Falsch geparkt bei nachträglich aufgestellten Halteverbotsschildern > Kostentragung beim Abschleppen!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 12.11.2016
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht4|10141 Aufrufe

Einmal wieder ein Abschleppfall. Privater Umzug steht an. Eine so genannte "mobile Halteverbotszone" wird ausgewiesen. Der spätere Kläger parkte schon vor Schilderaufstellung da. Wird natürlich trotzdem abgeschleppt. Muss er aber auch die Kosten des Abschleppens zahlen? Ja, seit Schilderaufstellung waren bis zum Abschleppen nämlich über 48 Stunden vergangen!

Der Gebührenbescheid der Beklagten vom 7. Oktober 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Erhebung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 62,00 EUR findet ihre Rechtsgrundlage in § 77 Abs. 1 VwVG NRW i. V. m. § 15 Abs. 1 Nr. 7 VO VwVG NRW. Die Vorschriften, wonach von dem Ordnungspflichtigen Verwaltungsgebühren für das (rechtmäßige) Abschleppen eines zugelassenen Kraftfahrzeugs erhoben werden, greifen unabhängig davon ein, ob dieses als Ersatzvornahme einer Beseitigungsanordnung auf der Grundlage der ordnungsbehördlichen Generalklausel (§ 14 OBG NRW, §§ 55 Abs. 2, 57 Abs. 1 Nr. 1, 59 VwVG NRW) oder als Sicherstellungsmaßnahme nach § 24 OBG NRW, §§ 43 Nr. 1, 46 Abs. 3 PolG NRW zu qualifizieren ist. Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. November 2000 - 5 A 2625/00 -, OVGE 48, 152 = NJW 2001, 2035 = juris, Rn. 13, 17.

Die Anordnung der Abschleppmaßnahme war rechtmäßig. Voraussetzung für das ordnungsbehördliche Einschreiten nach den oben genannten Vorschriften ist das Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Zum Schutzgut der öffentlichen Sicherheit im Sinne des Ordnungsrechts gehört die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung. Im Zeitpunkt des Einschreitens lag ein Verstoß gegen § 41 Abs. 1 StVO i. V. m. lfd. Nr. 62 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO vor. Das von der Klägerin geführte Fahrzeug war in einem Bereich abgestellt, in dem das Halten nach dem Verkehrszeichen 283 (absolutes Halteverbot) verboten war.

Das Halteverbot ist wirksam bekannt gemacht worden. Das Halteverbot nach Verkehrszeichen 283 ist wie andere Verkehrsverbote und -gebote ein Verwaltungsakt in der Form einer Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 Satz 2 VwVfG NRW. Es wird gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW gegenüber demjenigen, für den es bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem es ihm bekannt gegeben wird. Die Bekanntgabe erfolgt nach bundesrechtlichen (Spezial-)Vorschriften der Straßenverkehrsordnung durch Aufstellen des Verkehrszeichens. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts äußern Verkehrszeichen, die so aufgestellt oder angebracht sind, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon „mit einem raschen und beiläufigen Blick“ erfassen kann, nach dem so genannten Sichtbarkeitsgrundsatz ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht. Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. April 2016 - 3 C 10.15 -, NJW 2016, 2353 = juris, Rn. 16, und vom 11. Dezember 1996 - 11 C 15.95 -, BVerwGE 102, 316 = DVBl. 1998, 93 = juris, Rn. 9, jeweils, m. w. N.

Zuletzt hat das Bundesverwaltungsgericht die Anforderungen, die der Sichtbarkeitsgrundsatz im ruhenden Verkehr an die Erkennbarkeit und Erfassbarkeit von Verkehrszeichen und an die dabei von den Verkehrsteilnehmern zu beachtende Sorgfalt stellt, präzisiert. Danach äußern Verkehrszeichen für den ruhenden Verkehr ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht, wenn sie so aufgestellt oder angebracht sind, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt und ungestörten Sichtverhältnissen während der Fahrt oder durch einfache Umschau beim Aussteigen ohne Weiteres erkennen kann, dass ein Gebot oder Verbot durch Verkehrszeichen verlautbart wurde. Zu einer Nachschau ist der Verkehrsteilnehmer nur verpflichtet, wenn hierfür nach den konkreten Umständen des Einzelfalls ein besonderer Anlass besteht. Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. April 2016 - 3 C 10.15 -, NJW 2016, 2353 = juris, Rn. 17 ff., 21. Siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2004 - 5 A 850/13 -, NJW 2005, 1142 = juris, Rn. 38, und vom 11. Juni 1997 - 5 A 4278/95 -, juris, Rn. 6 f.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20. Januar 2010 - 1 S 484/09 -, NJW 2010, 1898 = juris, Rn. 17; Hamb. OVG, Urteil vom 30. Juni 2009 - 3 Bf 408/08 - NZV 2009, 524 = juris, Rn. 32 f., m. w. N.

Dies zugrunde gelegt ist hier von einer wirksamen Bekanntgabe des Halteverbots auszugehen. Die im Verwaltungsvorgang befindlichen Fotos dokumentieren, dass das Fahrzeug der Klägerin vor dem Abschleppvorgang in dem durch zwei absolute Halteverbotsschilder abgegrenzten Bereich direkt neben einem der Halteverbotsschilder stand. Beide Halteverbotsschilder waren vom Standort des Fahrzeugs der Klägerin jeweils auf den ersten Blick in die eine und andere Richtung erkennbar. Die Zusatzschilder enthielten deutlich sichtbar die Angaben über den Zeitraum der Geltung des Halteverbots.

Die Abschleppmaßnahme ist auch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Nichts anderes gilt für die Belastung der Klägerin mit den Kosten dieser Maßnahme. Die Abschleppmaßnahme war zunächst geeignet, den bereits eingetretenen und andauernden Verstoß gegen das Halteverbot zu beenden und die blockierte Fläche für die mit der temporären Verkehrsregelung bezweckte ungestörte Durchführung der Umzugsarbeiten freizugeben. Sie war auch erforderlich, da andere, die Klägerin weniger belastende, aber ebenso effektive Mittel zur Erreichung des mit der Abschleppmaßnahme verfolgten Zwecks nicht zur Verfügung standen. Die vor Ort anwesende Mitarbeiterin der Beklagten konnte die in unmittelbarer Nähe in der L.-straße 111 wohnende Klägerin nicht erreichen, um sie zum Entfernen des Fahrzeugs aufzufordern, da diese sich im Urlaub befand.

Das Abschleppen des Fahrzeugs war zudem nicht unangemessen. Es hatte für die Klägerin keine Nachteile zur Folge, die zu dem angestrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis stehen. Das Abschleppen des Fahrzeugs bezweckte nicht nur die Beendigung des Verstoßes gegen das absolute Halteverbot. Schon anhand der im Verwaltungsvorgang befindlichen Lichtbilder ist vielmehr zu ersehen, dass das verbotswidrige Abstellen des Fahrzeugs auch zu einer konkreten Behinderung der Umzugsarbeiten führte. Ungeachtet dessen lag jedenfalls eine Funktionsbeeinträchtigung der Verkehrsfläche vor, die ein Entfernen des Fahrzeugs rechtfertigte, ohne dass eine konkrete Behinderung bereits eingetreten sein musste. Das Halteverbot sollte sicherstellen, dass in dessen Geltungszeitraum der Straßenbereich vor dem Gebäude L.-straße 9 stets für die Durchführung der Umzugsarbeiten zur Verfügung stand. Es bezweckte gerade eine Freihaltung der betroffenen Verkehrsfläche, um ein - den fließenden Verkehr möglichst wenig beeinträchtigendes - Abstellen von Umzugsfahrzeugen und deren Ent- bzw. Beladung zu ermöglichen. Vgl. zur Bedeutung des Vorliegens einer konkreten Behinderung bzw. Funktionsbeeinträchtigung der Verkehrsfläche im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung: BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2002 - 3 B 149.01 -, juris, Rn. 4, und vom 1. Dezember 2000 - 3 B 51.00 -, juris, Rn. 3 f.; OVG NRW, Beschluss vom 18. Juli 2013 - 5 A 30/13 -, Rn. 4, und vom 20. Dezember 2012 - 5 A 2802/11 -, juris, Rn. 3 ff., Urteil vom 26. September 1996 - 5 A 1746/94 -, VRS 94, 159 = juris, Rn.8 ff., und vom 29. September 1989 - 5 A 878/89 -. Siehe auch: BVerwG, Urteil vom 9. April 2014 - 3 C 5.13 -, BVerwGE 149, 254 = DVBl. 2014, 1139 = juris, Rn. 20 ff., Beschluss vom 11. August 2003 - 3 B 74.03 -, juris, Rn. 3.

Demgegenüber belastete die Abschleppmaßnahme die Klägerin lediglich mit dem zeitlichen Aufwand für die Wiederbeschaffung des Fahrzeugs und den anfallenden Kosten in Höhe von insgesamt 238,98 EUR (neben den Verwaltungsgebühren in Höhe von 62,00 EUR die an das Abschleppunternehmen gezahlten Auslagen in Höhe von 176,98 EUR). Der erstgenannte Aufwand ist begrenzt, der zu zahlende Geldbetrag gering. Die Belastungen bewegen sich im Rahmen des üblichen Unterhaltungsaufwands für einen Personenkraftwagen. Ein Missverhältnis zu dem mit der Maßnahme verfolgten Zweck lässt sich nicht feststellen.

Eine Unverhältnismäßigkeit auch der Belastung der Klägerin mit den Kosten der Abschleppmaßnahme ergibt sich im Weiteren nicht daraus, dass der Zeitraum zwischen dem Aufstellen der mobilen Halteverbotsschilder und dem Abschleppen des Fahrzeugs zu kurz bemessen gewesen wäre. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats steht der Umstand, dass Halteverbotsschilder erst nach dem rechtmäßigen Abstellen eines Fahrzeugs angebracht worden sind, der Verhältnismäßigkeit (auch) der Kostenbelastung des Halters im Regelfall - der hier mangels besonderer Umstände vorliegt - nicht entgegen, wenn zwischen dem Aufstellen der Schilder und dem Abschleppen - wie hier - eine Frist von 48 Stunden verstrichen ist.
25Sofern es sich nicht um besonders dringliche Angelegenheiten handelt, lassen Maßnahmen, die - wie Straßenbauarbeiten und Sondernutzungen (etwa private Bauarbeiten, Umzüge, Straßenfeste) - die Einrichtung eines Halteverbots notwendig machen, regelmäßig einen zeitlichen Vorlauf von 48 Stunden zu. Angesichts der vielfältigen Anforderungen, die insbesondere unter den heutigen großstädtischen Bedingungen in straßenverkehrsrechtlicher und sonstiger Hinsicht an den Straßenraum gestellt werden, ist eine wesentliche Einschränkung der Effizienz der Gefahrenabwehr zu befürchten, wenn die Vorlaufzeit auf mehr als 48 Stunden bemessen wird. Eine Frist von 48 Stunden ist grundsätzlich ausreichend, um Fahrzeughalter vor überraschenden Abschleppmaßnahmen mit dem Folgeaufwand an Zeit und Geld zu bewahren. Eine derartige Vorlaufzeit deckt typische kürzere Abwesenheitszeiten - wie etwa an Wochenenden - ab. Vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Mai 1995 - 5 A 400/94 -, juris, Rn. 25 ff., und - 5 A 2092/93 -, DVBl. 1996, 575 = juris, Rn. 9 ff., Beschluss vom 13. September 2004 - 5 E 785/04 -, juris, Rn. 4 ff.

Der Senat geht dabei davon aus, dass das Risiko, das sich in Konstellationen der vorliegenden Art verwirklicht, der Sphäre des Fahrzeugeigentümers bzw. -führers zuzuordnen ist. Der ruhende Verkehr einschließlich des Dauerparkens gehört zwar generell zu den straßenverkehrsrechtlich erlaubten Formen der Teilnahme am Straßenverkehr. Vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Oktober 1984 - 2 BvL 10/82 -, BVerfGE 67, 299, 323 = juris, Rn. 70; BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 1996 - 11 C 15.95 -, BVerwGE 102, 316 = DVBl. 1998, 93 = juris, Rn. 13.

Die Erwartung, im öffentlichen Verkehrsraum an einer bestimmten Stelle für einen längeren Zeitraum parken zu können, ist rechtlich jedoch nicht geschützt. Dies folgt aus dem Umstand, dass nicht der ruhende, sondern primär der fließende Verkehr die notwendigen Regelungsinstrumentarien prägt, die entsprechend den Anforderungen des heutigen Straßenverkehrs vielfältigen Situationen gerecht werden und deshalb flexibel einsetzbar, insbesondere kurzfristig veränderbar sein müssen. Ein entsprechend flexibles Verhalten ist von allen Verkehrsteilnehmern, also auch von den Teilnehmern am ruhenden Verkehr zu verlangen. Auch sie müssen stets den Eintritt von Situationen in Rechnung stellen, die einer längerfristigen, ungehinderten Inanspruchnahme des öffentlichen Verkehrsraumes entgegenstehen. Vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Mai 1995 - 5 A 2092/93 -, DVBl. 1996, 575 = juris, Rn. 22.

Das Bundesverwaltungsgericht hat auf die Revision gegen das oben genannte Urteil des erkennenden Senats vom 23. Mai 1995 - 5 A 400/94 - ebenfalls festgestellt, dass ein Verkehrsteilnehmer ungeachtet dessen, dass der ruhende Verkehr einschließlich des Dauerparkens zu den grundsätzlich erlaubten Formen der Teilnahme am Straßenverkehr gehöre, mit Situationen rechnen müsse, die kurzfristig eine Änderung bestehender Verkehrsregelungen verlangten. Ein Verkehrsteilnehmer könne nicht darauf vertrauen, dass ein zunächst erlaubtes Parken an einer bestimmten Stelle des öffentlichen Straßenraums auch noch vier Tage später erlaubt sei. Bei einer solchen „Vorlaufzeit“ sei es nicht unverhältnismäßig, also nicht von Verfassungs wegen verboten, das Abschlepp- und Kostenrisiko eines längerfristigen Parkens statt der Allgemeinheit demjenigen zuzuweisen, der die Sachherschafft über das an der betreffenden Stelle geparkte Kraftfahrzeug hat und Vorsorge für den Fall einer Verkehrsänderung treffen könne. Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 1996 - 11 C 15.95 -, BVerwGE 102, 316 = DVBl. 1998, 93 = juris, Rn. 13.

Dass die vom Bundesverwaltungsgericht als (jedenfalls) angemessen angesehene Vorlaufzeit zugleich als zwingend einzuhaltende Mindestvorlauffrist verstanden werden müsste, lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen. Damit hat es nicht ausgeschlossen, dass eine auf 48 Stunden bemessene Vorlaufzeit den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügt. Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. September 2004 - 5 E 785/04 -, Rn. 6, und Beschluss vom 2. Dezember 2009 - 5 A 318/09 -. Siehe auch Sächs. OVG, Urteil vom 23. März 2009 - 3 B 891/06 -, NJW 2009, 2551 = juris, Rn. 32; Bay. VGH, Urteil vom 3. Mai 2001 - 24 B 00.242 -, juris, Rn. 35.
Der Senat hält auch in Anbetracht dessen an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass andere Obergerichte in Anknüpfung an die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts inzwischen davon ausgehen, dass im Regelfall unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten die Kosten für das Abschleppen eines ursprünglich rechtmäßig geparkten Fahrzeugs aus einem später eingerichteten Halteverbot nur bei Einräumung einer Mindestvorlauffrist von drei vollen Tagen, d. h. beim Entfernen des Fahrzeugs erst am vierten Tag nach dem Aufstellen der Halteverbotsschilder, vom Fahrzeugverantwortlichen verlangt werden können. Vgl. Sächs. OVG, Urteil vom 23. März 2009 - 3 B 891/06 -, NJW 2009, 2551 = juris, Rn. 32 ff.; Hamb. OVG, Urteil vom 7. Oktober 2008 - 3 Bf 116/08 -, NordÖR 2009, 156 = juris, Rn. 50 ff.; Bay. VGH, Urteil vom 17. April 2008 - 10 B 08.449 -, DÖV 2008, 732 = juris, Rn. 14 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13. Februar 2007 - 1 S 822/05 -, NJW 2007, 2058 = juris, Rn. 22 f. Siehe auch Hess. VGH, Urteil vom 17. Dezember 1996 - 11 UE 2403/96 -, juris, Rn. 25 ff.
31Der Senat kann nicht erkennen, dass der Aufwand einer an einer Vorlauffrist von 48 Stunden ausgerichteten Kontrolle der Verkehrsregelungen am Abstellort seines Fahrzeugs für einen Dauerparker zur Vermeidung der mit einem Entfernen des Fahrzeugs aus einer nachträglich eingerichteten Halteverbotszone verbundenen Nachteile regelmäßig unzumutbar wäre. So aber insbesondere: Sächs. OVG, Urteil vom 23. März 2009 - 3 B 891/06 -, NJW 2009, 2551 = juris, Rn. 33; Bay. VGH, Urteil vom 17. April 2008 - 10 B 08.449 -, DÖV 2008, 732 = juris, Rn. 15.

Eine Vorlauffrist von nur 48 Stunden ermöglicht den Straßenverkehrsbehörden ein Handeln ohne längeren organisatorischen Vorlauf und damit zugleich einen flexiblen und effektiven Mitteleinsatz auch auf Seiten derjenigen Privaten - Unternehmen und Einzelpersonen -, die darauf angewiesen sind, für einen begrenzten Zeitraum bestimmte Bereiche des öffentlichen Straßenraums berechtigterweise nutzen zu können, ohne dass dieser zugleich durch (andere) Fahrzeuge in Anspruch genommen wird. Dass die Straßenverkehrsbehörden in der Praxis Aufstellern von mobilen Halteverbotsschildern vorgeben, zwischen dem Einrichten der temporären Halteverbotszone und dem Beginn ihrer Geltungsdauer bzw. ihrer Inanspruchnahme einen längeren Zeitraum (z. B. 72 Stunden) einzuhalten, lässt nicht darauf schließen, dass die für ein kostenpflichtiges Abschleppen eines Fahrzeugs aus dem nachträglich eingerichteten Halteverbot einzuhaltende Mindestvorlauffrist sich entsprechend verlängern könnte, ohne dass hiermit die Effizienz der Gefahrenabwehr berührt würde - und damit unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten entsprechend zu verlängern wäre. Im Ergebnis bewirkt diese Praxis gerade, dass ein kostenpflichtiges Entfernen eines Fahrzeugs aus einer nachträglich eingerichteten Halteverbotszone ordnungsbehördlich (gegebenenfalls polizeilich) auch bei etwaiger Nichteinhaltung der von der Straßenverkehrsbehörde intern im Verhältnis zum Aufsteller der mobilen Halteverbotsschilder gemachten zeitlichen Vorgaben - auf diese kann sich der Fahrzeugverantwortliche regelmäßig nicht zu seinen Gunsten berufen - möglich bleibt. Bei einer kürzeren Vorlauffrist verringert sich (damit) zudem die Standzeit mobiler Verkehrsschilder im öffentlichen Straßenraum, wodurch die Gefahr der Veränderung ihrer Position durch Manipulation oder sonstige äußerliche Einwirkungen sinkt. Siehe hierzu auch: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13. Februar 2007 - 1 S 822/05 -, NJW 2007, 2058 = juris, Rn. 23, der allerdings eine Vorlauffrist von 48 Stunden als zu kurz ansieht.
33Die praktische Belastung, die für einen „Dauerparker“ mit einer an einer Vorlauffrist von 48 Stunden orientierten Kontrolle der Verkehrssituation einhergeht, wiegt demgegenüber - auch unter Berücksichtigung der Verkehrs-, sowie der modernen Arbeits-, Wohn- und sonstigen Lebensverhältnisse im großstädtischen Raum - nicht so schwer, dass dem Interesse an deren Vermeidung Vorrang gegenüber den mit einer kurzen Vorlauffrist verbundenen Vorteilen einzuräumen wäre. Vgl. aber: Bay. VGH, Urteil vom 17. April 2008 - 10 B 08.449 -, DÖV 2008, 732 = juris, Rn. 18.

Denn der Aufwand für eine Kontrolle der Verkehrssituation im Bereich des Abstellorts des Fahrzeugs erweist sich in der Regel als begrenzt, da sich dieser üblicherweise in fußläufiger Entfernung zur Wohnung des Dauerparkers befinden wird. Vgl. hierzu auch: Hamb. OVG, Urteil vom 7. Oktober 2008 - 3 Bf 116/08 -, NordÖR 2009, 156 = juris, Rn. 53, das allerdings von einer notwendigen Vorlauffrist von drei vollen Tagen ausgeht.

Ist der Fahrzeugverantwortliche nicht bereit, diesen überschaubaren Überprüfungsaufwand auf sich zu nehmen bzw. gegebenenfalls zu delegieren, drohen ihm im ohnehin seltenen Fall der Entfernung seines Fahrzeugs aus einer nachträglich eingerichteten mobilen Halteverbotszone - wie im Streitfall so auch - regelmäßig keine schweren Nachteile. Der Senat vermag nicht festzustellen, dass es ausgehend hiervon unverhältnismäßig, also von Verfassungs wegen nicht zulässig ist, die Kosten einer 48 Stunden nach Aufstellen mobiler Halteverbotsschilder erfolgten Abschleppmaßnahme dem Fahrzeugverantwortlichen aufzuerlegen.
Nichts anderes gilt im Streitfall deswegen, weil die Einrichtung der temporären Halteverbotszone anlässlich eines privaten Umzugs erfolgte. Auch in diesem Fall dient das Halteverbot dazu, eine störungsfreie und damit gefahrlose Durchführung von Arbeiten unter berechtigter Inanspruchnahme des öffentlichen Straßenraums zu gewährleisten. Hiervon ausgehend ist nach Auffassung des Senats bei der Bestimmung einer Vorlauffrist nicht danach zu differenzieren, ob das Halteverbot anlässlich der Durchführung von im privaten oder im öffentlichen Interesse stehenden Arbeiten oder Veranstaltungen eingerichtet wird.

Die Klägerin ist als Ordnungspflichtige nach § 17 Abs. 1 OBG NRW in nicht zu beanstandender Weise von der Beklagten in Anspruch genommen worden.

OVG Münster, Urteil vom 13.09.2016 - 5 A 470/14

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4 Kommentare

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Diese 48-Std.Rechtsprechung ist unerträglich ungerecht. Es ist absolut sozialadäquat, auch einmal mehr als 48 Stunden ohne KFZ von seinem Wohnort abwesend zu sein. 7-10 Tage wäre gerecht. Niemand benötigt die Aufstellung dieser Schilder kurzfristiger, denn sie werden so gut wie ausnahmslos bei Haussanierungen und Umzügen aufgestellt, und bei den Terminen haben die Nutzer Vorlauffristen.

Noch dazu: Die Begründungen sind gekünstelt. Dann soll man doch klipp und klar sagen: Der Parkraum ist begrenzt und zu klein, wir brauchen einen Ausgleich zwischen den Interessen der Parkenden und Handwerkern/ Umziehenden, und wir setzen die Frist auf 48 Stunden fest, dafür gibt es keinen zwingenden Grund, aber wir haben uns das überlegt und als Richter haben wir halt das letzte Wort. Dieses pseudo-wissenschaftliche Geschwafel...

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Kein Grund, sich künstlich aufzuregen! Das Problem der unechten Rückwirkung kennt jeder, der schon einmal ein Staatsexamen geschrieben hat. Und im hiesigen Fall halte ich das Problem für vertretbar, wenn nicht sogar richtig, gelöst.

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Was für ein lächerliches Geschwafel und Geschwurbel des Gerichts. Rabulistik pur. Kein Mensch mit normalem Gerechtigkeitsempfinden kann einem solchen Urteil zustimmen.

Das Abschleppen mag ja noch angehen. Bei der Frage der Kostenübernahme kämen jedoch m.E. allenfalls als Kostenträger die Verwaltung (Staat) oder aber der Umzugswillige in Frage. Denn die parkende Frau hat sich völlig korrekt verhalten.

Der Umzug war sicher seit Wochen bekannt. Warum nicht die Schilder zumindest eine Woche vorher aufstellen? Warum nicht dem Umzugswilligen von vornherein eine Verpflichtung unterschreiben lassen, dass in solchen Ausnahmefällen er entweder die Abschleppkosten (zusätzlich) übernehmen muss oder aber den Umzug verschieben muss (es ist ja keine Gefahr im Verzug). Oder aber die Allgemeinheit muss eben für solche unvorhersehbaren Ausnahmefälle einspringen ...

Mal sehen, was das Bundesverwaltungsgericht dazu sagt.

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Wer umzieht oder gar eine Baustelle eröffnet weiß dies nicht erst 48 Stunden vorher.

Der Bauherr oder der Umziehende hätte also Zeit, seine Parkverbotsschilder (ggf. mit Terminhinweis bzw. Dauerhinweis) früher aufzustellen, als erst 48 Stunden vor Baubeginn oder Umzugsbeginn.

Wenn ich Freitagsnachmittags erlaubt und gutgläubig am Straßenrand parke, und den Wagen erst Montagmorgend wieder brauche, geht es nicht an, mich ohne Vorwarnung Sonntagsnachmittags irgendwohin abzuschleppen, und mir dann wenn ich endlich herausgefunden habe wo der Wagen steht, mir dann auch noch die Kosten dafür in Rechnung zu stellen (wobei der PKW in der überwiegenden Praxis regelmäßig auch noch erst nach Barzahlung wieder herausgegeben wird).

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