EU-Kommission präsentiert Reformentwurf zur Entsende-Richtlinie

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 15.03.2016

20 Jahre nach Erlass der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (RL 96/71/EG) ist aus Sicht der EU-Kommissarin Marianne Thyssen eine Anpassung der Entsende-Regelungen notwendig geworden.

Die Zahl der entsandten Arbeitnehmer ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Dabei haben sich erhebliche Einkommensunterschiede zwischen lokalen und entsandten Arbeitnehmern herausgebildet, die den Wettbewerb zwischen den Unternehmen zu verzerren drohen. Die Gewährleistung eines gerechten Rahmens für die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen sei daher von zentraler Bedeutung.

Der Reformvorschlag vom 08.03.2016 betrifft im Wesentlichen drei Punkte:

Erstens sollen für entsandte Arbeitnehmer die gleichen Vergütungsvorschriften gelten wie für Arbeitnehmer des Aufnahmestaates. Bisher finden lediglich Mindestlohnsätze Anwendung, die in Rechtsvorschriften oder allgemein verbindlichen Tarifverträgen geregelt sind. Das bedeutet, dass entsandte Arbeitnehmer künftig auch hinsichtlich anderer Vergütungsbestandteile wie Prämien oder Zulagen gleichgestellt werden. Darüber hinaus schlägt die Kommission vor, dass die Verpflichtung zur Anwendung allgemein verbindlicher Tarifverträge alle Branchen erfassen soll. Eine Beschränkung auf einzelne Sektoren, wie dies in Deutschland derzeit vorgesehen ist, wäre dann nicht mehr möglich.

Zweitens soll der Grundsatz der Gleichbehandlung auf entsandte Leiharbeitnehmer erstreckt werden. Dies soll vor allem dazu dienen, das Recht der Mitgliedstaaten anzugleichen. Insbesondere Deutschland hatte diese Option bereits umgesetzt.

Drittens sieht der Entwurf vor, dass langfristig entsandte Arbeitnehmer in den Genuss weiterer Arbeitnehmerschutzvorschriften kommen. Ist eine Entsendung von über 24 Monaten geplant oder erfolgt, gelten hinsichtlich der Entlassungsbedingungen nicht mehr die Vorschriften des Herkunftslandes, sondern die des Aufnahmestaates.

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Die Neufassung der Entsenderichtlinie befindet sich mittlerweile im Trilog. Gerade heute findet die voraussichtlich letzte der Abstimmungsrunden statt.

Nahezu ungeachtet von der breiten Öffentlichkeit wird hier ein Verwaltungs-Ungetüm über die gesamte Wirtschaft gestülpt, dessen Auswirkungen fatal sein werden. Nur ein Beispiel: mangels eigenen Entsendungsbegriffs in Deutschland und in vielen (allen?) weiteren europäischen Ländern gelten die angedachten Vorschriften der Richtlinie bereits ab einer theoretisch 1-tägigen Dienstreise. 

 

Besonders spannend werden sich daher die Fälle darstellen, in denen Mitarbeiter "herumreisen" und innerhalb weniger Tage beispielsweise Kunden verschiedener Branchen in verschiedenen Tarifbezirken aufsuchen. 

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