Ein Trick, der zumindest in Hamm nicht funktioniert

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 26.10.2012

Der oft vorgeschlagene Trick, mit einem Terminsverlegungsantrag die Frist des § 137 II FamFG aushebeln, scheint - folgt man dem OLG Hamm -  doch nicht zu funktionieren

 

Nach Eingang der Auskünfte zum VA terminierte das FamG unter dem 07.03.12 auf den 03.04.12. Die Ladung wurde dem Vertreter der Antragsgegnerin am 15.03.12 zugestellt.

 

Auf zweimaligen Antrag der Antragsgegnerin wurde der Termin zunächst auf den 10.04. und schließlich auf den 17.04.12 verlegt.

 

Mit Schriftsatz vom 03.04.12, eingegangen bei Gericht am 04.04.2012, hat die Antragsgegnerin den Antrag gestellt, im Verbund über nachehelichen Unterhalt zu entscheiden; sie verlangt eine monatliche Zahlung von 600,- €. Das AG nahm den Unterhaltsantrag unter Hinweis auf § 137 II FamFG nicht in den Verbund auf und schied die Ehe unter Regelung des VA.

Die Beschwerde der Frau blieb erfolglos.

Um als Folgesache zu gelten, muss die Familiensache nach § 137 Abs. 2 S. 1 FamFGvon einem Ehegatten spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug in der Scheidungssache anhängig gemacht werden. Der Antrag der Antragsgegnerin auf Zahlung nachehelichen Unterhalts ist am 04.04.2012 bei Gericht eingegangen; Termin zur mündlichen Verhandlung fand am 17.04.2012 statt. Der Antrag war insoweit verspätet; er hätte gemäß §§ 137 Abs. 2 S. 1, 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 222 ZPO, 187 Abs. 1 ZPO bis zum 03.04.2012 0.00 Uhr vorliegen müssen.

Soweit die Antragsgegnerin meint, sie habe die Folgesache noch bis zur mündlichen Verhandlung vom 17.04.2012 anhängig machen dürfen, weil die Terminsbestimmung des Amtsgerichts vom 04.04.2012, ihr zugestellt am 12.04.2012, nicht den Vorgaben des Bundesgerichtshofs entsprochen habe, folgt der Senat dieser Ansicht nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (FamRZ 2012, 865ff.) wird zwar eine Folgesache Bestandteil des Scheidungsverbunds, wenn das Familiengericht bei seiner Terminierung den Ehegatten vor Ablauf der Frist des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFGnicht eine Woche zur Vorbereitung eines solchen Antrags zur Verfügung gestellt hat. Der Bundesgerichtshof hat diese Auffassung damit begründet, dass nach der früheren Rechtslage der Verbundantrag noch im Termin habe eingereicht werden können; den beteiligten Ehegatten bzw. ihren Verfahrensbevollmächtigten habe zur Vorbereitung des Antrags damit grundsätzlich die vorgeschriebene Ladungsfrist von einer Woche zur Verfügung gestanden. Diese Vorbereitungszeit sei ihnen auch nach Inkrafttreten des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFGzuzugestehen.

Der vorliegende Fall ist demgegenüber abweichend zu beurteilen, weil es sich bei dem Termin vom 17.04.2012 um einen gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 227 ZPO wiederholt verlegten ersten Termin handelte, nicht aber - wie in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall - um die erstmalige Festsetzung eines Termins und auch nicht um einen Fortsetzungstermin (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 136 Abs. 3, 332, 370 ZPO). Das Amtsgericht hat den Anhörungstermin zunächst mit Verfügung vom 07.03.2012 auf den 03.04.2012 bestimmt. Es konnte bei der Verfahrensvorbereitung am 07.03.2012 davon ausgehen, dass die Ladungen den Verfahrensbevollmächtigten spätestens am 12.03.2012 zugingen. Soweit der damalige Sachbearbeiter die Ladung erst am 15.03.2012 als zugestellt entgegen genommen hat, bedarf die Frage, ob für die Gewährung einer angemessenen Überlegungsfrist auf den für das Gericht halbwegs kalkulierbaren Zugang der Ladung oder auf deren - wie der vorliegende Fall zeigt - nicht berechenbare Zustellung abzustellen ist, vorliegend keiner Entscheidung. Selbst wenn die Zustellung der Ladung am 15.03.2012 an den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin als maßgeblicher Zeitpunkt angesehen wird, hatte die Antragsgegnerin seit Erhalt der ersten Ladung hinreichend Zeit, den Verbundantrag rechtzeitig vor Ablauf der Frist des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFGvorzubereiten. Dem Verfahrensbevollmächtigten war nach dem vorgelegten Empfangsbekenntnis am 15.03.2012 bekannt, dass ein erster Termin anberaumt ist; hätte er innerhalb von einer Woche nach Zustellung dieser ersten Ladung den Verbundantrag gefertigt und beim Gericht eingereicht, wäre dieser rechtzeitig zwei Wochen vor dem Termin am 17.04.2012 anhängig geworden. Soweit die Antragsgegnerin meint, sie sei nicht gehalten gewesen, den Antrag innerhalb von einer Woche nach Zugang der ersten Ladung fertig zu stellen, da Termin am 03.04.2012 bestimmt gewesen sei und die Ladung - wird auf diesen Termin abgestellt - die vom Bundesgerichtshof geforderte Dreiwochenfrist nicht gewahrt habe, hat der Termin am 03.04.2012 tatsächlich nicht stattgefunden, sondern ist auf die wiederholten Anträge der Antragsgegnerin hin letztlich auf den 17.04.2012 verlegt worden. Die Antragsgegnerin ist insoweit durch die Bestimmung des ersten Termins auf den 03.04.2012 nicht in ihren Rechten verletzt worden; sie hätte unter Ausnutzung der ihr zuzubilligenden Vorbereitungszeit von einer Woche den Verbundantrag fertigen und bei Gericht anhängig machen können, ohne dass sie die Frist des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFGhätte verletzen müssen. Die auf Antrag der Antragsgegnerin erfolgte Terminsverlegung entspricht, auch wenn sie von der Antragsgegnerin anders begründet wurde, der Vorgabe des Bundesgerichtshofs, wonach der Nichteinhaltung der Vorbereitungsfrist durch eine Terminsverlegung begegnet werden kann (BGH, FamRZ 2012, 865ff.). Abgesehen davon hätte die Antragsgegnerin - wäre eine Verlegung des Termins vom 03.04.2012 nicht erfolgt - spätestens am 03.04.2012 den Verbundantrag im Termin vorlegen müssen; diese Frist hat sie im vorliegenden Fall gerade nicht gewahrt.

Soweit die Antragsgegnerin die Auffassung vertritt, bei jeder Verlegung des ersten Termins seien die vom Bundesgerichtshof geforderten Fristen zu beachten, folgt der Senat dem nicht. Die Einräumung einer Vorbereitungsfrist für den Verbundantrag von einer Woche ist zwar dem Umstand geschuldet, dass es den Ehegatten grundsätzlich freisteht, zu welchem Zeitpunkt sie eine vermögensrechtliche Folgesache anhängig machen. Sie sollen nicht gehindert sein, eine Frist auszuschöpfen; das Ausschöpfen einer Frist setzt im Falle des § 137 Abs. 2 FamFGaber voraus, dass das Familiengericht überhaupt Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt, da erst mit Bekanntgabe des Termins die nach § 137 Abs. 2 S. 1 FamFGzu wahrende Frist berechnet werden kann. Insoweit muss es den Beteiligten nach der Ladung zum Termin grundsätzlich möglich sein, den Antrag einer vermögensrechtlichen Folgesache abzufassen und beim Gericht rechtzeitig einzureichen. Dieses Interesse eines Ehegatten findet jedoch seine Grenzen im allgemeinen Beschleunigungsgebot sowie in dem Interesse des anderen Beteiligten, das Verfahren ohne - insbesondere missbräuchliche - Verzögerungen zu beenden (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 216 Abs. 2, 227 ZPO). Nutzt ein Ehegatte nach Zustellung der Ladung zum erstmals bestimmten Termin die ihm eingeräumte Vorbereitungszeit nicht, so ist es sein Risiko, wenn ein nach Ablauf der Frist eingereichter Antrag nicht die Frist des § 137 Abs. 2 S. 1 ZPOin Bezug auf einen wegen eines Verlegungsantrags neu bestimmten Termin wahrt. Der Antragsgegnerin bzw. ihren Verfahrensbevollmächtigten war seit Zustellung der ersten Ladung bekannt, dass sie handeln müssen, wenn sie Ansprüche noch in den Verbund einbeziehen wollen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör und das Gebot eines fairen Verfahrens erforderte es nicht, der anwaltlich vertretenen Antragsgegnerin die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich zu gewährende Vorbereitungsfrist im Rahmen der von ihr jeweils beantragten Verlegung stets neu einzuräumen.

Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Folgesachen auch in einem Fortsetzungstermin noch in zulässiger Weise geltend gemacht werden können, wenn in Bezug auf den Fortsetzungstermin die Frist des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFGeingehalten sei, handelt es sich bei dem auf den 17.04.2012 verlegten Termin nicht um einen (zweiten) Fortsetzungstermin, sondern - wie bereits ausgeführt - um den mehrfach verlegten ersten Verhandlungstermin. Darüber, ob bei einer Verlegung des ersten Termins oder des Fortsetzungstermins stets neu eine Vorbereitungsfrist von einer Woche vor Ablauf der Frist des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFGeinzuräumen ist, verhält sich die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.03.2012(FamFZ 2012, 863 ff.) nicht.

OLG Hamm v. 27.08.2012 - 5 UF 107/12

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