ArbG Berlin zur Kündigung einer Musicaldarstellerin wegen fehlender Corona-Schutzimpfung

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 09.03.2022
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht1|1986 Aufrufe

Kündigungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie beschäftigen offenbar zunehmend die Arbeitsgerichte. Dafür steht exemplarisch eine neue Entscheidung des ArbG Berlin (Urteil vom 3.2.2022 - 17 Ca 11178/21, PM 3/22). In dem zugrundeliegenden Fall hatte die Klägerin mit zwei Veranstaltungsgesellschaften Arbeitsverträge für die Proben und die Beschäftigung in einem Musical geschlossen. Vor Vertragsbeginn erfuhren die Arbeitgeberinnen, dass die Klägerin ungeimpft war und kündigten die Arbeitsverhältnisse ordentlich fristgerecht. Die Klägerin hatte angeboten, täglich Testnachweise vorzulegen.

Das ArbG Berlin hat die Kündigungen für wirksam erachtet. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass die Kündigungen insbesondere keine Maßregelung gemäß § 612a BGB darstellten. Die persönliche Haltung der Klägerin zur Corona-Schutzimpfung sei nicht tragendes Motiv für den Kündigungsentschluss gewesen, sondern habe lediglich den Anlass zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegeben. Der Arbeitgeber könne als Ausdruck seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit das „2G-Modell“ als allgemeingültiges Anforderungsprofil für alle Arbeitsplätze im Betrieb durchsetzen. Wenn dies mit der höchstpersönlichen Entscheidung der Klägerin, sich nicht impfen zu lassen, unvereinbar sei, liege keine Maßregelung vor. Der Ausschluss nicht geimpfter Arbeitnehmer verstoße auch nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Auch sei das „2G-Modell“ nicht willkürlich gewählt, da insbesondere das tägliche Vorlegen eines negativen Corona-Testergebnisses die Betriebsabläufe stärker beeinträchtigen und die Beschäftigung nicht geimpfter Personen aufgrund der strengeren Quarantäneregelungen ein höheres Risiko für etwaige Personalausfälle für den Musicalbetrieb darstellen würde. Die Klägerin könne nicht verlangen, dass die Arbeitgeberinnen ein Schutzkonzept umsetzen, das einen höheren Kosten- und Personalaufwand verursache, da neben der unternehmerischen Handlungsfreiheit der Arbeitgeberinnen auch die körperliche Unversehrtheit der übrigen Belegschaft zu berücksichtigen sei.

 

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1 Kommentar

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Nimmt man die These, "Der Arbeitgeber könne als Ausdruck seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit das „2G-Modell“ als allgemeingültiges Anforderungsprofil für alle Arbeitsplätze im Betrieb durchsetzen." ernst, kann man so leicht einen Grund schaffen, alle nicht ausreichend geimpften Arbeitsnehmer zu kündigen. Ob das wirklich ganz durchdacht ist? Und wäre das dann betriebs- oder personenbedingt?

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