Arbeitgeber muss auch "geduldete" Überstunden vergüten

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 25.03.2013

Nachdem das BAG nunmehr in ständiger Rechtsprechung die formularmäßige, pauschale Überstundenabgeltung durch das Grundgehalt für intransparent und damit unwirksam erachtet, ist der Weg für Klagen auf Bezahlung geleisteter Überstunden eröffnet. Allerdings gibt es für den klagenden Arbeitnehmer noch einige Hürden zu überwinden. Zum einen bedarf es einer objektiven Vergütungserwartung i.S.d. § 612 Abs. 1 BGB, für die er darlegungs- und beweispflichtig ist. Sodann muss überhaupt feststehen, dass der Arbeitnehmer auch tatsächlich Überstunden geleistet hat. Das bloße Absitzen von Zeit an der Arbeitsstätte genügt dafür noch nicht. Und schließlich könnte auch eine Verfallfrist den Ansprüchen entgegenstehen. Eine neueres Urteil des LAG Hamm (vom 1.6.2012, BeckRS 2012, 71348) erweist sich insoweit als sehr instruktiv. Der Kläger dieses Verfahrens war vom 4.1.2010 bis zum 30.6.2011 bei dem Beklagten, der einen privaten Pflegedienst betreibt, als Nachtwache beschäftigt. Seine regelmäßige monatliche Arbeitszeit betrug 120 Stunden. Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 15.07.2010 lautet auszugsweise wie folgt:

„§ 4 Arbeitsvergütung

Der Arbeitnehmer erhält eine monatliche Bruttovergütung von 1.500,-- €. Ein gesonderter Ausgleich für geleistete Überstunden erfolgt nicht. Diese sind mit dem Grundgehalt abgegolten.“

Zu den Verfall und Ausschlussfristen für Ansprüche war bestimmt:

㤠14 Verfall-/Ausschlussfristen

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Andernfalls erlöschen sie. Für Ansprüche aus unerlaubter Handlung verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung.“

Zwischen Januar und November 2010 leistete der Kläger rund 540 Überstunden, deren Bezahlung der Arbeitgeber verweigerte. Da die pauschale Abgeltungsklausel ebenso wie die Verfallklausel (letztere mangels Bestimmung des Fristbeginns) unwirksam waren, kam es entscheidend darauf an, ob wirklich „Überstunden“ geleistet worden waren. Das LAG Hamm bejaht dies und knüpft insoweit an die Rechtsprechung des BAG an. Wörtlich heißt es: „Denn nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z. B. 25.05.2005 - 5 AZR 319/04 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Gebäudereinigung Nr. 17; zust. ErfK/Preis, 12. Aufl., § 611 BGB Rn. 492) reicht es aus, wenn Überstunden gebilligt oder geduldet wurden oder jedenfalls zur Erledigung der anfallenden Aufgaben notwendig waren. Hier ergab sich die betriebliche Notwendigkeit aus der arbeitgeberseits vorgenommenen Dienstplaneinteilung, der andauernden personellen Unterbesetzung und dem zwingenden Erfordernis, die anvertrauten Patientinnen und Patienten kontinuierlich zu versorgen.“

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Meistens ist das Thema Überstunden ein sensibles Thema in Deutschlnad, da den meisten Arbeitnehmer werden sie nicht bezahlt: "Aus Erhebungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln ging hervor, dass 2010 in Deutschland 2,5 Milliarden Überstunden insgesamt geleistet wurden." Quelle: http://www.marktundmittelstand.de/nachrichten/strategie-personal/unbezah...

Was für ein Riesen Gewinn an Personalkosten! 

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