Das "a" nicht vergessen: Der Arbeitsvertrag ist jetzt in § 611a BGB geregelt

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 03.04.2017
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht1|17669 Aufrufe

Schon der Reichstag hatte es 1896 versprochen: Bei der Verabschiedung des BGB wollte er "baldthunlichst" mit einer spezialgesetzlichen Regelung des Arbeitsvertragsrechts einschließlich der schadensersatzrechtlichen Fragen nachlegen. Passiert ist dann bekanntlich: nichts. Nur die DDR hatte sich 1977 ein Arbeitsgesetzbuch (AGB) gegönnt, das bei der Wiedervereinigung 1990 auf dem Müllhaufen der Geschichte landete. Jetzt hat der Gesetzgeber im Zuge der AÜG-Novelle zum 1.4.2017 einen neuen § 611a in das BGB eingefügt. Den kann man zwar schwerlich als Regelung des Arbeitsvertragsrechts ansehen, aber immerhin grenzt er den (abhängigen) Arbeitsvertrag jetzt vom (freien) Dienstvertrag des § 611 BGB ab. Die bisherige Analogie zu § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB wird damit hinfällig.

Ab sofort also für alle Ansprüche: Nicht mehr "§ 611 BGB" (i.V. mit dem Arbeitsvertrag, einer betrieblichen Übung oder was auch immer) sondern "§ 611a BGB".

Es wird sicher einige Zeit brauchen, bis das in jedem Anwaltsschriftsatz und jedem arbeitsgerichtlichen Urteil richtig gemacht wird (und, ja, auch wir Professoren müssen jetzt unsere ganzen Vorlesungsunterlagen und Musterlösungen überarbeiten).

Und hier noch einmal der neue Normtext:

§ 611a Arbeitsvertrag

(1) 1Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. 2Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. 3Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. 4Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. 5Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. 6Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.

(2) Der Arbeitgeber ist zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 21.2.2017, BGBl. I S. 258; in Kraft ab 1.4.2017 (kein Aprilscherz)

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