Noch ein Fall von Kündigung wegen Diebstahls geringwertiger Gegenstände

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 09.04.2009
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtKündigungEmmelyBienenstich-Fall6|5915 Aufrufe

Blog-Leser Rechtsanwalt Sebastian Dosch hat mich auf einen weiteren aktuellen Fall aufmerksam gemacht, bei dem über die Wirksamkeit einer Kündigung wegen des Diebstahls geringwertiger Gegenstände gestritten wird:

Der Arbeitnehmer ist als Sortierer bei einem Abfallentsorgungsunternehmen tätig. Im vergangenen Dezember fand er in einem Altpapiercontainer, der zum Verarbeiten am Zuführband zur Altpapierpresse bereitgestellt war, ein Kinderreisebett. Er nahm dieses Kinderbett vor den Augen seiner Kollegen an sich und verstaute es im Kofferraum seines Wagens, um es gegebenenfalls für sein Kind zu nutzen. Die Arbeitgeberin nahm diesen Vorfall zum Anlass, das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht zu kündigen. Der Kläger behauptet, sich nicht darüber bewusst gewesen zu sein, durch sein Handeln einen Straftatbestand zu erfüllen, da er der Auffassung gewesen sei, es handele sich bei dem Kinderbett um Abfall und das Bett werde „ohnehin" entsorgt.

Der Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Mannheim blieb ohne Erfolg. Kammertermin ist auf den 13.5.2009 anberaumt.

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6 Kommentare

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Der kurz geschilderte Sachverhalt erinnert bei oberflächlicher Betrachtung an den BAG-Fall vom 11.12.2003 (2 AZR 36/03). Die Worte des BAG waren seinerzeit deutlich.

SL

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Ich halte die Rechtslage für nicht so klar. Selbst ich als Jurist kann jetzt ohne Recherche nicht sagen, ob der Abfall mit der Entsorgung in das Eigentum das Entsorgungsunternehmen übergeht. Nur dann läge ja ein Eigentumsdelikt vor. Das Thema ist nach meiner Erinnerung selbst für Altkleidersammlungen umstritten, wobei hier ja eine Weiterverwendung und keine Entsorgung beabsichtigt sind.

Selbst wenn der Müll im Eigentum des Entsorgungsunternehmens stünde, scheint mir das Berufen auf eine Eigentümerstellung in diesem Fall doch sehr formal. Ein irgendwie gearteter Schaden ist nicht wirklich erkennbar.
Das gilt natürlich nur, wenn es diesbezüglich keine ausdrücklichen Anweisungen oder ähnlich gelagerten Vorfälle gab.

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War denn das Bett durch das ursprüngliche (unerwünschte, daher rechtswidrige) Einlegen in den Altpapier-Container überhaupt Eigentum des Arbeitgebers, oder war es weiterhin "herrenlos"?

Zu 2 AZR 36/03: hier war eine Ware zwar "abgeschrieben", aber noch nicht weggeworfen.

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Kann man hier tatsächlich annehmen, dass das Kinderbett sich im Eigentum des Abfallunternehmens befindet? Bei Altkleidersammlungen etc. nimmt man ja eine konkludente Übereignung an. Gilt das denn auch für unzulässig weggeworfene Gegenstände? Das hieße ja etwa auch, dass das Abfallunternehmen z.B. Eigentümer von illegal entsorgtem Giftmüll in einem Papiercontainer werden würde...Oder würde man nicht eher sagen, dass die Annahme der Übereignung unter der Bedingung der ordnungsgemäßen Nutzung steht?

M.E. sehr zweifelhaft, ich hätte das Bett auch für herrenlos gehalten (und erst recht so ein armer Müllmann, der von komplexen sachenrechtlichen Frage weißgott keine Ahnung haben wird)

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Ein weiteres Beispiel für einen völlig pervertierten Eigentumsbegriff in unserer Gesellschaft. Die eigentliche Frage ist doch, ob das Kinderbett für den Arbeitgeber einen Wert darstellt und er damit einen Vermögensdelikten erlitten hat, denn Diebstahl ist ein Subthema unter Vermögensschäden. Da das Bett in einem Altpapierkontainer lag, damit das Altpapier verunreinigt hätte, ist die Frage klar zu verneinen. Es gibt Unternehmen, die hätten den Arbeitnehmer für seine Wachheit und seine Umsichtigkeit entlohnt. Wer entlassen gehört, ist der Verantwortliche für die Kündigung. 

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2monitor schrieb:

Ein weiteres Beispiel für einen völlig pervertierten Eigentumsbegriff in unserer Gesellschaft. Die eigentliche Frage ist doch, ob das Kinderbett für den Arbeitgeber einen Wert darstellt und er damit einen Vermögensdelikten erlitten hat, denn Diebstahl ist ein Subthema unter Vermögensschäden. Da das Bett in einem Altpapierkontainer lag, damit das Altpapier verunreinigt hätte, ist die Frage klar zu verneinen. Es gibt Unternehmen, die hätten den Arbeitnehmer für seine Wachheit und seine Umsichtigkeit entlohnt. Wer entlassen gehört, ist der Verantwortliche für die Kündigung. 

 

 

Das ist ein recht polemischer Kommentar. Natürlich kann es nicht darauf ankommen, ob der AG einen Vermögensschaden erlitten hat. Diebstahl ist auch kein Vermögensdelikt. Es obliegt allein dem Eigentümer, für wie wertvoll er sein Eigentum hält. Man kann auch materiell wertlose Sachen stehlen. Es leuchtet wohl jedem ein, das nicht Dritte entscheiden können, was einen „Wert" hat und was nicht.

Dennoch scheint mir die Berufung auf die Eigentümerstellung sehr formal, wenn dass Bett tatsächlich verschrottet worden wäre.
Das Gericht prüft offenbar, ob der AN bereits für einen ähnlichen Vorfall abgemahnt wurde. Das deutet darauf hin, dass es diese Frage für entscheidungserheblich hält. Aus meiner Sicht völlig nachvollziehbar.

 

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