Aus der Textbausteinküche: Rechtliche Bewertungseinheit bei mehreren natürlichen Handlungen

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 30.08.2023
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|871 Aufrufe

Bereits früher hatte ich ab und zu auf vom BGH genutzte Textbausteine hingewiesen. Heute gibt es einen, der von dem Generalbundesanwalt stammt. Der BGH befasste sich mit einem Sachverhalt aus dem allgemeinen Strafrecht. Man kann diesen Textbaustein aber auch sehr gut etwa auf Fälle der Nötigung im Straßenverkehr übertragen, also etwa bei mehrfachem engen Auffahren mit Lichthupe, um einen voranfahrenden Fahrzeugführer zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen:

 

„Mehrere natürliche Handlungen können als eine Tat im Rechtssinne
anzusehen sein (sog. rechtliche Bewertungseinheit), wenn sie sich als
Teilakte einer sukzessiven Tatausführung darstellen. Für den
Straftatbestand der Erpressung ist insoweit anerkannt, dass mehrere
Angriffe auf die Willensentschließung des Opfers als eine Tat im
Rechtssinne zu werten sind, wenn dabei die anfängliche Drohung lediglich
den Umständen angepasst und aktualisiert wird, im Übrigen aber nach wie
vor dieselbe Leistung gefordert wird. Dabei stellen ein Wechsel des
Angriffsmittels, räumliche Trennungen oder zeitliche Intervalle zwischen
den jeweiligen Einzelakten die Annahme einer rechtlichen
Bewertungseinheit nicht grundsätzlich in Frage. Diese endet erst dann,
wenn der Täter sein Ziel vollständig erreicht hat oder wenn nach den
insoweit entsprechend heranzuziehenden Wertungen des Rücktrittsrechts
von einem fehlgeschlagenen Versuch auszugehen ist (BGH, Beschlüsse
vom 28. April 2022 – 2 StR 329/20, juris Rn. 10; vom 25. März 2020 – 6 StR
11/20, juris Rn. 9; vom 11. Oktober 2017 – 4 StR 322/17, NStZ 2018, 148;
vom 7. November 2013 – 4 StR 340/13, juris Rn. 9). 

 

BGH, Beschl. v. 4.7.2023 - 2 StR 167/23 

 

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