Arbeitsrecht im Sondierungspapier

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 15.01.2018
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht2|3148 Aufrufe

CDU, CSU und SPD haben sich nach Abschluss der Sondierungsgespräche darauf verständigt, ihren jeweiligen Parteigremien bzw. dem Parteitag die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zu empfehlen. Diese sollen auf Basis eines schriftlich fixierten Sondierungsergebnisses geführt werden. Für das Arbeitsrecht sind die Festlegungen sehr überschaubar. Verglichen mit dem Koalitionsvertrag aus dem Jahre 2013 sind die Ankündigungen deutlich weniger ambitioniert. Bemerkenswert ist immerhin, dass sich die künftigen Koalitionäre auf eine Weiterentwicklung des Teilzeitrechts verständigt haben, dabei aber den Referentenentwurf aus der letzten Legislaturperiode in einigen Punkten entschärfen wollen. Wörtlich heißt es im Sondierungspapier:

„Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht

 SPD und Union bekennen sich beide zum Ziel der Vollbeschäftigung. Dazu gehört auch, dass Menschen, die schon sehr lange arbeitslos sind, eine Perspektive eröffnet wird. 

Mit einem ganzheitlichen Ansatz wollen wir die Qualifizierung, Vermittlung und Reintegration von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt vorantreiben. Dazu schaffen wir ein neues Regelinstrument im SGB II „Teilhabe am Arbeitsmarkt für alle“ und ermöglichen auch in den Ländern den Passiv-Aktiv-Transfer. 

Wir stellen uns eine Beteiligung von 150.000 Menschen vor. Die Finanzierung des Programms muss über den Eingliederungstitel gewährleistet werden, den wir hierfür um eine Milliarden Euro jährlich aufstocken werden. Wir werden den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung um 0,3 Prozent senken. 

Mit dem Ziel, breiten Bevölkerungsteilen einen beruflichen Aufstieg und die Beschäftigungsfähigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt nachhaltig zu fördern, wollen wir gemeinsam mit den Sozialpartnern eine nationale Weiterbildungsstrategie entwickeln. 

Wir werden das Angebot der Bundesagentur für Arbeit so ausgestalten, dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Recht auf Weiterbildungsberatung haben. Wir werden das allgemeine Initiativrecht der Betriebsräte für Weiterbildung stärken. Nach drei Monaten Arbeitslosigkeit soll die Bundesagentur für Arbeit mit den betroffenen Menschen Maßnahmen entwickeln, um ihre Beschäftigungsfähigkeit nachhaltig zu fördern. 

Wir wollen die Zumutbarkeit bei der Vermögensverwertung und das Schonvermögen im SGB II überprüfen.

Wir wollen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz 2019 evaluieren. Das Zeitalter der Digitalisierung wollen wir als Chance für mehr und bessere Arbeit nutzen. Wir wollen deshalb neue Geschäftsmodelle fördern und gleichzeitig die Tarifbindung stärken.

Die Arbeit auf Abruf nimmt zu, wir wollen jedoch sicherstellen, dass der Arbeitnehmer ausreichend Planungs- und Einkommenssicherheit in dieser Arbeitsform hat. Wir wollen einen Rahmen schaffen, in dem Unternehmen, Beschäftigte und die Tarifpartner den vielfältigen Wünschen und Anforderungen in der Arbeitszeitgestaltung gerecht werden können.

Wir wollen Familien in ihrem Anliegen unterstützen, mehr Zeit füreinander zu haben und die Partnerschaftlichkeit zu stärken. Wir werden dazu Modelle entwickeln, mit denen mehr Spielraum für Familienzeit geschaffen werden kann. Im Teilzeit- und Befristungsrecht wird ein Recht auf befristete Teilzeit eingeführt. 

Gegenüber dem Referentenentwurf zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts werden folgende Änderungen vereinbart:

1. Es besteht kein Anspruch auf Verlängerung oder Verkürzung der Arbeitszeit oder vorzeitige Rückkehr zur früheren Arbeitszeit während der zeitlich begrenzten Teilzeitarbeit.

2. Der neue Teilzeitanspruch nach diesem Gesetz gilt nur für Unternehmen, die in der Regel insgesamt mehr als 45 Mitarbeiter beschäftigen.

3. Für Unternehmensgrößen von 45 bis 200 Mitarbeitern wird eine Zumutbarkeitsgrenze eingeführt, dass lediglich einem pro angefangenen 15 Mitarbeitern der Anspruch gewährt werden muss. Bei Überschreitung dieser Grenze kann der Arbeitgeber einen Antrag ablehnen.

4. Der Arbeitgeber kann eine befristete Teilzeit ablehnen, wenn diese ein Jahr unter- oder fünf Jahre überschreitet. Die Tarifvertragsparteien erhalten die Möglichkeit, hiervon abweichende Regelungen zu vereinbaren.

5. Nach Ablauf der zeitlich begrenzten Teilzeitarbeit kann der Arbeitnehmer frühestens nach einem Jahr eine erneute Verringerung der Arbeitszeit verlangen.“

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

2 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

...ebenso sei ein Hinweis auf das arbeitsrechtlich relevanten Erklärungen im ersten Kapitel ("Europa") erlaubt:

S. 3: "Die Soziale Marktwirtschaft, die auf Unternehmensverantwortung, Sozialpartnerschaft, Mitbestimmung und einer fairen Verteilung des erwirtschafteten Wohlstands beruht, braucht eine Renaissance, gerade in Zeiten der Digitalisierung."

S.4: "Soziale Grundrechte, insbesondere das Prinzip des gleichen Lohns für gleiche Arbeit am gleichen Ort in der EU wollen wir in einem Sozialpakt stärken. Wir wollen faire Rahmenbedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und eine bessere Koordinierung der Arbeitsmarktpolitik.

Wir wollen einen Rahmen für Mindestlohnregelungen sowie für nationale Grundsicherungssysteme in den EU-Staaten entwickeln. Wer konsequent gegen Lohndumping und soziale Ungleichheiten in wirtschaftlich schwächeren Ländern in Europa kämpft, sichert auch den Sozialstaat und die Soziale Marktwirtschaft in Deutschland." 

 

0

Kommentar hinzufügen