Die Moral von der Geschicht, moralisiere nicht!

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 11.01.2024
Rechtsgebiete: StrafrechtBetäubungsmittelrecht|938 Aufrufe

Das Landgericht hat einem seit 25 Jahren Rauschmittel konsumierenden, stark drogenabhängigen Angeklagten, der mehrere Therapien erfolglos absolviert hat, wegen Beschaffungstaten des besonders schweren räuberischen Diebstahls und des versuchten besonders schweren Raubes in Tateinheit mit Körperverletzungsedelikten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Im Rahmen der konkreten Strafzumessung bezeichnet des Landgericht den Angeklagten als „hartnäckigen Rechtsbrecher“. Diese moralisierende Strafzumessungserwägung beanstandete der 2. Strafsenat des BGH auf die Revision des Angeklagten (BGH Beschl. v. 23.11.2023 – 2 StR 403/23, BeckRS 2023, 38177):

Diese moralisierende Strafzumessungserwägung lässt besorgen, dass sich das Tatgericht bei der Bemessung der Strafe für eine Beschaffungstat von sachfernen Gründen hat leiten lassen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Februar 2018 – 2 StR 173/17; vom 22. Oktober 2020 – 2 StR 232/20, und vom 29. September 2001 – 1 StR 394/01). Der Senat kann angesichts der hohen Einzelstrafe von fünf Jahren nicht ausschließen, dass die Strafkammer ohne diese Erwägung zu einer milderen Einzelstrafe gelangt wäre.

Dies führt zur Aufhebung dieser Einzelstrafe sowie auch der weiteren Einzelstrafe im Fall II.1 der Urteilsgründe (von ebenfalls fünf Jahren für eine weitere Beschaffungstat), hinsichtlich derer ebenfalls zu besorgen ist, dass deren Höhe von der die Täterpersönlichkeit beschreibenden moralisierenden Erwägung beeinflusst ist, und entzieht dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage. Die Feststellungen sind vom Wertungsfehler unbeeinflusst und haben Bestand.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen