Endlich! BVerfG erklärt Gefangenenentlohnung für verfassungswidrig

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 20.06.2023
Rechtsgebiete: StrafrechtKriminologie11|4371 Aufrufe

Ein seit Jahrzehnten diskutiertes und unter Strafvollzugsexperten einhellig beurteiltes Thema hat nun endlich nach 25 Jahren erneut die verdiente Aufmerksamkeit des BVerfG und verfassungsrechtliche Bewertung erhalten: Die Gefangenenentlohnung - in Bayern und NRW - ist (weiterhin) zu niedrig (Link  WDR)

Die Urteilsgründe sind hier bereits publiziert. Das BVerfG hat wiederum das schon mehrfach mit Verfassungsrang ausgestattete Resozialisierungsgebot als Anker benutzt, um die geringe Entlohnung als verfassungswidrig festzustellen. Eine bestimmte Höhe der verfassungsgemäßen Entlohnung, ist nicht festgeschrieben worden. Vielmehr schreibt das BVerfG ein Resozialisierungskonzept vor und eine daran zu orientierende Entlohnung der Gefangenenarbeit.

Auszug aus den Leitsätzen:

2. (...) Der Gesetzgeber muss die Zwecke, die im Rahmen seines Resozialisierungskonzepts mit der (Gesamt-)Vergütung der Gefangenenarbeit und insbesondere dem monetären Vergütungsteil erreicht werden sollen, im Gesetz benennen und widerspruchsfrei aufeinander abstimmen.

 
  1. 3. Der Gesetzgeber ist nicht auf ein bestimmtes Regelungskonzept festgelegt; vielmehr ist ihm ein weiter Gestaltungsraum eröffnet. Die gesetzlichen Vorgaben für die Ausgestaltung des Vollzugs müssen auf sorgfältig ermittelten Annahmen und Prognosen beruhen, und die Wirksamkeit der Vollzugsgestaltungen und Behandlungsmaßnahmen muss regelmäßig wissenschaftlich begleitet und evaluiert werden.
 
  1. 4. Hat der Gesetzgeber ein Resozialisierungskonzept festgeschrieben und entschieden, welchen Zwecken die Gefangenenarbeit und deren Vergütung dienen sollen, müssen Ausgestaltung und Höhe der Vergütung so bemessen sein, dass die in dem Konzept festgeschriebenen Zwecke auch tatsächlich erreicht werden können. Die Angemessenheit der Vergütungshöhe ist an den mit dem Resozialisierungskonzept verfolgten Zwecken zu messen.

Die in den JVA für arbeitende Gefangene gezahlten Löhne liegen bislang mit knapp 2 Euro pro Stunde weit unterhalb des Mindestlohns von 12 Euro/Stunde.

Man muss dazu berücksichtigen, dass Ausbildung und (regelmäßige) Arbeit eine der wichtigsten, wenn nicht sogar regelmäßig die einzige „Behandlungsmaßnahme“ ist, die in den JVA als Vorbereitung auf eine straffreies Leben tatsächlich durchgeführt wird; für Gefangene gilt Arbeitspflicht. Für weitere Therapieangebote fehlen oft die Ressourcen. Dafür dass die Arbeit so im Zentrum der Resozialisierung steht, ist die bisherige  Vernachlässigung einer gerechten Entlohnung schon skandalös zu nennen.

Gegen eine höhere Entlohnung wurde neben fiskalischen Gründen bisher angeführt, dass die in den Anstalten durchgeführten Arbeiten eine geringe Produktivität aufwiesen v.a. wegen des relativ niedrigen Ausbildungsgrads und der hohen Fluktuation. Zudem würden die Gefangenen ja für Kost und Logis nicht selbst aufkommen müssen.

Allerdings wurde dabei weder das Schicksal der schadenersatzberechtigten Opfer noch das der unterhaltsberechtigten Angehörigen der Gefangenen berücksichtigt noch, dass auch Zahlungen an die Rentenversicherung unterbleiben. Nach langjährigen Freiheitsstrafen entfällt damit auch eine angemessene Rente. Durch diese Vernachlässigung der angemessenen Entlohnung wird den Gefangenen zugleich signalisiert, dass ihre Arbeit nicht wertgeschätzt wird, was unmittelbar die Wirksamkeit der angestrebten Resozialisierung untergräbt. Eine angemessene Entlohnung würde aus den genannten Gründen nicht etwa dazu führen, dass die Gefangenen plötzlich über wesentlich mehr Mittel verfügen könnten. Denn durch Abzug der Unterhaltspflichten, der Rentenversicherungsbeiträge und eines angemessenen Haftkostenbeitrags würden die Gefangenen auch bei Mindestlohn keineswegs bevorzugt werden. Für den Fiskus insgesamt wird eine bessere Bezahlung auch nicht wesentlich teurer, denn Angehörige und ehemalige Gefangene (im Alter) müssen bislang sehr häufig aus öffentlcihen Mitteln unterstützt werden.

Die Entscheidung des BVerfG ist also zu begrüßen. Ob, und insbesondere wann und wie diese Entscheidung in den 16 Bundesländern umgesetzt wird, davor steht allerdings ein großes Fragezeichen. In der Vergangenheit gab es jedenfalls  Anzeichen für eine nicht immer hinreichende Compliance der für den Strafvollzug zuständigen Ministerien und Behörden.

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11 Kommentare

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BVerfG zu Strafgefangenen-Entlohnung: Die gesetzlichen Bestimmungen zur Gefangenentlohnung in Bayern und Nordrhein-Westfalen sind in sich widersprüchlich und damit verfassungswidrig. Dies stellte das Bundesverfassungsgericht auf Verfassungsbeschwerde zweier Häftlinge fest. Maßstab war das "Resozialisierungsgebot" des Grundgesetzes. Dessen Umsetzung müssen die Bundesländer gesetzlich regeln und dabei auch die Rolle von Arbeit und ihrer Vergütung bestimmen. Umfasse das Konzept Arbeit als Mittel der Resozialisierung, müsse diese auch angemessene Anerkennung finden. Den Gefangenen müsse vermittelt werden, dass Erwerbsarbeit zur Herstellung einer Lebensgrundlage sinnvoll ist. Dabei habe der Gesetzgeber großen Gestaltungsspielraum. Von den Entgelten können z.B. Haftkosten abgezogen werden. Auch können die Gefangenen zur Wiedergutmachung und zu Unterhaltszahlungen verpflichtet werden. Diese Ziele müssten aber erreichbar sein. Letzteres sahen die Richter:innen bei den Strafvollzugsgesetzen von Bayern und NRW nicht gegeben. Es sei nicht ersichtlich, wie die Gefangenen mit Entgelten zwischen 1,37 Euro und 2,30 Euro pro Stunde auch Wiedergutmachung leisten sollen. Die Länder müssen ihr Resozialisierungskonzept bis 30. Juni 2025 neu regeln. Bis dahin bleiben die beanstandeten Regelungen anwendbar. Materiell dürften auch die Strafvollzugsgesetze der anderen Bundesländer verfassungswidrig sein. Es berichten SZ (Wolfgang Janisch), FAZ (Katja Gelinsky), taz (Christian Rath)spiegel.de (Dietmar Hipp), swr.de (Gigi Deppe), tagesschau.de (Klaus Hempel), wdr.de (Philipp Raillon) und LTO (Luisa Berger) 

Wolfgang Janisch (SZ) zeigt sich in seinem Kommentar vom Urteil enttäuscht, das Gericht lasse den Ländern bei der Reparatur der Gesetze "nahezu freie Hand". Zwar sei "höchstrichterliche Zurückhaltung gegenüber dem Gesetzgeber" begrüßenswert. Die nun ausgesprochenen Mahnungen ließen sich aber sanfter kaum vorstellen. Dabei sei das BVerfG für Gefangene ofmals die einzige Institution "zur Wahrung grundlegender Rechte." Nach Ansicht von Jost Müller-Neuhof (Tsp) ist die mangelnde Lobby von Häftlingen auf eine gewandelte kriminalpolitische Maxime zurückzuführen. Diese gebe dem Opferschutz mehr Raum. Geschädigte und Täter dürften indes nicht gegeneinander ausgespielt werden. Philip Raillon (wdr.de) macht auf den gesamtgesellschaftlichen Nutzen der Resozialisierung von Straftätern aufmerksam. Es mache sprachlos, dass die Politik das Urteil nun flächendeckend begrüße. Die Entscheidung sei absehbar gewesen, dementsprechend wäre es angezeigt gewesen, bereits Lösungen zu erarbeiten.

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Wie verhält sich diese neue Entscheidung zur alten Entscheidung 2 BvR 441/90? Ist das damals nicht alles schon einmal entschieden worden? Warum zitiert das Bundesverfassungsgericht diese alte Entscheidung in der neuen Entscheidung mit keinem Wort?

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BVerfG zu Strafgefangen-Entlohnung: Das Bundesverfassungsgericht relativiere die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine angemessene Bezahlung von Gefangenenarbeit, stellen die wissenschaftlichen Mitarbeiter Jaqueline Stein und Lara Mann im Verfassungsblog in ihrer Analyse des am Mittwoch verkündeten Urteils des Bundesverfassungsgerichtes zur Regelung der Gefangenenentlohnung kritisch fest. Das Kriterium der "angemessenen" Vergütung werde dahingehend aufweicht, dass es nicht mehr abstrakt, sondern nur noch im Zusammenhang mit dem zugrundeliegenden Resozialisierungskonzept überprüft werden kann. Entgegen der Ankündigung von BVerfG-Vizepräsidentin Doris König habe keine substanzielle "Schärfung" der verfassungsrechtlichen Maßstäbe stattgefunden.  

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Das am Resozialisierungsgebot festzumachen, ist für mich nachvollziehbar. Denn bietet die Haftanstalt Arbeit gegen Vergütung an, dann wird sich damit auch die Frage der Unterkunfts- und Versorgungskosten stellen. Auch eine Beitragspflicht zur Rentenversicherung sollte sich m.E. stellen. Arbeitet z.B. ein Häftling 20 Jahre lang in Haft in Vollzeit, kann dann aber von seiner Rente nicht über die Runden kommen, dann ist sogar der beste Resozialisierungserfolg in Gefahr, der aber noch während der Haft erreicht werden konnte.

Urteil vom 20. Juni 2023 - 2 BvR 166/16, Rn. 189:

"(5) Sieht der Gesetzgeber ein System (hauptsächlich) finanzieller Vergütung für Gefangenenarbeit vor, so ist es ihm nicht verwehrt, auch einen Haftkostenbeitrag vorzusehen. Der Erhebung eines Haftkostenbeitrags (durch Abzüge für Unterbringung und Verpflegung) steht das Gebot, Arbeit angemessen zu vergüten, nicht grundsätzlich entgegen. Das Resozialisierungsgebot fordert aber in der für Strafgefangene typischen Situation einen Ausgleich zwischen dem staatlichen Interesse an einer Kostendeckung und den wirtschaftlichen Interessen und finanziellen Möglichkeiten der Gefangenen. Dies erfordert eine gesetzliche Regelung, nach der der Haftkostenbeitrag so bemessen wird, dass dem Gefangenen von der Vergütung jedenfalls ein angemessener Betrag verbleibt (vgl. BVerfGE 98, 169 <203>), der ihm einen greifbaren Vorteil im Vergleich zu nicht arbeitenden Gefangenen bringt."

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BVerfG zu Strafgefangenenentlohnung: Es wäre sinnvoll, wenn Haftgefangene besser für ihre Arbeit entlohnt würden, kommentiert Florian Gontek (spiegel.de) die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus der vergangenen Woche. Es verbessere die Chancen auf Resozialisierung und verringere die Gefahr, dass jemand rückfällig wird. Damit könne am Ende dem Staat sehr viel Geld gespart werden.

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Der Einwand der geringen Produktivität ist jedenfalls für Eigenbetriebe der Bayrischen Justizvollzugsanstalten gut nachvollziehbar. Aus der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz über den Bezug von Leistungen der Arbeitsbetriebe und Arbeitseinsatz von Gefangenen und Sicherungsverwahrten in besonderen Fällen (BeLeiArbBek) vom 23. November 2017 (JMBl. S. 231) geht hervor, dass die Eigenbetriebe der Haftanstalten Leistungen zu "ermäßigten Preisen" erbringen (Nr. 2.1). Die Preisbildung ist abhängig von dem jeweiligen Bezieher der Leistung. Bei allen berechtigten Beziehern werden Selbstkosten (Nr. 17 AVO) angesetzt. Je nach Person des Beziehers der Leistung kommen dann prozentuale Aufschläge in Höhe des Stundensatzes der Eckvergütung (Art. 46 Abs. 2 Satz 3 BayStVollzG) hinzu.

Weil es sich um "ermäßigten Preise" handelt, ist der Kreis der Bezugsberechtigten begrenzt.

"Bezugsberechtigte sind
3.1
das Staatsministerium der Justiz (Nr. 7),
3.2
Einrichtungen im Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Justiz, das sind
3.2.1
Einrichtungen des Justizvollzugs (Nrn. 4 und 5),
3.2.2
Einrichtungen der sonstigen Justiz (Nrn. 6 bis 8),
3.3
justiznahe Einrichtungen (Nrn. 9 und 10),
3.4
Justizvollzugsbedienstete (Nrn. 11 bis 25),
3.5
Gefangene und Sicherungsverwahrte in bayerischen Justizvollzugsanstalten (Nrn. 26 und 27.1)."

https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayVV_3122_2_0_J_641/true

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Die geringere Produktivität ist möglicherweise zum Teil der nicht gut ausgebildeten und möglicherweise auch  von der Arbeit "entwöhnten" Gefangenenklientel geschuldet, aber auch Umständen, für die die Gefangenen selbst nichts können, etwa die teilweise  unmoderne Ausstattung der Werkstätten, die hohe Fluktuation des Personals und nicht zuletzt die geringe Motivation, die im direkten Zusammenhang mit der Entlohnung steht.

Ich denke, es wird wohl alles davon geben. Von schlecht ausgebildeten bis zur meisterlich ausgebildeten Häftlingen. Von Arbeiten, die auf den arbeitstherapeutischen Zweck beschränkt sind, bis zum hochwertigen Modellbau von Autos für die Firma Sapor. Es wird arbeitsscheue aber auch arbeitstüchtige Häftlinge geben. Es wird Werkstätte geben, die einem Museum gleichen, aber auch vielgestaltige, hochwertig und modern ausgestattete Betriebe. Entsprechend wird es geringere bis hohe Produktivität geben.

Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hatte im VB-Verfahren die geringe Entlohnung damit begründet, dass "die Produktivität von Gefangenen nach empirischen Feststellungen im Vergleich zu Betrieben in der gewerblichen Wirtschaft bei deutlich unter 15 % in Eigenbetrieben beziehungsweise rund 20 % in Unternehmerbetrieben liege" (Rn. 57).

Das ist doch so zu verstehen, dass in allen Eigenbetrieben und Unternehmerbetrieben der Bayerischen JVAs sehr geringe Produktivität bestünde. Das erscheint mir unglaubwürdig. Soweit ich mich noch an den Fall Mollath erinnern kann, hat er an dem Modellbau von Autos gearbeitet und dafür 200 Euro im Monat erhalten. Diese Modelle verkaufte die Firma Sapor zu kosmischen Preisen auf dem Markt. Hier hat jemand anders das Geschäft gemacht und sich die Anerkennung abgeholt. In diesem Fall denkt man weniger an geringe Produktivität, als viel mehr an Ausbeutung von Gefangenenarbeit.

Gefangenenarbeit hat eine sehr zentrale Stellung im Resozialisierungskonzept. Dazu gehört auch untrennbar die angemessene Anerkennung und Entlohnung. Weil Entlohnung auch von Produktivität und Wirtschaftlichkeit abhängig ist, kann der Resozialisierungserfolg mittelbar daran abgelesen werden. Man kann auch sagen, Produktivität und Wirtschaftlichkeit der JVA-Betriebe sind ein Messgrad für die Qualität des jeweiligen Resozialisierungskonzepts und die Qualität der jeweiligen Resozialisierungsarbeit der JVA. Daran gemessen unter Zugrundelegung der Angaben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz ist beides in Bayern durchgehend sehr schlecht.

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Richtig ist der Hinweis, dass eine durchschnittlich geringere Produktivität nicht auf jeden einzelnen Gefangenen und jede einzelne Arbeit zutrifft. Aber es ist kein besonders durchschlagendes Argument gegen die statistisch geringe Produltivität, dass in einem ganz besonderen Einzelfall (Bau von Modellautos durch einen besonders geschickten Gegangenen) mit Gefangenenarbeit ein gutes Geschäft gemacht wurde. Dass die Arbeitspflicht Gefangener in manchen Fällen auch für (teilwesie sogar private) Zwecke missbraucht wird/wurde, steht auf einem weiteren - anderen - Blatt.

Ja, das Beispiel mit den Modellautos dürfte ein ganz besonderer Einzelfall sein. Dass aber in JVAs Häftlinge einsitzen mit besonderem Geschick und speziellen aber ungenutzten Fähigkeiten, das dürfte schon mal öfters geben. Was Ausbeutung der Gefangenenarbeit oder deren Missbrauch angeht, das kann man schon aus der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz über den Bezug von Leistungen der Arbeitsbetriebe und Arbeitseinsatz von Gefangenen entnehmen. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz und Einrichtungen der sonstigen Justiz, justiznahe Einrichtungen und Justizvollzugsbedienstete beziehen die Leistungen von Gefangenen zu besonders ermäßigten Preisen. Sie zahlen nur die Selbstkosten mit geringfügigen bis kleinen Aufschlägen. JVAs zahlen keinen Aufschlag. Und die beschäftigende JVA zahlt gar nichts. Würden die berechtigten Bezieher marktübliche Preise bezahlen müssen, dann wären auch die Mitteln da, um den Mindestlohn zu bezahlen. Lässt sich diese enorme Preisermäßigung nicht schon als Ausbeutung oder Missbrauch verstehen?

In der Arbeitsverwaltungsordnung für die Justizvollzugsanstalten in Bayern ist geregelt, wie Preise für Leistungen der Arbeitsbetriebe und der Arbeitseinsatz von Gefangenen üblicherweise zu ermitteln sind. Sie sind zunächst mit den Selbstkosten zu kalkulieren. Zu den Selbstkosten zählen auch die Lohneinzelkosten, die sich aus den Bezügen der Gefangenen und den Beiträgen zur Sozial- und Arbeitslosenversicherung je Auftrag zusammensetzen. Die ermittelten Selbstkosten sind dann dem marktüblichen Preis gegenüberzustellen. Liegen sie darunter, dann ist für die Preisbildung ein Aufschlag vorzunehmen, ein Abschlag, wenn sie darüber liegen. So in etwa das qualifizierte Preisbildungsverfahren.

Auch bei der durchschnittlich geringeren Produktivität dürften nicht selten Aufschläge in einer Höhe gemacht werden, die den Mindestlohn deckeln können. Selbst wenn ein durchschnittlicher Schreiner in der freien Wirtschaft vermutlich schneller und besser arbeiten wird, als der Schreiner in Haft, so stellt sein Betrieb dann etwa vierzig Euro pro Arbeitsstunde in Rechnung. Zu Preisbildung hinzu kommt dann noch der Gewinnaufschlag des Betriebs. Da kann ein in Haft einsitzender Schreiner deutlich langsamer arbeiten, ohne den Marktpreis zu erreichen, auch wenn er Mindestlohn erhält. Zweck der Resozialisierung sollte aber doch sein, den einsitzenden Schreiner auf die Leistungsfähigkeit eines freien Schreiners zu bringen, damit er nach seiner Entlassung reale Chancen hat, eine Arbeitsstelle zu bekommen und sie auch lange zu behalten.

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