Amtsenthebungsverfahren gegen Daimler-Betriebsrat wegen Charlie Hebdo - Äußerungen

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 24.01.2015

Mehrere Medien (u.a. Spiegel-Online) berichten über einen erstaunlichen Fall, der auch einige interessante arbeitsrechtliche Fragen aufwirft. Gegen ein Betriebsratsmitglied im Rastatter Daimler-Werk soll ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet werden. Sowohl der Betriebsrat als auch die IG Metall und das Unternehmen wollen beim Arbeitsgericht Karlsruhe die Amtsenthebung des Arbeitnehmervertreters beantragen. Anlass hierfür sind Äußerungen über den Anschlag auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo". Der Mann habe – so heißt es von Seiten der IG-Metall - mit Äußerungen auf seiner privaten Facebook-Seite wie "Jeder Mensch zahlt für seine Taten! Die einen früher, die anderen später... Fuck Charlie Hebdo" für Aufruhr in der Belegschaft gesorgt. Diese gehen nach Ansicht der Gewerkschaft weit über eine normale Meinungsäußerung hinaus. Sie deuteten auf eine Haltung hin, die "Mord als legitimes Mittel in der politischen Auseinandersetzung rechtfertigt". Gewerkschaft und Betriebsrat hätten den Mann aufgefordert, sich von den Äußerungen zu distanzieren. Das habe er aber abgelehnt, sagte der Betriebsratsvorsitzende Ullrich Zinnert. Ein Betriebsrat habe aber den gesetzlichen Auftrag, im Betrieb für Gleichberechtigung und demokratische Rechte einzustehen, begründete die 1. Bevollmächtigte der IG Metall in Gaggenau, Claudia Peter, das Verfahren. Rechtsgrundlage für den Ausschluss eines Betriebsratsmitglieds ist § 23 Abs. 1 BetrVG. Voraussetzung ist eine grobe Verletzung gesetzlicher Pflichten des Betriebsratsmitglieds. Dabei geht es um die im Betriebsverfassungsgesetz selbst normierten Pflichten. Ob diese hier verletzt sind, ist indes keineswegs ausgemacht. Zu denken wäre hier wohl an § 75 BetrVG. Sollte der Ausschluss erfolgreich sein, verlöre das freigestellte Betriebsratsmitglied zwar sein Amt, nicht aber seinen Arbeitsplatz. Er könnte also an seinen früheren Arbeitsplatz zurückkehren. Insoweit könnte man über eine Abmahnung oder außerordentliche Kündigung nachdenken. Hier gilt jedoch der Grundsatz, dass außerdienstliches Verhalten kündigungsrechtlich grundsätzlich irrelevant ist. Bei Daimler wird das offenbar ebenso gesehen. Ein Daimler-Sprecher wird mit den Worten zitiert, Meinungsäußerungen auf Facebook und anderen sozialen Medien seien privat. Voraussetzung für arbeitsrechtliche Konsequenzen sei ein klarer Bezug zum Arbeitsverhältnis sowie ein Verstoß gegen die arbeitsrechtlichen Pflichten. "Dies ist hier nicht der Fall." Auch ein Ausschlussverfahren aus der IG Metall ist nach den Worten einer Sprecherin aktuell nicht vorgesehen. Der Fall werde aber noch geprüft.

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5 Kommentare

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Inwieweit sollte eine - egal wie dämliche oder moralisch verwerfliche - private, nicht strafbare außerbetriebliche Äußerung eine "Verletzung gesetzlicher Pflichten" eines Betriebsratsmitglieds sein?

Ist das Unternehmen/der Arbeitgeber nun für oder gegen die Amtsenthebung?

Einerseits schreiben Sie: "Sowohl der Betriebsrat als auch die IG Metall und das Unternehmen wollen beim Arbeitsgericht Karlsruhe die Amtsenthebung des Arbeitnehmervertreters beantragen."

Andererseits schreiben Sie: "Hier gilt jedoch der Grundsatz, dass außerdienstliches Verhalten kündigungsrechtlich grundsätzlich irrelevant ist. Bei Daimler wird das offenbar ebenso gesehen. Ein Daimler-Sprecher wird mit den Worten zitiert, Meinungsäußerungen auf Facebook und anderen sozialen Medien seien privat."

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Dr. Moritz schrieb:

Ist das Unternehmen/der Arbeitgeber nun für oder gegen die Amtsenthebung?

Einerseits schreiben Sie: "Sowohl der Betriebsrat als auch die IG Metall und das Unternehmen wollen beim Arbeitsgericht Karlsruhe die Amtsenthebung des Arbeitnehmervertreters beantragen."

Andererseits schreiben Sie: "Hier gilt jedoch der Grundsatz, dass außerdienstliches Verhalten kündigungsrechtlich grundsätzlich irrelevant ist. Bei Daimler wird das offenbar ebenso gesehen. Ein Daimler-Sprecher wird mit den Worten zitiert, Meinungsäußerungen auf Facebook und anderen sozialen Medien seien privat."

Die Antwort ergibt sich aus dem, was Sie zitieren: Eine Amtsenthebung wird vom Unternehmen beantragt, d.h. derjenige soll nicht mehr im Betriebsrat sitzen. Gekündigt werden soll demjenigen jedoch nicht, d.h. er wäre weiter in dem Unternehmen beschäftigt, ohne Betriebsrat zu sein.

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Primitiv, beschämend und asozial diese Äußerungen des BR Mitgliedes! Egal ob betrieblich, privat, gerade in so einer Position trage ich Verantwortung und bin Vorbild. Eine Kündigung ist vollkommen korrekt und ich hoffe, dass die IG Metall auch ein Zeichen setzt und dieses Mitglied vor die Türe setzt...

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