USA: Auch Zugriff der US-Sicherheitsbehörden auf Inhalte (Progamm "Prism")

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 07.06.2013

Die gestern hier im Blog geschilderte Datensammlungsaffaire weitet sich aus. Jetzt geht es auch um Zugang der US Regierung zu den Kommunikationsinhalten: Emails, Fotos, Charts, VoIP-Kommunikation…

Offenbar hat die National Security Agency (NSA) zusammen mit dem FBI einen noch viel größeren Einblick als bisher gedacht: Laut der „Washington Post“ und dem britischen „Guardian“ hat das NSA und das FBI seit 2007, also seit der Bush-Administration, „direkten“ Zugang zu den US-Servern mehrerer Internet-Firmen ( Apple, AOL, Yahoo, Google, Facebook, Microsoft, Skype)  – angeblich mit deren Zustimmung. Die betroffenen Unternehmen dementieren.

Die US-Regierung bestätigte grundsätzlich die Existenz des Programms - und stellt klar, dass es sich vor allem gegen Ausländer richtet. Ein hochrangiger Regierungsmitarbeiter sagte der Nachrichtenagentur Reuters, erfasst würden nur die Daten von Nicht-US-Bürgern, die außerhalb des Landes lebten. Der Kongress-Ausschuß habe das Programm jüngst "nach ausführlichen Anhörungen und Debatten" verlängert. Der NSA-Direktor Clapper meint, die Berichte enthielten „numerous inaccuracies.“ Vermutlich meint, er, dass trotz "Prism" der direkte Zugriff auf Inhalte ohne Beschluß des FISA-Court nicht legal ist.

Kommentar des bedeutenden US-Verbands zum Grundrechtsschutz ACLU: „These revelations are a reminder that Congress has given the executive branch far too much power to invade individual privacy (and) that existing civil liberties safeguards are grossly inadequate."  Mal sehen, was noch rauskommt.

Schon etwas unheimlich: Das Logo des Information Awareness Office aus der Bush-Ära, das von John Poindexter (ein Drahtzieher der Iran-Contra-Affaire der Reagan Administration) geleitet wurde. Motto: Scientia est potentia - Wissen ist Macht?

Was meinen Sie - welche Auswirkungen haben die Nachrichten auf die Debatte in Deutschland (Vorratsdatenspeicherung u.a.)?

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14 Kommentare

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Ohne dass die Diensteanbieter Schnittstellen zur Verfügung stellen, wird ein Zugriff auf Inhalte kaum möglich sein... Dass die ein oder andere Schnittstelle oder der ein oder andere Generalschlüssel einzelnen Behörden bereits zur Verfügung steht, ist ja mittlerweile mehr als nur ein Gerücht.

Hier die stark verkürzte Reaktion auf die jüngsten Verlautbarungen von Vertretern der deutschen Internetbranche:

http://www.inforadio.de/programm/schema/sendungen/wirtschaft_aktuell/201306/190492.html

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Mir stellt sich die Frage, inwieweit die NSA die Informationen von Nutzern der genannten Dienste aus dem Ausland ausgewertet hat. Meines Wissens ist ein FISA-Beschluss nur notwendig um auf die Daten amerikanischer Staatsbürger zuzugreifen, nicht aber auf die internationaler Nutzer. Wie die NSA-Slides, die nun an die Öffentlichkeit gelangt sind zeigen, läuft ein Großteil des internationalen Datentransfers über die USA, die damit an eine bislang ungeahnte Informationsmenge gelangen kann.

Anscheinend machten die aus PRISM gewonnen Daten den Großteil des morgendlichen Sicherheitsberichts für den Präsidenten aus, was für den Erfolg dieses Programms spricht. Durch die umfassende Überwachung des Datentransfers ist es anscheinend vel besser möglich wichtige Informationen herauszufiltern als mit einem klassischen Spion, der einzelne Personen überwacht. 

Ich bin gespannt, wie die betroffenen Unternehmen auf die Enthüllung reagieren werden. Die Kooperation der Unternehmen war sicherlich ein sehr wichtiger Punkt von PRISM um zum ERfolg für die NSA zu werden. 

Als Whistleblower is jetzt der Contractor und NSA-Spezialist Edward Snowden hervorgetreten. Die USA werden ziemlich sicher von Hongkong dessen Auslieferung beantragen. Das Verfahren könnte sich alledings Monate hinziehen.

http://www.washingtonpost.com/politics/intelligence-leaders-push-back-on-leakers-media/2013/06/09/fff80160-d122-11e2-a73e-826d299ff459_story.html?hpid=z1

Mittlerweile hat die ACLU wegen der Telefondaten auch Klage  beim U.S. District Court for the Southern District of New York eingereicht, was mich nicht überrascht.

Mal sehen, ob die US-Internetanbieter mit ihrem Anliegen durchkommen. von der Regierung zumindest in Teilen von ihrer Schwegepflicht (gag order) entbunden zu werden, um über das Progamm Prism zumindest einige Auskunft geben zu dürfen.

Ich bin mal gespannt, ob die Aufregung um die US-Überwachung in Europa dazu führt, dass sich die Verabschiedung der EU Datenschutzreform beschleunigt.

http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/prism-skandal-reding-will-europa-vor-us-datenangriffen-schuetzen-a-905080.html

Ich bin da eher skeptisch. Aber was meinen Sie?

 

 

Die Entwicklungen im amerikanischen Datenschutzrecht sind erschreckend. Gleichwohl erschreckend ist  jedoch auch die Reaktion vieler US-Amerikaner auf diese Entwicklung:

http://www.washingtonpost.com/politics/public-reaction-to-nsa-monitoring...

 

Fast die Hälfte der Befragten erklärte, es sei Ok jedermanns E-mails zu überwachen, wenn offizielle Stellen dies für erforderlich zur Terrorbekämpfung erachten. Eventuell liegt es auch daran, dass primär Ausländer von dem "Monitoring" betroffen sind.

Dennoch greifen die Medien, insbesondere die Washington Post, das Thema etwas "juristischer" auf und hinterfragen die Legalität der Einzelmaßnahmen... Die "Datenschutzaffäre", befeuert durch die Erkenntnisse des Whistleblowers Mr. Snowden, wird wohl noch einige Details zu den "surveillance programms" der US Behörden ans Licht bringen, die dann auch etwas "juristischer" hinterfragt werden können.

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Eine gute Zusammenfassung zur Kontinuität der sicherheitspolitischen Maßnahmen zwischen Bush Jr. und dem jetzigen Präsidenten findet sich hier in der New York Times:

http://www.nytimes.com/2013/06/07/us/obamas-strong-embrace-of-divisive-security-tools.html?emc=tnt&tntemail0=y

Die ACLU hat mittlerweile gegen Verizon Klage eingereicht, was mich nicht überrascht.

Mal sehen, ob die US-Internetanbieter mit ihrem Anliegen gegenüber der US-Regierung durchkommen, von iher Schweigepflicht ("gag order") zumindest in Teilen entbunden zu werden und dann der Öffentlichkeit und den Aktionären zumindest allgemein Auskunft über "Prism " erteilen.

Der Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert hat sich gestern in der FAZ an einer Zusammenfassung des „US-Datenschlamassels“ versucht:

  • - Die NSA sammele nicht WELTWEIT Daten, sondern NUR bei amerikanischen Unternehmen (sprich Google, Bing, Facebook, Apple, Microsoft,…) sowie Unternehmen,   die Daten auf Servern in den USA speichern.
  • - Im Umkehrschluss heiße das: Wer DEUTSCHE Anbieter und Unternehmen nutze, dessen Daten seien vor dem Zugriff von US-Behörden sicher.

Es drängen sich aber doch Fragen auf: Ist es für die NSA nicht möglich, angesichts deren Übertragung über Satelliten und Hochseekabel auch auf Internetdaten außerhalb der USA zugreifen? Was hilft es also, wenn man NUR deutsche Anbieter nutzt?

Bleibt für effektiven Datenschutz letztlich also doch nur, einen solchen Datenwust mit solch großen Datenmengen zu produzieren, dass für NSA & Co. deren „Entschlüsselung“ erschwert wird?

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Vielen Dank. Die juristische Debatte hier in den USA, was die Verizon-FISA- Order betrifft, konzentiert sich im Moment darauf, welche Daten nach die Carrier und ISPs nach dem Patriot Act zur Verfügung stellen müssen.

Gemäß Section 215  Patriot Act, 50 USC 1861, die so genannte  "business records" portion, können FBI agents any "tangible thing," einschließlich "books, records, papers, documents, and other items" per FISA Order beschlagnahmen. Die Kritiker meinen, es sein niemals beabsichtigt gewesen sei, dass darunter auch TK-Verkehrsdaten der US-Bürger fallen.

Die Ungleichbehandlung von US-Bürgern und allen anderen bei der Datensammlung spielt in der Debatte derzeit keine große Rolle.

Mehr zu dem Thema jetzt auch in ZD-Aktuell 2013, 03608 und demnächst als ZD- Editorial.

Noch einige neue Entwicklungen von heute....

  • "Der innenpolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stephan Mayer, verteidigte den US-Abhöreinsatz. „Es steht fest, dass Hinweise von US-amerikanischen Geheimdiensten dazu beigetragen haben, Terroranschläge in Deutschland rechtzeitig zu verhindern..."
  • "Die Sauerland-Gruppe, die 2007 beim Versuch aufflog, den Sprengstoff für Anschläge in Deutschland zusammenzumischen, habe nur durch einen Hinweis der NSA aufgespürt werden können. Die Zusammenarbeit der deutschen und der US-Geheimdienste müsse auch in Zukunft wirksam möglich sein."

Quelle: http://www.bild.de/politik/ausland/nsa/schnueffel-daten-verhinderten-blutbad-30843724.bild.html

Und das hier....

  • "Ein Treffen der Bundesregierung mit Vertretern von Google und Microsoft hat nicht die erhoffte Aufklärung über die Überwachung der Online-Kommunikation durch den amerikanischen Geheimdienst gebracht. [...] Die Unternehmen baten die deutsche Regierung, beim bevorstehenden Berlin-Besuch des amerikanischen Präsidenten Barack Obama auf mehr Transparenz zu dringen. Frau Leutheusser-Schnarrenberger hielt es für bemerkenswert, dass amerikanische Unternehmen um die Unterstützung der deutschen Regierung gegenüber ihrem Heimatland baten."

Quelle: http://www.faz.net/aktuell/politik/online-ueberwachung-mehr-fragen-als-antworten-12221712.html

Gibt es weitere Kommentare von Ihnen hierzu?

Mit einiger Verzögerung ist dann auch das Thema US Datenüberwachung (um es neutral zu formulieren) auf Seite 1 und 2 der FAZ angekommen...

Etwas paralysiert (und auch unwissend) erscheinen die ersten Stellungnahmen deutscher, aber auch europäischer Politiker. Wie auch das oben benannte Treffen unserer Justizministerin mit Google und Co. zeigt!

Interessant dazu insbes.

http://www.faz.net/aktuell/politik/datenueberwachung-der-grosse-staubsau...

 

"Das große Problem der Deutschen: Niemand weiß, wie „Prism“ funktioniert. Nicht das Innenministerium, nicht der Bundesnachrichtendienst (BND), folglich auch nicht die Bundesregierung. Im Innenausschuss konnte Staatssekretär Ole Schröder am Mittwoch nur mit Zeitungswissen glänzen(...)

 

Dabei ist es zudem wohl naheliegend fast nachvollziehbar, dass Microsoft und Co. sich gegenüber der deutschen Regierung in "dieser heißen Phase" nicht näher zu den Datenvorgängen äußern. Die Unternehmen "erhalten im Gegenzug Zugang zu Spionagekenntnissen."

 

Insgesamt ist die Kritik von öffentlicher Seite gegenüber den USA diplomatisch zurückhalten.

Zitat aus dem obigen FAZ Artikel von Samstag:

"Auf die Informationen der Amerikaner ist Deutschland allerdings „zwingend angewiesen“, heißt es in den Sicherheitsbehörden. Immer wieder hätten die amerikanischen Dienste Hinweise geliefert, die auf die richtige Spur bei geplanten Anschlägen geführt hätten. Die Sauerland-Gruppe wird genannt, auch die Düsseldorfer Zelle.

Man bekomme von den Amerikanern sehr viel, könne ihnen aber nur wenig geben. Deswegen wolle man das Vertrauensverhältnis wegen „Prism“ nicht stärker als nötig belasten, heißt es in den Behörden.

Sprich: Die Hand, die einen füttert, beißt man nicht."

 

Auch interessant, dass der BND von der Technologie der Amerikaner ("prism") beeindruckt ist und gerne selbst "aufrüsten" möchte.

Ich denke jedoch, dass sich nach einer gewissen Phase der Paralysierung der deutschen Politik und Öffentlichkeit auch hier noch größerer Widerstand gegen die "Datensammelwut" der Amerikaner entwickeln wird. Im Ergebnis wäre es widersprüchlich, die Vorratsdatenspeicherung abzulehnen, andererseits auf Geheimdienstinformationen der Amerikaner, ohne jegliche gesetzliche Regelung "zurückzugreifen".

 

 

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Lesenswert: ein neuer Artikel in der Washington Post zum Gebrauch von "Metadata" - E-Mail-Versendezeit, TK-Verkehrsdaten usw:

Zitat:

"Analysts can gain clues to sleep patterns (when people are asleep, they send no e-mails and make no calls), religion (based on locations of calls made or the absence of communications on the Sabbath) or even social position (based on how often people get calls and e-mails and how quickly they receive responses).

In 2007, researchers at Columbia University were able to identify the senior-most company officers at the bankrupt Enron Corp. by studying individual e-mail volume and average response time in 620,000 company e-mails. The highest-ranking officers got the most e-mail and the quickest responses."

Quelle:

http://www.washingtonpost.com/world/national-security/metadata-reveals-the-secrets-of-social-position-company-hierarchy-terrorist-cells/2013/06/15/5058647c-d5c1-11e2-a73e-826d299ff459_story.html

Ich denke, dass was passiert ist den Vereinigten Staaten enorm geschadet hat. Es ist ein Selbst Läufer. 

Warum wurde Frau Dr. Merkel abgehört ? Spionage unnter Freunden ist doch das Letzte.

Wen 128,000 Musline in Deutschland leben sind es keine Islamisten. Vielleicht ein geringer Teil - ca. 2%.

Wir sind ein freies Land. Haben eine stabile Demokratie, eine gute Wirtschaft und sind ein Vorbild.

 

Die NSA als Team hat wohl zuviel Horror Szenarien im Fernsehen gekuckt. Eigendlich ist es schon Spielfilm rauf. Vielleicht sollte man die Mitarbeiter mal in die Ivy League schicken, um Verstand zu beweisen.

 

 

Es gibt inzwischen so viel Konflikte im eigenen Land. Ich war mit 16 zum erstenmal in den USA.  War an der TMI in San Antonio/ TX.  Mit 18 nochmal in 37 Bundesstaaten, im WEissen Haus , auf der Pressetribühne im Capitol, im Senat, im Abgeordnetenhaus.

 

Warum kann die NSA wirklich sich nicht an die Bill of rights erinnern.

 

Dies ist sehr, sehr traurig.

 

Vielleicht solle man mal an die Gründer Denken, George Washington, Jefferson ( mein Lieblingspresident) und Benjamin und Teddy :-)

 

 

Frank-Daniel Nickolaus/ Take 5 Redaktion

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