Nach Auslosung der Presseplätze für den NSU-Prozess: Gejammer ist unangebracht

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 29.04.2013

Ein Strafverfahren findet nicht als Medienereignis statt, auch nicht zur Unterhaltung der Bevölkerung, schon gar nicht, um bestimmten Medien, Zeitungen, Rundfunk und TV-Kanälen Zuhörer und Abonnenten zu garantieren. Die Videoübertragung in einen Nebensaal ist rechtlich nicht unproblematisch.

Schon sehr oft war ich enttäuscht von den so genannten Qualitätsmedien, wenn sie nur vom ersten und letzten Tag eines größeren Strafprozesses berichteten, mit immer denselben Aufnahmen und (fast) denselben Statements, statt wirklich (und zutreffend) auf die Inhalte einzugehen. Oft genug bleiben Presseplätze nach dem ersten Ansturm am ersten Tag frei - bis zum Tag der Urteilsverkündung. Das mag diesmal anders sein. Das Windhundverfahren zur Vergabe der begrenzten Presseplätze ist zutreffend kritisiert worden - insbesondere weil es in der technischen Durchführung nicht korrekt war, und einige Journalisten offenbar besser informiert wurden als andere. Dass gar keine Gruppen bzw. Pools eingerichtet waren, um auch ausländischen Pressevertretern eine Teilnahme zu ermöglichen, tat das Übrige.

Das nun durchgeführte Losverfahren hat nun aber - erwartbar - dazu geführt, dass große und bekannte Zeitungen und Rundfunkanstalten draußen bleiben (SZ-Bericht), während einige kleinere Zeitungen, Zeitschriften und Radiosender einen Platz ergatterten.

Und schon wieder beschweren sich Medienvertreter und die Twitter-Gemeinde unter #NSU.

Wollen diese Leute, dass künftig eine (staatliche oder gerichtliche) Liste der "besseren" Medien und eine der "schlechteren" aufgestellt wird mit besseren Chancen für erstere? Oder sollen FAZ, ZDF, ZEIT, taz, Spiegel etc. garantierte Plätze erhalten?  Entspricht das dem Verständnis von Pressefreiheit?

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52 Kommentare

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Es geht nicht um die Pressefreiheit, es geht um die Öffentlichkeit und Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen und Entwicklungen. 

 

Volker Gerhardt hat hierzu gerade ein Statement in 3sat- Kulturzeit gegeben, das aufzeigt, wie absurd und lebensfremd die Vorgehensweise des OLG München ist! 

 

Es ist eigentlich nicht zu fassen! 

 

(Leider noch nicht in der Mediathek, aber Hinweis auf Thematik hier:

 

http://www.chbeck.de/Gerhardt-Oeffentlichkeit/productview.aspx?product=9560364)

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Diesen Blogbeitrag habe ich mit großer Abscheu und mit Unverständnis zur Kenntnis genommen. Entscheidend ist, dass das Recht der Öffentlichkeit, über einen der bedeutendsten Prozesse der Nachkriegszeit in Deutschland informiert zu werden, aufgrund der Verweigerung einer Videoübertragung in einen anderen Saal mit Füßen getreten wird. Rein praktisch ist es aus meiner Sicht nicht hinnehmbar, dass FAZ oder ZEIT nicht berichten können, weil sie keinen festen Platz haben. Wenn die "Brigitte" einen Platz bekommt, die FAZ aber nicht, dann stimmt etwas nicht. Winkelprofessorentum hin oder her.

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Dr Klaus Graf schrieb:

Wenn die "Brigitte" einen Platz bekommt, die FAZ aber nicht, dann stimmt etwas nicht.

Sie dürfen nicht überbewerten, welche Blätter konkret zum Zug gekommen sind. Entscheidend ist die neue Regelung, daß der Sitzplatzinhaber seinen Platz einem anderen der akkreditieren (aber nicht ausgelosten) Presseorganen überlassen darf, vorübergehend oder dauerhaft. Deshalb war es sinnvoll, daß ein Pressehaus, das viele Zeitschriften und Zeitschriften hat, möglichst viele akkreditierte, um die Auslosungschancen zu erhöhen. Auf dem Platz von "Brigitte" (Gruner + Jahr) wird nicht unbedingt ein "Brigitte"-Reporter sitzen. Eher sitzt dort ein Reporter von "Stern" (Gruner + Jahr).

Wenn es nicht zu offensichtlich wäre, hätte wahrscheinlich der Springer-Verlag auch noch "Auto-Bild", "Computer-Bild" etc. akkreditiert, um die Chancen für "Bild" zu erhöhen.

Die FAZ wird genug Möglichkeiten haben, einen Platz zu bekommen.

Von "Eine Liste wie eine Farce" (http://www.sueddeutsche.de/politik/akkreditierung-beim-nsu-prozess-eine-...) kann deshalb keine Rede sein.

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Sehr geehrter Herr Graf,

warum sie "große Abscheu" trifft, meine zugegeben vielleicht in der Öffentlcihkeit nicht mehrheitsfähige Meinung zu lesen, bleibt mir unerfindlich. Aber OK. Ob dies einer der "bedeutendsten Prozesse der Nachkriegszeit in Deutschland" wird, wird sich noch erweisen. Die polizeilichen und geheimdienstlichen Pannen werden wohl nicht im Mittelpunkt stehen. Ich bin sicher, dass die Öffentlichkeit durch die anwesenden Zuhörer, dieNebenkläger und ihre Vertreter  und 50 Medienvertreter gut informiert sein wird. Die akkreditierten Medienhäuser können ihre Plätze weitergeben und die freien Journalisten können von der FAZ oder der taz engagiert werden. Die Übertragung in einen anderen Saal wäre zwar wünschenswert, ist aber, wie gesagt, mit rechtlichen Risiken verbunden.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Henning Ernst Müller schrieb:

Sehr geehrter Herr Graf,

warum sie "große Abscheu" trifft, meine zugegeben vielleicht in der Öffentlcihkeit nicht mehrheitsfähige Meinung zu lesen, bleibt mir unerfindlich. Aber OK.

Machen Sie sich nichts daraus  -  der Verfasser ist für sein deviantes Kommunikationsverhalten internetweit berüchtigt, Sie sind also in guter Gesellschaft.

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Auch die FAZ ist bei der Gerichtsberichterstattung ein Provinzblatt. Der berüchtigte Brechmittelprozess in Bremen mit den einzigartigen Revisionen kommt z.B. dort überhaupt nicht vor:

http://www.google.de/webhp?complete=0#safe=off&complete=0&site=webhp&q=s...

Ebenso wenig der Elternmord von Morschen, immerhin in Hessen geschehen und mit bundesweiter Berichterstattung:

http://www.google.de/webhp?complete=0#safe=off&complete=0&site=webhp&q=s...

nur zwei Beispiele von vielen ...

Henning Ernst Müller schrieb:

Das nun durchgeführte Losverfahren hat nun aber - erwartbar - dazu geführt, dass große und bekannte Zeitungen und Rundfunkanstalten draußen bleiben (SZ-Bericht), während einige kleinere Zeitungen, Zeitschriften und Radiosender einen Platz ergatterten.

Und schon wieder beschweren sich Medienvertreter und die Twitter-Gemeinde unter #NSU.

Wollen diese Leute, dass künftig eine (staatliche oder gerichtliche) Liste der "besseren" Medien und eine der "schlechteren" aufgestellt wird mit besseren Chancen für erstere? Oder sollen FAZ, ZDF, ZEIT, taz, Spiegel etc. garantierte Plätze erhalten?  Entspricht das dem Verständnis von Pressefreiheit?

 

Na, da sind wir aber froh, dass nur die Brigitte einen Platz ergattert hat und nicht auch das Monatsblatt der Kaninchenzüchter oder das Blatt der FKK-Freunde Deutschlands.

Nichts gegen die Qualität solcher Blätter, aber es stellt sich schon die Frage, ob bei der Brigitte überhaupt ein Journalist vorhanden ist, den man als Gerichtsreporter bezeichnen kann.

Ich denke, bei solchen Prozessen von nationalem und internationalem Interesse sollten Regionalzeitungen außen vor bleiben. Was nützt ein Artikel in der Passauer Neuen Presse, wenn diese in NRW überhaupt nicht erscheint? Teilnahmeberechtigt sollten - aufgrund des Platzmangels - nur überregional erscheinende Zeitungen sein, die zudem einen gewissen Schwerpunkt auf Politik + Gesellschaft haben und zudem auch eine gewisse Mindestauflage. Unter diesen kann man dann losen.

Sorry, nach meinen Kriterien würde die Brigitte ausscheiden, da der Schwerpunkt eindeutig ein anderer ist.

 

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Sehr geehrter Herr Deeg,

Sie schreiben:

Es geht nicht um die Pressefreiheit, es geht um die Öffentlichkeit und Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen und Entwicklungen. 

Volker Gerhardt hat hierzu gerade ein Statement in 3sat- Kulturzeit gegeben, das aufzeigt, wie absurd und lebensfremd die Vorgehensweise des OLG München ist! 

Inzwischen kann man das Interview mit Gerhardt in der 3sat mediathek ansehen. Ich bin aber ehrlich gesagt relativ enttäuscht von seinem Statement, denn er macht keinerlei praktischen Vorschlag, wie denn die Auswahl der Presseorgane seiner Ansicht nach besser hätte vorgenommen werden sollen. Letztlich läuft es wohl darauf hinaus, einigen "verdienten" Zeitungen oder Sendern  Vorrang zu geben. Ehrlich gesagt bin ich ja auch traurig, dass ich mich nicht durch die von mir regelmäßig gelesenen Zeitungen informieren kann. Aber ich weiß trotzdem, dass ich mich während des Prozesses überall auf der Welt zeitnah informieren kann, auch ohne Zeitungskiosk, nämlich im Internet. Herr Gerhardt hat das wohl gar nicht auf dem Schirm und tut gerade so, als sei gar keine Presse zugelassen worden.

Auch der Kommentar von Gisela Friedrichsen überzeugt mich nicht, denn all ihre abstrakten Einwände gegen das Losverfahren treffen das Windhundverfahren erst recht - sie argumentiert allein vom Ergebnis her. Nur weil ihr die erste Auswahl besser gefiel, plädiert sie für die vier zusätzlichen Sitze für die türkische Presse (Vorschlag BVerfG), und weil ihr das Ergebnis des Losverfahrens nicht passt, ist sie nun dagegen. Das ist sehr schwach argumentiert. Meines Erachtens ist der Nachteil des Losverfahrens nur der, dass es erst jetzt - im zweiten Anlauf - durchgeführt wurde. Ich habe daher Verständnis für Klagen derjenigen einzelnen freien Journalisten, die aufgrund der ersten Akkreditierung ihre Berichte schon vorab verkauft hatten und nun ohne Auftrag dastehen. Möglicherweise muss man die entschädigen.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

Sehr geehrter Psychofan,

man sollte auch mal schauen, zu wem die achso kleinen Regionalzeitungen gehören, die das Losglück begünstigt hat. Bei näherem Hinsehen sind manche gar nicht so klein bzw. haben gute Verbindungen zu größeren Konglomeraten (Beispiel: Die Lübecker Nachrichten gehören zur Madsack-Verlagsgruppe, die eine Reihe weiterer Zeitungen umfasst, u.a. auch HAZ) Doppelt peinlich erscheint mir das Rumhacken auf der Zeitschrift Brigitte: 1. Weil viele derjenigen, die sich äußern (nicht Sie) , dies mit unterschwellig und teilweise deutlichen frauenfeindlichen Impulsen garnieren und 2. Weil jeder wissen kann, was Herr Garcia oben schon darstellte: Der/Die von der Brigitte hingeschickte Journalist/in kann ebenso für den Stern (gleiche Verlagsgruppe) schreiben oder es kann gleich eine/r vom Stern den Brigitte-Platz einnehmen.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

 

Weshalb konnte das Gericht nicht einfach die gesamte Presse ausschließen, die nur durch den Prozess Geld verdient und keine Hilfe für die Überlebenden bzw. Hinterbliebenen oder Hilfe für das Gericht ist ?

 

 

 

 

 

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Sehr geehrter Herr Sobottka,

mit BILD-Stil, den Sie mir "fast" vorwerfen, lässt sich immer leicht argumentieren. Ich bin sehr für Transparenz in der Hauptverhandlung und bin eben deshalb auch ein Gegner von Absprachen im Hinterzimmer. Dass die Zulassung von "nur" 50 Pressevertretern (nach abgestuftem Losverfahren) Transparenz verhindere, kann ich nicht erkennen. Die Frage ist doch, ab wie viel "mehr" Medienbeobachtung die Vorteile der Transparenz sich nicht mehr vermehren, sondern im Gegenteil umschlagen in Sensationsbegehren, das der Wahrheitsfindung im Strafprozess dann eher schadet.  Es sind nun meiner Beobachtung nach keineswegs immer nur "kritische" Beobachter, die sich anlässlich von Strafprozessen wegen schwerwiegender Taten einfinden, sondern auch ganz andere Stimmen und Stimmungen, die dann möglicherweise auf Prozesse unguten Einfluss nehmen (und zwar im "BILD-Stil"). Die problematischen Fälle, in denen möglicherweise "hinter verschleiernden Kulisenn verhandelt" wird, sind auch nicht Fälle wie der NSU-Prozess, der sicherlich genug öffentliche Aufmerksamkeit bekommt, sondern es sind alltägliche Fälle, von denen kein Journalist Notiz nimmt, obwohl die Türen zum Gerichtssaal nicht verschlossen sind.

In besonderen Fällen ist es m.E. auch angemessen, in einen Nebensaal zu übertragen - aber dazu müsste dies ausdrücklich gesetzlich geregelt sein. Es ist nun wirklich nicht die Schuld des OLG München, dass dies (noch) nicht der Fall ist.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Ich denke, dass die Kammer gerne den Prozess abgeben möchte und versucht möglichst legal als unfähig dazustehen.

Ansonsten sind deutsche Gerichtsäle sehr abgeschottet und das funktioniert eben auch bei diesem Prozess. Schön ist eigentlich, dass diese Seite des deutschen Rechts nun endlich mal beleuchtet wird.

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Gerichte sind offen, Sie können in jeden Saal gehen, wenn nicht gerade gegen Jugendliche und Heranwachsende verhandelt wird. Probieren Sie es aus. Bei der Gelegenheit können Sie dann auch feststellen, dass es am OLG keine Kammern, sondern Senate gibt.

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@Susi:

Der Senat kann den Prozess nicht "abgeben", das verstieße gegen den verfassungrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters. Auch die Vorstellung, ein zuständiger Senat des OLG könne (bewusst) seine Zuständigkeit dadurch torpedieren, dass er sich hinsichtlich der Zulassung der Öffentlichkeit ungeschickt anstellt, ist sehr unrealistisch.

Auch Ihre Meinung, die Gerichte seien "sehr abgeschottet", trifft überhaupt nicht zu. Bis vor Kurzem waren in normalen Amts- und Landgerichten nicht einmal Sicherheitskontrollen beim Einlass üblich. Niemand hindert Sie daran, einen Tag in einem Gerichtsgebäude zu verbringen und sich verschiedene Hauptverhandlungen anzuschauen.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Henning Ernst Müller schrieb:

@Susi:

Der Senat kann den Prozess nicht "abgeben", das verstieße gegen den verfassungrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters.

 

Mag sein, dass der Senat den Prozess nicht mehr so ohne weiteres abgeben kann. Denkbar wären allerdings Gründe wie "wir haben keine Möglichkeit, Öffentlichkeit in ausreichendem Umfang herzustellen".

 

In diesem Fall ist jedenfalls der sonst streng definierte gesetzliche Richter gar nicht so streng definiert. Man hat genau genommen eine beliebige Auswahl treffen können und zufällig den "harten Hund" Götzl gewähl. An die beschränkten Räumlichkeiten in München hat man vermutlich nicht gedacht. Zitat:

Nach der Strafprozessordnung konnte die Bundesanwaltschaft im Fall des NSU zwischen mehreren Gerichtsorten wählen; örtliche Zuständigkeiten wurden durch die Tatorte und dem Ort, an dem sich Frau Zschäpe der Polizei stellte, begründet. Für München sprach unter anderem wohl auch, dass fünf der Morde in Bayern begangen wurden, drei in Nürnberg, zwei in München.

 

... und meiner Meinung nach sprach für München auch der dortige Richter Götzl. Soviel zum Thema verfassungsrechtlicher Grundsatz des gesetzlichen Richters. Dieser Hinweis erscheint mir doch recht fragwürdig, wenn eine so große Auswahl möglicher OLGs in Betracht kam.

 

Hätte die Bundesanwaltschaft vorher besser auch nach der Möglichkeit der Herstellung von Öffentlichkeit gefragt, dann wäre man möglicherweise auf ein anderes Bundesland gekommen.

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Es mag falsch sein vom Ergebnis her zu argumentieren - jedoch nicht, wenn das Ergebnis die Krönung der Ellenbogenmentalität der Sonderpublikationen kennzeichnet...

Mir ist schleierhaft weshalb die Plätze nicht nach Größe und intellektuellen Bedeutung der Medien vergeben werden können. In Breivik Prozess wurde doch genauso verfahren. Und keiner hat diesbzgl ernsthaft dagegen argumentieren können. Anknüpfend daran:Die Gerichtssaalräumlichkeiten haben nun mal beschränkte Kapazitäten und es liegt in der Natur der Sache, dass man trotz dieses Umstandes dem Grundsatz der Informationsfreiheit entsprechend entgegen kommen muss. Dabei gibt es durchaus Möglichkeiten d. § 169 GVG verfassungskonform auszulegen - wie dies vom Hr. Huff vorgeschlagen worden ist (http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/nsu-prozess-zu-wenig-plaetze-presse-uebertragung-medienraum/). Warum sträubt man sich derart gegen die Erweiterung der Saalöfftentlichkeit? In Breivik Verfahren wurde die transparente Umgang der Justiz mit den Medien vielseitig gelobt und wie es sich am Ende heraus gestellt hat, auch gelohnt.

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Sehr geehrter Herr Müller, 

 

es ist schon seltsam, 'Kritikern' vorzuwerfen, dass sie dem OLG München nicht lückenlos aufzeigen, wie man das Akkreditierungsverfahren "besser" hätte machen können. 

(Genau das ist übrigens kompetent und zahlreich geschehen, nachdem  das erste Verfahren bereits in den Brunnen gefallen war - nicht einmal den Rat des BVerfG konnten Goetzl und Huber, offenbar persönlich gekränkt, annehmen). 

 

Dieses "Diktat" - wie Prof. Gerhardt treffend bemerkt - von einzelnen Richtern hinterlässt den Gesamteindruck, dass es hier mehr um die Narzissmus, Befindlichkeit und Durchsetzung von Provinzrichtern in Bayern gegenüber "Besserwissern" aus Karlsruhe und dem Rest der "ahnungslosen" Republik  geht als um gerichtliche Aufarbeitung einer Mordserie rechtsradikaler Terroristen.

 

Aber vermutlich wird ja auch dieses zweite Akkreditierungsverfahren nicht halten, wenn man aktuellen Berichten glauben darf....

 

Dass die Süddeutsche Zeitung, die FAZ, die Welt, die taz und andere führende Blätter mit jahrezehntelanger Kompetenz und Erfahrung in Gerichtsberichterstattung nicht unmittelbar über diesen (!) Prozess berichten können, ist ein Armutszeugnis für die Richter des OLG München. 

 

Da gibt es beileibe nichts zu deuteln. 

 

Und kein Mensch kann mir erzählen, dass in München kein Raum mit mehr Platz gefunden werden konnte - andernfalls hatte man eben ablehnen müssen....! Stuttgart hätte "Platz" gefunden - bspw.  

 

 

 

 

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M. Deeg schrieb:

Dass die Süddeutsche Zeitung, die FAZ, die Welt, die taz und andere führende Blätter mit jahrezehntelanger Kompetenz und Erfahrung in Gerichtsberichterstattung nicht unmittelbar über diesen (!) Prozess berichten können, ist ein Armutszeugnis für die Richter des OLG München.

 

Können oder wollen Sie nicht verstehen was eine Verlosung ist? Wir können natürlich auch einfach nur die Plätze der "zweiklassigen" Medien in Zukunft verlosen. Welche Medien zweit- und welche erstklassig sind, dürfen dann - der Einfachheit halber - auch einfach direkt SZ, FAZ, Welt und taz bestimmen.

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@psychofan :

Die Düsseldorfer OLG-Senatoren aus der Breidling-Schule hätten sicher auch nicht für Entzücken in Verteidigerkreisen gesorgt.

In München wurden mehrere Taten begangen und es geht in dem Verfahren im Wesentlichen um 10 Mordfälle, so dass ein ehemaliger Schwurgerichtsvorsitzender (mindestens ein Beisitzer war gerüchteweise  mit ihm schon in der Schwurgerichtskammer) durchaus als Option erschien. Man braucht vermutlich Rechtsmediziner, Spurensicherung und sonstige Ermittlungsbeamte für die Tötungsdelikte, für Nebenklageberechtigte von 5 Mordopfern aus Bayern dürfte die Anreise nach München weniger aufwendig sein, als wenn man nach MVP gegangen wäre wegen des einen Falls in Rostock, nach Hamburg wegen des einen Mordes  oder nach NRW wegen des Anschlags in Köln und des Mordes in Dortmund.

Düsseldorf soll laut Frau Friederichsen (ich glaube, es war in irgendeiner Talkshow) auch nicht über viel mehr Plätze verfügen. Und wo (Sachsen? MVP? Hessen? Hamburg? NRW? BW?) genau gibt es ein Gebäude mit ausreichend Kapazität, das in einer Haftsache (Beschleunigungsgebot...) schnell genug über einen Sitzungssaal mit

-passender Größe

-ausreichenden Sicherheitskontrollen

verfügt, der mehr an Öffentlichkeit bietet?

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Sehr geehrter Herr Sobottka,

Sie schreiben:

Sie sind darauf, man kann es durchaus so sagen, getrimmt, alle Gesetze als unverrückbar zu betrachten, Gestaltungsmöglichkeiten ausnahmslos im Rahmen der bestehenden Gesetze zu suchen.

Ich glaube nicht, dass Sie richtig gelesen haben. Ich selbst habe doch darauf hingewiesen, dass Gesetze änderbar sind - allerdings parlamentarisch, nicht auf Zuruf der Medien, eines Internetkommentars und auch nicht durch OLG-Senatsvorsitzende. Der Bundestag hätte, wäre man sich über das Bedürfnis einig gewesen, den § 169 GVG ändern können (und kann dies sogar jetzt noch!) und z.B. eine Video-Übertragung in andere Säle bei besonderem öffentlichen Interesse   in das Ermessen des Gerichts stellen können. Allerdings, solange § 169 GVG dies nicht ausdrücklich zulässt, kann ich die Vorsicht des Senats verstehen, der einen absoluten Revisisonsgrund nicht riskieren will.

Ich hingegen kann es mir erlauben zu sagen: "Das und das Gesetz ist schlichtweg Unsinn, damit kann es keine sinnvolle Lösung für das und das Problem geben."

"Die Videoaufzeichnung und -Übertragung von Strafverhandlungen per Internet sollte selbstverständlich sein."

Ich will niemanden zum Gesetzesbruch auffordern - aber ich denke, auch Richter und Jura-Professoren sollten keine Angst davor haben, in Fällen, in denen es zutrifft, zu sagen: "Das und das Gesetz halte ich für falsch, weil..." oder: "das und das wäre sinnvoll, ist im Rahmen bisheriger Gesetze aber nicht machbar, und darum brauchen wir ein Gesetz, demnach es machbar (oder Vorschrift) wäre".

Toll, was Sie sich erlauben können und ich angeblich aus "Angst" nicht! Genau das - nämlich eine Gesetzesänderung - habe ich doch oben (schon vor Ihrem Kommentar) bereits getan. Es ist geradezu abwegig anzunehmen, Jura-Professoren scheuten sich, Gesetze zu kritisieren. Aber es gibt eben auch Nachteile einer zu großen Medienöffentlichkeit, wie ich oben ausgeführt habe. Auf meine Gegenargumente gehen Sie ja nicht ein.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Re 'rnuwieder', #20:

 

Ein "Losverfahren" ist für einen solchen Prozess untauglich, ein Armutszeugnis für die Justiz, bei der man sich fragt, wie lächerlich die sich eigentlich noch machen wollen! 

 

Angezeigt gewesen wäre: 

 

von Anfang die Schaffung ausreichender Plätze für  Journalisten, entweder durch angemessene Räumlichkeit oder Videoübertragung in Nebensaal oder beides. 

 

Bei jeder Form von "Auswahl" - wobei das "Los" die in diesem Fall die untauglichste Form darstellt - wäre eine Poolbildung angezeigt gewesen, die auch unterscheidet zwischen Kompetenzpresse und Presse wie "Brigitte" etc., die mit Gerichtsberichterstattung nichts zu tun hatte. Und natürlich die Interessen der türkischen und griechischen Medien ebenso berücksichtigt wie andere internationale, z.B. die New York Times. 

 

Aber selbst das ist diesem 'brillanten Juristen' Goetzl offenbar von Anfang an zu kompliziert gewesen.

 

Und das wird hier noch beklatscht und Kritiker als "ahnungslose" Majestätsbelediger hingestellt, die zu blöd seien, dieses Jahrmarktsprinzip zu "begreifen". 

 

Doch! Das versteht jeder Fünfjährige - das Niveau des OLG München ist auf dem Niveau offenbar stehengeblieben. 

 

Das Urteil dieser Richter ist schon heute bedeutungslos. 

 

 

 

2

Was auffällt ist, das es praktisch nie zu einem Eimgestandnis von sog. 'brillanten' Juristen kommt, dass sie etwas falsch bewertet oder unrichtig eingeschätzt hätten. 

 

Und das ist es, was inzwischen den gesamten Rechtsstaat diskreditiert.

 

In diesem Fall sollen nun die "unklaren Gesetze" schuld sein, die eine Videoübertragung nicht ausdrücklich erlauben - Wie lange hat man in München das Problem denn "erörtert", um es auszuschließen? Bei wem hat man Auskunft erfragt, welche Rechtsexperten mit Expertise beauftragt? 

 

Oder hat man es eben kurz verworfen, auf dem Weg zur Kantine? 

 

Huber hat ja bereits eingeräumt und seit Januar in Interviews dargelegt, dass er gar "nicht versteht" worum es geht! 

 

Auf die Frage der Journalistin der SZ, ob man in Norwegen mit den Verantwortlichen des Breivik-Prozesses Erfahrungswerte eingeholt hat, verstand der Gerichtspräsident des OLG nicht einmal die Frage! 

 

Viele verstehen bis heute nicht, wo das Problem liegt, ist doch formaljuristisch alles einwandfrei....wie immer in Bayern...

 

 

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Sehr geehrter Herr Deeg,

Sie schreiben:

wäre eine Poolbildung angezeigt gewesen, die auch unterscheidet zwischen Kompetenzpresse und Presse wie "Brigitte" etc.

Eine solche subjektive nicht juristisch angreifbare Unterscheidung ist kaum möglich. Es hat bei der Verlosung Poolbildungen gegeben, die m. E. objektiven Kriterien genügten. Das von Ihnen bevorzugte Windhundverfahren (inkl. ergänzendem Ratschlag des BVerfG) konnte nicht "Kompetenz" in der Berichterstattung garantieren, sondern nur Kompetenz in der Nähe zur Geschäftsstelle und Kompetenz in der Automatisiertung von E-Mail-Antworten.

Sie vergessen außerdem, dass nun selbst organisierte Poolbildungen der Journalisten untereinander möglich sind.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Sehr geehrter Herr Prof. Müller, 

nein! Um Himmels Willen: das "von mir bevorzugte Windhundverfahren"....was das OLG mit seinem "Windhundverfahren" produziert hat, ist ein Skandal, den ich zutiefst kritisiere. Als die Schlagzeile erschien, dass türkische Medien nicht zur Berichterstattung zugelassen seine, hieltich das für einen Scherz! 

 

Anstatt jedoch die goldene Brücke, die durch das Verfassungsgericht gebaut wurde - nämlich einfach ein paar zusätzliche Plätze zu schaffen - schaffen es diese Richter, ein weiteres Mal den größtmöglichen Schaden zu verursachen:

 

Prozess verschieben, Kompetenzpresse raus, "Brigitte" rein - um es mal kurz zu fassen. 

 

Ein "objektives" Kriterium bei Poolbildung wäre doch z.B. die Auflage oder das bisherige Renommee anhand eigenständiger Berichterstattung über Prozesse. 

 

Die einzige Hoffnung bleibt wohl tatsächlich, dass die Journalisten in Eigenverantwortung die Fehler der Justiz wenn schon nicht korrigieren, dann doch eingrenzen können! 

(beim "Windhundverfahren" war auch diese Korrektur durch Medien selbst noch 'verboten'! - ohne dass sich Gesetze geändert hätten...?) 

 

Mit besten Grüßen aus Stuttgart. 

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M.Deeg,

sie verstehen es immer noch nicht. Von der "Brigitte" wird niemals ein Vertreter im Gerichtssaal sitzen, allenfalls ein zu der Mediengruppe gehörender Jornalist.

Wieviel Medienpräsenz muss denn hergestellt werden, um eine angemessene Öffentlichkeit zu gewährleisten? Gilt hier Quantität frei nach Stalin als Qualität der öffentlichen Berichterstattung? Verstößt eine qualitative Bewertung von Medien nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz? Wer sollte diese Bewertung denn überhaupt vornehmen und nach welchen Kriterien sollte sie erfolgen? Gibt es dazu überhaupt objektive Kriterien, die eine solche Bewertung zulassen?

Ich sehe auch nicht, daß sich die Faktenlage der zu berichtenden Informationen durch die Anzahl der Pressevertreter in irgend einer Form ändern würde.

Außerdem bin ich mal so frech zu behaupten, daß mit Sicherheit nicht jeder Verhandlungstag voll besetzt sein wird. Das Interesse wird bei den zu erwartenden juristischen Erörterungen, die im Detail für die Öffentlichkeit völlig unwichtig sind sehr schnell erlahmen.

Allein schon die Ansicht, daß die Presse Fehler der Justiz eingrenzen oder korrigieren sollte zeugt von einem seltsamen Verständnis des Grundgesetzes. Nur weil die Presse sich selbst gern als 4. Gewalt im Staate sieht und auch durch Manipulation der Öffentlichkeit alles tut um diesen Eindruck zu untermauern, handelt es sich nicht um eine geltende Rechtslage.

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P.S.

Der Vergleich mit dem Breivik-Prozess hinkt hier völlig. Die Anzahl der Prozessbeteiligten bei 77 Todesopfern ist schon gar nicht mit dem NSU-Prozess vergleichbar und hat im Grunde eine Übertragung erforderlich gemacht, wollte man nicht in ein Stadion ausweichen. Da wir uns zudem in Deutschland befindet, muß auch deutsches Recht Anwendung finden. Hinweise auf andere Länder sind nicht angezeigt.

5

Ps: 

Es kann natürlich schon der Verdacht aufkommen kann, dass auch manche Journalisten kompetenter wären, was Rechtsprechung an sich angeht...

 

Gemeint war hier jedoch, dass die Journalisten durch eigenes Korrektiv und Kreativität den bisherigen Unsinn des OLG München eingrenzen - schlicht dafür zu  sorgen, dass Angebot und Nachfrage in Einklang kommen. 

 

Bei welcher ,Mediengruppe' ist denn radio-molli (oder so ähnlich?)

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Sehr geehrter Herr Deeg,

wenn Sie mit Ihrer Frage nach "Radio Molli oder so ähnlich" das Radio Lotte aus Weimar meinen, dann treffen Ihre Vorurteile zugunsten sogenannter "Kompetenzmedien" meines Erachtens gerade nicht die richtigen Adressaten. Zitat (Thüringische Landeszeitung):

Radio Lotte, das 1999 erstmals auf Sendung ging und dessen Name sich unter anderem auf den Romantitel "Lotte in Weimar" von Thomas Mann bezieht, begleitet seit Jahren Bürgerinitiativen und Demonstrationen gegen Rechtsextremismus.

Der ehemalige Chefredakteur des Senders und Korrespondent vom NSU-Prozess, Friedrich Burschel, habe die Weimarer Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus mit aufgebaut, sagte Drenger. "Der Prozess ist natürlich auch für die Region interessant, Zschäpe kommt ja aus Jena". Burschel war als freier Journalist bereits in der umstrittenen und mit der Verlosung nun hinfälligen ersten Vergaberunde akkreditiert.

Ich finde es jedenfalls richtig, dass auch solche Medien eine Chance in der Verlosung hatten und nicht nur auflagenstarke und altehrwürdige Kompetenzmedien.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Das OLG bekommt für seine Linie (keine Videoübertragung) inzwischen Unterstützung vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages - siehe heutige Meldungen - und bei LTO - siehe Beitrag vom 30.4 von Heiner Alwart. Wie da ernsthaft ein Herr Prantl z.B. von einer "Phalanx von Rechtswissenschaftlern" (vor Kurzem in einer Fernsehdiskussion) schwadronieren kann, denen zufolge eine Videoübertragung völlig problemlos möglich sei, ist unklar.

 

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Sehr geehrter Prof. Müller, 

 

Sie haben recht, das war ein Vorurteil. Natürlich soll ein Herr Burschel von Radio Lotte aus erster Hand vom NSU-Prozess berichten können und dürfen. 

 

Er sollte sich aber nicht mit Stefan Geiger von der Stuttgarter Zeitung, Hans Leyendecker von der SZ oder G. Friedrichsen um einen Platz 'streiten' müssen. (Auch die 20.000 Hörer, wenn die Info stimmt, der Radio Lotte haben beste Analysen verdient!)

 

Dafür hätte das Gericht sorgen müssen, von Anfang an. 

Und es ist schon eine Zumutung, nach all diesem Murks immer noch diese dogmatischen "Stellungnahmen" ertragen zu müssen, die zwischen der mentalen Starrheit eines Gerichtspräsident Huber über die "Unfehlbarkeit" der Münchner Justiz und dem hiergegen fast schon anachronistischen  Selbstverleugnungshumor der Pressesprecherin Titz pendeln.

 

Mit besten Grüßen, 

Martin Deeg 

 

Ps: der Ausgangskommentar, auf den sich Ihre Antwort bezog, ist gelöscht.

 

 

 

 

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Sehr geehrter herr Deeg,

Sie schreiben:

Sie haben recht, das war ein Vorurteil. Natürlich soll ein Herr Burschel von Radio Lotte aus erster Hand vom NSU-Prozess berichten können und dürfen.

Er sollte sich aber nicht mit Stefan Geiger von der Stuttgarter Zeitung, Hans Leyendecker von der SZ oder G. Friedrichsen um einen Platz 'streiten' müssen. (Auch die 20.000 Hörer, wenn die Info stimmt, der Radio Lotte haben beste Analysen verdient!)

Es gibt 50 Plätze, aber mehr als 50 Pressevertreter, die diese Plätze einnehmen wollen. Also müssten die Presseplätze vervielfacht werden (geht m.E. nicht, da eine Videoübertragung in einen Nebenraum ohne gesetzliche Grundlage riskant wäre). Also muss eine Auswahl stattfinden. Wie kann diese Auswahl stattfinden?

1. Windhund: wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Wer zuerst mailt, sitzt zuerst. Ist a) ungerecht b) hat es nicht funktioniert.

2. Los: Es werden verschiedene Töpfe gebildet und 50 der über 300 Bewerber werden gezogen. Zusätzlich: Sie dürfen tauschen, sich abwechseln etc. Ich halte das für eine angemessene Lösung.

Ihre Antwort: absurd, lebensfremd, Zumutung, Armutszeugnis! Weil Kompetenzmedien kein Glück hatten, was soll denn dieses "Radio Molli o.s.ä."? 

Auf meinen Einwand wg. Radio Lotte sagen Sie dann: ja, auch das Radio Lotte darf kommen, aber es sollte sich nicht um Plätze streiten müssen mit den anderen. Aber, Herr Deeg, damit sind wir doch wieder ganz oben angekommen. Es geht doch gerade darum, dass der Streit um die Plätze durch das Losverfahren geschlichtet werden sollte. Sie sagen: Kompetenz/Auflage wären bessere Kriterien als das Los. Es muss dann aber eine offizielle Kompetenzliste geben mit den 50 Journalisten, die einen Platz  "verdient" haben, entweder nach Qualität, Renommee oder nach Vorbereitungsaufwand (wie ist der nachzuweisen?) oder nach Auflage/Hörerzahlen/Zuschauerzahlen (bei einem früheren Nazi-Prozess?). Bei Ihrem Verfahren hätte jedenfalls das "gegen rechts" engagierte Stadtradio Lotte keine Chance gehabt. Und immerhin werden die Sendungen von Radio Lotte auch im Internet, also weltweit, verbreitet.

Wenn ich dann antworte, dass Ihre Lösung  unpraktikabel oder grundgesetzwidrig sei, antworten Sie mir wieder, ich dürfe doch nicht die Kritiker verpflichten, praktikable Vorschläge zu machen.

(Und die FAZ kann jetzt doch berichten - war das Verfahren am Ende also doch nicht ganz so schlecht?)

Hm,

beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

Dazu kommt noch: wie voreingenommen und inkompetent die angeblichen "Kompetenzmedien" "Spiegel" und "Zeit" berichten können, sieht man ja nicht zuletzt an ihren "journalistischen" Machwerken über Gustl Mollath.

Es ist auch mal ganz interessant festzustellen, wem die ausgelosten Medien gehören und was sonst noch im Besitz der betreffenden Verleger(gesellschaften) ist - ein paar Beispiele:

Stuttgarter Nachrichten (Platz) + Stuttgarter Zeitung (Platz) -> 100% -> Zeitungsgruppe Stuttgart -> 100% -> Medienholding Süd (Scharzwälder Bote) -> 82% -> Südwestdeutsche Medien Holding <- 81,25% <- Süddeutscher Verlag <- Süddeutsche Zeitung (SZ Magazin - Platz) sowie <- 70% <- Zeitungsgruppe Hof/Coburg/Suhl (Frankenpost, Freies Wort (Platz), Neue Presse, Südthüringer Zeitung)

Offenbach Post (Platz) -> 100% -> Westfälischer Anzeiger -> 86,2% -> Dirk Ippen <- 100% Münchner Zeitungsgruppe (Münchner Merkur, tz) uv.a.m.

Thüringer Landeszeitung (Platz) -> 100% -> WAZ (selber nachschauen, der Platz reicht nicht)

Lübecker Nachrichten (Platz) -> 61% -> Verlagsgruppe Madsack (dito)

Oberhessische Presse (Platz) -> 51% -> Verlagsgruppe Madsack  => Platz abgegeben an FAZ

Freie Presse (Platz) -> 100% -> Medien-Union Ludwigshafen (eine Durchstecherei von Helmut Kohl) <- 44,36% <- Südwestdeutsche Medien Holding (s.o.) sowie <- 100% <- Rheinpfalz und Radyo Metropol (türkischsprachig)

Sächsische Zeitung (Platz) -> 60% -> Gruner+Jahr usw ...

Durch die enorme Pressekonzentration in Deutschland ist also eine so gut wie flächendeckende Berichterstattung möglich. Von den großen fehlt nur DuMont-Schauberg - aber die Freien sollen ja auch noch Abnehmer finden ...

Sehr geehrter Herr Prof. Müller, 

 

herzlichen Dank für die ausführliche Erwiderung. 

 

Gerade für diesen hätte das Gericht - und nimand sonst! - Sorge dafür tragen müssen, dass mehr Platz zur Verfügung stand. Kann mich nicht erinnern, dass das "Platzproblem" für Journalisten jemals zuvor Anlass für derarte Kontroversen und berechtigte Empörung bot! (Der Prozess gg. Demjanjuk beim OLG München hätte bereits Warnung sein können....) 

 

Wenn ich als Richter partout dem Zwang unterliegen muss, auf 50 Plätze für Medien zu limitieren, obwohl das Interesse ein vielfaches hiervon beträgt, würde ich 

 

a) mittels Vorauswahl begrenzen, wie sie bei praktisch jeder Problemlage praktiziert wird, wo ohne finanzielle Vorauswahl entschieden werden muss. Ist das grundgesetzwidrig? M.E. nicht, wenn jeder die gleiche Voraussetzung hat, sein Anliegen und berechtigtes Interesse auf einen Pla im Saal zu begründen und anhand dieser Begründung die Vorauswahl begrenzt wird.

 

b) wenn hiernach immer noch die Nachfrage die Anzahl der Plätze übersteigt -  wovon hier auszugehen ist - werden Pools gebildet, wobei man dann aber die Absprachefähigkeit der  Medien ( die offenbar deutlich mehr ausgeprägt ist als die Entscheidungskompetenz des OLG) auch positiv nutzen kann und entsprechend vorgibt: soundsoviele Plätze sind für diesen und jenen Pool vorhanden, bitte teilt mit, welche Medien eigenverantwortlich dieses Kontigent ausfüllen. Wenn das gar nicht funktioniert, entscheidet das Gericht diese ​Fälle per Los. 

 

Und: noch "unpraktikabler" als zuerst ein "Windhundverfahren durchzuführen, weil man nicht rafft, dass das derart Wellen schlagen kann und als nächstes dann ein "Losverfahren" durchzuführen, dass erkennbar geringe Chancen für die beinhaltet, die üblicherweise eine breite Öffentlichkeit vom Geschehen bei Gericht unterrichten (um nicht wieder Begriffe wie Renommee oder Kompetenz zu verwenden) und deren Berichterstattung bei einer breiten Öffentlichkeit üblicherweise auf breites Interesse trifft, geht es wohl kaum.

 

Und doch: das Vorgehen des OLG München war schlecht. Allein schon die Tatsache, dass die FAZ von diesem Verfahren berichten 'kann' - jetzt doch! - und das keine Selbstverständlichkeit ist, zeigt wie schlecht - und welche Wertigkeit das Prinzip der Öffentlichkeit für Richter in München in einem Prozess hat, der erkennbar weit über den Horizont Münchens hinausragt. 

 

Und bitte nicht vergessen: hier wurde auch ein Mord an einer Polizisitin begangen, der alles andere als aufgeklärt ist. 

 

Soll man diesem Gericht zutrauen, dass es über das hierfür notwendige Fingerspitzengefühl, die Kompetenzen im Umgang mit Menschen und die Weitsicht hat, Licht in diesen Mord in Heilbronn zu bringen? Ich glaube nicht! 

 

Einzig die Fähigkeit dieses Gerichts, Konflikte zu verursachen und Abwehr und Stimmung gegen das Gericht zu festigen, scheint hingegen sehr ausgeprägt. Ich persönlich fürchte, Richter Goetzl wird hier ein ähnliches "Ergebnis" hervorbringen wie im "Boehringer"-Mordprozess: wenig aufgeklärt - aber bei geringstmöglicher Wahrheitsfindung die größtmögliche Strafe verhängt! 

 

Mit besten Grüßen, 

M.Deeg

3

Sehr geehrter Herr Müller,

 

vielen Dank für Ihren Beitrag, der zugleich sachlich und informativ ist,  was man leider bei den sich selbst so bezeichnenden Qualitätsmedien im Moment ansonsten nicht wirklich beobachten kann.

Mich wundert, dass gerade diejenigen, die dem Staat anscheinend am kritischsten gegenüberstehen, allen Ernstes eine Differenzierung der Presseorgane nach überwiegend subjektiven Qualitätsmerkmalen zu fordern scheinen.  Sinn der Pressefreiheit ist aber doch gerade sicherzustellen, dass es nicht im Belieben des Staates, insbesondere als Objekt der Berichterstattung liegt, wen er zulässt und wen nicht. Kriterien, die nach Renomee, Auflagenstärke, Ausbildung der Journalisten, irgendwie gearteter Qualität der Berichterstattung oder ähnlichem ausgerichtet sind, so gut sie im Einzelfall gemeint sein können, sind jedem Missbrauch gegenüber offen und stellen damit einen erheblichen Eingriff in die Pressefreiheit und auch in den Gleichheitssatz dar. Sollte dieser grundlegende Zusammenhang sowie die Bindung der Gerichte an das geltende Recht, etwa den § 169 GVG, sowie das Bemühen, gerade im Sinne der Angehörigen der Opfer eine möglichst revisionsfeste Entscheidung zu fällen, den Journalisten der "Qualitätspresse" nicht klar sein, hat jeder Journalist anderer Blätter oder Sender, etwa auch der Brigitte, seine faire Chance redlich verdient... zumal höchstwahrscheinlich sich der Saal ohnehin sehr schnell leeren wird, wenn Anklage und Verteidigung das Hochreck betreten, um bei einer schweigenden Angeklagten und einer - voraussichtlich - schweigenden Mehrzahl von Zeugen bzw. Zeugen, die vor allem zum Randgeschehen etwas beitragen können - das Gericht zu einer bestimmten Gewissheit bzw. Zweifeln zu verhelfen.

 

5

@ Herrn Deeg: es steht außerdem jedem Pressevertreter frei, sich wie alle anderen rechtzeitig anzustellen und einen der Plätze zu erhalten, die für die Öffentlichkeit vorgesehen sind. Die besteht nämlich nicht nur aus Besitzern von Journalistenausweisen (Sie sollten sich vielleicht mal erkundigen, wie leicht die zu bekommen sind).

Mich erinnert das so langsam an das Märchen "Von dem Fischer un syner Fru". Gibt es überhaupt einen Rechtsanspruch auf feste Presseplätze? Wenn nicht, finde ich, können sich die wirklich interessierten Damen und Herren Pressevertreter allesamt rechtzeitig am Eingang anstellen.

5

Allerdings: Der Zeit-Artikel von G. Etscheit ist das erste Vernünftige, das ich von einem Journalisten zu diesem Thema gelesen habe. Zitat:

Dieses Verfahren hat nur eine einzige, klare Aufgabe. Es soll nicht die skandalösen Ermittlungspannen und schwer erklärbaren Voreingenommenheiten bei der Aufklärung der NSU-Mordserie aufarbeiten. Dazu gibt es unter anderem drei parlamentarische Untersuchungsausschüsse, die sich um Aufklärung bemühen. Und schon gar nicht muss das Gericht die voyeuristischen Bedürfnisse einer enthemmten Medienöffentlichkeit befriedigen.

Nein, es geht einzig und allein darum, die persönliche Schuld der Angeklagten zu ermitteln und sie zu einer gerechten Strafe zu verurteilen. Dabei gilt bis auf Weiteres die Unschuldsvermutung, auch für Beate Zschäpe. Natürlich agiert das Gericht bei einem Verfahren von solch moralischer, juristischer und politischer Dimension nicht im luftleeren Raum. Es muss die Erwartungen und Interessen der Öffentlichkeit im Blick haben, darf sich aber nicht von ihnen treiben lassen.

Man kann jeden Satz unterstreichen.

 

 

Von "enthemmter Medienöffentlichkeit" kann hier m.E. keine Rede sein (anders als im Fall Wulff oder auch im Verfahren gg. Kachelmann, gezielt angefeuert und instrumentalisiert von A. Schwarzer/Bild).

 

Bitte die Öffentlichkeit auch nicht dümmer machen als sie ist! 

 

Ich unterstelle, dass es im Fall des NSU-Prozesses tatsächlich um übergeordnetes politisches Intresse und die Frage geht, wie v.a. in Deutschland mit ideologischem Terror umgegangen wird und wie er in Zukunft zu verhindern ist. Die Motive, die Entstehung, die Hintergründe. Und eben nicht wie in anderen Fällen um Voyeurismus und - wie unterstellt wird - um Einzelheiten zur Person Zschäpe, die wohl weniger aufzudeckende Geheimnisse birgt als manche gern hätten.  

 

Der Schrecken ist entlarvend "normal", quasi aus der Nachbarschaft.

 

Zu dem Zeit-Artikel sind auch die Kommentare lesenswert - jedenfalls zeigt sich auch hier die deutliche Polarisierung: Entweder wird die richterliche "Unabhängigkeit" hochgehalten, und das bedingungslos - oder die Bilanz zeigt in Richtung  Komplettversagen des OLG und insb. der Person Goetzl. 

 

Richtig, die Justiz sollte sich von der Öffentlichkeit keinesfalls 'treiben lassen' - das OLG aber will die Öffentlichkeit offenbar qua Autorität unterwerfen - und die Zeiten sind vorbei! Definitiv! Auch in München! 

3

Folgende Gedanken zur Platzvergabe im NSU-Prozess:

1. Ich halte es für überzogen, die Kritik am Ergebnis des durchgeführten Losverfahrens als "Gejammer" abzutun. Das Ergebnis ist Folge eines fehlerhaften Verfahrens, das nicht dafür Sorge getragen hat, dass über den Prozess diejenigen Medien durch anwesende Journalisten berichten können, bei denen die Kompetenz, über diesen und die damit verbundenen Themen sachgerecht zu berichten, am ehesten vermutet werden kann. FAZ, taz, Welt, Süddeutsche Zeitung oder Zeit sind da sicher gegenüber Brigitte, Radio Lotte Weimar oder irgendwelche Regionalzeitungen dann bevorzugt, m. E. in einem nichtjuristischen Sinne auch zurecht.

2. Man kann durchaus in Frage stellen, warum in einem solchen Fall "Qualitätskriterien" keine Anwendung finden sollen. Allerdings sehe ich keine Lösung, wie das ohne Zensur und Willkür möglich sein soll. Es ist weder möglich noch zulässig, von Gerichts wegen den Zugang zu begrenzten Plätzen in einem Sitzungssaal danach zu gewähren, wie das zuteilende Gericht die Medien aufgrund des von ihnen publizierten Inhalts qualitativ einstuft.

3. Bleibt also nur ein Verfahren (welches das OLG nicht gewählt hat), dass nach Kriterien vorgeht, welche möglicherweise eher sicherstellen, dass journalistische Kompetenz und nicht mediale Sensationsgier oder die Absicht einer Kapitalisierung des Sitzungstickets zum Zuge kommt. Wäre es denn nicht besser gewesen, dass man von vornherein angesichts der überregionalen Bedeutung des Prozesses überregional operierende Presse, Rundfunk und Fernsehen (neben den ausländischen Medien) den größten Lospool zugewiesen hätte Regionale Zeitungen, Zeitschriften und Sender hätten auf eine möglichst gering zu haltende Anzahl von Plätzen begrenzt werden können. Das ist m. E. kein Verstoß gegen Art. 3 I GG, da dieser nicht nur verbietet, Gleiches ohne sachlichen Grund ungleich zu behandeln, sondern auch Ungleiches ohne sachlichen Grund gleich. Und dazu gehört, dass bei einem besonderen Prozess eine sachgerechte Berichterstattung ermöglicht wird, die sowohl der bundesweiten Bedeutung als auch dem Auslandsbezug Rechnung trägt.

Die lediglich formalen Auswahlkriterien wie Sitz des Mediums, Deutsch- oder Fremdsprachigkeit Häufigkeit des Erscheinens sowie juristischer Form des Mediums müssen zu Ergebnissen führen, die schlicht der Bedeutung des Prozesses nicht angemessen sind. Natürlich birgt mein Ansatz Probleme, weil in gewissen Grade Wertungen (regional/überregional) erforderlich sind. Ich versuche aber nur, eine Korrelation zwischen der sachlichen Bedeutung des Prozesses und der Berichterstattung hierüber herzustellen und meine, dass dies mit dem Kriterium "überregional" möglich sein müsste. Dies rechtfertigt sich m. E. auch vor dem Hintergrund, dass der generelle Ausschluss von (ausschließlich) Online-Berichterstattern (vgl. http://www.lawblog.de/index.php/archives/2013/05/02/nsu-prozess-online-presse-darf-ignoriert-werden/) kein verfassungsrechtlich zu beanstandendes Problem darstellt. Dann dürfte auch eine Unterscheidung in regional und überregional, bei der regionalen Medien eine geringe Anzahl Plätze noch überlassen wird, zulässig sein.

Allerdings: Zwingend rechtlich geboten ist ein solches Verfahren sicherlich nicht.

4. Eine weitere Frage ist, ob der Kreis der Bewerber dadurch hätte eingegrenzt werden könne, dass der Großteil der Plätze an überwiegend politisch berichterstattende Medien geht.

Eine Zeitschrift, die wie Brigitte im Wesentlichen über Rezepte, Diäten, Kosmetik und Mode berichtet und nur am Rande über politische Frauenthemen, ist nunmal kein überwiegend politisch berichtendes Blatt und hat in einem solchen Prozess grundsätzlich nichts zu suchen. Das gilt genauso für Playboy, Men's Health oder ähnliche "Männermagazine".

Allerdings: Sind ARD und ZDF tatsächlich überwiegend politisch berichtende Medien? Die Frage stellen heißt sie zu verneinen, da muss man nur auf die Programmanteile schauen, die Nachrichten und politische Magazine (noch) haben. Allerdings wird man auch nicht umhin kommen festzustellen, dass trotzdem der Nachrichtenstab dieser Anstalten qualitativ ganz andere Arbeit leisten kann als ein regionaler oder überregionaler Musiksender.

Im Ergebnis bleibt es aber dabei, dass ein solches Kriterium die Bewertung der Qualität eines Mediums durch ein Staatsorgan beinhaltet, was wiederum nicht zulässig ist.

5. Als Fazit bleibt, dass das OLG München leider mit den Platzvergabeverfahren die Pannenserie in Sachen "NSU" fortgesetz hat. Das ursprüngliche Windhund-Verfahren war offensichtlich untauglich, eine vernünftige Berichterstattung im In- und Ausland zu gewährleisten. Das praktizierte Losverfahren hat unnötig Medien Zugang gewährt, bei denen eine sachgerechte Berichterstattung nicht gewährleistet ist. Das kann, darf und muss man kritisieren und nicht als "Gejammer" abtun.

Auf der anderen Seite ist es gut, dass die nicht zum Zuge Gekommenen (jedenfalls die "großen" Namen) keine Klagewelle beim BVerfG ausgelöst haben und dadurch der Prozessbeginn nicht noch einmal Gefahr läuft, verschoben zu werden.

6. Im Übrigen erschließt sich mir die Bedenkenträgerei nicht, die gegen eine gerichtsinterne Übertragung besteht, unabhängig davon, wer diese Bedenken vertritt. Die interne Übertragung ist m. E. offensichtlich nicht mit öffentlichen Rundfunk- und Fernsehübertragungen vergleichbar. Und nur die meint § 169 GVG. Nicht jede Ton- und Bildübertragung ist öffentlich, vor allem dann nicht, wenn sie ausschließlich der Erweiterung der Öffentlichkeit im Gericht (und nicht außerhalb des Gerichts) dient.

Allerdings würde ich als Vorsitzender genauso handeln wie der Vorsitzende Richter Götzl. Bei einem solchen Verfahren würde ich nicht die Gefahr heraufbeschwören, einen absoluten Revisionsgrund zu setzen. Es ist schade, dass der Gesetzgeber nicht noch passend zu diesem Prozess für die nötige Klarstellung gesorgt hat bzw. es keine verfahrensrechtliche Möglichkeit zu geben scheint, dies vorab in einem Zwischenverfahren zügig klären zu lassen.

4

Hallo

 

@ Prof. Dr. Henning Ernst Müller ,

sie haben mit ihrem Blogeintrag vollkommen recht und den Nagel auf den Kopf getroffen.

Warum sollten Zeit, Taz, Spiegel oder andere besser behandelt werden als eine kleine Redaktion die zudem nicht so viel Geld hat wie die großen. Pressefreiheit ist dann vorhanden wenn alle Journalisten die gleichen Chancen haben an solche Sachen teil zu nehmen. 

 

@Ralf Henssen

"4. Eine weitere Frage ist, ob der Kreis der Bewerber dadurch hätte eingegrenzt werden könne, dass der Großteil der Plätze an überwiegend politisch berichterstattende Medien geht.

Eine Zeitschrift, die wie Brigitte im Wesentlichen über Rezepte, Diäten, Kosmetik und Mode berichtet und nur am Rande über politische Frauenthemen, ist nunmal kein überwiegend politisch berichtendes Blatt und hat in einem solchen Prozess grundsätzlich nichts zu suchen. Das gilt genauso für Playboy, Men's Health oder ähnliche "Männermagazine".

"

Warum sollten politisch berichtende  Medien bevorzugt werden? Hier geht es nicht um Politik sondern ums juristische. Es ist ein Strafprozess und keine politische Veranstaltung noch eine politische Diskussion.

Das einzige was man von einem Journalisten bei einem Gerichtsprozess erwarten sollte, ist das er sich schon mal mit juristischen Dingen beschäftigt hat und bereit ist zu recherchieren und zu lernen. Politisch darf ein Gerichtsprozess nie gesehen werden. Daher hätten sie wenn schon fordern müssen das nur juristische Fachpresse vor Ort zu sein hätte. Poltisch ausgerichtete Medien hätten dann als letztes noch nach den gesellschaftlichen Medien berücksichtigt werden müssen.

 

"Das praktizierte Losverfahren hat unnötig Medien Zugang gewährt, bei denen eine sachgerechte Berichterstattung nicht gewährleistet ist. Das kann, darf und muss man kritisieren und nicht als "Gejammer" abtun."

 

Das ist wiederum nur eine subjektive Wertung ihrerseits. Sachliche Berichterstattung wird nicht durch die Größe oder den Namen des Verlags gewährleistet. Ein kleines Medium kann eben so sachlich oder unsachlich sein wie ein großes.

 

„dass nach Kriterien vorgeht, welche möglicherweise eher sicherstellen, dass journalistische Kompetenz und nicht mediale Sensationsgier oder die Absicht einer Kapitalisierung des Sitzungstickets zum Zuge kommt. „

 

Dann nennen Sie doch mal diese Kriterien. Wenn sie Sensationsgier unterbinden wollen, müssten meiner Ansicht doch gerade die großen Medienhäuser außen vorgelassen werden.

Es können keine Kriterien geschaffen werden, sobald das Versucht wird endet es in einer Einschränkung der Pressefreiheit. Das Wissen auch die Medienhäuser die jetzt herumjammern und das

ist der einzige Grund warum sie nicht geklagt haben. Es ist wie mit dem Presseausweis, eine gesetzliche Regelung über die Ausstellung von Presseausweisen gibt es in Deutschland nicht, da diese die im Grundgesetz garantierte Pressefreiheit einschränken würde.

 

 

 

3

Schon nach einem Tag, an dem nichts Spektakuläres passiert ist, beginnen Journalisten, ihre Kollegen zum Durchhalten aufzufordern, hier auf Zeit-Online. Möglicherweise bleiben demnächst sogar Medienplätze frei in einem der "bedeutendsten Prozesse der Nachkriegsgeschichte". Die Bedeutung, die angeblich nur durch das Live-Dabei-Sein vermittelt werden kann, hat sich gestern hauptsächlich gezeigt in der Berichterstattung über Blicke, Kleidung und Gestik der Hauptangeklagten, wie zu hören und lesen war/ist - die vorher belächelte Brigitte-Kompetenz war plötzlich ziemlich wichtig. Heraus stach die Live-Ticker-Berichterstattung auf SZ-Online: Als ginge es um Fussball oder einen Songwettbewerb wurde dort aus dem Gerichtssaal, aus der Warteschlange und von der Straße davor berichtet. Das war teilweise schon mehr (dünne) Information als ich lesen wollte.

Tatsächlich ergibt sich die Bedeutung dieses Prozesses aber aus der Schwere der begangenen (terroristischen?) Taten mit nazi-ideologischem Hintergrund und daraus, dass die Verfolgungsbehörden sich offenbar unglaubliche Pannen bei der Aufklärung geleistet haben. Insofern habe ich in den Hintergrundberichten der überregionalen Zeitungen zum Teil sehr gut recherchierte und geschriebene Beiträge  gelesen; auch der juristische Hintergrund wurde dabei gut vermittelt. Diese Reportagen allerdings waren nicht angewiesen auf Live-Anwesenheit im Gerichtssaal.

Das Ätsch-bätsch-Triumphieren nach dem ersten Prozesstag halte ich dann doch für etwas verfrüht.

 

Die Süddeutsche Zeitung hatte heute auf ihrer Seite 3, Print, einen Bericht von Anntette Ramelsberger aus dem Gerichtssaal - der durchaus Einblicke verschaffte in das Seelenleben der Beschuldigten aber auch in das der Journalisten und des Richters Götzl, der sich offenbar nicht entblöden konnte, einem Angehörigen eines Mordopfers  das Zeitunglesen zu "verbieten".

 

("Erste von rechts", SZ, Seite 3)

 

Im übrigen hat die Bild-Zeitung m.E. alles getoppt, was die "Brigitte" oder andere fachfremde Publikationen jemals liefern könnten. "Der Teufel hat sich schick gemacht" unter einem Foto der Beschuldigten Zschäpe ist so ziemlich das Abstossendste und Blödeste was ich seit langem in so einem Kontext "gelesen" habe, wenn auch nur im Vorbeigehen. Die könnten ihren Platz auch der "Apotheker-Rundschau" zur Verfügung stellen meinetwegen. 

 

2

Hihi, das war ja fast absehbar, dass sich die erwartungsfroh angereisten Medien beim so gar nicht mattlockhaften bzw. bostonlegalesken deutschen Strafprozess scheckig langweilen. Dann wird versucht aus der Unkenntnis noch künstlich ein wenig Empörung zu destillieren(oder hat es auch nur einen Juristen gegeben, der die Ablehnungsanträge nicht erwartet hat nach der Durchsuchungsanordnung bzgl. der Anwälte?).

 

Wenn hier übrigens immer von "Kompetenzmedien" halluziniert wird, sei angemerkt, dass wir ebendiesen den so gruseligen Begriff "Dönermorde" zu verdanken haben und dass genau die Medien, die die Strafverfolgungsorgane so bitterlich für deren Versagen kritisieren, in exakt dem gleichen Umfang versagt haben. Zur Kontrollfunktion der Medien gehört - und das wird im journalistischen Alltag schnell vergessen - nun einmal mehr als nur PM´en der Polizei abzutippen...

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Interessanter Bericht von Holger Schmidt: Viele akkreditierte Journalisten haben  nicht mal ihren Ausweis abgeholt, d.h. sie waren nicht da. Dafür mag es gute Gründe geben, auch solche, die mit dem Verlosungsverfahren zusammenhängen. Aber für mich steht auch fest, dass ich mit meiner Einschätzung, es handele sich nicht nur um Sorge um die Pressefreiheit, sondern auch um unberechtigtes "Gejammer", nicht ganz falsch lag.

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