Zur Reichweite der Unwirksamkeit von Kartellverträgen – ein Schmankerl zum Verhältnis zwischen Kartell- und Gesellschaftsrecht

von Dr. Rolf Hempel, veröffentlicht am 25.03.2015

Heute wieder nur ein Hinweis auf eine interessante Entscheidung des BGH-Kartellsenats:

Das Spannende am Kartellrecht ist nicht nur die Vielfalt der Märkte, mit denen man es bei der Kartellrechtsanwendung zu tun bekommt. Auch die Verknüpfungen zu anderen Rechtsgebieten sind im wahrsten Sinne des Wortes spannend. Das hatte ich letzte Woche durch den Hinweis auf die Entscheidung des LAG Düsseldorf  für das Verhältnis zwischen Haftungsrecht und Kartellbußgeldrecht zu verdeutlichen versucht. Heute ist das Gesellschaftsrecht dran.

Der BGH hat entschieden, dass bei ordnungsgemäßer Anmeldung des Erwerbs eines GmbH-Anteils beim Handelsregister der Erwerber auch dann gegenüber der Gesellschaft als Gesellschafter gilt, wenn durch den Beitritt zur Gesellschaft die Voraussetzungen für eine Freistellung vom Kartellverbot entfallen sind (Leitsatz, BGH, Urt. v. 27.01.2015 – KZR 90/13 – Dentalmesse – hier).

Worum ging es in aller Kürze?

Die Gesellschaft ist eine Einkaufsgemeinschaft für Dentalartikel. Sie war nach altem Kartellrecht vom Bundeskartellamt von dem Kartellverbot freigestellt worden bzw. nahm für sich die Geltung der gesetzlichen Freistellung in Anspruch. Zwischenzeitlich war ein größerer Wettbewerber in die Einkaufsgemeinschaft eingetreten. Das Bundeskartellamt war der Auffassung, die Freistellungsvoraussetzungen lägen nicht mehr vor. Die Gesellschaft zog den Anteil des fraglichen Unternehmens ein. Gesellschaft und Gesellschaft stritten um die Rückabwicklung des Beitritts.

Der Kartellsenat entschied, wie aus dem Leitsatz ersichtlich. Der Beitritt des fraglichen Unternehmens war wegen des Kartellrechtsverstoßes unwirksam (der Kartellrechtsverstoß war nicht streitig). Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft griff nicht ein. Der BGH bejahte die Anwendbarkeit des § 16 Abs. 1 GmbHG in der damaligen Fassung in Übereinstimmung mit dem überwiegenden gesellschafts- und kartellrechtlichen Schrifttum und gegen die in einigen GWB-Kommentaren und vom OLG Frankfurt vertretene Gegenauffassung. Der BGH sah die Nichtigkeitsanordnung in § 134 BGB i.V.m. § 1 GWB nicht durch die Anwendung der gesellschaftsrechtlichen Vorschrift beeinträchtigt an. Er wies explizit darauf hin, dass es im Verhältnis zwischen Anteilsveräußerer und -erwerber bei der Nichtigkeit bleibe.

Die Entscheidung hat auch für die Fusionskontrolle Bedeutung. Das deutsche Kartellrecht sieht – wie viele andere Kartellrechtsordnungen auch – ein Verbot des Vollzugs anmeldepflichtiger Zusammenschlussvorhaben vor Erteilung der Freigabe vor. Rechtsgeschäfte, durch die gegen dieses Vollzugsverbot verstoßen wird, sind unwirksam.

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