Heruntergekommen...

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 03.11.2011
Rechtsgebiete: OLG OldenburgStrafrechtVerkehrsrecht3|4524 Aufrufe

"Echt heruntergekommen, der Typ", hat sich  die Kammer gedacht. Andere Blogs haben hierüber bereits berichtet, ich möchte das den Beck-Bloglesern auch nicht vorenthalten:

 

Die vom Landgericht als weitere Beweiswürdigungserwägung angeschlossene Wendung „Dem entspricht der heruntergekommene Eindruck, den die Strafkammer von dem Angeklagten gewonnen hat“ ist unsachlich und zur Beweisführung völlig ungeeignet. Ob der Angeklagte, der einem sozial randständigen Milieu zugehört, einen „heruntergekommenen“ Eindruck macht, ist für die Frage, ob er die Tat beging oder sie zu Recht bestreitet, irrelevant und völlig unergiebig. Der Wahrheitsgehalt der Einlassung eines Angeklagten wird nicht von seinem äußeren Erscheinungsbild berührt. Insoweit sind Richter auch im wörtlichen Sinne verpflichtet, ohne Ansehen der Person zu urteilen.

OLG Oldenburg, Beschluss v. 4.10.11 - 1 Ss 166/11

 

Ach so: Einmal wieder ein  Tipp von Herrn Burschel - Vielen Dank!

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3 Kommentare

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Viele Mandanten sind besser gekleidet als der Richter (oder die Richterin). Aber noch nie habe ich einen Befangenheitsantrag damit begründet, der Richter mache in seiner Jeans und seinem Schlabberpulli einen "heruntergekommenen" Eindruck.  Da dürfte ich auch Probleme mit der RAK und § 185 StGB bekommen.

 

Vielleicht gehörte die Kammervorsitzende aber auch zu jenen gepflegten Juristinnen, die schon im ersten Semester durch Perlenkettchen über dem Rollenkragenpullover zu beeindrucken wußten. Dagegen wirkt man natürlich sehr leicht "heruntergekommen"... :-)

 

Ein schönes Beispiel dafür, daß Justitia doch nicht so ganz blind ist. In eine ähnliche Richtung wiesen kürzlich die schriftlichen Urteilsgründe eines Amtsgerichts, die die Strafzumessung mit den Worten einleiteten: "Für die Angeklagten spricht überhaupt nichts." (Doch, daß sie nämlich unschuldig waren, wie die Berufungskammer feststellte).

 

 

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Warum erinntert mich das nur ein bisschen an die italienische Schule, hmm, der sieht so aus als hätte er die Tat begangen, demnächst wird wieder mit Fotoalbum Strafrecht gelehrt, anstatt mit einem Lehrbuch :-)

 

Im übrigen hat die die Berufungskammer nicht festgestellt, dass er unschuldig ist, sondern, dass man seine strafrechtliche Verantwortung nicht mit seinem Aussehen begründen kann.

@ John Cage

Ich kenne eine Richterin mit Perlenkettchen, die durch gesunden Menschenverstand zu beeindrucken weiß.

Da diese Dame zudem recht resolut ist und sich alle Schriftstücke gut durchliest, muss man bei der mündlichen Verhandlung kaum noch was sagen (außer guten Tag und auf Wiedersehen).

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