Strafantrag nicht unterzeichnet

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 26.08.2023
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|3150 Aufrufe

Heute etwas aus dem allgemeinen Strafrecht. Es geht um den Strafantrag. Da kommt es gerne einmal zu Form- oder Fristprobleme. Bekanntlich geregelt ist die Materie hier:

 

 

§ 77 StGB - Antragsberechtigte
(1) Ist die Tat nur auf Antrag verfolgbar, so kann, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, der Verletzte den Antrag stellen.
(2) Stirbt der Verletzte, so geht sein Antragsrecht in den Fällen, die das Gesetz bestimmt, auf den Ehegatten, den Lebenspartner und die Kinder über. Hat der Verletzte weder einen Ehegatten, oder einen Lebenspartner noch Kinder hinterlassen oder sind sie vor Ablauf der Antragsfrist gestorben, so geht das Antragsrecht auf die Eltern und, wenn auch sie vor Ablauf der Antragsfrist gestorben sind, auf die Geschwister und die Enkel über. Ist ein Angehöriger an der Tat beteiligt oder ist seine Verwandtschaft erloschen, so scheidet er bei dem Übergang des Antragsrechts aus. Das Antragsrecht geht nicht über, wenn die Verfolgung dem erklärten Willen des Verletzten widerspricht.
(3) Ist der Antragsberechtigte geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig, so können der gesetzliche Vertreter in den persönlichen Angelegenheiten und derjenige, dem die Sorge für die Person des Antragsberechtigten zusteht, den Antrag stellen.
(4) Sind mehrere antragsberechtigt, so kann jeder den Antrag selbständig stellen.

 

§ 77b StGB - Antragsfrist
(1) Eine Tat, die nur auf Antrag verfolgbar ist, wird nicht verfolgt, wenn der Antragsberechtigte es unterläßt, den Antrag bis zum Ablauf einer Frist von drei Monaten zu stellen. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.
(2) Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Berechtigte von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt. Für den Antrag des gesetzlichen Vertreters und des Sorgeberechtigten kommt es auf dessen Kenntnis an.
(3) Sind mehrere antragsberechtigt oder mehrere an der Tat beteiligt, so läuft die Frist für und gegen jeden gesondert.
(4) Ist durch Tod des Verletzten das Antragsrecht auf Angehörige übergegangen, so endet die Frist frühestens drei Monate und spätestens sechs Monate nach dem Tod des Verletzten.
(5) Der Lauf der Frist ruht, wenn ein Antrag auf Durchführung eines Sühneversuchs gemäß § 380 der Strafprozeßordnung bei der Vergleichsbehörde eingeht, bis zur Ausstellung der Bescheinigung nach § 380 Abs. 1 Satz 3 der Strafprozeßordnung.

 

§ 158 StPO - Strafanzeige; Strafantrag
(1) Die Anzeige einer Straftat und der Strafantrag können bei der Staatsanwaltschaft, den Behörden und Beamten des Polizeidienstes und den Amtsgerichten mündlich oder schriftlich angebracht werden. Die mündliche Anzeige ist zu beurkunden. Dem Verletzten ist auf Antrag der Eingang seiner Anzeige schriftlich zu bestätigen. Die Bestätigung soll eine kurze Zusammenfassung der Angaben des Verletzten zu Tatzeit, Tatort und angezeigter Tat enthalten. Die Bestätigung kann versagt werden, soweit der Untersuchungszweck, auch in einem anderen Strafverfahren, gefährdet erscheint.
(2) Bei Straftaten, deren Verfolgung nur auf Antrag eintritt, muß der Antrag bei einem Gericht oder der Staatsanwaltschaft schriftlich oder zu Protokoll, bei einer anderen Behörde schriftlich angebracht werden.
(3) Zeigt ein im Inland wohnhafter Verletzter eine in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begangene Straftat an, so übermittelt die Staatsanwaltschaft die Anzeige auf Antrag des Verletzten an die zuständige Strafverfolgungsbehörde des anderen Mitgliedstaats, wenn für die Tat das deutsche Strafrecht nicht gilt oder von der Verfolgung der Tat nach § 153c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, auch in Verbindung mit § 153f, abgesehen wird. Von der Übermittlung kann abgesehen werden, wenn
1.
die Tat und die für ihre Verfolgung wesentlichen Umstände der zuständigen ausländischen Behörde bereits bekannt sind oder
2.
der Unrechtsgehalt der Tat gering ist und der verletzten Person die Anzeige im Ausland möglich gewesen wäre.
(4) Ist der Verletzte der deutschen Sprache nicht mächtig, erhält er die notwendige Hilfe bei der Verständigung, um die Anzeige in einer ihm verständlichen Sprache anzubringen. Die schriftliche Anzeigebestätigung nach Absatz 1 Satz 3 und 4 ist dem Verletzten in diesen Fällen auf Antrag in eine ihm verständliche Sprache zu übersetzen; Absatz 1 Satz 5 bleibt unberührt.

 

Im Fall des für diesen Beitrag anlassgebenden BGH-Beschlusses war zwar der Antrag von der Polizei rechtzeitig aufgenommen worden, leider dann aber nicht unterzeichnet worden:

 

Der Strafantrag ihrer Rechtsanwältin vom 13. November 2020, auf den der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift Bezug genommen hat, betraf inhaltlich nicht die im Fall II.9 abgeurteilte Tat vom 18. November 2020; dies ist bereits in zeitlicher Hinsicht ausgeschlossen. Auch ein weiterer Strafantrag vom 15. Dezember 2020 bezog sich auf eine andere, hier nicht verfahrensgegenständliche Tat. Die Strafanzeige der Nebenklägerin vom 14. Januar 2021 macht zwar insoweit ein hinreichendes Strafverfolgungsverlangen deutlich (vgl. BGH, Urteil vom
18. Januar 1995 – 2 StR 462/94, NStZ 1995, 353 f.), ist jedoch nicht von ihr unterzeichnet, sondern erst im Nachhinein am 10. Februar 2021 von einem Polizeibeamten auf Grund ihrer Angaben abgefasst und unterschrieben worden und erfüllt damit nicht die formellen Voraussetzungen eines wirksamen Strafantrags gemäß § 158 Abs. 2 StPO (vgl. BayObLG, Beschluss vom 21. Juli 1993 – 2 St RR 91/93, NStZ 1994, 86; MüKo-StPO/Kölbel, § 158 Rn. 46; KK-StPO/Weingarten, 9. Aufl., § 158 Rn. 45 und 45a; BeckOK StPO/Goers, 47. Ed., § 158 Rn. 49; Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, StPO, 66. Aufl., § 158 Rn. 11). 

BGH, Beschl. v. 10.7.2023 - 5 StR 143/23

 

 

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