Immer wieder: Feststellungen zu konkreter Gefährdung fehlen!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 16.03.2013
Rechtsgebiete: BGHBeinaheunfallStrafrechtVerkehrsrecht1|3560 Aufrufe

Eigentlich eine ganz unspektakuläre Entscheidung des BGH: Es geht um § 315b StGB. Hier ist es immer wieder für die Tatrichter schwer, ausreichende tatsächliche Feststellungen zu treffen, insbesondere, wenn es um die konkrete Gefahr geht:

 

...Die Feststellungen des Landgerichts belegen nicht die für die Annahme einer Tat nach § 315 b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 in Verbindung mit § 315 Abs. 3 Nr. 1 a StGB vorausgesetzte Herbeiführung einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder eine fremde Sache von bedeuten-dem Wert. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen kann der Angeklagte nur wegen Versuchs (§ 315 b Abs. 2 StGB) verurteilt werden.

Durch das Eingreifen des Zeugen P. kam das vom Angeklagten geführte Kraftfahrzeug unmittelbar nach dem Anfahren abrupt wieder zum Stillstand, während die Nebenklägerin „die ersten Schritte Richtung Ein-/Ausfahrt machte“ (UA S. 20). Bei seiner polizeilichen Vernehmung hat der Angeklagte angegeben, die Nebenklägerin sei etwa zehn Meter entfernt gewesen, als er losgefahren sei (UA S. 35, 47). Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist somit der tatbestandliche Erfolg, nämlich eine konkrete Gefährdung im Sinne des § 315 b Abs. 1 StGB, nicht eingetreten. Dass der bewusst zweckwidrige Einsatz des Fahrzeugs bereits zu einer kritischen Situation im Sinne eines „Beinahe-Unfalls“ geführt hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 23. Februar 2010 – 4 StR 506/09, NStZ 2010, 572, 573, und vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BeckRS 2012, 07957 Tz. 12), ist durch die Feststellungen nicht belegt. Ein strafbefreiender Rücktritt vom Versuch liegt auch hier nicht vor.

Der Senat kann den Schuldspruch von sich aus ändern. § 265 StPO steht dem nicht entgegen. Der Angeklagte hätte sich gegen den geänderten Schuldspruch nicht wirksamer als geschehen verteidigen können....

 

BGH, Urteil vom 25.10.2012 – 4 StR 346/12

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1 Kommentar

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Quote:

Hier ist es immer wieder für die Tatrichter schwer, ausreichende tatsächliche Feststellungen zu treffen

Der springende Punkt in der BGH-Entscheidung ist nicht, daß es schwer wäre, ausreichende tatsächliche Feststellungen zu treffen, sondern daß das Landgericht das Gesetz verletzte (§ 337 Abs. 2 StPO), indem es das, was es feststellte, nicht richtig subsumierte.

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