Fahrverbot: Kein Verzicht darauf bei Wiederholungstäter aus dem Gesichtspunkt der "Verbindbarkeit" oder der "nachträglichen Gesamtstrafenbildung"

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 08.02.2024
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|936 Aufrufe

Der Betroffene hält sich nicht an die Regeln im Straßenverkehr. Ist ja auch klar: Er ist Jurist*in. Und so kam es, dass er in kurzer Zeit an derselben Stelle zwei Abstandsverstöße beging, die je zu Fahrverboten führten. Hätte man die Verfahren frühzeitig verbunden, hätte trotz zweier Taten nur ein Fahrverbot angeordnet werden dürfen. Man hat das aber nicht getan. Das AG hat sich daher mit der Frage befasst, ob vieleicht aufgrund der ersten Verurteilung (mit Fahrverbot) in dem draufffolgenden zweiten Urteil vom Fahrverbot abgesehen werden sollte. Ich finde durchaus, dass das ein erwägenswerter Gedanke ist, zumal das Fahrverbot nach § 25 StVG eine erzieherische Wirkung entfalten soll und bei Verbindung der Verfahren ein Erziehungsmittel von 1 Monat ausgereicht hätte. Das AG hat gleichwohl ein weiteres Fahrverbot angeordnet:

Die Verhängung einer Geldbuße in Höhe von 300,00 Euro ist hinsichtlich der hier zu beurteilenden Verkehrsordnungswidrigkeit tat- und schuldangemessen. Angesichts der vorhandenen (durchweg einschlägigen) Voreintragung war die Regelbuße von 160,00 Euro angemessen zu erhöhen, um auf den Betroffenen wegen dessen wiederholt zutage getretener grob mangelhafter Verkehrsdisziplin nachhaltig einzuwirken.

 Daneben ist gegen den Betroffenen nach § 25 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 BKatV ein Fahrverbot von einem Monat in der Regel zu verhängen, das auch tat- und schuldangemessen ist.

 Das Gericht ist sich insoweit auch bewusst, dass es unter Erhöhung der Geldbuße von einer Anordnung eines Fahrverbotes hätte absehen können, hält dies jedoch nicht für geboten. Von der Verhängung eines Fahrverbotes kann, wenn wie hier ein Regelfall vorliegt, nur abgesehen werden, wenn entweder Tatumstände äußerer oder innerer Art oder eine erhebliche Härte die Ausnahme von der Anordnung eines Fahrverbotes rechtfertigen. Für die Annahme eines besonderen Ausnahmerespektive Härtefall der Fahrverbotsverbüßung, also erhebliche Abweichungen vom Normalfall, gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte.

 Ein entsprechender Umstand ist auch nicht etwa darin zu sehen, dass der Betroffene etwa sechs Wochen vor dem hiesigen Vorfall an der gleichen Messstelle bereits wegen einer gleichgelagerten Abstandsunterschreitung mit einem Fahrverbot geahndet worden ist, das zwischen hiesiger Tatbegehung und der Aburteilung verbüßt wurde. Das Fahrverbot soll hinsichtlich der zu beurteilenden Verkehrsverstöße seiner Funktion nach als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme individuell spezialpräventiv wirken. Diese Wirkung würde verfehlt, wenn hier vom Fahrverbot abgesehen würde. Zwar ist im Ansatz zutreffend, dass im Falle einer gemeinsamen Aburteilung von zwei fahrverbotsbewerten Verstößen durch das Gericht nur ein einziges Fahrverbot zu verhängen wäre (vgl. grundlegend BGH, Beschluss vom 16.12.2015 – 4 StR 227/15 – NJW 2016, 1188). Der Betroffene ist hierdurch indessen nicht schlechter gestellt, da im Falle einer einheitlichen Aburteilung angesichts der besonders beharrlichen Delinquenz des Betroffenen ein über das Regelfahrverbot hinausgehendes zweimonatiges Fahrverbot allein tat- und schuldangemessen wäre. Eine nachträgliche „Gesamtstrafenbildung“ ist insoweit nicht vorgesehen.

 Da gegen den Betroffenen in den letzten zwei Jahren vor Begehung der hier zu beurteilenden Verkehrsordnungswidrigkeit kein Fahrverbot verhängt worden ist und auch nicht bekannt ist, dass danach ein solches angeordnet wurde, war abweichend von § 25 Abs. 2 Nr. 1 StVG zu bestimmen, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Entscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft § 25 Abs. 2 StVG.

AG Frankfurt a. M. Urt. v. 17.11.2023 – 971 OWi 916 Js 59363/23, BeckRS 2023, 40009

 

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