Zurückgestufter Hoffenheimer Fussballprofi Derdiyok unterliegt im Eilverfahren beim ArbG Mannheim (und siegt doch)

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 02.09.2013

Bei 1899 Hoffenheim sorgen Personalentscheidungen des Trainers für arbeitsgerichtliche Auseinandersetzungen. Es geht um einige Profifussballer - unter ihnen der Antragsteller, der Schweizer Nationalspieler Eren Derdiyok -, die vor Saisionbeginn von Trainer Markus Gisdol in die „Trainingsgruppe 2“ zurückgestuft worden sind. Derdiyok versucht nun auf dem Rechtsweg wieder in den Bundesliga-Kader zurückzukehren. Das Arbeitsgerichts Mannheim hat am 28.8.2013 den Antrag Derdiyoks zurückgewiesen, ihm durch einstweilige Verfügung mit sofortiger Wirkung die Teilnahme am Training der Bundesliga-Mannschaft zu gestatten. Zuvor waren Vergleichsverhandlungen gescheitert. Wie der Vorsitzende der Kammer, Vizepräsident des Arbeitsgerichts Lothar Jordan erläuterte, war der Antrag Derdiyoks zurückzuweisen, da die für das von ihm eingeleitete Eilverfahren erforderliche besondere Dringlichkeit nicht vorlag. Zum einen hatte der Schweizer Nationalspieler nach Trainingsaufnahme in der 2. Mannschaft zunächst fast 8 Wochen mit der Einleitung des Eilverfahrens zugewartet, zum anderen teilte die Kammer auch nicht seine Auffassung, dass er bei Abwarten einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren durch das vorübergehende Training mit der Trainingsgruppe 2 einen Verlust seiner fussballerischen Fähigkeiten zu befürchten habe. Allerdings ist das nur ein formaler Sieg für den Verein. Denn das Gericht machte deutlich, dass die TSG Hoffenheim sehr wohl gegen die Beschäftigungspflicht aus dem Arbeitsvertrag verstoße, indem sie Derdiyok der besonderen Trainingsgruppe 2 zuteilt, die nicht vom Cheftrainer betreut wird. Im Hauptsacheverfahren (Termin 12.9.2013) dürfte Derdiyok damit gute Chancen haben. 

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3 Kommentare

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Ein Detail im Ausgangspost stimmt nicht:
"nach Trainingsaufnahme in der 2. Mannschaft zunächst fast 8 Wochen mit der Einleitung des Eilverfahrens zugewartet"
Es handelt sich nicht um die zweite Mannschaft. Die spielt, derzeit als Tabellenletzter recht erfolglos, in der Regionalliga Südwest. Es handelt sich vielmehr um die sogenannte "Trainingsgruppe 2" der ersten Mannschaft. (Ob diese Spieler auch in der Regionalliga eingesetzt werden dürften, weiss ich nicht. Das wird vom Vertrag abhängen und den Regeln für Spielereinsätze in der Regionalliga. Gebrauchen könnte die zweite Mannschaft sicherlich die eine oder andere Unterstützung. ;) )
 

Nun ist der Spieler zunächst erstmal ausgeliehen, es ist also nicht sicher, dass es zu einem Urteil in der Hauptverhandlung kommen wird.

Wenn man sich einen Mustervertrag ansieht (der konkrete Vertrag liegt ja nicht vor):
http://www.dfb.de/uploads/media/Mustervertrag_Vertragsspieler__07.2012.pdf
stellt man fest, dass dort ausser der Gehaltszahlung quasi keine weiteren Verpflichtungen des Vereins festgeschrieben sind.

Entsprechend kann man also nur darauf abstellen, ob der Grundsatz verletzt ist, dass ein Arbeitnehmer "angemessen" zu beschäftigen ist. Der Arbeitsrichter sieht das offensichtlich nicht gegeben, weil die Trainingsgruppe 2 nicht von Cheftrainer Gisdol, sondern einem eigens dafür angestellten Trainer geleitet wird. Dabei ist nicht die Qualität des Trainers oder Trainings das Problem ("keine Verlust der fussballerischen Fähigkeiten zu befürchten"), sondern dass  der Spieler keine Möglichkeit hat, sich durch seine Trainingsleistung beim Cheftrainer für Spieleinsätze zu empfehlen.

Bleibt natürlich die Frage, ob ein Anrecht darauf besteht, permanent unter der Anleitung/Aufsicht vom Cheftrainer zu trainieren, oder ob es beispielsweise auch ausreichen würde, wenn dieser regelmäßig bei TG2 anwesend wäre, um sich ein Bild zu machen. Ich denke nicht, dass ein Anspruch eines Arbeitnehmers besteht, dass jede einzelne Leistung vom jeweiligen Vorgesetzten auch wahrgenommen und bewertet wird. Wenn dieser sich regelmäßig ein Bild macht (und in diesem Fall sich Hr. Gisdol sich regelmäßig vom Trainer der TG2 über den Trainingsstand unterrichten läßt), sollte das ausreichen. Ich gehe deshalb nicht davon aus, dass Hoffenheim die TG2 auflösen muss, aber man wird eine engere Verbindung zumindest zum Cheftrainer herstellen müssen.

Da Hoffenheim ja noch ein paar mehr Leute in TG2 hat, von denen sicherlich nicht alle in einem Alter sind, dass sie den Vertrag aussitzen und nur das Geld bekommen wollen, wird die Entscheidung ja auch für die anderen eine Signalwirkung haben. Denn jetzt ist auch die Transferzeit vorbei, das bedeutet, dass diese Spieler bis zum Winter auch nicht mehr transferiert werden können.

Der Spieler wird nur für ein Jahr verliehen (wenn auch mit Kaufoption für Leverkusen), hat aber noch 3 Jahre Vertrag in Hoffenheim. Allerdings sollte sich bis dahin das "Problem" TG2 gelöst haben, es sind dort wohl nur noch 4 Spieler mit Vertrag (und der Verein gibt vereinslosen Spielern die Möglichkeit, sich in der TG 2 fit zu halten).
 

Allerdings kann die Aussage des Mannheimer Richters vielleicht auch andere Spieler, für die ein Wechsel oder eine Ausleihe wegen der seit dieser Woche bestehenden Transfersperre bis zur Winterpause nicht mehr möglich ist, zur Klage animieren. Nach einem Bericht des "Mannheimer Morgen" war zumindest ein anderer Spieler aus der TG 2 bei der Sitzung im Zuschauerraum, also ganz abgeschlossen dürfte das Thema noch nicht sein.

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