„Stockfehler“ bei der Strafzumessung im Betäubungsmittelrecht

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 14.10.2023
Rechtsgebiete: StrafrechtBetäubungsmittelrecht|1393 Aufrufe

Laut Wikipedia ist "Stockfehler" ein aus dem Hockeysport entliehener Begriff (dort eine Regelwidrigkeit) beim Fußball, der einen technischen Fehler eines Spielers bei der Ballannahme mit dem Bein bezeichnet. Verwendet wird der Begriff typischerweise bei einem grundsätzlich einfachen Fehler, der Profis normalerweise nicht passieren sollte.

Um einen "Stockfehler" des Tatrichters handelt es sich, wenn in der Strafzumessung die Sicherstellung der verfahrensgegenständlichen Betäubungsmittel als bestimmender Strafzumessungsgesichtspunkt keine Erwähnung findet. Dieser wirklich unnötige Fehler kann trotz einer an sich schuldangemessenen Strafe zur Aufhebung des Strafausspruchs führen, wie sich in BGH Beschl. v. 24.8.2023 – 2 StR 252/23, BeckRS 2023, 26984 – zum X-ten Mal – zeigt:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und vier Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Während die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung im Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat, kann der Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand haben.

1. Bei der Strafzumessung hat das Landgericht nicht erkennbar bedacht, dass ausweislich der getroffenen Feststellungen die beim Angeklagten aufgefundenen Betäubungsmittel sichergestellt wurden und nicht in den Verkehr gelangt sind. Die Sicherstellung von Betäubungsmitteln ist ein bestimmender Strafzumessungsgrund, der sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der konkreten Strafzumessung zu beachten ist und demzufolge in den Gründen des Strafurteils angeführt werden muss (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 8. Februar 2023 – 6 StR 525/22; Senat, Beschluss vom 5. Februar 2020 – 2 StR 517/19, NStZ-RR 2020, 146, 147 je mwN). Dies ist nicht geschehen. Der Senat kann nicht sicher ausschließen, dass die Strafe – auch wenn sie keineswegs unangemessen ist – auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruht.

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