Nach Auslosung der Presseplätze für den NSU-Prozess: Gejammer ist unangebracht

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 29.04.2013

Ein Strafverfahren findet nicht als Medienereignis statt, auch nicht zur Unterhaltung der Bevölkerung, schon gar nicht, um bestimmten Medien, Zeitungen, Rundfunk und TV-Kanälen Zuhörer und Abonnenten zu garantieren. Die Videoübertragung in einen Nebensaal ist rechtlich nicht unproblematisch.

Schon sehr oft war ich enttäuscht von den so genannten Qualitätsmedien, wenn sie nur vom ersten und letzten Tag eines größeren Strafprozesses berichteten, mit immer denselben Aufnahmen und (fast) denselben Statements, statt wirklich (und zutreffend) auf die Inhalte einzugehen. Oft genug bleiben Presseplätze nach dem ersten Ansturm am ersten Tag frei - bis zum Tag der Urteilsverkündung. Das mag diesmal anders sein. Das Windhundverfahren zur Vergabe der begrenzten Presseplätze ist zutreffend kritisiert worden - insbesondere weil es in der technischen Durchführung nicht korrekt war, und einige Journalisten offenbar besser informiert wurden als andere. Dass gar keine Gruppen bzw. Pools eingerichtet waren, um auch ausländischen Pressevertretern eine Teilnahme zu ermöglichen, tat das Übrige.

Das nun durchgeführte Losverfahren hat nun aber - erwartbar - dazu geführt, dass große und bekannte Zeitungen und Rundfunkanstalten draußen bleiben (SZ-Bericht), während einige kleinere Zeitungen, Zeitschriften und Radiosender einen Platz ergatterten.

Und schon wieder beschweren sich Medienvertreter und die Twitter-Gemeinde unter #NSU.

Wollen diese Leute, dass künftig eine (staatliche oder gerichtliche) Liste der "besseren" Medien und eine der "schlechteren" aufgestellt wird mit besseren Chancen für erstere? Oder sollen FAZ, ZDF, ZEIT, taz, Spiegel etc. garantierte Plätze erhalten?  Entspricht das dem Verständnis von Pressefreiheit?

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52 Kommentare

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So ein großer Prozess ist anstrengend. Mich würde einmal interessieren  welcher Jounalist meistens dabei ist.

 

In den Nachrichten hört man wenig über den Prozess.

 

 

 

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Erschreckende Fehlerbilanz

Morgen veröffentlicht der NSU-U-Ausschuss des Bundestags seine Bilanz. Die Abgeordneten arbeiteten mit- statt gegeneinander - und sie arbeiteten akribisch und kompetent. Nur deswegen deckten sie ein verheerendes Versagen auf.

Jeden Mord akribisch durchgearbeitet

Einstimmig hatte der Bundestag den Untersuchungsausschuss eingesetzt: Zu groß war der Schock darüber, dass eine rechtsextreme Bande zehn Menschen töten, Bomben legen und Banken ausrauben konnte - ohne, dass irgendeine der unzähligen Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern davon etwas mitbekam.

Akribisch ging der Ausschuss Tat für Tat durch, las Ermittlungsakten, hörte Polizisten, Staatsanwälte, Verfassungsschützer. Erste, erschreckende Erkenntnis: Viele Behörden arbeiteten mehr gegeneinander als miteinander. Allein schon die Tatsache, dass die Täter in Thüringen untergetaucht waren, dann in Sachsen wohnten, die Morde aber in anderen Bundesländern verübten, verhinderte die Aufdeckung.

http://www.tagesschau.de/inland/bilanz-nsu-untersuchungsausschuss100.html

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