BAG: Kein Regress des Arbeitgebers gegen ein Betriebsratsmitglied

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 05.04.2024
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|905 Aufrufe

Erfüllt der Arbeitgeber eine ihm gegenüber als Kosten betriebsrätlicher Tätigkeit erhobene (Dritt-)Forderung, kann er keinen Regress bei den Betriebsratsmitgliedern nehmen mit dem Argument, er habe mangels Erforderlichkeit der Kosten deren Schuld getilgt. Die Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag und des Bereicherungsrechts greifen insoweit nicht ein.

Das hat das BAG entschieden.

Seit dem Urteil des BGH vom 25.10.2012 (III ZR 266/11, BGHZ 195, 174 = NZA 2012, 1382), in dem der BGH entschieden hat, dass ein Betriebsratsmitglied von einem Dritten analog § 179 BGB in Anspruch genommen werden kann, wenn dieser Dritte infolge eines nicht wirksamen Beschlusses des Betriebsrats beauftragt worden ist, gibt es immer wieder Versuche, einzelne Betriebsratsmitglieder persönlich in die Haftung für vom Betriebsrat verursachte Kosten in Anspruch zu nehmen.

Der Kläger ist bei dem beklagten Nahverkehrsunternehmen als Busfahrer beschäftigt. Er ist Mitglied des Betriebsrats. Dieser beschloss Ende Oktober 2019, den Kläger ua. zu den Schulungen „Arbeitsrecht Teil 3“ vom 4. bis 8. Mai 2020 in B und „Der gläserne Mitarbeiter“ vom 19. bis 23. Oktober 2020 in D zu entsenden. Dem widersprach die Beklagte in einem an den Betriebsrat gerichteten Schreiben vom 16. März 2020 und führte aus, sie erteile „keine Genehmigung zur Teilnahme an den Seminaren“. Zum einen sei aufgrund der „aktuellen Situation (Corona) … die Reisetätigkeit bis auf Weiteres beschränkt“. Zum anderen betreffe das „Thema Datenschutz … alle Mitglieder des Betriebsrates“; sie schlage daher eine „Inhouse-Schulung durch unseren Datenschutzbeauftragten“ vor. Der Kläger ließ sich anwaltlich vertreten und nahm an den Veranstaltungen (die pandemiebedingt zeitversetzt stattfanden) teil. Für die Beratung des Klägers stellte die Anwaltskanzlei der Beklagten 413,90 Euro in Rechnung. Die Beklagte beglich diese Rechnung, behielt den Betrag aber vom Nettogehalt des Klägers im Dezember 2020 ein.

Der mit der Aufrechnung geltende gemachte Anspruch stand der Beklagten nicht zu. Sie hatte weder auf der Basis einer Geschäftsführung ohne Auftrag, einer ungerechtfertigten Bereicherung noch als Folge einer Tilgung fremder Schuld einen Ersatzanspruch gegen den Kläger.

BAG, Urt. vom 25.10.2023 – 7 AZR 338/22, BeckRS 2023, 44023

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