Mal wieder: Tankbetrug beim BGH

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 01.02.2013
Rechtsgebiete: TankbetrugBGHStrafrechtVerkehrsrecht1|6096 Aufrufe

Es ist noch nicht allzu lange her, dass ich im Blog von der letzten "Tankbetrugsentscheidung" des BGH berichtet habe. Nun findet sich hierzu mal wieder etwas - der BGH bleibt glücklicherweise bei seiner Linie, die Tatrichter weitgehend von Problemen um die Dogmatik rund um den "Tankbetrug" zu entlasten. 

  • Haben Angestellte das Tanken gesehen, so ist es Betrug
  • Haben Angestellte es nicht gesehen ist es nur ein versuchter Betrug.

Praktisch! 

 

 

Die Verurteilung des Angeklagten wegen vollendeten Betrugs kann nicht bestehen bleiben.

a) Nach den von der Strafkammer insofern getroffenen Feststellungen hatte der Angeklagte in den Fällen II. 1 – II. 10 der Urteilsgründe die von ihm benutzten Personenkraftwagen jeweils mit amtlichen Kennzeichen versehen, die aus Diebstählen stammten. Entsprechend seiner vorgefassten Absicht fuhr er in zehn Fällen jeweils zu Selbstbedienungstankstellen, betankte das von ihm geführte Fahrzeug und setzte anschließend die Fahrt fluchtartig ohne Bezahlung der eingefüllten Treibstoffmenge fort. Das Landgericht hat nicht festgestellt, ob die Tankvorgänge von den Betreibern der Tankstellen oder deren Mitarbeitern bemerkt wurden.

b) Diese Feststellungen tragen nicht die Verurteilung wegen vollendeten Betruges.

In den Fällen des Selbstbedienungstankens setzt die Annahme eines vollendeten Betruges voraus, dass der Täter durch (konkludentes) Vortäuschen von Zahlungsbereitschaft bei dem Kassenpersonal einen entsprechenden Irrtum hervorruft, der anschließend zu der schädigenden Vermögensverfügung (Einverständnis mit dem Tankvorgang) führt. Mangels Irrtumserregung liegt jedoch kein vollendeter Betrug vor, wenn das Betanken des Fahrzeugs vom Kas-senpersonal überhaupt nicht bemerkt wird. In einem solchen Fall ist aber regelmäßig vom Tatbestand des versuchten Betruges auszugehen, wenn das Bestreben des Täters – wie im vorliegenden Fall – von Anfang an darauf ge-richtet war, das Benzin unter Vortäuschung einer nicht vorhandenen Zahlungsbereitschaft an sich zu bringen, ohne den Kaufpreis zu entrichten (BGH, Urteil vom 5. Mai 1983 – 4 StR 121/83, NJW 1983, 2827; Beschluss vom 28. Juli 2009 – 4 StR 254/09, NStZ 2009, 694; Beschluss vom 10. Januar 2012 – 4 StR 632/11, NStZ 2012, 324). Da das Landgericht trotz umfassenden Geständnisses des Angeklagten, Heranziehung der Lichtbilder der Überwachungskameras und Vernehmung des alle Ermittlungen führenden Polizeibeamten keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die einzelnen Tankvorgänge vom Kassenpersonal bemerkt wurden, geht der Senat zu Gunsten des Angeklagten davon aus, dass dies nicht der Fall war, und ändert den Schuldspruch jeweils in versuchten Betrug ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

 

BGH, Beschluss vom 19.12.2012 - 4 StR 497/12

 

 

 

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1 Kommentar

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Die Linie des BGH ist dogmatisch verfehlt. Der Kraftstoff gelangt in den Standardfällen gerade nicht durch eine irrtumsbedingte Verfügung in den Tank, sondern weil es bei Selbstbedienungstankstellen genau so vorgesehen ist: Jedem, der tanken will, steht die Zapfanlage zur Bedienung zur Verfügung, das Einverständnis dazu ist bereits vorab pauschal erklärt worden, eine irgendwie geartete Verfügung des Personals ist dazu nicht (mehr) erforderlich. Die Annahme des BGH, es gebe eine "Verfügung" des "weiteren Tankenlassens" ist völlig fiktiv. Mir kommt es fast so vor, als würden die BGH-Richter nie zum Tanken fahren. Weil es zum Gewahrsamswechsel am Kraftstoff keiner Verfügung bedarf, ist auch die Annahme eines versuchten Betrugs falsch. Ein Versuch ist meist auch schon deshalb nicht gegeben, weil gar keine Irrtumserregung gewollt ist. Demjenigen, der Kraftstoff unbezahlt an sich bringen will, ist es gerade recht, wenn niemand hinschaut.

Es liegt (nur) Unterschlagung vor, Kraftstoffunterschlagung, nicht Tankbetrug.

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