Professor attackiert Hochschulleitung in der Vorlesung und billigt Verbreitung eines Mitschnitts in Youtube – Geldbuße berechtigt

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 30.05.2013

Nachfolgend ein Fall, der den Autor dieser Zeilen aus verständlichen Gründen hat aufhorchen lassen. Dass in einer Vorlesung „falsche“ Lehrmeinungen widerlegt und dabei auch Ross und Reiter genannt werden, ist sicherlich nicht unüblich und selbstverständlich nicht zu beanstanden. Es gibt allerdings Grenzen der Kollegenschelte. Nicht mehr durch die Wissenschafts- und Meinungsfreiheit gedeckt ist es, wenn ein Hochschullehrer die Hochschulleitung massiv angreift und verächtlich macht, und diese Schelte sodann – mit seiner Billigung – ins Internet eingestellt wird. So verhielt es sich in einem Fall, den das VG Berlin (Urteil vom 29.10.2012 – Az. 80 K 23.12. OL) kürzlich zu entscheiden hatte. Ein Professor einer Berliner Universität (C2) nahm im Rahmen einer Vorlesung zu einem Plagiatsfall an der Hochschule Stellung. In diesem Zusammenhang brachte er schwere Anschuldigungen gegen die Mitglieder des akademischen Rates und anderer Hochschulgremien vor. Sie hätten unter anderem neun Monate lang hinsichtlich des Plagiatsfalls eisern geschwiegen. Er verglich das dabei mit dem „Gesetz der Mafia Omerta“. Die Leitung der Hochschule habe eine Strafvereitelung im Amt begangen, weil sie den Kollegen nicht angezeigt habe. Des Weiteren habe sie ihn versucht mundtot zu machen, indem sie ihm einen „eigenen Studiengang“ angeboten habe. Am Schluss sagte er: „Sie könnten das sozusagen, ich weiß nicht, bei YouTube ins Netz stellen und dann gehe ich ins Wochenende.“ Seine Ausführungen wurden von einem Studenten als Video aufgenommen und unter Youtube ins Internet gestellt. Die Hochschule erließ in der Folge eine Disziplinarverfügung und verhängte eine Geldbuße in Höhe von 1.000,- EUR. Die hiergegen gerichtete Klage wies das VG ab. Das Gericht betonte, der Kläger habe die durch seine beamtenrechtliche Treuepflicht und § 34 Satz 3 BeamtStG vorgegebenen Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit in mehrfacher Hinsicht überschritten. Dabei hat das VG zu Lasten des Klägers besonders berücksichtigt, dass es sich um „quasi öffentlichen Äußerungen“ handelte, „die aufgrund vom Beamten ausdrücklich gestatteter Verbreitung über das Internet (Youtube) einen unübersehbar großen Empfängerkreis erreichen können.“ Auch im Arbeitsrecht – etwa bei der Sanktion einer Abmahnung gegenüber einem angestellten Hochschullehrer – dürfte die Abwägung nicht anders ausfallen. Der Fall zeigt im übrigen wiederum sehr anschaulich, dass bei der Verbreitung von arbeitgeberkritischen Äußerungen im Internet besondere Vorsicht geboten ist, da damit der „geschützte Raum“ des privaten Gesprächs oder der Vorlesung verlassen wird. 

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