Zur strafrechtlichen Verantwortung des Betreibers einer Kommunikations- und Handelsplattform im sog. "Darknet" nach dem BtMG

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 08.04.2019

Das Landgericht Karlsruhe hat sich mit der Frage befasst, wie sich ein dort angeklagter Betreiber einer Kommunikations- und Handelsplattform im sog. „Darknet“ für von Dritten angepriesene Betäubungsmittel nach dem BtMG strafrechtlich zu verantworten hat (LG Karlsruhe, Urteil vom 19.12.2018 - 4 KLs 608 Js 19580/17 = BeckRS 2018, 40013).

Der Angeklagte betrieb als alleiniger Administrator das Forum „Deutschland im Deep Web“ (DiDW), welches u.a. durch die Zugangsmöglichkeit nur über das anonyme Tor-Netzwerk auf größtmögliche Abschottung ausgerichtet war. Die Plattform, die ursprünglich in erster Linie als Diskussions- und Meinungsaustauschforen dienen sollte, enthielt eine Kategorie "Marktplatz" mit den Unterkategorien "Biete" und "Biete verifiziert", wo gezielt Werbung für Betäubungsmittel eingestellt werden konnte. Der Angeklagte schaltete mehrmals Werbetexte zum Verkauf von Betäubungsmitteln frei, wodurch die Aufforderung zur Angebotsabgabe online gestellt und damit der Handel ermöglicht wurde. Konkret handelte es sich beispielsweise um die Werbung für den Verkauf von psilocybinhaltigen Pilzen, MDMA, Haschisch, Marihuana, Amphetamin, Kokain, LSD oder Heroin.

Das Landgericht Karlsruhe hat den Angeklagten insoweit wegen Beihilfe zum unerlaubten Werben mit Betäubungsmitteln in mehreren tatmehrheitlichen Fällen verurteilt. Das Erstellen, die Inbetriebnahme sowie die Aufrechterhaltung der Diskussionsplattform stellten für sich genommen zunächst keine strafbare Beihilfehandlung im Sinne des § 27 StGB dar. Durch die Schaffung der Unterkategorien und Freischaltung des jeweiligen Werbetextes habe der Angeklagte aber einen wesentlichen Tatbeitrag zum unerlaubten Werben mit Betäubungsmitteln gem. § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 BtMG geleistet. Eine Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln scheide aus, da den Anbietern nicht nachgewiesen werden könne, dass diese die angepriesenen und abgebildeten Betäubungsmittel auch tatsächlich zum Verkauf bereitgehalten hätten. Das bloße Anbieten der Betäubungsmittel reiche für ein Handeltreiben nicht aus, denn es liege noch kein eigenständiges Angebot vor, sondern lediglich eine Aufforderung zur Abgabe von Angeboten, soweit nur ein beschreibender und anpreisender Text erstellt und mit Fotos angereichert werde, um aus einer noch unbestimmten Vielzahl von Personen mögliche Interessenten zu gewinnen.

Noch ein ergänzender Hinweis: Die Entscheidung der Landgerichts Karlsruhe ging durch die Presse. Allerdings weniger wegen des betäubungsmittelrechtlichen Hintergrundes. Traurige Bekanntheit erlangte der Fall vielmehr deshalb, weil der Angeklagte durch die Einrichtung der Unterkategorie „Waffen“ auch mehrere Handelsgeschäfte mit Waffen unterstützte, u.a. den Kauf einer Schusswaffe, mit welcher der Amoklauf in München mit mehreren Toten am 22.7.2016 verübt wurde. Der Angeklagte wurde neben der Beihilfe zum unerlaubten Werben mit Betäubungsmitteln auch wegen Beihilfe zu Verstößen gegen das Waffengesetz u.a. in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung in neun Fällen in weiterer Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.

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