Bewährungswiderruf auch noch drei Jahre nach Bewährungszeitende!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 08.04.2018
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht7|13931 Aufrufe

Das ist eine Ansage. Die Entscheidung ist aber völlig ok. Der VU hatte innerhalb seiner Bewährungszeit Straftaten begangen. Die Verfolgung und Ahndung ließ aber etwas auf sich warten. Nun, drei Jahre nach Ablauf der Bewährungszeit wurde zum Widerruf geschritten. Der VU wurde auf diese Möglichkeit aber auch schon 2016 hingewiesen. So konnte er nicht darauf vertrauen, dass schon nichts passieren werde:

Eine gesetzliche Höchstfrist, binnen derer ein Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung nach Ablauf der Bewährungszeit noch möglich ist, existiert nicht (vgl. nur: OLG Hamm, Beschl. v. 10.05.2016 – III – 3 Ws 157/16 – juris m.w.N.).

Der Umstand, dass hier der Widerruf erst gut drei Jahre nach Ende der Bewährungszeit (03.10.2014) erfolgte, führt auch nicht zu seiner Unzulässigkeit, etwa unter dem Gesichtspunkt rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG, Art. 20 Abs. 3 GG). Grundsätzlich kann sich der Verurteilte, dessen Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt worden ist, darauf verlassen, dass die mit abgeschlossenen Tatbeständen verknüpfte Rechtsfolge anerkannt bleibt, mithin seine durch die Bewährung erlangte Rechtsposition nicht für ihn unvorhersehbar aufgehoben wird. Bei einem bewährungsbrüchigen Verhalten muss der Verurteilte grundsätzlich mit einem Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung rechnen. Erfolgt ein Widerruf nach Ablauf der Bewährungszeit, so hat der Widerruf jedoch - auch ohne Bestehen einer einfachgesetzlichen Frist, binnen derer ein Widerruf noch möglich ist – aus Gründen des Vertrauensschutzes innerhalb angemessener Frist zu erfolgen. Welche Frist noch als angemessen anzusehen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Neben dem Zeitablauf als solchem ist maßgebend, ob das Verfahren ungebührlich verschleppt worden ist. Weiter sind für die Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Verurteilten auch Art, Schwere und Häufigkeit der neuen Taten zu berücksichtigen (BVerfG, Beschl. v. 20.03.2013 – 2 BvR 2595/12 – juris m.w.N.). Die Vertrauensbildung ist kein plötzliches Ereignis, sondern ein sich entwickelnder Prozess (OLG Hamm a.a.O.).

Daran gemessen war der Widerruf hier ohne einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes noch möglich. Dem Verurteilten waren die Konsequenzen eines bewährungsbrüchigen Verhaltens bewusst. Dies ergibt sich daraus, dass er selbst über seinen Bewährungshelfer im Juni 2013 versucht hat, eine Verkürzung der Bewährungszeit zu erreichen. In dem Bericht des Bewährungshelfers vom 11.06.2013 heißt es, dass der Verurteilte davon ausgehe, dass „während des hohen Verhandlungsdrucks [Anm. d. Senats: gemeint sein dürfte „Verfolgungsdruck“] auf alle Mitglieder der Bandidos“ er über kurz oder lang mit einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung zu rechnen und dann den Widerruf in der vorliegenden Sache befürchten müsste. Darin zeigt sich schon sein Bestreben, die aktuell laufende Bewährung „abzuwickeln“, bevor es zu neuen Verurteilungen kommt. Am 08.12.2014 wurde gegen den Verurteilten Anklage wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz (Tatzeit: 26.04.2014) erhoben. Im Hinblick darauf teilte das die Bewährungsaufsicht führende Gericht dem Verurteilten und dem Bewährungshelfer mit Verfügung vom 30.04.2015 mit, dass der Ausgang dieses Verfahrens abgewartet werden solle, bevor über den Straferlass entschieden werde. Die Zeit zwischen dem Ende der Bewährungsfrist und dieser Benachrichtigung (etwa ein halbes Jahr) reichte jedenfalls angesichts der vorgenannten Umstände noch nicht, damit sich ein schutzwürdiges Vertrauen des Verurteilten bilden konnte (vgl. auch OLG Hamm a.a.O.: sechs Monate reichen grds. noch nicht zur Bildung schutzwürdigen Vertrauens). Dieses Verfahren wurde am 03.06.2015 nach § 154 StPO eingestellt. Angesichts der Mitteilung des Gerichts konnte sich bis zu diesem Zeitpunkt auch kein schutzwürdiges Vertrauen aufbauen.

Zwischenzeitlich war der Verurteilte  wegen vorsätzlicher Körperverletzung (Tatzeit Oktober 2012) am 31.10.2013 durch das AG Rheine zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Rechtskraft erlangte dieses Urteil am 18.03.2015. Angesichts der eingangs benannten Umstände musste der Verurteilte auch insoweit damit rechnen, dass die Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen würde. Zunächst einmal konnte sich daher für die nächsten Monate ebenfalls kein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend bilden, es werde nicht zu einem Widerruf kommen.

Bereits am 29.09.2015 erhob die Staatsanwaltschaft Münster dann Anklage wegen der Taten, die auch Grundlage der Verurteilung vom 01.07.2016 (Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren u.a. wegen räuberischer Erpressung und BtM-Delikten) sind, welche ihrerseits Anlass für den Bewährungswiderruf ist. Dieses Urteil wurde erst am 28.04.2017 rechtskräftig. Die Taten lagen großenteils in der Bewährungszeit. Bis zur Anklageerhebung konnte sich aber wegen der in den Vorabsätzen benannten Umstände ebenfalls kein schutzwürdiges Vertrauen in einen Straferlass oder ein Unterbleiben eines Widerrufs bilden und danach bis zur Rechtskraft ohnehin nicht mehr. Mit Verfügung vom 07.04.2016 teilte das bewährungsaufsichtsführende Gericht dem Verurteilten mit, dass eine Entscheidung über den Straferlass erst nach rechtskräftigem Abschluss des neuen Verfahrens ergehen werde und ein Widerruf auch dann noch erfolgen könne. Nach Klärung der Zuständigkeit  hörte die Strafvollstreckungskammer den Verurteilten mit Schreiben vom 05.10.2017 zur Widerrufsfrage an.

Insgesamt ist damit festzustellen, dass sich im Hinblick auf die massive und häufige Rückfälligkeit, die bei dem Verurteilten selbst bereits frühzeitig zu dem Bestreben führte, vorsorglich auf eine schnelle „Abwicklung“ der Bewährung zu drängen, und angesichts des Umstands, dass es immer wieder Ereignisse gab, die eine Bildung eines Vertrauens in das Unterbleiben des Widerrufs zerstörten, kein schutzwürdiges Vertrauen des Verurteilten bilden konnte.

Oberlandesgericht Hamm, Bescchl. v. 1.2.2018 - 4 Ws 3/18

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7 Kommentare

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die Rückwirkungsfrist ist doch ganz klar formuliert i, 56g StGB. Ende des 4 jahres ist schluss nach rechtskraft des bewährungsbeschlusses. Sollte eine Verbrauch auf dem Urteil aufliegen z.b. mit Verlägerungen ist kein Wirken auf ein Verlängerung der Verjährung in den Bestand zunehmen. Die folgeden Urteile der Bewährungsverlängerungen verwenden Selbstversändlich das erste Urtreil und Verbrauchen dieses Natürlich auch ist es so das dort eine Gelstrafe ausreicht um die Bewährung zuverlänger. ist das auch die Frist der Verjährung, somit 3 Jahre.. Optional und als respektiver Korrektor liegt natürlich der 56g vor. Stpo § 462a Abs3  und auch § 489 ist doch Interessant Maximal ist dorch auch wartent auf ein Urteil wo eine evtl. Strafbarkeit Vorlag  innerhalb der Bewährungs nach dem urteil "Rechtskraft" 18 Monate zu erklären.. heist das neue Uretel erlass zu bewährung bei einer frühstmöglichen Verurteilung über 1 Jahr nach der Tat ..naja Beck..Interessant oder nicht die Tagessatzberechnung 

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sollte Sie Ts zu 5 € anwenden 150 geteilt durch 3. die 6 fache Zeit als bei einer Ordnungsgerechte Verfahrens Führung ..ist das Antragsrecht natürlich für die StA plausibel .. die Verlängerung der +1  Bew. is cancelt

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sehr geehrte Damen und Herren,Guten Tag,

Brackwede / Westfalen dürfte Ihnen bekannt sein. 

u.a. Herr Victor Brack  in Gutacher Postion / angeklagt im Nürnberger Ärzteprosses 

ebenfalls,

Karl otto Koch Lager Buchenwald ebenso.

LED / Lampenschirm und weitere Details gleicher wertig.

 

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das mit dem Esel, ist Ihnen Examierte Bekannt auch was alles in den Bauch eines Menschen oder überhaupt in Menschen eingenäht wird ..im klartext sehr geehrte Damen und Herren,

das Scaphismus, ist protestanten überaus bekannt 

„Die Perser übertreffen alle anderen Barbaren in der entsetzlichen Grausamkeit ihrer Bestrafungen unter Anwendung von Foltern, die besonders schrecklich und langanhaltend sind, nämlich die ‚Boote‘ und das ‚Einnähen in rohe Tierhäute‘.  ebenfalls 

 Beim Scaphismus wurde das Opfer angeblich mit Ausnahme von Kopf, Händen und Füßen in ein präpariertes, zweischaliges Behältnis eingeschlossen und darin zwangsernährt; den Darstellungen zufolge erfolgte der Tod durch Infektionen, Gewebezerstörung infolge Insektenfraß oder durch körperliche Auszehren (Durst, Hunger) und Blutverlust und/oder Vergiftung . ebenfalls 

„Entsprechend befahl er [Artaxerxes] den Mithridates mit der Methode der Boote [Mulden, skaphai] hinzurichten. Die Art dieser Todes- und Bestrafungsform ist wie folgt: Man nimmt zwei Mulden von gleicher Form und Größe, legt in die eine den zu bestrafenden Verbrecher auf den Rücken, dann deckt man sie mit der anderen ab, wobei Kopf, Hände und Füße noch herausschauen, der übrige Körper aber fest eingeschlossen ist. Man bietet dem Delinquenten Speisen an und zwingt ihn gegen den eigenen Willen zu essen, indem man ihm mit scharfem Werkzeug gegen die Augen stößt. Während des Essens wird er mit einer Mischung aus Milch und Honig überzogen, die nicht nur in seinen Mund, sondern auf das ganze Gesicht gegossen wird. Anschließend dreht man sein Gesicht ständig zur Sonne hin, das bald vollständig von einer Unmenge an Fliegen bedeckt wird, die sich dort niederlassen. Innerhalb der Becken verrichtet er seine Notdurft, wie das alle tun müssen, die gegessen und getrunken haben. Ungeziefer und Würmer entstehen aus den verfaulenden Exkrementen, kriechen in seine Körperöffnungen, und so wird sein Körper von innen her aufgefressen. Sobald der Mann offensichtlich tot ist, wird die obere Schale abgenommen, und man sieht das zersetzte Fleisch; Schwärme dieser ekelhaften Kreaturen tun sich daran gütlich und zwar allmählich bis in die Eingeweide hinein.

G5

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zudem oben anliegenden Inhalt wurde dort die Strafvollstreckungsverjährung geprüft ..Waffengleichheit ... Rechtsicherheit

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Die Vollstreckungsverjährung verhindert die Vollstreckung einer Strafe oder (nach deutschem Recht) Maßnahme nach der Verstreichung der jeweiligen Frist.

Beginn der Vollstreckungsverjährung ist der Tag der Rechtskraft der zugrunde liegenden ----Entscheidung----

(in der Regel ein Urteil ).

Ruhen hat ja auch seine Frist

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Ich hab das hier noch für eurch 79€ handbücher implantiert 

Die Verjährung ruht,

1.solange nach dem Gesetz die Vollstreckung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann,2.solange dem Verurteiltena)Aufschub oder Unterbrechung der Vollstreckung,b)Aussetzung zur Bewährung durch richterliche Entscheidung oder im Gnadenweg oder  >>>>>>> StGB §  56g c)Zahlungserleichterung bei Geldstrafe oder Einziehungbewilligt ist,3.solange der Verurteilte im In- oder Ausland auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.

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