Air Berlin-Pleite erreicht die Arbeitsgerichte

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 24.11.2017
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht2|3790 Aufrufe

Die Insolvenz der Fluggesellschaft Air Berlin wirft juristische Fragen in verschiedenen Rechtsbereichen auf. Auch die Arbeitsgerichte werden da nicht verschont. Vor dem ArbG Düsseldorf sind offenbar mehrere Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz anhängig, die von Piloten der Air Berlin angestrengt worden sind. Entschieden wurde jetzt über einen Antrag eines langjährig bei der Air Berlin beschäftigten Piloten, mit dem er seine vorläufige Beschäftigung sichern wollte (ArbG Düsseldorf 23.11.2017 -10 Ga 89/17, PM 65/17). Der am Standort Düsseldorf stationierte Pilot ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens von Air Berlin zunächst widerruflich freigestellt worden. Die Fluggesellschaft hat den Flugbetrieb in Düsseldorf eingestellt, führt aber unter anderem vom Standort Köln aus noch sogenannte „wet lease-Flüge“ für andere Fluggesellschaften durch. Dort möchte der klagende Pilot eingesetzt werden. Er ist der Auffassung, dass er im Vergleich zu Piloten mit geringerer Betriebszugehörigkeit vorrangig zu berücksichtigen sei. Er befürchtet den Verlust seiner Typenberechtigung und beruft sich darauf, im Falle der nur widerruflichen Freistellung kein Arbeitslosengeld zu erhalten. Im Sitzungstermin beim ArbG Düsseldorf hat die Airline den Kläger nunmehr unwiderruflich freigestellt. Die Freistellung wird mit der mittlerweile auch in einem Interessenausgleich vom 16.11.2017 dokumentierten Entscheidung begründet, für einen Zeitraum von noch zwei Monaten auf wet lease-Flügen nur Piloten einzusetzen, die am jeweiligen Standort stationiert sind. Hintergrund sei, die Insolvenzmasse durch Vermeidung von Verbringungs-, Reise- und ähnlichen Kosten schonen zu wollen. Daher würden für Flüge ab Köln nur in Köln stationierte Piloten eingesetzt. Die Kammer hat Air Berlin in diesem Punkt recht gegeben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Beschäftigungsverfügung zurückgewiesen. Dabei geht das ArbG Düsseldorf davon aus, dass der insolventen Arbeitgeberin ein insolvenzspezifisches Freistellungsrecht zusteht. Dieses habe sie im Rahmen billigen Ermessens wirksam ausgeübt und insoweit auch eine ordnungsgemäße Auswahlentscheidung getroffen. Die betrieblichen Interessen an der reibungslosen Aufrechterhaltung des Flugbetriebes seien bei einer nur noch zweimonatigen Durchführung der wet lease-Flüge höher zu bewerten als die Berücksichtigung der Sozialdaten einzelner Arbeitnehmer. Der Einsatz eines Piloten an einem anderen Flughafen stelle eine Versetzung dar. Der insolventen Arbeitgeberin sei es aber nicht zumutbar, bundesweit Versetzungen vorzunehmen, um den Flugbetrieb mit nur wenigen Flugzeugen für zwei Monate fortzuführen.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

2 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Naja, die eigentlich spannende Frage ist ja, ob die Lufthansa Betriebsübernehmerin ist. Kann man schon argumentieren: Lh hat Maschinen und Slots übernommen… 

0

Kommentar hinzufügen