LAG Düsseldorf: Keine Kündigung durch kirchlichen Arbeitgeber bei zweiter (weltlicher) Eheschließung

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 10.08.2010

Kirchliche Arbeitsvertragsregelungen, beispielsweise Art. 5 Abs. 2 der Grundordnung der katholischen Kirche für den kirchlichen Dienst im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse, normieren häufig, dass die Eingehung einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe einen schwerwiegenden Loyalitätsverstoß darstellt. Dies betrifft insbesondere Arbeitnehmer, die ein zweites Mal heiraten und deren erste Ehe nur weltlich geschieden, nicht aber kirchenrechtlich aufgehoben worden ist. 2004 hatte das BAG entschieden, dass eine Kündigung aus diesem Grunde nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt - ob sie allerdings auch im Sinne von § 1 KSchG sozial gerechtfertigt ist, brauchte das Gericht nicht zu entscheiden, da sich der Arbeitnehmer noch in der Probezeit befand (BAG, Urt. vom 16.09.2004 - 2 AZR 447/03, AP Nr. 44 zu § 611 BGB Kirchendienst).

Diese Frage hat das LAG Düsseldorf jetzt erneut offen lassen können, der Kündigungsschutzklage aber gleichwohl stattgegeben: Zwar stelle die erneute Eheschließung an sich einen Pflichtverstoß dar und sei als Kündigungsgrund geeignet. Die (weltlichen) Gerichte müssten im Kündigungsschutzverfahren jedoch grundlegende staatliche Rechtssätze beachten. Hier sah die erkennende Kammer den Gleichbehandlungsgrundsatz als verletzt an, weil der beklagte kirchliche Krankenhausträger mit protestantischen und katholischen Mitarbeitern gleiche Arbeitsverträge abgeschlossen hatte. Bei protestantischen Mitarbeitern griff er bei einer erneuten Eheschließung aber nicht zum Mittel der Kündigung. Zudem kam das LAG nach der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis, dass die Arbeitgeberin bereits seit 2006 von dem eheähnlichen Verhältnis des klagenden Arztes wusste und keine arbeitsrechtlichen Maßnahmen ergriffen hatte. Nach dem Arbeitsvertrag war bereits die Eingehung eines solchen eheähnlichen Verhältnisses ein Pflichtverstoß. Es sei unverhältnismäßig, wenn das Krankenhaus bei längerer Kenntnis von der eheähnlichen Gemeinschaft im Falle der erneuten Heirat des Arztes sofort zum Mittel der Kündigung greife (LAG Düsseldorf, Urt. vom 01.07.2010 - 5 Sa 996/09).

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

1 Kommentar

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen