Präsidentin des BAG äußert sich aktuellen rechtspolitischen Fragen

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 05.01.2014

Die Präsidentin des BAG, Frau Ingrid Schmidt, hat sich kurz vor Jahreswechsel gegenüber der Nachrichtenagentur dpa zu einigen sehr brisanten rechtspolitischen Fragen geäußert, die auch der Koalitionsvertrag auf die Agenda gesetzt hat. So äußerte sich die Präsidentin skeptisch zu der geplanten Wiederinkraftsetzung des Prinzips der Tarifeinheit. Vor allem mahnte sie an, auch das Arbeitskampfrecht mit einzubeziehen. Wörtlich sagte Frau Schmidt: "Ohne gesetzliche Regelungen des Arbeitskampfs sind einheitliche Tarifvereinbarungen für alle Beschäftigten eines Betriebs nicht machbar".

Bemerkenswert ist, dass der Koalitionsvertrag lediglich an einer Stelle das Arbeitskampfrecht erwähnt. Auf S. 69 heißt es in apodiktischer Kürze: „Kein Einsatz von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern als Streikbrecher.“ Einen solchen Splitter des Arbeitskampfrechts aufzugreifen, ist kurios und im Übrigen im Hinblick auf Art. 9 Abs. 3 GG wohl verfassungswidrig, da der Arbeitgeberseite hier ohne hinreichende Begründung eine Reaktionsmöglichkeit auf einen Streik aus der Hand geschlagen wird.

Das schlägt den Bogen zur Leiharbeit. Hierzu äußerte Frau Schmidt die Ansicht, dass angesichts der Klagewelle von Leiharbeitern eine stärkere Regulierung der Branche überfällig sei. Notwendig seien u.a. Sanktionen gegen Missbrauch beim Dauereinsatz von Leiharbeitern. Nach Meinung von Gerichtspräsidentin Schmidt kommt die große Koalition nicht umhin, auch Sanktionen gesetzlich festzuschreiben. „Ein Verbot, das keine Sanktionen hat, wird nicht befolgt.“ Diese könnten von Geldbußen, dem Entzug der Erlaubnis für den Verleiher, Schadensansprüchen der Leiharbeiter bis zu einer Festanstellung beim Entleiher reichen. „Da kommen vielfältige Sanktionen in Betracht, der Gesetzgeber muss sich nur für die passenden entscheiden.“ Ferner erhofft sich Frau Schmidt präzisere Bestimmungen bei den Lohnansprüchen der Leiharbeitnehmer,. Für die Praxis wäre es hier einfacher, wenn der Gesetzgeber festlege, welche Entgeltbestandteile zum Equal Pay gehörten. „Das würde auch den betroffenen Leiharbeitnehmern ihre Lohnklagen erheblich erleichtern, die derzeit immer noch in großer Zahl die Gerichte beschäftigen“, sagte Schmidt. Allein beim Bundesarbeitsgericht sei zur Zeit ein ganzer Senat ausschließlich mit Klagen zum Equal Pay befasst.

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Haben Judikative und Legislative unbemerkt die Posten getauscht? Die Präsidentin des BAG äußert sich aktuellen rechtspolitischen Fragen; namentlich der Leiharbeit und fordert dabei u.a. Sanktionen gegen den Missbrauch. Erst vor wenigen Wochen hatte das BAG die Gelegenheit, mit einer Grundsatzentscheidung einen wahren Paukenschlag gegen den Missbrauch zu vollziehen und hat -auf gut Deutsch- gekniffen. Ausgerechnet das BAG, das in langjähriger Tradition Rechtsgrundsätze einfach aus dem blauen Himmel holt (man denke nur an die abgestufte Haftung des Arbeitnehmers bei gefahrgeneigter Arbeit), hat auf den Gesetzgeber verwiesen und die von vielen Seiten erwartete Entscheidung verweigert. Ausgerechnet  die Judikative (!) hat sich nicht in der Lage gesehen, den unbestimmten Rechtsbegriff  „vorübergehend“ zu definieren!

Um es mit Mario Barth zu sagen: Verehrte Frau Präsidentin, nicht quatschen – machen!

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