehöre, dass das geistige Eigentum lediglich "ein Kampfbegriff der Verwertungsindustrie" und ohnehin "jeder User ein Künstler“ sei.[3]

Und die etablierte Politik?[4] Die schwarz-gelbe Regierung, die den Urhebern im Koalitionsvertrag noch einen besseren Schutz der Kreativen[5] Leistungen[6] im Internet versprochen hatte, hat offenbar ihre Bemü-hungen[7] mehr oder minder[8] eingestellt, insbesondere das Justizministerium[9]. Ansonsten herrscht[10] vor allem Opportunismus, Kleinmut und Schweigen - die Wahlerfolge der Piraten scheinen das[11] noch zu verstärken.

Diese durchaus[12] bedrohliche Gemengelage wollen die Urheber[13] nicht länger schweigend[14] hinnehmen, einzelne Künstler mischen sich laut und vernehmlich ein. Auch die deutschen Drehbuchautoren haben nun ihren Protest[15] und ihre politischen Forderungen formuliert. Nicht um einen Dialog zu beenden[16], sondern um einen Dialog überhaupt erst zu beginnen.[17] Denn das ist der eigentliche Skandal der Netzpolitik: Mit all denen, deren professionelle Produkte[18] die User so begehrenswert finden, mit den Autoren, Fotografen, Designern[19], Komponisten und Architekten[20] und alle die anderen Urheber[21] haben die Netzpolitiker bis heute nicht ernsthaft gesprochen.

Um das zu ändern, haben bislang 51 Drehbuchautorinnen und -autoren, die mehr als 200 der beliebten[22] Tatorte geschrieben haben - auch im Namen ihrer Kollegen[23] - einen offenen Brief verfasst: an die Abgeordneten der relevanten Fachausschüsse und der EnqueteKommission[24] des Bundestages, insbesondere an die Grünen und die Linke, aber auch an den Bundesvorstand der Piraten und die schwer greifbare, aber im Schutz ihrer Anonymität polternde Netzgemeinde[25]."

 


[1]Hier sollte einheitlich gendergerecht formuliert werden. Unten wird korrekt von „Autorinnen" gesprochen.

[2]Die Kette ist unklar. Erst werden Grüne und Piraten, dann junge „Netzpolitiker aller Parteien“ genannt.

[3]Kettensatz -  am Ende nicht mehr verständliche Verschachtelung von Haupt- und Nebensätzen.

[4]Zur etablierten Politik gehört dann sprachlich durch die Abgrenzung erster und zweiter Block nicht die Partei der Grünen.

[5]„kreativ“ wird klein geschrieben.

[6]Das Urheberrecht schützt Werke, nicht Leistungen (zumindest in bezug auf Urheber)

[7]Falscher Bindestrich.

[8]Einstellen kann man nicht „mehr oder minder“.

[9]Unklar: Bundes- oder Landesjustizministerium.

[10]Herrschen.

[11]Worauf bezieht sich „das“? Ein Schweigen kann man nicht verstärken.

[12]„Durchaus“ ist Füllsel.

[13]Der Verband der Drehbuchautoren dürfte wohl nur für Drehbuchautoren sprechen, nicht für „die Urheber“.

[14]Wiederholung „schweigend“ zu Satz vor „Schweigen“.

[15]Einen „Protest“ kann man nicht formulieren.

[16]Welcher Dialog sollte hier denn beendet werden? Überflüssig.

[17]Anakoluth.

[18]Sind die Werke von Amateuren nicht urheberrechtlich geschützt?

[19]Die Leistungen von Designern sind regelmäßig nicht urheberrechtlich geschützt, sondern allenfalls geschmackmusterrechtlich abzusichern.

[20]Architekten sind bislang als Opfer der „Netzgemeinde“ unbekannt.

[21]Schwerer Fehler: „all den anderen Urhebern“.

[22]Das ist eine Unterstellung.

[23]Hier fehlt der notwendige Legitimationsnachweis oder handelt es sich um ein Handeln ohne Vollmacht? Welche Kollegen sind denn gemeint? Die anderen DrehbuchautorInnen? TatortdrehbuchschreiberInnen?

[24]Bindestrich fehlt oder Großschreibung „Kommission“ entfernen.

[25]Einen Brief an die „Netzgemeinde“, eine Art offerta ad incertas personas? Die „Netzgemeinde“ ist eine Metapher. An eine „Metapher“ kann man keinen Brief schicken.

 

http://www.drehbuchautoren.de/nachrichten/2012/03/pressemitteilung-zu-of...

 

Antwort des CCC

http://ccc.de/updates/2012/drehbuchautoren

 

Blogdiskussion

http://www.heise.de/newsticker/meldung/CCC-antwortet-auf-Demagogie-Vorwu...

 
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39 Kommentare

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Sie haben recht, Herr Hoeren. Ich habe mir mal den Offenen Brief angelesen (ich bin Gymnasiallehrer u.a. für Deutsch). Der Text ist voll von Zeichensetzungs- und Grammatikfehlern; auch stilistisch ist er mangelhaft (wie kommt man bloß eine Formulierung "zum Freiheitsakt hochjazzt"?). Peinlich - Drehbücher schreiben zu wollen und dann solche Texte abzugeben.

zum Freiheitsakt hochjazzt
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Ein netter Hinweis im Heiseblog zu dem Thema:

"Dass die Herren "Tatort"-Autoren sich nicht über die Dinge
informieren, über die sie schreiben, sollte jedem klar sein, der mal
die äußerst realistischen Darstellungen der Computerwelt in dieser
Serie gesehen hat... immerhin kann man das "kreativ" nennen..."

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Das ist wirklich ein schlechtes Papier - gerade auch der offene Brief. Man wollte wohl nur einfach "nur mal was sagen" - aber in welchem Stil?!

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Zeile 1: „Ich frage mich schon langem, ...“ ist kein korrektes Deutsch.

Zeile 2: „Man wittert schlechte Drehbücher ...“ ist mindestens ein Stilfehler.

Zeile 6: „Offener Brief“ muss nach Duden „offener Brief“ heißen.

Zeile 10: Es heißt „Rechtschreibfehler“, nicht „Rechtschreibefehler“.

Fn. 17: Als „Anakoluth“ bezeichnet man ein zulässigerweise eingesetztes Stilmittel, nicht – was Sie offenbar meinen – einen Fehler im Satzbau.

Fn. 19: Der Plural von „Designer“ lautet „Designern“.

Fn. 25: Es heißt „offerta“, nicht „oferta“.

 

Die Monita zu Fn. 1 – 3, 7 – 9, 11 – 12, 14 – 19, 22 – 23, 25 betreffen bestenfalls Geschmacksfragen.

 

Conclusio: Echte Fehler sind in ihrem (kürzeren) Text mindestens ebenso viele wie in dem von Ihnen kritisierten Text.

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Sehr geehrter Gastmann,

da müssen Sie aber einer sehr alten Textfassung aufgesessen sein. Denn als ich den Text eingestellt habe, sind mir sehr bald noch Tippfehler aufgefallen, die ich gerade wegen des Themas schnell korrigiert habe. Man "wittert" ist aber m.E. unbedenklich - zumindest im Vergleich zu "hochgejazzt". Liebe Grüsse Ihr TH

 

(und es geht nicht nur um Geschmack; der kleine Überblick zeigt, mit welch schneller Feder der Text geschrieben worden ist. Bei einem Blogeintrag darf und muß man schnell sein - aber bei einem "Offenen Brief" an Gott & die Welt sollte man vorsichtiger sein. Siehe die Rache des CCC)

Na, da wollte Herr "Gastmann" aber superklug sein - das ging wohl nach hinten los. Denn in der Tat geht es hier darum, dass die Tatort-Drehbuchautoren Texte in die Netzöffentlichkeit gestellt haben, die mit Klischees, dummen Sprüchen, schrägen Formulierungen gespickt sind. Und darauf muß man auch schon einmal deutlich - und mit der nonchalanten Art von Herrn Hoeren -  hinweisen dürfen.

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Ihrer Medienkritik möchte ich mich anschliessen. Plot und Umsetzung der Tatorte sind für mich nicht sehenswert - auch deutsche Schauspieler im übrigen zumeist nicht, sind sie doch oft nicht in der Lage in den Rollen ernsthaft aufzugehen, deren Charaktere anzunehmen und ihre eigenen Persönlichkeiten hinten anzustellen.

 

Dabei verlangt der sich dem gelegentlichen TV-Konsum ergebende Rezipient auch gar keine brutalen Körperverletzungs- und Tötungsdelikte. Das Format der Krimis und Thriller ist herausragend geeignet, auch die wirtschafts-, medienstrafrechtlichen oder politischen Probleme unserer Zeit zu behandeln. Dass das erfolgreich möglich ist, offenbart sich einem in jüngster Zeit fortwährend in Skandinavien. Auch das Polit-Drama "Borgen - Gefährliche Seilschaften" aus Dänemark, hier gesendet auf Arte, bekam zu Recht sehr hohen Zuspruch in der ersten Staffel, Fortsetzungen sind geplant.

 

Entweder den deutschen Medienschaffenden fehlt die Kreativität, die Flexibilität, das Wissen um die komplexeren ökonomischen und politischen Zusammenhänge oder sie haben schlicht eine sehr andere Wahrnehmung ihres filmischen Medienschaffens als der Rezipent. Ein Erfolgsrezept ist das jedenfalls nicht.

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Guten Tag Herr Prof. Dr. Hoeren,

vermutlich haben Sie hier schon viele gute Beiträge geschrieben (ich habe mich gerade erst wegen Ihres Artikels angemeldet).

 

Der obige Artikel ist jedoch, m. E., mißglückt.

 

Es mag ja sein, dass Sie selbst den Tatort als zunehmend langweilig empfinden. Das schreiben Sie aber nicht. Sie nehmen vielmehr Objektivität für sich in Anspruch, schreiben davon, dass "man" schlechte Drehbücher mit unglaubwürdigen Plots, hölzernen Dialogen und diffusem Handlungsstrang wittern würde.

 

Da nun jeder weiß oder jedenfalls leicht nachschlagen kann, dass kaum eine Krimi-Serie im deutschsprachigen Raum jemals so erfolgreich und beliebt war wie die Tatort-Reihe, müssen Sie sich den Vorwurf der fehlenden Substanz Ihrer Kritik gefallen lassen. Woran machen Sie dies eigentlich fest? Wie viele Tatort haben Sie denn gesehen? Wenn es viele waren, warum haben Sie immer wieder eingeschaltet und Ihre kostbare Freizeit mit dem Konsum langweiliger, schlechter Filme vertan? Wenn es wenige waren, beruht Ihre Kritik dann nicht größtenteils auf Hörensagen?

 

Widerspruch regt sich bei mir auch wenn ich Ihren Versuch lese, eine Verbindung zwischen den angeblich so schlechten Drehbüchern und der oben zitierten Pressemitteilung herzustellen. Sie haben darin einige Rechtschreib- und sonstige Fehler gefunden. Glückwunsch. Vermutlich finden Sie in diesen Zeilen auch welche, ich haben jedenfalls keine Zeit, dies Korrektur zu lesen.

 

Die Mehrzahl Ihrer Fußnoten betrifft jedoch eher stilistische Fragen, und auch da kann man Ihre Vorschläge mitnichten als besser bezeichnen. Schon nach den ersten vier Fußnoten konnte ich mich nicht des Eindrucks erwehren, dass hier Erbsen gezählt werden. "Etabliert", um nur ein Beispiel herauszugreifen, beschreibt nach meinem Sprachempfinden nicht nur zwei Zustände ("0%" und "100%"), sondern eine Bandbreite, die Wendung der Autoren der Mitteilung ist für mich vollkommen klar. Bereits an dieser Stelle keimte bei mir der Verdacht auf, Sie wollten die Autoren bewußt mißverstehen um Ihre "Fußnotenliste" anfüllen zu können.

 

Alles ein wenig sehr (sic) durchsichtig, sehr vorhersehbar, letztlich langweilig. Der gestrige Tatort war meiner Meinung nach jedenfalls geistreicher.

 

PS: Nachdem Ihr Beitrag nur vom vermeintlich richtigen Gebrauch der deutschen Sprache handelt war ein Eingehen auf die berechtigten Pro- und Contra-Argumente der Urheberrechtsdiskussion, übrigens inhaltlich sehr gut vorgebracht vom CCC einerseit und beispielsweise von Sven Regener andererseits(http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/zuendfunk/index.html), nicht veranlasst.

 

MfG

Tim Seidenschnur

@crossthinking:

Oje, um ein "Verbot der freien Weitergabe von Informationen" geht es doch gar nicht. Sie verwechseln "frei" mit "kostenfrei".

Nach ihrer seltsamen Logik müssten zB in Supermärkten die Kassen abgeschafft werden, denn auch ein Verbot der freien Weitergabe von Lebensmitteln wäre "wider die Natur". Ein absurdes Ergebnis, oder?

Was machen Sie beruflich?

Folgender Vorschlag:

1. Stellen Sie sich die Frage, warum Sie Ihre beruflichen Leistungen nicht immer und vollständig kostenfrei erbringen. Schreiben Sie alle Gründe auf ein Blatt Papier.

2. Stellen Sie sich die Frage, warum Schöpfer von Werken iSd UrhR ihre Werke nicht kostenfrei verteilen.

3. Lesen Sie die von Ihnen unter 1. geschriebenen Gründe laut vor.

 

Mfg

@Tim Und wo ersehen Sie, dass die lernenden Vorfahren und Schimpansen mit Geld zahlten? Sie argumentieren nicht nur mit gravierenden eigenen Denkfehlern sondern verstehen schlicht die betreffende Wissenschaft und Studie nicht. Auf der Basis ist aber leider kein konstruktiver Dialog möglich.

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@Friedrich:

Guter Konter, soweit es um Pro- und Contra für die verschiedenen Verwertungs-Konzepte für Werke, ja vielleicht sogar um volkswirtschaftliche Theorien geht. Darum geht es mir aber gar nicht, jedenfalls hier nicht. Hier geht es um Urheberrecht und da bin ich der Auffassung, dass es jedem Urheber freisteht selbst zu entscheiden, nach welchem legalen Verwertungs-Konzept er seine Werke verwerten möchte.  Selbst wenn ein neues Verwertungs-Konzept besser, schöner, moderner usw. sein sollte, die davon überzeugte Seite kann doch nicht andersdenkende Urheber nicht eine bestimmte Art der Verwertung aufzwingen. Genau dies versucht man aber mit den "konventionellen" Urhebern, wenn man deren Werke illegal verwendet oder zumindest als "uncool" abstempelt. Und wenn Sie meinen sollten, letzteres sei für Pop/Rock-Musiker eine Lapalie, dann sollten Sie sich den Beitrag von Regener vielleicht noch einmal anhören.

 

Nur zur Klarstellung: Crowdfunding und alle möglichen alternativen Ansätze der Verwertung und Honorierung von Leistung und Engagement sind ganz toll, manche davon haben sich schon etabliert, manche werden sich wahrscheinlich etablieren, vielleicht sogar durchsetzen. Aber Nochmal: Sie können doch niemanden zwingen nur eine bestimmte Art der Verwertung zu verwenden, wenn er nach geltendem Recht die Wahl hat.

 

Es steht Ihnen zB auch frei ob sie ein von Ihnen geschaffenen Gegenstand verkaufen, vermieten, verleihen, verschenken, verleasen, stiften, spenden, was auch immer. Was würden Sie sagen wenn sich vor Ihnen einer aufbaut und sagt: So, jetzt ist stiften gerade in Mode, hob jetzt, andernfalls nehmen ich den Gegenstand auch ohne Ihren Willen mit oder ich verbreite überall zumindest, Sie sind raffgierig und uncool?

 

Ob Schimpansen mit Geld zahlten oder einen MP3-Player benutzten trägt zu dieser Sache, mit Verlaub, nichts aus.

 

Es bleibt in der Tat Sache des Musikers (oder seiner Plattenfirma), den Weg der Verbreitung zu wählen. Wer meint, dass seine Musik nur auf Schallplatte die optimale Tonqualität erreicht, der soll sie halt nur auf Schallplatte herausbringen. Nur kann er nicht verlangen, dass die Kunden dann seine Musik kaufen und nicht die von jemand anders, der auf CD und/oder als DRM-freier Download veröffentlicht.

 

Die Meinung, dass ein Musiker "uncool" ist, darf sich jeder potentielle Konsument selber bilden und auch äußern. Auf welcher Basis auch immer sie das tun wollen. Wenn sich andere potentielle Konsumenten dieser Meinung anschliessen und den Künstler dann auch für uncool halten: Niemand hat ein Recht darauf, beliebt zu sein.

 

Wenn ein Teil der Konsumenten der Meinung ist, dass sie über den herkömmlichen Vertriebsweg keine Musik mehr haben wollen, stehen ihnen genug andere (legale) Wege offen. Die Konsumenten werden damit leben müssen, dass über legale DRM-freie Downloads zumindest nicht von einem Tag auf den anderen die gleiche Auswahl geboten wird, wie beim CD-Vertrieb. Die Musiker und Plattenfirmen werden ggf. damit leben müssen, dass sie eventuell deutlich weniger mit CDs umsetzen, weil das Geld in andere Kanäle fließt.

 

 

Btw: Ich bin für CDs, die kann man ggf. auch günstig und legal 2nd Hand kaufen. Da haben zwar die Künstler nix von und die Plattenfirmen auch nicht. Aber den Vertriebsweg haben die sich ja ausgesucht.

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@I.S.

"Btw: Ich bin für CDs, die kann man ggf. auch günstig und legal 2nd Hand kaufen. Da haben zwar die Künstler nix von und die Plattenfirmen auch nicht. Aber den Vertriebsweg haben die sich ja ausgesucht."

Das ist ok, wenn Sie Musik möglichst günstig oder am besten kostenfrei haben wollen. Sie sind damit nicht allein. MediaMarkt und Saturn haben die Kampagnen "ich bin doch nicht blöd" und "Geiz ist geil" nicht für ein paar Sonderlinge gefahren, sondern weil sie davon ausgingen, die Einstellung der breiten Masse anzusprechen.

 

Es taugt nur nicht als Argument gegen die konventionelle Verwertung. Ich frage mich auch, warum für fast alle anderen gewerblichen oder freiberuflichen Leistungen (Tageszeitung, Zahnimplantat, Cheeseburger, Parfum, Architektenplan, Ingenieursplan, Becks Pilsener, Steuerberatergutachten, Anwaltsgutachten, Bildband, Fahrschulunterricht, Musikunterricht, Gemälde, Modefotos usw.) - soweit ersichtlich - niemand den Leistenden vorwirft sie seien raffgierig, nur weil sie ihre Leistungen konventionell gegen Geld erbringen. Warum also bekommen es die Musiker und die Filmschaffenden dauernd auf´s Brot? Ist deren Leistung eine Leistung zweiter Klasse? Haben Sie schon mal ein Lied getextet, eine Melodie komponiert, ein Lied arrangiert, es eingespielt, es mixen lassen, es zum mastering gebracht und dann in die Pressung gegeben, danach den Vertrieb organisiert? Warum soll derjenige, der seine Lebenszeit hierfür aufwendet, das nicht einfach verkaufen können? Wo ist der Grund der Ungleichbehandlung? Ist es, weil man das Produkt Musik oder Film aus ganz banalen Gründen (digitales Unverkörpertsein, allseitige Verwendbarkeit) eben hervorragend "mitnehmen" und gebrauchen kann ohne zu bezahlen?

 

Es ist an dieser Stelle ganz objektiv eine Ungleichbehandlung der Leistungen von Musikern und Filmschaffenden gegenüber allen anderen gewerblich oder freiberuflich Tätigen zu erkennen.

@Tim Ihre rein persönliche Meinung kann nicht verfangen, da sie die objektive Wissenschaft und Forschung negieren.

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Wen wir uns wieder mit der wissenschaftsfernen wirtschaftslobbyistischen Schlammschlacht der Verwertungsindustrie befassen wollen/ müssen, dann ist dieser Zeit-Artikel "Die Fronten im Streit ums digitale Kopieren" hilfreich.

 

Daraus auch: "Seine Kernthese lautet einerseits, ungenehmigte Kopien seien das größte Problem für die Medien- und Unterhaltungsindustrie und müssten dementsprechend hart verfolgt werden. Andererseits argumentiert er, dass bisherige Vorschläge zwar Nutzer und vielleicht Urheber besser stellen, dafür aber Rechteverwerter – also Verlage – benachteiligen. Ein Zustand, den er nicht hinzunehmen will."

 

Endlich gibt es mal einer von denen zu, das es ihnen vor allem um die Vorteile der Rechteverwerter geht. Da diese Position aber argumentativ die schwächste von allen ist, hat sie keine Zukunft.

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Hallo Sarah,

Sie schrieben:

"Endlich gibt es mal einer von denen zu, das es ihnen vor allem um die Vorteile der Rechteverwerter geht. Da diese Position aber argumentativ die schwächste von allen ist, hat sie keine Zukunft."

 

Verstehe ich Sie richtig: Sie stören sich daran, dass es Rechteverwertern vor allem um die eigenen Vorteile geht? Ich schließe darauf, weil Sie oben schreiben, dass dies "endlich mal einer von denen (Rechteverwertern) zugegeben hat.

 

Falls ja, dann stellt sich mir folgende weitere Frage: Stört es Sie bei allen Rechteverwertern, also zB

 

- McDonalds-Filiale, die einen BigMac (R) verkauft = Rechteverwertung (Übertragung des Eigentumsrechts am und Übergabe des BigMac gegen Bezahlung von 4,50 oder was ein BigMac eben so kostet)

- Aldi-Filiale, die ein Haarspray verkauft = Rechtverwertung (Übertragung Eigentumsrecht am Haarspray und Übergabe gegen Bezahlung des von Aldi festgelegten Kaufpreises)

- Ebay-Verkäufer, der einen Gebrauchsgegenstand verkauft = Rechteverwertung (Übertragung Eigentum und Übergabe gegen Bezahlung des Kaufpreises)

- Kochbuch-Verlag, der ein Kochbuch verkauft = Rechteverwertung (s. o.)

- Tankstelle, die Treibstoff verkauft = Rechteverwertung (s. o.)

- Ruderboot"verleih", der für 1 Stunde ein Ruderboot vermietet = Rechteverwertung (Überlassung des Nutzungsrechtes an den Mieter gegen Bezahlung der vom Vermieter festgelegten Miete)

- Wohnungsvermieter, der eine Wohnung gegen Miete vermietet (s. o.)

- Patentinhaber (zB. MP3-Patent, was auch immer) der dem Lizenznehmer die Nutzung des Patentes gegen Bezahlung der Lizenzgebühr erlaubt = Rechteverwerter

- Markenrechtsinhaber, der....usw,

 

oder stört es Sie nur im Hinblick auf Musikstücke und Filme? Falls letzteres zutrifft: Warum nur da?

 

Mfg

 

@Erleuchtung:

Sie schrieben:

"Also geistige Inhalte mit schnöden Industrieprodukten zu vergleichen verbietet sich intellektuell ganz grds. und bedarf keiner Erwiderung."

 

Woran genau machen Sie fest, dass z. B. ein Bildband, ein Kochbuch, ein Lexikon, ein Patent, eine Marke, ein naturwisschaftliches Gutachten, ein Hausplan eines Architekten, ein Produkt der Systemgastronomie, ein Ingenieursplan einer Maschine "schnöder" sein soll ein ein ein Mainstream-Popsong?

 

Was verstehen Sie unter "industriellem Produkt" und wo sollen die wesentlichen Unterschiede zwischen den oben exemplarisch genannten Gegenständen und heutiger kommerzieller Musik und heutigen kommerziellen Filmen liegen?

 

Sorry für die beharrliche Nachfrage, aber in diesem Rahmen hier interessieren mich Meinungen nur, wenn sie sachlich begründbar sind.

Ihre Argumentation ist vielseitig fehlerhaft. Gehen Sie doch selbstverständlich schon von Marken und Paten als unumstößlicher Gottgegebenheit aus. Ob diese systematische ökonomische Monopolisierung von Wissen jedoch Bestand haben muss und darf, ist jedoch hochumstritten. Zweitens stehen nicht nur die Verwertungen von Musikstücken in der Diskussion, sondern die urheberrechtliche Leistungen durch Verwerter grds. Deren Argumente und Begründungen sind freilich denkbar schlecht, vielleicht versuchen Sie dort einmal ernstzunehmende Meinungen und Standpunkte einzuholen, was freilich sehr schwer fallen wird.

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@Ge-Wissen:

" Gehen Sie doch selbstverständlich schon von Marken und Paten als unumstößlicher Gottgegebenheit aus."

Nein. Ich äußere mich zur aktuelle Situation von Urhebern wie Musiker und Filmschaffende. Und im Heute gibt es nun einmal Marken, Patente und BicMacs. Von "gottgegeben" habe ich nirgendwo gesprochen, auch nicht zwischen den Zeilen. Sorry, fängt nicht überzeugend an, Ihr Beitrag.

 

"Ob diese systematische ökonomische Monopolisierung von Wissen jedoch Bestand haben muss und darf, ist jedoch hochumstritten".

Ok, Sie haben also schon bemerkt, dass die Allgemeinheit auch die Nachteile von Patenten und Markenrechten sieht und es daher zu Recht auch Kritik daran gibt. So what? War das schon Ihr Argument? Bedenken-Tragen?

 

"Zweitens stehen nicht nur die Verwertungen von Musikstücken in der Diskussion, sondern die urheberrechtliche Leistungen durch Verwerter grds. "

Ja, wir reden nicht allein über Musik. Stimmt.

 

"Deren Argumente und Begründungen sind freilich denkbar schlecht, vielleicht versuchen Sie dort einmal ernstzunehmende Meinungen und Standpunkte einzuholen, was freilich sehr schwer fallen wird."

Und dann das: Jetzt wo es ins Konkrete geht hört Ihr Beitrag auf. Ausgerechnet noch mit dem Vorwurf, dass es allen anderen schwerfallen werde, konkret zu argumentieren, *lol*

 

 

 

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@Tim Falls Sie jemals in einer fernen Galaxie Argumente finden sollten, warum Wissen und Informationen via paywall vor der Informations-, Bildungs- und Wissensbedürftigkeit der Menscheit gesichert werden müssen, insbesondere in einer Demokratie, melden Sie sich wieder. An sachlichen Argumenten bin ich interessiert.

 

Derweil lesen Sie einfach zutreffend von RA Stadler Das Urheberrecht behindert Unterreicht und Bildung.

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In der FAZ äußert sich ein weiterer Tatort-Macher: Niki Stein "Unter Piraten"; er befasst sich speziell mit dem Programm der Piratenpartei zum Urheberrecht. Diesmal fällt es aber nicht so leicht, ihm mit  Argumenten aus der Schreibschule beizukommen. Der Artikel ist besser geschrieben, kleiner Auszug:

Ich versuche zu verstehen: Weil man theoretisch das von mir geschaffene Produkt Film im Internet beliebig oft reproduzieren und ohne Kosten zur Verfügung stellen kann, darf man mich dafür nicht entlohnen. Denn das Bezahlen der Nutzung würde einen Überwachungsapparat generieren, der die Freiheit des Einzelnen beschneidet. Ich versuche eine Übertragung in die Vergangenheit: Da die Verkaufswege in einem Kaufhaus selbst bestimmt sind und ohne die Kontrolle durch einen Verkäufer auskommen, muss ich die Ware auch umsonst abgeben. Denn die Einführung eines Überwachungssystems, etwa eines Ladendetektivs oder von Überwachungskameras, bedeutet eine Beschneidung der Freiheit des Warenhausbesuchers. Er muss sich beobachten lassen und wird zu Zwangshandlungen genötigt: dem Bezahlen an der Kasse. Das ist aber einer Gesellschaft nicht zuzumuten. Deswegen sollte man die Ware besser gleich umsonst abgeben.

Und die Forderung der Piraten nach einigen Reformen gehen Michael Seemann auf SPON noch nicht weit genug. Er will das Urheberrecht gleich ganz abschaffen; Auszug:

Im Gegensatz zu den Reformern, die glauben, diese Tatsache mit dem heutigen Urheberrecht durch ein paar Anpassungen doch noch versöhnen zu können, haben die Rechteverwerter längst ein realistischeres Bild der Situation. Das Kopieren von geschützten Inhalten nimmt weiter zu, die Speicher und Bandbreiten hören nicht auf zu wachsen, und die Kompetenz, sich illegale Inhalte zu beschaffen, verbreitet sich in allen Gesellschaftsschichten. Die Verwerter wissen, dass all der technische und juristische Aufwand, den sie heute bereits betreiben, um ihre Interessen durchzusetzen, nur der Anfang gewesen sein kann. Manche glauben, dass ich gegen das Urheberrecht argumentiere, weil ich es den Künstlern nicht gönne. Nein, ich gönne den Künstlern alles Geld dieser Welt. Aber vor die Frage gestellt: Urheberrecht oder freies Internet, zögere ich nicht lang. Wenn die Piratenpartei sich nicht traut, fordere ich es eben: Schafft das Urheberrecht ab!

Ob SPON Seemann für den Kommentar ein Honorar bezahlt hat, ist mir nicht bekannt. Aber diesem Kommentar auf seinem eigenen Blog muss man wohl in seiner Piratenkritik zustimmen: Die Piratenpartei ist unehrlich, wenn sie auf die Frage nach der Konsequenz ihrer Auffassung "wischiwaschi" erklärt, sie wollten die Urheber und die Konsumenten gleichermaßen schützen bzw. "zusammenbringen"  (und nur die bösen Verwerter kicken).  Ganz ohne Kontrolle/Überwachung im Internet wird für die Künstler/Urheber letztlich nichts oder nur wenig übrigbleiben...

Und ganz genau das Gegenteil ist der Fall, die Autoren verdienen ohne die Verwerter dank des Internet deutlich mehr. Hier schreibt dazu eine betroffene Autorin "Hilfe, ich habe mein Buch verschenkt!". Für einige ganz wenige Topautoren, Musiker o.a. mögen Verwerter schlicht praktisch sein, da es für sie nicht auf jeden erwirtschafteten Euro ankommt. Etwa auch weil in der Wissenschaft Literatur quasi nebenbei anfällt, über das öffentliche Bildungssystem finanziert wird und für den Autor und seine Reputation zahlreiche Publikationen ohnehin notwendig sind, leider auch mit geringstem Verdienst.

 

Für die Masse der Autoren des Literaturbetriebs sieht das jedoch gerade ganz anders aus, sie müssen von ihren Werken leben, ihnen geht es ohne Verwerter weit besser, diese braucht somit heute in Zeiten des Internet nahezu niemand mehr.

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Dieses kleine Zitat aus "Gespräche mit meinem Therapeuten Kurt über das Fernsehen" soll dem Diskurs nicht vorenthalten sein:

 

"Am Besten gefallen hat mir allerdings die Idee der Tatortproduzenten. Nicht einfach nur gute Schauspieler durch eine hanebüchene Rotzstory zu verarschen, sondern auch die Form von Kunst, einfach mal die Tonspur aus dem Wahlstudio über die Sterbeszene von Cenk Batu zu legen."

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Kann es sein, dass einige Urheber, die sich gegen Veränderungen des antiken Urheberrechts aussprechen, vielleicht nicht die begabtesten sind?

 

Zu der Kampagne "Auch wir sind Urheber" ist hingegen niveauvoller kritisch zu lesen "...und wer das dort hinterlegte Dokument gelesen hat, der hofft für die Beteiligten (soweit sie denn überhaupt Wortkünstler sind), dass sie es nicht selbst verfasst haben..." und auf Carta schreibt eine Autorin "Bedroht fühle ich mich dagegen von Zeitungsredaktionen, die mir Buy-out-Verträge andienen...". Beide Beiträge sind wieder einmal sehr lesenswert und beleuchten die Realität im Literaturland Deutschland für die Mehrheit der Autoren weit realistischer.

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