Hinrichtung durch Steinigung wegen Untreue - und die Vereinten Nationen schauen weg

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 18.07.2010

Auspeitschen brachte die 43-jährige Iranerin Sakineh Mohammadi Ashtiani dazu, eine vermeintliche eheliche Untreue zu gestehen. Dass sie ihr Geständnis danach widerrief, ändert wohl an dem Todesurteil als solchem nichts.

Derzeit warten im Iran Chomeinis und seiner Nachfolger, in dem die Zeugenaussage einer Frau halb so viel wert ist wie die eines Mannes, mindestens 10 Menschen auf ihre Hinrichtung durch Steinigung (erschütternd zu lesen die Geschichte der Ateqeh Rajabi bei Bruno Schirra "Iran.Sprengstoff für Europa", 2006, S. 60 ff.). Gleichwohl verschließen die Vereinten Nationen vor dieser Diskriminierung und Menschenverachtung die Augen. Warum ruft die permanente Beleidigung elementarster  und universell geltender Wertmaßstäbe die Vereinten Nationen aber nicht auf den Plan?

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11 Kommentare

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Ich hoffe, dass die von Ihnen im letzten Satz aufgeworfene Frage eine retorische ist. Die Vereinten Nationen sind meiner Meinung nach das unfähigste supranationale Forum in politischen Fragen, das je existiert hat. Und angesichts der Größe und der Tatsache, dass es so etwas wie einen "Sicherheitsrat" gibt, der mächtig wirkungsvolle Resolutionen ausspricht ("zwinker, zwinker") wird sich an der desolaten Lage pro futuro auch nichts ändern. Wie soll das auch geschehen? Mit welchem moralischen Rückhalt soll denn auch Länder wie China oder Russland (meinetwegen auch teilweise die USA) dem Iran vorschreiben, was Menschenrechte sind und wie man sie zu schützen hat? Das würde doch wohl äußerst bizarr aufgenommen werden, wenn die Chinesen die Welt über Menschenrechte belehren wollen würden.

Zum Thema Frauenrechte in islamisch geprägten Ländern empfehle ich die Titelstory des Sterns von letzter Woche. Das Problem scheint wohl eher weniger der Staat, als die Religion zu sein auf dem der Staat Iran aufgebaut ist bzw. die Leute, die diese Religion falsch auslegen, wobei mir schleierhaft ist, wie man die Worte "töten", "schlagen" und "bestrafen" im Kontext der Scharia und des Korans falsch auslegen kann.

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das haben wir den fundamentalisten im islam zu verdanken, die in den letzten jahren vor dem hintergrund der mohammed-karikaturen bei der UN durchgesetzt haben, dass praktisch jedwede religionskritik als beleidigung aufgefasst und damit als unzulässig erachtet wird.

 

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JBY.bernd.heintschel-heinegg schrieb:

Warum ruft die permanente Beleidigung elementarster  und universell geltender Wertmaßstäbe die Vereinten Nationen aber nicht auf den Plan?

 

Ganz einfach, die UN hat keine Panzer um den Iraner glaubhaft zu machen, dass sie ihr "Du-Du" auch ernst meinen. Das ist wie mit Wattestäbchen Steine klopfen. Aber vielleicht hat die UN auch irgendwann genug Papier produziert um gänze Nationen damit zu erschlagen, dann könnten sie sogar mal was bewegen ;)

@ Michael Gladow: Ihre Aussage ist nur bedingt richtig. Die UN selbst hat natürlich keine eigene Armee. Die Blauhelmsoldaten werden von den Mitgliedstaaten gestellt. Jedoch bedarf es für den Einsatz der sog. Blauhelme eines Beschlusses des UN - Sicherheitsrates. Im vorliegenden Fall blockieren China und Russland jedoch jedwede militärische Intervention. Darüber hinaus sind die Blauhelmtruppen nicht auf das Führen von Angriffskriegen ausgelegt, sondern dienten in der Vergangenheit (wenn auch nichts besonders erfolgreich) der Absicherung von "Friedens"missionen.
Des Weiteren möchte ich bemerken, dass eine militärische Intervention nicht unbedingt etwas in den Köpfen der Menschen dort ändert - jedenfalls nicht wie man sich das in der "westlichen" Welt vorstellt.

Im Übrigen stimme ich mit Ihrer Skepsis gegenüber der UN vollkommen überein. Ich nenne sie auch gerne die größte Trauerhilfe der Welt, weil der jeweilie Generalsekretär gerne mal sein "Bedauern" oder seine "Empörung" über ein Thema ausdrückt.

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Wahrscheinlich ist die UNO zu sehr damit beschäftigt, irgendwelche ausgedachten Ungleichheiten im deutschen Schulsystem anzuprangern, als dass sie sich um solche Lappalien auch noch kümmern könnte.

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Deutsche Gerichte weigern sich, die Europäische Menschenrechtskonvention anzuwenden, weigern sich, Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umzusetzen, ignorieren die Bindungswirkung (§ 31 BVerfGG) verfassungsgerichtlicher Entscheidungen. Jede Instanz entscheidet unter Berufung auf die richterlicher Unabhängigkeit in größter Selbstherrlichkeit. Behörden halten verwaltungsinterne Anweisungen und ministerielle Erlasse für höherwertig als Gesetze und Gerichtsentscheidungen, usw.

 

Die wöchentlich auf der Webseite des Bundesverfassungsgerichts veröffentlichten Entscheidungen zeigen den erschütternden Zustand unserer rechtsprechenden Gewalt.

 

Und da soll sich jemand aufregen, wenn der Iran Recht nach seinen eigenen Grundsätzen spricht? Wir sollten erst einmal vor unserer eigenen Haustüre kehren bevor wir uns anmaßen, über andere zu richten.

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Sakineh Mohammadi Ashtiani hat möglicherweise am vergangenen Mittwochabend im iranischen Staatsfernsehen den Ehebruch gestanden. Ob es sich bei der mit verwischtem Gesicht gezeigten Frau, über deren Originalstimme eine Übersetzung ins Persische gelegt worden war, tatsächlich um sie gehandelt hat, steht aber nicht mit letzter Sicherheit fest,  wie apn/dpa melden (Quelle: Straubinger Tagblatt vom 13.8.2010 S. 6).

Ihr Verteidiger Mohammed Mostafaei, der inzwischen in Norwegen Asyl beantragt hat, erklärte, die Angeklagte habe während des Verfahrens sich mit keinem Verteidiger austauschen können (Quelle: wie oben).

Die internationale Protestwelle hat immerhin dazu geführt, dass die iranischen Behörden die ursprünglich geplante Hinrichtung durch Steinigung abgesagt haben. Nach wie vor droht der zweifachen Mutter aber, hingerichtet zu werden. Deshalb will ich den Fall für den Blog weiterhin im Auge behalten und darüber berichten.

Der Sohn von Frau Ashtiani hat sich mit einem Hilferuf an Papst Benedikt XVI gewannt, um das Leben seiner Mutter zu retten. "Der Vatikan ist seit jeher gegen die Todesstrafe und die Steinigung ist eine ihrer besonders grausamen Formen", erklärte gestern der Vatikansprecher und schloss ein Einschreiten auf diplomatischem Wege nicht aus (dpa-Meldung; zit. nach Straubinger Tagblatt vom 6.9.2010 S. 6)

Und es geht weiter: Heute berichtet die FAZ auf S. 6, dass Frau Ashtiani nach Angaben ihres Sohnes Sadschad Gadarzdeh als Steigerung der Schikanierung durch die iranische Justiz seine Mutter zusätzlich 99 Peitschenhiebe wegen "unanständigen Verhaltens" erhalten soll. Anlass sei ein Bild von ihr, das die Londoner Tageszeitung "Times" am 28. August von ihr veröffentlicht habe und dass sie ohne Schleier zeige. - Die "Times" dementierte nun und erklärte, das Bild zeige nicht Frau Ashtiani.

Seit zwei Wochen darf der Sohn seine Mutter weder besuchen noch telefonisch mit ihr sprechen. Die Information habe er von aus dem Gefängnis von Tabriz Freigelassenen erhalten.

Diese ganze Geschichte hat mich sehr traurig gemacht. Zu verstehen ist es in der heutigen Zeit sicher nicht. Ich hoffe sehr, dass das Leben dieser und vieler anderer Frauen gerettet wird und natürlich, dass die Länder, in denen so etwas noch immer möglich ist, endlich damit beginnen, über diese schrecklichen Taten nachzudenken. Mit der Religion ist nicht alles entschuldbar. Ich wünsche mir sehr, dass der Vatikan gegen diese Art der Menschenverachtung endlich einschreitet.

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ja, der Vatikan ist natürlich genau die richtige Instanz, um

1. einer islamistischen Diktatur so richtig ins Gewissen zu reden - die werden beeindruckt sein.

2. moralische Standards und Frauenrechte einzuforden - bei der eigenen Geschichte und Gegenwart äußerst glaubwürdig.

Soll man angesichts eines solchen Beitrags lachen oder weinen? Solch ein Weltverständnis wie das von Monika ist eigentlich erschütternd, hoffentlich macht sie einen großen Bogen um Jura ...

Übrigens: nicht Länder denken nach, sondern Menschen (wenn auch offensichtlich nicht alle)

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