Was haben Neue Psychoaktive Stoffe und „Schweinwerfer“ gemeinsam?

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 09.07.2023

Die Antwort auf die Frage, was haben Neue Psychoaktive Stoffe und „Schweinwerfer“ gemeinsam, ist: In beiden Fällen sind Redaktionsversehen des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers festzustellen.

In der letzten Änderung des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes (NpSG) ist dem Verordnungsgeber ein Interpunktionsfehler unterlaufen. An exponierter Stelle fehlen ein Bindestrich, ein Komma und ein Leerzeichen (s. meinen Blog-Beitrag vom 15.3.2023). Auch in § 69 a Abs. 3 Nr. 18 a StVZO findet sich ein offensichtliches Redaktionsversehen, denn dort ist anstatt von „Scheinwerfern“ von „Schweinwerfern“ die Rede.

Es schließt sich die weitere Frage an, welche Folgen solche Redaktionsversehen haben. Zum NpSG-Fehler meinen Sobota/Klose/Reinold, dass die Stoffe, die eigentlich unterstellt werden sollten, damit nicht verboten und sogar bereits verbotene LSD-Derivate durch die Änderung versehentlich 're-legalisiert' wurden (Sobota/Klose/Reinold StV 2023, 282 und LTO-Beitrag vom 20.2.2023)

Prof. Dr. Till Zimmermann, Universität Düsseldorf, der Chemiker Dr. Siegfried Zörntlein, LKA Rheinland-Pfalz, und ich kommen in einem gerade in der NStZ erschienenen Beitrag mit dem Titel „ Kleiner Fehler, große Wirkung?“ zu einem anderen Ergebnis. Im Vergleich zu anderen offensichtlichen Redaktionsversehen, u.a. dem bereits genannten "Schweinwerfer", untersuchen wir die Folgen des Interpunktionsfehlers im NpSG im Hinblick auf das Gesetzlichkeitsprinzip. Wir kommen zu folgendem Fazit (Patzak/Zimmermann/Zörntlein, NStZ 2023, 396):

Dem Verordnungsgeber ist bei der Änderung der Anlage zum NpSG ein partiell sinnentstellender Interpunktionsfehler unterlaufen. Dieser hat dazu geführt, dass mehrere LSD-Derivate vom Normwortlaut irrtümlich nicht (mehr) erfasst waren. Dadurch ist jedoch weder eine zeitweise Ahndungslücke noch eine versehentliche Amnestie für Altfälle bewirkt worden. Das offensichtliche Redaktionsversehen ist als falsa demonstratio zu behandeln (die bekanntlich non nocet). Der Fehler kann daher vom Normanwender ohne Verstoß gegen das Gesetzlichkeitsprinzip im Wege der Auslegung berichtigt werden. Die zwischenzeitlich erfolgte Fehlerbehebung durch den Verordnungsgeber hat daher bloß deklaratorischen Charakter.

Wir sind gespannt, ob die Rechtsprechung das auch so sieht…

 

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