Obama und die CIA-Verhörmethoden

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 30.08.2009

Seit längerem sind viele Details über die CIA-Verhörmethoden beim Umgang mit mutmaßlichen Terroristen bekannt. Allerdings ist erst so nach und nach deutlich geworden, wie umfassend und systematisch das Vorgehen bei Verhören geregelt war (vgl. FAZ vom 27. August 2009 Nr. 198 S. 6).

Zunächst hatte es den Anschein, dass Obama im Zuge der "moralischen Erneuerung" auch das politisch heiße Eisen der CIA-Affäre nach Regierungsbeginn anpacken wird, dann zögerte er, weil man in die Zukunft schauen solle, statt in der Geschichte herum zu stochern. Mit dem zupackenden Sonderermittler John Durham (Protrait in FAZ vom 26.8.2009 Nr. 197 S. 8) wird jetzt wohl Klarheit zumindest in Teilbereichen geschaffen. Mit gutem Grund befürchtet Obama , dass eine strafrechtliche Aufarbeitung alte Wunden aufreißen und das Klima in Washington vergiften wird. Die Versuchung einzuknicken ist nach wie vorgegeben, etwa um eine Mehrheit für die Gesundheitsreform zustandezubringen.

Aber Menschenrechtsgruppen und der neue linke Flügel der Präsidenten Partei wird an ihrer Forderung festhalten, die politisch Verantwortlichen der amerikanischen Folterjahre zur Rechenschaft zu ziehen. Auch wenn der politische Preis für die Abrechnung mit der Ära Bush hoch sein könnte, es steht mehr als politische Opportunität auf dem Spiel. Es geht um Recht und Gerechtigkeit und das Wiederherstellen der Reputation der Vereinigten Staaten. 

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7 Kommentare

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"Allerdings ist erst so nach und nach deutlich geworden, wie umfassend und systematisch das Vorgehen bei Verhören geregelt war (vgl. FAZ vom 27. August 2009 Nr. 198 S. 6)"

Wirklich?

Das war eigentlich schon immer deutlich (wobei die FAZ nicht das Medium der Wahl ist, wenn man sich über die CIA informieren möchte). Bei der CIA gibt es wie beim US-Militär für alles Handbücher und Dienstanweisungen. Die für psychologische Kriegsführung u.ä. zuständige Dienststelle, welche die CIA-Folterpraktiken in den USA entwickelt hat, ist seit langem sogar bekannt.

Auch die Tatsache, dass die Koordination der konkreten Foltermissionen in Frankfurt bzw. Wiesbaden vollzogen wurde, kann man seit über fünf Jahren hier nachlesen: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/17/17443/1.html (Ausgerechnet die in Frankfurt beheimatete FAZ hat das erst vor ein paar Monaten gebracht ...)

Man muss der CIA allerdings zugute halten, dass man das Foltern in den letzten 30 Jahren stark humanisiert hat. Im Vietnamkrieg etwa verhörte die CIA vietnamesische Kriegsgefangene, indem man zwei Opfer im Helicopter mitnahm und eines lebend abwarf, was dem anderen schnell die Zunge lösen sollte.

Ihr Optimissmus, sehr geehrter Herr Prof. von Heintschel-Heinegg, enstpricht der deutschen Perspektive, wo man so nach und nach die Verbrechen des 2.Weltkriegs strafrechtlich geahndet hat und so etwas wie die den Rechtsstaat ehrte. Was Verbrechen betrifft, die von CIA-Leuten und Militärs unter Befehl begangen wurden, gibt es keine vergleichbare Tradition. Im besten Falle werden irgendwelche Verfahren eröffnet, die wie das Hornberger Schießen enden.

By the way: Angeblich sollen durch die Folterei irgendwelche Verbrechen verhindert worden sein. Welche das sein sollen, ist natürlich geheim. Dies erinnert an die Standard-Behauptung von Geheimdiensten, diese müssten ihre Erfolge geheim halten, aber die gäbe es ganz sicht. Der Autor Tim Weiner, der jahrelang im CIA-Archiv recherchieren durfte, widerspricht: Es gibt keine nennenswerten CIA-Aufklärungserfolge. Es ist Bluff zur Eigenlegimitation. Auch Robert Baer, der zwei Jahrzehnte lang im Nahen Osten führende CIA-Mann, hält von nich der Folterei nicht allzu viel.

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Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Kompa,

vielen Dank dafür, dass Sie das uns beide wichtig erscheinende Thema mit Ihrer ausführlichen Antwort aufgegriffen haben.

Meinen Beitrag sehe ich persönlich gar nicht so optimistisch. Wenn es so sein sollte, so ist jedenfalls mein Optimismus in diesen Tagen durch das gestärkt worden, worüber ich gerade im Blog einen Beitrag eingestellt habe. Michael Buback, der Sohn des ermordeten Generalbundesanwalts Siegfried Buback, hat zunächst einmal, wie jeder in seinem Buch nachlesen kann, ganz anderes als in diesen Tagen erleben müssen.

Beste Grüße
Bernd von Heintschel-Heinegg

PS Gerade lese ich das vor wenigen Tagen erschienen Buch von Ilija Trojanow/Juli Zeh "Angriff auf die Freiheit" und werde im Blog berichten

Sehr geehrter Herr Prof. von Heintschel-Heinegg,

wenn nicht gerade Fußvolk wie Linndy England vor Gericht kommt, sondern jemand aus der "Firma", dann passieren eben "Verfahrensfehler" wie bei Oliver North, oder ein Präsident begnadigt noch mal schnell, etwa Orlando Bosch Ávila.

Es wird auch sicherlich einen Untersuchungsausschuss geben wie das House Select Committee on Assassinations (HSCA), das sich mit den Morden an den Kennedys und Martin Luther King befasste. Der Ausschuss musste aufhören, weil ihm das Geld ausging! Ferner gab es Akten- und Zeugenschwund. Den spannenden Starr-Report ließ man sich hingegen 50 Mio $ kosten ...

Was die deutsche Praxis von deutschen Geheimdiensten bei der Freigabe von Akten betrifft, so hatte ich letzte Woche diesen Beitrag veröffentlicht: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30977/1.html Auch da wird man Mittel und Wege finden, bis zum St. Nimmerleinstag zu mauern.

Auf Ihre Rezension des genannten Buches bin ich schon gespannt. Ob Sie demnächst wohl in die Piratenpartei eintreten ...? ;-)

Mit freundlichen Grüßen

RA Kompa

 

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... na ja, wer weiß.

Jedenfalls bemühe ich mich, die Augen offen zu halten. Nachdem ich von Juli Zeh "Corpus Delicti. Ein Prozess" gelesen habe, war das neue Buch gleichsam Pflichtlektüre (noch bin ich nicht ganz durch, weil ich leider meist mehrere Bücher zugleich lese; zumal ich auch bei den Klassikern noch einige Lücken habe). Aber flott und frech geschrieben liest sich "Angriff auf die Freiheit" gut und vieles unterschreibe ich. Ein wichtiger Gegenpol zum Mainstream, vor dem mich ja auch die Korrespondenz mit Herrn Rechtsanwalt Kompa bewahrt ;-)

Die angekündigte Besprechung soll das aber noch nicht gewesen sein!

Da stimme ich Ihnen, sehr geehrter Don Jannos, voll inhaltlich zu. So manche Kritik findet sich zwangsläufig  in beiden lesenswerten Büchern wieder. In den nächsten Tagen will ich meine Zusage endlich einlösen, "Angriff auf die Freiheit" zu besprechen.

 

Beste Grüsse

Bernd von Heintschel-Heinegg 

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