BVerfG: "Rohmessdaten braucht keine*r"

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 04.08.2023
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|1471 Aufrufe

Im Urlaub bekam ich die Nachricht, dass das BVerfG nun endlich zu der Akteneinsicht in Rohmessdaten entschieden habe. Gut erholt habe ich mir dann einmal die Entscheidung angesehen. Irgendwie enttäuschend für mich. Ich hätte mir gewünscht, dass die Akteneinsicht in Rohmessdaten als Standard geregelt wird für alle Messgeräte, die potentiell solche Daten erfassen und speichern können. Das BVerfG sieht es aber als unproblematisch an, wenn im Rahmen eines stardisierten Messverfahrens die Rohmessdaten nicht gespeichert und somit nicht zur Verfügung gestellt werden können. Kurioserweise betrifft die Entscheidung aber gerade XV3, ein Messystem, das früher als standardisiert galt, mittlerweile aber nicht mehr genutzt wird. So lässt mich die Entscheidung erstaunen und angesichts dieses fast humoresken Umstandes leicht schmunzeln. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass der Betroffene die Welt nicht mehr versteht. Hier das, was das BVerfG meint:

1. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

 2. Der Antrag auf Auslagenerstattung wird abgelehnt, da keine Gründe vorliegen, die trotz Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung gemäß § 34a Absatz 3 Bundesverfassungsgerichtsgesetz für eine Erstattung der Auslagen des Beschwerdeführers sprechen.

 Gründe:

 A.

 I. 1. Der Landkreis Göttingen (im Folgenden: Bußgeldstelle) setzte gegen den Beschwerdeführer mit Bußgeldbescheid vom 26. März 2019 wegen einer vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften um 22 km/h eine Geldbuße in Höhe von 70 Euro fest. Hiergegen legte der Verteidiger des Beschwerdeführers Einspruch ein und beantragte gegenüber dem zuständigen Amtsgericht Duderstadt mit Schriftsatz vom 4. November 2019 unter anderem die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass bei dem zum Einsatz gekommenen Messgerät des Typs Leivtec XV3 die Möglichkeit ausgeschlossen sei, die Messung durch ein Sachverständigengutachten überprüfen zu lassen, sodass die Anerkennung als standardisiertes Messverfahren nicht mehr in Betracht komme. Zur Begründung führte er aus, dass das Messgerät die Rohmessdaten beziehungsweise die Messdaten der gesamten Messung nicht speichere; dadurch werde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit genommen, die bestehenden hohen Anforderungen an einen Vortrag zu Messfehlern zu erfüllen. Unter Bezugnahme auf diesen Schriftsatz wies das Amtsgericht den Verteidiger darauf hin, dass es sich nach obergerichtlicher Rechtsprechung bei dem Geschwindigkeitsmessgerät Leivtec XV3 um ein standardisiertes Messverfahren handele.

 2. In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht am 13. Dezember 2019 stellte der Verteidiger des Beschwerdeführers unter anderem den zuvor schriftsätzlich angekündigten Beweisantrag, welchen das Amtsgericht im Beschlusswege ablehnte, weil es die Beweiserhebung nach seinem pflichtgemäßen Ermessen zur Erforschung der Wahrheit nicht für erforderlich hielt (§ 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG).

 Nach Abschluss der Beweisaufnahme verurteilte das Amtsgericht Duderstadt den Beschwerdeführer mit angegriffenem Urteil vom 10. Januar 2020 wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 22 km/h zu einer Geldbuße in Höhe von 105 Euro. Die gemessene Geschwindigkeit habe (nach Toleranzabzug) mindestens 92 km/h betragen. Die festgestellte Ordnungsmäßigkeit der Geschwindigkeitsmessung begründete das Amtsgericht damit, dass die Messung durch den Messbeamten mit dem von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (im Folgenden: PTB) zugelassenen mobilen Geschwindigkeitsmessgerät des Typs Leivtec XV3 durchgeführt worden sei. Bei dieser Geschwindigkeitsmessanlage sende ein Sensor infrarote Lichtimpulse aus, über deren Laufzeit die Entfernung zum Fahrzeug ermittelt werde. Aus der Änderung mehrerer Entfernungsmessungen werde die Geschwindigkeit des Fahrzeugs berechnet. Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung handele es sich hierbei um ein standardisiertes Messverfahren. Ausweislich des Eichscheins sei das verwendete Messgerät zum Tatzeitpunkt ordnungsgemäß geeicht gewesen. Die durch das Messgerät angezeigte Geschwindigkeit sei durch Mitteilung des wesentlichen Inhalts des Fallprotokolls und Verlesung der im Datenfeld des Messfotos abgebildeten Zahlen und Daten sowie anhand der Plausibilitätsprüfung festgestellt worden. Der als Zeuge vernommene Messbeamte habe glaubhaft erläutert, die Messung entsprechend der Bedienungsanleitung des Herstellers durchgeführt zu haben, für die Benutzung des Geschwindigkeitsmessgerätes besonders geschult zu sein und dieses seitdem regelmäßig in seiner Eigenschaft als Messbeamter zu verwenden. Vor der Messung habe er die Unversehrtheit der Eichmarken geprüft, sei die Messstelle abgefahren und habe die ordnungsmäßige Beschilderung hinsichtlich einer Geschwindigkeitsbegrenzung kontrolliert. Es habe bei den durchgeführten Messungen keine Auffälligkeiten gegeben und das Fahrzeug sei im Messung-Start-Bild sowie im Messung-Ende-Bild vorschriftsgemäß in dem vorgesehenen Messrahmen abgebildet. Nach Auffassung des Amtsgerichts habe die Beweisaufnahme im Ergebnis keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Messung ergeben.

 3. Der Verteidiger des Beschwerdeführers beantragte, die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil zuzulassen. Seiner Meinung nach sei die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts, zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und wegen der Versagung rechtlichen Gehörs zuzulassen. Insbesondere habe das Amtsgericht seinen mit Schriftsatz vom 4. November 2019 gestellten und in der Hauptverhandlung wiederholten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu Unrecht abgelehnt. Anhand des Sachverständigengutachtens hätte der Beschwerdeführer seiner Meinung nach nachweisen können, dass die Messung nicht nachprüfbar und damit auch nicht verwertbar sei sowie die vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung nicht vorgelegen habe und dass das Messgerät entsprechende Messdaten der gesamten Messung nicht speichere. Dem Amtsgericht habe sich aufdrängen müssen, dass der Grundsatz des fairen Verfahrens nur durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens eingehalten werde. Dies gelte umso mehr, als dem Gericht die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes vom 5. Juli 2019 (VerfGH Saarland, Urteil vom 5. Juli 2019 – Lv 7/17 –, juris) bekannt gewesen sei, welche in der Nichteinholung des beantragten Sachverständigengutachtens einen Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren und eine unzulässige Einschränkung der Verteidigerrechte erkannt habe.

 4. Die Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig beantragte, den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen. Hierauf replizierte der Verteidiger des Beschwerdeführers und bekräftigte seine bisherige Auffassung.

 5. Mit angegriffenem Beschluss vom 28. Mai 2020 verwarf das Oberlandesgericht Braunschweig durch die Einzelrichterin den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet. Aus dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes vom 5. Juli 2019 ergebe sich nur ein Verstoß gegen das faire Verfahren und kein für die Zulassung der Rechtsbeschwerde erforderlicher Gehörsverstoß. Unabhängig davon habe sich das Amtsgericht zum Nachweis des Geschwindigkeitsverstoßes auf die Untersuchung des Messgerätes durch die PTB und dessen gültige Eichung gestützt. Diese Beweismittel seien nicht einmal dann entwertet, wenn das Messgerät überhaupt keine Rohmessdaten speichere. Ein – gar verfassungsrechtliches – Gebot der nachträglichen Rekonstruierbarkeit von Messergebnissen durch die Aufzeichnung von Rohmessdaten existiere nicht.

 6. Die vom Verteidiger des Beschwerdeführers dagegen erhobene Anhörungsrüge wies das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 27. Juli 2020 zurück.

 II. 1. Mit seiner am 3. Juli 2020 erhobenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer gegen das Urteil des Amtsgerichts Duderstadt und den Verwerfungsbeschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig. Er rügt insbesondere eine Verletzung seines aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Rechts auf ein faires Verfahren, weil das Amtsgericht ein seines Erachtens nicht überprüfbares Geschwindigkeitsmessergebnis verwertet habe.

 a) Die Rechtsfigur des standardisierten Messverfahrens bringe es mit sich, dass der Betroffene eines Bußgeldverfahrens konkrete Anhaltspunkte für Fehler bei der Geschwindigkeitsmessung aufzeigen müsse, um eine technische Überprüfung durch das Gericht zu erreichen. Hierfür sei er auf den Zugang auch zu Daten und Unterlagen angewiesen, die nicht Bestandteil der Akten seien. Messfehler könnten am ehesten durch eine sachverständige Auswertung von Rohmessdaten als Grundlage jeder Messung festgestellt werden, falls diese gespeichert worden seien. Erhalte der Betroffene indes keinen Zugang zu solchen originären Beweismitteln, so werde er unter Verstoß gegen das faire Verfahren und dem hieraus folgenden Gebot der Waffengleichheit als Objekt des Verfahrens behandelt, weil ihm wesentliche Mitwirkungsrechte versagt würden oder er diese nicht effektiv ausüben könne. Beweismittel müssten für das Verfahren vorgehalten werden und dürften nicht vor dessen Abschluss vernichtet werden. Andernfalls liefe das Einsichtnahmerecht des Betroffenen leer und es wäre den Verfolgungsbehörden überlassen, zu entscheiden, welche Beweismittel für eine Einsicht bereitgehalten würden oder nicht.

 b) Die Verwertung des aus anschließend gelöschten Rohmessdaten errechneten Messwertes unter Anwendung der Grundsätze des standardisierten Messverfahrens durch das Amtsgericht verstoße daher gegen das Recht auf ein faires Verfahren. Die Rohmessdaten, die vom Recht auf Einsicht erfasst seien, stellten ein naheliegendes Beweismittel für die Prüfung der Zuverlässigkeit und Richtigkeit des Messergebnisses dar. Die vorliegend vom Beschwerdeführer erstrebte privatgutachterliche Nachprüfung sei wegen der Löschung der Rohmessdaten nicht mehr möglich gewesen. Bestehe dem Grunde nach ein Einsichtsrecht in die Messdaten, würden im Falle der Vernichtung solcher Beweismittel notwendige Verteidigungsrechte unterlaufen und der Grundsatz der Waffengleichheit konterkariert. Die Verfolgungsbehörde könne weiterhin einen Tatnachweis erbringen, der Betroffene diesen aber selbst nicht widerlegen. Erkenne man ein Recht auf eigene Prüfung des Tatvorwurfs und damit auf Einsicht in die Messunterlagen grundsätzlich an, folge daraus, dass die zuständigen Behörden bei der Verkehrsüberwachung eine Gewähr für eine spätere tatsächlich mögliche Wahrung von Verteidigungsrechten bieten müssten. Richtigerweise sei bereits von den Geräteherstellern zu verlangen, die in den Geräten verwendete Software anzupassen, um die Rohmessdaten zu erhalten, sowie Zulassung und Einsatz entsprechend ausgestatteter Geräte durch die zuständigen Behörden sicherzustellen. Würden dennoch andere Geräte eingesetzt, dürften die Verfolgungsbehörden oder Gerichte nicht mehr die Vereinfachungen des standardisierten Messverfahrens zur Anwendung bringen. Da die Rohmessdaten nicht mehr vorhanden seien, könne weder bestätigt noch widerlegt werden, dass sich ein Messfehler vorliegend auf das Ergebnis ausgewirkt habe. Dementsprechend sei die Häufigkeit fehlerhafter Messergebnisse schwieriger einzuschätzen und auch nur das vereinzelte Auftreten von nicht nachweisbaren Messfehlern sei rechtsstaatlich nicht hinnehmbar. Die vorliegende Fallgestaltung erinnere an die im Zivilprozess bekannte Figur der Beweisvereitelung, bei der die Vernichtung von Beweismaterial durch die nicht beweisbelastete Partei aus Fairnessgründen nicht zulasten der Gegenseite gehen dürfe.

 Zu diesem zutreffenden Ergebnis sei auch der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes in seinem Urteil vom 5. Juli 2019 (VerfGH Saarland, Urteil vom 5. Juli 2019 – Lv 7/17 –, juris) in nachvollziehbarer und zutreffender Weise gekommen.

 c) Der Beschwerdeführer sei infolge der Verwertung eines aus gelöschten Rohmessdaten mittels eines Messgerätes des Typs Leivtec XV3 errechneten Messwertes verurteilt worden. Weder die vom Sensor während der Messung erfassten Signale noch die aus diesen Rohmessdaten errechneten Einzelmesswerte würden in einem Falldatensatz gespeichert. Wäre das Fahrzeug indes von einem ESO 3.0-Messgerät erfasst worden, hätte dem Beschwerdeführer eine Überprüfung der Messung offen gestanden. Hierbei handele es sich um eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Ältere Softwareversionen des eingesetzten Messgerätes Leivtec XV3 hätten im jeweiligen Falldatensatz zahlreiche einzelne Messwerte gespeichert, was die Speicherbarkeit entsprechender Daten belege. Mit diesen Daten – bei denen es sich allerdings wohl nicht um Rohmessdaten im eigentlichen Sinne gehandelt habe, da diese Werte bereits aus den Sensor-Rohmessdaten errechnet gewesen seien – hätten Sachverständige den Ablauf der Geschwindigkeitsmessung nachvollziehen können. Infolge eines Software-Updates würden diese Daten, deren Speicherung technisch ohne Weiteres möglich sei, nicht mehr gespeichert.

 Es bestünden bei dem verwendeten Messgerät auch keine anderen gleichermaßen zuverlässigen Verteidigungsmittel im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes. Weder eine Überprüfung der Anfangs- und Endwerte der Messung noch die Befundprüfung nach § 39 MessEG oder die fotogrammetrische Auswertung seien in diesem Sinne ausreichend.

 d) Zudem habe das Amtsgericht durch die fehlerhafte Ablehnung des Beweisantrags auf Einholung eines technischen Gutachtens gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen. Das Amtsgericht habe nicht deutlich gemacht, wie es sich zur vom Verteidiger aufgeworfenen Frage der Verwertbarkeit der Messung positioniere. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Verwerfung seines Zulassungsantrags durch das Oberlandesgericht wendet, beanstandet er eine Verletzung seines Rechts auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) und auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG).

 2. Der Beschwerdeführer hat zudem beantragt, dass das Land Niedersachsen die ihm im Verfassungsbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen erstattet.

 3. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 15. Februar 2021 hat der Beschwerdeführer auf Nachfrage die Entscheidung des Oberlandesgerichts über seine Anhörungsrüge nachgereicht.

 III. Die Verfassungsbeschwerde ist dem Niedersächsischen Justizministerium sowie dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof zur Stellungnahme zugestellt worden.

 1. Das Niedersächsische Justizministerium hat von einer Stellungnahme abgesehen.

 2. Der Generalbundesanwalt hat zu der Verfassungsbeschwerde am 24. September 2021 Stellung genommen.

 a) Er hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig. Der Beschwerdeführer habe die gerügte Gehörsverletzung nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Es fehle auch an einer substantiierten Begründung einer Verletzung seines Rechts auf den gesetzlichen Richter und auf effektiven Rechtsschutz. Überdies spreche gegen die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde der allgemeine Grundsatz der Subsidiarität, weil der Beschwerdeführer keinen Antrag auf Einholung eines fotogrammetrischen Sachverständigengutachtens gestellt habe.

 b) Der Generalbundesanwalt hält die Verfassungsbeschwerde − ihre Zulässigkeit unterstellt − für unbegründet. Dadurch, dass die Fachgerichte die Geschwindigkeitsmessung verwertet hätten, sei der Beschwerdeführer nicht in seinem Recht auf ein faires Verfahren verletzt. Der Sache nach beanstande der Beschwerdeführer, dass die Dokumentation der Geschwindigkeitsmessung nicht ausreiche, um ihm die durch ein faires Verfahren gebotene Verteidigung zu ermöglichen. Nach dem auch im Bußgeldverfahren geltenden Grundsatz der Aktenwahrheit und Aktenvollständigkeit müssten grundsätzlich nur die Ergebnisse der Untersuchungshandlungen der Ermittlungsbehörden aktenkundig gemacht werden. Dem Gesetzgeber stehe es frei, zusätzliche Pflichten zur Dokumentation von Ermittlungsmaßnahmen zu normieren. Von Verfassungs wegen könne allerdings nur ein Niveau der Dokumentation von Ermittlungsmaßnahmen geboten sein, das angesichts der Ziele des Verfahrens und der Bedeutung der Sache als angemessen einzuordnen sei. Eine maximale oder bestmögliche Dokumentation sei weder geboten noch − wegen stets genauerer oder umfangreicherer Dokumentationsformen − erfüllbar.

 Bei Anwendung dieser Maßstäbe sei schon nicht ersichtlich, dass zur ordnungsgemäßen Dokumentation eines Geschwindigkeitsverstoßes im Straßenverkehr eine Speicherung von Rohmessdaten von Verfassungs wegen unerlässlich wäre. Überdies existiere kein in Wissenschaft und Technik allgemein anerkanntes Verständnis des Begriffs „Rohmessdaten“. Das entsprechende Verständnis des Beschwerdeführers sei bereits nicht hinreichend erläutert. Tatsächlich existierten andere Möglichkeiten, durch die in der Praxis mindestens ebenso gut und wahrscheinlich sogar besser die Richtigkeit der Messdaten sichergestellt werden könne als durch eine Analyse von Rohmessdaten. Selbst wenn man von einer Unzulänglichkeit der bestehenden Möglichkeiten zur Überprüfung des Vorwurfs einer Geschwindigkeitsüberschreitung ausgehen wollte, wäre es in erster Linie Sache des Gesetzgebers, zwischen den verschiedenen gleich geeigneten Möglichkeiten einer besseren Dokumentation des Messvorgangs auszuwählen. Bei einer solchen Entscheidung müsste der Gesetzgeber auch die erheblichen Nachteile einer Überprüfung anhand der Rohmessdaten berücksichtigen, etwa der kleine Sachverständigenkreis sowie die Beeinträchtigung der Effektivität der Rechtspflege wegen einer Verstopfung der Bußgeldverfahren.

 Mängel der Messdokumentation könnten nicht dazu führen, dass die Ergebnisse der Messung von Verfassungs wegen schlechterdings von der Wahrheitsfindung auszuschließen wären. Vorliegend seien die Voraussetzungen eines Beweisverwertungsverbots nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht gegeben.

 3. Die Bevollmächtigte des Beschwerdeführers hat auf die Stellungnahme des Generalbundesanwalts mit Schriftsatz vom 17. November 2021 repliziert und ihr bisheriges Vorbringen bekräftigt.

 a) Folgende Definition des Begriffs „Rohmessdaten“ erscheine wissenschaftlich sinnvoll: „Rohmessdaten sind die Daten, die die Sensorik eines Messgeräts während des Messvorganges erzeugt und die nach der technisch notwendigen Filterung und Analog-Digital-Wandlung ohne weitere Selektion, Filterung oder Veränderung die Grundlage für die weitere Verarbeitung im Messgerät darstellen.“ Mithilfe eines Sachverständigen könnten Messfehler bei der Erfassung der Sensordaten festgestellt und Fehler bei der Verarbeitung dieser Daten aufgezeigt werden, wenn diese möglichst vollständig und unverändert seien.

 b) Auch wenn im Regelfall nach den Grundsätzen des standardisierten Messverfahrens jedenfalls innerhalb der Fehlergrenzen von einer ordnungsgemäßen Funktion zugelassener Gerätetypen auszugehen sei, könnten Messfehler nicht denknotwendig und mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden – wie gerade anhand des hier einschlägigen Messgerätetyps bewiesen worden sei. Erkenne man ein Einsichtsrecht in die entstandenen Rohmessdaten an, dürften diese Beweismittel nicht vor Abschluss des Verfahrens vernichtet werden. Andernfalls liefe das Einsichtnahmerecht des Betroffenen leer und die Verfolgungsbehörden könnten entscheiden, welche Beweismittel sie dem Zugriff des Betroffenen entziehen. Eine fotogrammetrische Auswertung bleibe in ihrer Aussagekraft beschränkt und auf diese Möglichkeit hätten die Fachgerichte auch nicht hingewiesen. Es sei bei dem ESO 3.0-Messgerät, bei welchem Rohmessdaten verfügbar seien, nicht zu den vom Generalbundesanwalt befürchteten Nachteilen in der Praxis gekommen.

 Zeitlich nach der gegenständlichen Verwerfungsentscheidung hätten durchgeführte Versuche Messfehler bei Leivtec XV3 ergeben. Trotz der Möglichkeit fotogrammetrischer Auswertungen seien diese Fehlmessungen erst durch sehr aufwendige Maßnahmen ermittelt worden und hätten nach sachverständiger Einschätzung anhand von Rohmessdaten früher bemerkt werden können. Es gehe nicht zwangsläufig darum, auf die bei der Software-Version 1.0 vorhandenen Daten zurückzugreifen; die „echten“ Rohmessdaten im Sinne der vorgeschlagenen Definition könnten durch eine Änderung der Software jedenfalls zukünftig gespeichert werden.

 4. Die Akte des Ausgangsverfahrens hat der Kammer vorgelegen.

 B.

 I. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten des Beschwerdeführers angezeigt (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>; 96, 245 <248>). Denn die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Sie ist nicht hinreichend substantiiert begründet. Ihre Begründung lässt eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG nicht erkennen.

 1. Eine den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügende Begründung setzt voraus, dass der die Rechtsverletzung enthaltende Vorgang substantiiert und schlüssig vorgetragen wird (vgl. BVerfGE 81, 208 <214>; 89, 155 <171>; 99, 84 <87>; 108, 370 <386 f.>; 113, 29 <44>; 130, 1 <21>; 149, 86 <108 f. Rn. 61>; 151, 67 <84 Rn. 49>). Dabei muss eine Verfassungsbeschwerde auch an die vom Bundesverfassungsgericht zu den aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entwickelten Maßstäbe anknüpfen, sich mit ihnen auseinandersetzen und auf dieser Grundlage darlegen, dass und aus welchen Gründen eine Verletzung in den geltend gemachten verfassungsbeschwerdefähigen Rechten vorliegen soll (vgl. BVerfGE 77, 170 <214 ff.>; 99, 84 <87>; 101, 331 <346>; 123, 186 <234>; 130, 1 <21>; 140, 229 <232 Rn. 9>; 142, 234 <251 Rn. 28>; 149, 346 <359 Rn. 23>).

 2. Gemessen hieran legt der Beschwerdeführer die gerügte Verletzung in seinem aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Recht auf ein faires Verfahren nicht hinreichend dar.

 a) Zu den wesentlichen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens zählt das Recht auf ein faires Verfahren (vgl. BVerfGE 26, 66 <71>; 38, 105 <111>; 46, 202 <210>), welches aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG folgt (vgl. BVerfGE 38, 105 <111>; 46, 202 <209>; 57, 250 <274 f.>; 64, 135 <145>; 66, 313 <318>; 86, 288 <317>; 109, 38 <60>). Es erschöpft sich nicht in der Selbstbeschränkung staatlicher Mittel gegenüber den beschränkten Möglichkeiten des Einzelnen, die sich in der Verpflichtung niederschlägt, dass staatliche Organe korrekt und fair zu verfahren haben (vgl. BVerfGE 38, 105 <111>). Als ein unverzichtbares Element der Rechtsstaatlichkeit des Strafverfahrens und daran anknüpfender Verfahren gewährleistet das Recht auf ein faires Verfahren dem Betroffenen, prozessuale Rechte und Möglichkeiten mit der erforderlichen Sachkunde wahrnehmen und Übergriffe der im vorstehenden Sinn rechtsstaatlich begrenzten Rechtsausübung staatlicher Stellen oder anderer Verfahrensbeteiligter angemessen abwehren zu können (vgl. BVerfGE 38, 105 <111>; 122, 248 <271 f.>; 133, 168 <200 Rn. 59>). Der Anspruch auf ein faires Verfahren ist durch das Verlangen nach verfahrensrechtlicher „Waffengleichheit“ von Ankläger und Beschuldigten gekennzeichnet und dient damit in besonderem Maße dem Schutz des Beschuldigten, für den bis zur Verurteilung die Vermutung seiner Unschuld streitet (vgl. BVerfGE 38, 105 <111>).

 Dabei enthält das Recht auf ein faires Verfahren keine in allen Einzelheiten bestimmten Ge- oder Verbote; vielmehr bedarf es der Konkretisierung je nach den sachlichen Gegebenheiten (vgl. BVerfGE 57, 250 <275 f.>; 63, 45 <61>; 64, 135 <145>; 70, 297 <308>; 86, 288 <317 f.>; 122, 248 <272>; 130, 1 <25>; 156, 63 <147 Rn. 283>). Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren liegt erst dann vor, wenn eine Gesamtschau auf das Verfahrensrecht – auch in seiner Auslegung und Anwendung durch die Fachgerichte – ergibt, dass rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen worden sind oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben worden ist (vgl. BVerfGE 57, 250 <276>; 63, 45 <61>; 64, 135 <145 f.>; 70, 297 <308 f.>; 86, 288 <317 f.>; 122, 248 <272>; 130, 1 <25 f.>).

 Im Rechtsstaat darf der Betroffene nicht bloßes Objekt des Verfahrens sein; ihm muss die Möglichkeit gegeben werden, zur Wahrung seiner Rechte auf den Gang und das Ergebnis des Verfahrens Einfluss zu nehmen (vgl. BVerfGE 26, 66 <71>; 46, 202 <210>; 63, 45 <61>; 63, 380 <390>; 65, 171 <174 f.>; 66, 313 <318>; 133, 168 <200 Rn. 58>). Dabei wendet sich das Gebot zur fairen Verfahrensgestaltung nicht nur an die Gerichte, sondern ist auch von allen anderen staatlichen Organen zu beachten, die auf den Gang eines Strafverfahrens Einfluss nehmen, demgemäß auch von der Exekutive, soweit sie sich rechtlich gehalten sieht, bestimmte Beweismittel nicht freizugeben (vgl. BVerfGE 57, 250 <283>).

 Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtschau auf das Verfahrensrecht sind auch die Erfordernisse einer funktionstüchtigen Rechtspflege in den Blick zu nehmen (vgl. BVerfGE 47, 239 <250>; 80, 367 <375>; 122, 248 <272>; 133, 168 <200 f. Rn. 59>). Verfahrensgestaltungen, die den Erfordernissen einer wirksamen Rechtspflege dienen, verletzen daher nicht schon dann den Anspruch auf ein faires Verfahren, wenn verfahrensrechtliche Positionen des Betroffenen dabei eine Zurücksetzung zugunsten einer wirksamen Rechtspflege erfahren (vgl. BVerfGE 122, 248 <273>; 133, 168 <201 Rn. 59>). Das Beschleunigungsgebot ist bei der Konkretisierung des Rechts auf ein faires Verfahren ebenfalls zu berücksichtigen, denn unnötige Verfahrensverzögerungen stellen auch die mit der Ahndung verfolgten Zwecke infrage (vgl. im Zusammenhang mit der Kriminalstrafe BVerfGE 122, 248 <273 m.w.N.>; 133, 168 <201 Rn. 59 m.w.N.>). Zweck von Maßnahmen zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ist die Aufrechterhaltung der Sicherheit des Straßenverkehrs und damit – angesichts des zunehmenden Verkehrsaufkommens und der erheblichen Zahl von Verkehrsübertretungen – der Schutz von Rechtsgütern mit hohem Gewicht, wobei das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs auch in Zusammenhang mit dem aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbaren Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben steht (vgl. BVerfGK 17, 469 <474 f. m.w.N.>).

 b) Die geringeren Anforderungen an die Beweisführung und die Urteilsfeststellungen der Fachgerichte nach der Rechtsprechungspraxis zu sogenannten standardisierten Messverfahren bei Geschwindigkeitsüberschreitungen genügen diesen Anforderungen an ein faires Verfahren (aa). Um dem aus dem Grundsatz des Rechts auf ein faires Verfahren resultierenden Gedanken der „Waffengleichheit“ hinreichend Rechnung zu tragen, hat der Betroffene in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren einen Anspruch auf Zugang auch zu den bei der Bußgeldbehörde vorhandenen, aber nicht zur Bußgeldakte genommenen Informationen (bb).

 aa) Das Bundesverfassungsgericht hat bereits festgestellt, dass es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden ist, wenn Fachgerichte in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren von einer reduzierten Sachverhaltsaufklärungs- und Darlegungspflicht im Fall eines standardisierten Messverfahrens ausgehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 39 ff.).

 (1) Bei einem standardisierten Messverfahren handelt es sich um ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf derart festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind, wobei dies nicht bedeutet, dass die Messung in einem voll automatisierten, menschliche Handhabungsfehler praktisch ausschließenden Verfahren stattfindet (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 41, unter Hinweis auf BGHSt 43, 277 <284>). Regelmäßig werden technische Messsysteme, deren Bauart von der PTB zur Eichung zugelassen ist, von den Gerichten als standardisierte Messverfahren insbesondere bei Geschwindigkeitsmessungen anerkannt (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 41 m.w.N.).

 Kommt bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung ein standardisiertes Messverfahren zur Anwendung, sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geringere Anforderungen an die Beweisführung und die Urteilsfeststellungen der Fachgerichte zu stellen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 42, unter Verweis auf BGHSt 39, 291; 43, 277). Denn die Zulassung durch die PTB bietet bei Verwendung des Messgerätes im Rahmen der Zulassungsvorgaben nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung grundsätzlich eine ausreichende Gewähr dafür, dass die Messung bei Einhaltung der vorgeschriebenen Bedingungen für den Einsatz auch im Einzelfall ein fehlerfreies Ergebnis liefert (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 42 m.w.N.). Wie bei allen technischen Untersuchungsmethoden, insbesondere solchen, die in Bereichen des täglichen Lebens außerhalb von Laboratorien durch „angelerntes“ Personal gewonnen werden, ist auch bei standardisierten Messverfahren eine absolute Genauigkeit, also eine sichere Übereinstimmung mit der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit, nicht möglich; das Tatgericht muss sich deshalb bei der Berücksichtigung der Ergebnisse von Geschwindigkeitsmessgeräten bewusst sein, dass Fehler nicht auszuschließen sind und es hat diesem Umstand durch die Berücksichtigung von Messtoleranzen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 42, unter Hinweis auf BGHSt 39, 291 <301>).

 Davon abgesehen ist das Tatgericht nur dann gehalten, das Messergebnis zu überprüfen und sich von der Zuverlässigkeit der Messung zu überzeugen, wenn konkrete Anhaltspunkte für Messfehler gegeben sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 43, unter Hinweis auf BGHSt 39, 291 <301>; 43, 277 <283 f.>). Wurde das Messgerät von seinem Bedienpersonal standardmäßig, also in geeichtem Zustand gemäß der Betriebsanleitung des Herstellers und den Zulassungsbedingungen der PTB entsprechend verwendet, ist das Tatgericht auch von weiteren technischen Prüfungen, insbesondere zur Funktionsweise des Messgerätes, freigestellt (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 43 m.w.N.).

 Die amtliche Zulassung von Messgeräten sowie die Reduzierung des gemessenen Wertes um einen – systemimmanente Messfehler erfassenden – Toleranzwert dient dem Zweck, Ermittlungsbehörden und Gerichte von der Sachverständigenbegutachtung und der Erörterung des Regelfalles zu entlasten (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 44 m.w.N.). Bestehen keine Bedenken gegen die Richtigkeit des Messergebnisses, genügt deshalb zum Nachweis eines Geschwindigkeitsverstoßes grundsätzlich die Mitteilung des eingesetzten Messverfahrens, der ermittelten Geschwindigkeit nach Abzug der Toleranz und des berücksichtigten Toleranzwertes (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 44 m.w.N.). Bei standardisierten Messverfahren sind daher im Regelfall – ohne konkrete Anhaltspunkte für eventuelle Messfehler – die Feststellungs- und Darlegungspflichten des Tatgerichts reduziert (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 44 m.w.N.). Regelmäßig umfasst der Akteninhalt der Bußgeldakte deshalb lediglich diejenigen Informationen, die zur Feststellung des Geschwindigkeitsverstoßes nach den Grundsätzen zum standardisierten Messverfahren entscheidungserheblich sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 44 m.w.N.).

 (2) Dabei bleibt der Anspruch des Betroffenen, nur aufgrund ordnungsgemäß gewonnener Messdaten verurteilt zu werden, gewahrt, wenn ihm die Möglichkeit eröffnet ist, das Tatgericht im Rahmen seiner Einlassung auf Zweifel aufmerksam zu machen und einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen. Durch das Stellen von Beweisanträgen, Beweisermittlungsanträgen und Beweisanregungen hat der Betroffene ausreichende prozessuale Möglichkeiten, weiterhin auf Inhalt und Umfang der Beweisaufnahme Einfluss zu nehmen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 45 m.w.N.).

 Für einen erfolgreichen Beweisantrag muss der Betroffene konkrete Anhaltspunkte für technische Fehlfunktionen des Messgerätes vortragen, wohingegen die bloß allgemeine Behauptung, die Messung sei fehlerhaft gewesen, das Gericht nicht zur Aufklärung anhält (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 46 m.w.N.). Gleiches gilt für pauschale Behauptungen des Betroffenen ins Blaue hinein, etwa, dass das Messgerät nicht richtig funktioniert habe, die Gebrauchsanweisung nicht eingehalten oder nachträglich Eingriffe an dem Gerät vorgenommen worden seien (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 46 m.w.N.).

 (3) Mit der Rechtsprechungspraxis zum standardisierten Messverfahren bei Geschwindigkeitsverstößen wird gewährleistet, dass bei massenhaft vorkommenden Verkehrsordnungswidrigkeiten nicht jedes Amtsgericht bei jedem einzelnen Bußgeldverfahren anlasslos die technische Richtigkeit einer Messung jeweils neu überprüfen muss. Die damit verbundene Vereinfachung des Verfahrensgangs ist bei derartigen Bußgeldverfahren indiziert (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 48 m.w.N.). Das Bußgeldverfahren als solches ist gerade im Hinblick auf seine vorrangige Bedeutung für die Massenverfahren des täglichen Lebens auf eine Vereinfachung des Verfahrensgangs und eine schnelle Erledigung ausgerichtet (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 48 m.w.N.). Anders als das Strafverfahren dient es nicht der Ahndung kriminellen Unrechts, sondern der verwaltungsrechtlichen Pflichtenmahnung, der der Ernst der staatlichen Strafe fehlt (vgl. BVerfGE 27, 18 <33 m.w.N.>; 45, 272 <288 f.>). Es ist von Verfassungs wegen deshalb auch nicht zu beanstanden, wenn dem geringeren Unrechtsgehalt der Ordnungswidrigkeiten gerade im Bereich von massenhaft vorkommenden Verkehrsverstößen durch Vereinfachungen des Verfahrensgangs Rechnung getragen wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 48, unter Hinweis auf BVerfGE 45, 272 <289> zu Sonderregelungen im Bußgeldverfahren).

 bb) Ein rechtsstaatliches und faires Verfahren fordert „Waffengleichheit“ zwischen den Verfolgungsbehörden einerseits und dem Beschuldigten andererseits, weshalb der Beschuldigte ein Recht auf möglichst frühzeitigen und umfassenden Zugang zu Beweismitteln und Ermittlungsvorgängen und auf die Vermittlung der erforderlichen materiell- und prozessrechtlichen Informationen hat, ohne die er seine Rechte nicht wirkungsvoll wahrnehmen könnte (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 50, unter Verweis auf BVerfGE 110, 226 <253>). Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Januar 1983 (BVerfGE 63, 45) zu sogenannten Spurenakten gehört hierzu auch der Zugang zu den bei den Ermittlungsbehörden anlässlich des Verfahrens entstandenen Beweismitteln und Ermittlungsvorgängen, die dem Gericht durch die Verfolgungsbehörde nicht vorgelegt wurden und deren Beiziehung seitens des Fachgerichts unter Aufklärungsgesichtspunkten nicht für erforderlich erachtet wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 50 ff., unter Verweis auf BVerfGE 63, 45 <66 ff.>). Diese für das Strafverfahren geltenden Grundsätze können auch auf das Ordnungswidrigkeitenverfahren übertragen werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 53 f.).

 Dabei gilt das Recht auf Zugang zu den außerhalb der Akte befindlichen Informationen gerade im Bereich massenhaft vorkommender Ordnungswidrigkeiten nicht unbegrenzt, weil andernfalls die Gefahr der uferlosen Ausforschung, erheblicher Verfahrensverzögerungen und des Rechtsmissbrauchs bestünde (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 56). Die begehrten, hinreichend konkret benannten Informationen müssen deshalb zum einen in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem jeweiligen Ordnungswidrigkeitenvorwurf stehen und zum anderen erkennbar eine Relevanz für die Verteidigung aufweisen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 57). Die Bußgeldbehörden beziehungsweise die Fachgerichte haben im Einzelfall zu entscheiden, ob sich das den Geschwindigkeitsverstoß betreffende Zugangsgesuch der Verteidigung in Bezug auf die angeforderten Informationen innerhalb dieses Rahmens hält; eine generell-abstrakte, über den Einzelfall hinausgehende Festlegung des Umfangs des Informationszugangs und der Modalitäten seiner Gewährung durch das Bundesverfassungsgericht ist insoweit weder möglich noch von Verfassungs wegen geboten (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 58).

 Der Gewährung eines solchen Informationszugangs können zudem gewichtige verfassungsrechtlich verbürgte Interessen wie beispielsweise die Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege oder auch schützenswerte Interessen Dritter widerstreiten (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 59, unter Hinweis auf BVerfGE 63, 45 <66>). Auch müssen unter dem Gesichtspunkt der „Waffengleichheit“ in der Rollenverteilung begründete verfahrensspezifische Unterschiede in den Handlungsmöglichkeiten von Verfolgungsbehörde und Verteidigung nicht in jeder Beziehung ausgeglichen werden (vgl. BVerfGE 63, 45 <67>; 122, 248 <275>).

 c) Vorliegend zeigt der Beschwerdeführer nicht die Möglichkeit auf, durch das Urteil des Amtsgerichts in seinem Recht auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) verletzt zu sein, weil das Amtsgericht unter Anwendung der Beweiserleichterungen eines standardisierten Messverfahrens einen − wie er behauptet − aus gelöschten „Rohmessdaten“ errechneten Messwert verwertet habe.

 Zur Begründung führt der Beschwerdeführer im Kern aus, dass die vom Recht auf Einsicht erfassten Rohmessdaten ein naheliegendes Beweismittel für die Überprüfung des Messergebnisses darstellten, durch dessen Vernichtung notwendige Verteidigungsrechte unterlaufen und der Grundsatz der Waffengleichheit konterkariert würde. Aus dem Recht auf Einsicht in die Messunterlagen folgert er, dass die zuständigen Behörden bei der Verkehrsüberwachung eine Gewähr für eine spätere tatsächlich mögliche Wahrung von Verteidigungsrechten bieten müssten, indem sie (nur) Messgeräte, deren Software Rohmessdaten erhalte, zuließen und einsetzten; beim Einsatz anderer Geräte dürften die Verfolgungsbehörden oder Gerichte die Vereinfachungen des standardisierten Messverfahrens nicht mehr zur Anwendung bringen.

 Diese Argumentation des Beschwerdeführers greift zu kurz. Zwar ist denkbar, dass der Beschwerdeführer aus Gründen der verfassungsrechtlich gebotenen „Waffengleichheit“ zwischen den Verfolgungsbehörden einerseits und dem Betroffenen in einem Bußgeldverfahren andererseits auch Zugang zu − zwar nicht in der Bußgeldakte, aber bei der Bußgeldbehörde − vorhandenen Informationen verlangen kann (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 50 ff.). Ob auch die vom Beschwerdeführer bezeichneten „Rohmessdaten“ zu diesen herauszugebenden Informationen zählen können, haben die Bußgeldbehörden beziehungsweise die Fachgerichte im Einzelfall zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 58).

 Der Beschwerdeführer schlussfolgert jedoch, der aus dem Grundsatz des Rechts auf ein faires Verfahren resultierende Gedanke der Waffengleichheit gebiete es darüber hinaus, dass die zuständigen Behörden nur Geräte einsetzen, die sogenannte „Rohmessdaten“ erheben. Damit verlangt er ein Mehr im Vergleich zur bloßen Herausgabe von vorhandenen Informationen, weil nach seinem Vorbringen auch die Bußgeldbehörde nicht im Besitz der von ihm bezeichneten „Rohmessdaten“ ist. Der Beschwerdeführer legt insofern nicht substantiiert dar, dass aus dem verfassungsrechtlich verankerten Recht auf ein faires Verfahren − aus Gründen der „Waffengleichheit“ oder in sonstiger Hinsicht − auch eine staatliche Pflicht folgt, potentielle Beweismittel zur Wahrung von Verteidigungsrechten vorzuhalten beziehungsweise zu schaffen. Dies gilt erst recht in Anbetracht der besonderen Substantiierungsanforderungen im Falle von Handlungspflichten der öffentlichen Gewalt (vgl. etwa BVerfGE 56, 54 <80 f.>; 77, 170 <214 f.>; 158, 170 <190 ff. Rn. 48 ff.>; 160, 79 <104 f. Rn. 69 ff.>; BVerfGK 14, 192 <199 ff.>; 20, 320 <324 f.> zur Darlegung von Schutzpflichtverletzungen) und der vom Beschwerdeführer geforderten Ausweitung der Verteidigungsrechte im Lichte der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Recht auf ein faires Verfahren. Auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung wird nahezu einhellig abgelehnt, dass aus dem Recht auf gleichmäßigen Zugang zu vorhandenen Beweismitteln auch ein Recht auf Vorhaltung beziehungsweise Schaffung potentieller Beweismittel folge und wird das standardisierte Messverfahren nach den allgemeinen Grundsätzen auch bei nicht vorhandenen Rohmessdaten zur Anwendung gebracht (vgl. etwa KG, Beschluss vom 2. Oktober 2019 – 3 Ws [B] 296/19, 3 Ws [B] 296/19 – 162 Ss 122/19 –, juris, Rn. 3 ff. m.w.N. und Beschluss vom 5. April 2020 – 3 Ws [B] 64/20, 3 Ws [B] 64/20 – 122 Ss 21/20 –, juris, Rn. 14 ff. m.w.N.; BayObLG, Beschluss vom 9. Dezember 2019 – 202 ObOWi 1955/19 –, juris, Rn. 5 ff. m.w.N.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 8. Januar 2020 – 3 Rb 33 Ss 763/19 –, juris, Rn. 18 ff. m.w.N.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10. März 2020 – IV-2 RBs 30/20 –, juris, Rn. 4 ff. und Rn. 17 m.w.N.; OLG Koblenz, Beschluss vom 17. November 2020 – 1 OWi 6 SsRs 271/20 –, juris, Rn. 22 ff. m.w.N.; hierzu nunmehr auch VerfGH RP, Beschluss vom 22. Juli 2022 – VGH B 30/21 –, Rn. 33 m.w.N.; abweichend hiervon kann nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes das Recht auf effektive Verteidigung es gebieten, „Rohmessdaten“ als Grundlage eines standardisiert ermittelten Messergebnisses zu speichern unter der Voraussetzung, dass − und hiervon geht der Verfassungsgerichtshof im zu entscheidenden Fall aus − zuverlässige Verteidigungsmittel fehlen und eine Speicherung technisch möglich sowie zur Verifizierung des Messvorgangs geeignet ist, vgl. VerfGH Saarland, Urteil vom 5. Juli 2019 – Lv 7/17 –, juris, Rn. 96 ff.).

 Der Beschwerdeführer versäumt es insoweit auch, sich mit den Maßstäben und Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts in der Entscheidung vom 12. November 2020 (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –) hinreichend auseinanderzusetzen. Er rekurriert im Rahmen seiner Stellungnahme im November 2021 lediglich auf sein ursprüngliches Beschwerdevorbringen und bekräftigt, dass sein Einsichtsrecht in entstandene Rohmessdaten leerliefe, wenn diese Beweismittel − so seine Behauptung − vor Abschluss des Verfahrens vernichtet würden. Demgegenüber hätte er an die Ausführungen im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. November 2020 anknüpfen und darlegen müssen, dass die dort genannten verfassungsrechtlichen Maßstäbe von Verfassungs wegen fortzuentwickeln seien. Denn er stützt sein Vorbringen auf ein von ihm für verfassungsrechtlich geboten gehaltenes Recht auf Vorhaltung beziehungsweise Schaffung von Beweismitteln und damit auf eine Veränderung der Anforderungen an ein standardisiertes Messverfahren. Die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu standardisierten Messverfahren bei Geschwindigkeitsmessungen konstatiert jedoch lediglich ein Recht auf erweiterten Zugang zu vorhandenen Informationen und dies auch nicht unbegrenzt, sondern abhängig von dem jeweiligen Einzelfall (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, Rn. 55 ff.).

 In Anbetracht der nicht hinreichenden rechtlichen Substantiierung kommt es nicht mehr darauf an, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers auch in tatsächlicher Hinsicht den Begründungsanforderungen nicht genügen dürfte. Dies gilt insbesondere für seine Tatsachenbehauptungen zu den Daten, die das bei der verfahrensgegenständlichen Geschwindigkeitsmessung eingesetzte Messgerät des Typs Leivtec XV3 nach seinen Angaben infolge eines Gerätesoftware-Updates nicht mehr abspeichere beziehungsweise die das Gerät seines Erachtens zukünftig speichern müsse. Hinzu kommen die offenkundigen tatsächlichen Unsicherheiten im Hinblick auf die Relevanz von „Rohmessdaten“ für die Verteidigungsmöglichkeiten des Beschwerdeführers (vgl. zur kontroversen Diskussion über den Nutzen von Rohmessdaten für die nachträgliche Überprüfung des Messwertes aus technischer Sicht etwa OLG Zweibrücken, Beschluss vom 29. August 2019 – 1 OWi 2 Ss Bs 68/19 –, juris, Rn. 6 m.w.N.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 6. November 2019 – 2 Rb 35 Ss 808/19 –, juris, Rn. 8 und Beschluss vom 8. Januar 2020 – 3 Rb 33 Ss 763/19 –, juris, Rn. 14 f. m.w.N.; OLG Brandenburg, Beschluss vom 20. November 2019 – [1 Z] 53 Ss-OWi 661/19 [381/19] –, juris, Rn. 4 m.w.N.; VerfGH RP, Beschluss vom 22. Juli 2022 – VGH B 30/21 –, Rn. 41 m.w.N.; der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes gelangte dagegen zu der Überzeugung, dass Rohmessdaten − entgegen der Annahme der PTB − nicht völlig ungeeignet seien, eine nachträgliche Plausibilisierung des Messergebnisses zu erlauben, vgl. VerfGH Saarland, Urteil vom 5. Juli 2019 – Lv 7/17 –, juris, Rn. 115 ff.). Angesichts dieses Befundes zeigt der Beschwerdeführer nicht substantiiert auf, dass das Amtsgericht − bestätigt durch das Oberlandesgericht − vorliegend gegen das Recht auf ein faires Verfahren verstoßen haben könnte, indem es die angegriffene Verurteilung auf eine Geschwindigkeitsüberschreitung stützte, die im Wege eines (zum damaligen Zeitpunkt) anerkannten standardisierten Messverfahrens ermittelt worden war. Dass das Amtsgericht dabei rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben haben könnte (vgl. BVerfGE 57, 250 <276>; 63, 45 <61>; 64, 135 <145 f.>; 70, 297 <308 f.>; 86, 288 <317 f.>; 122, 248 <272>; 130, 1 <25 f.>), kann auf dieser Grundlage im Rahmen der gebotenen Gesamtschau auf das Verfahrensrecht nicht festgestellt werden.

 Schließlich fehlt es mangels substantiierten Vortrags des Beschwerdeführers an tatsächlichen Anhaltspunkten für eine staatlich veranlasste willkürliche Beeinträchtigung seiner Verteidigungsmöglichkeiten oder für eine sonstige Verletzung der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht zur Objektivität von Verwaltung und Justiz (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juli 2016 – 2 BvR 2474/14 –, Rn. 19 m.w.N.) durch eine reduzierte Vorhaltung oder Schaffung bestimmter Daten, die aus Sicht des erkennenden Fachgerichts einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens begründen könnte.

 3. Soweit der Beschwerdeführer rügt, das Amtsgericht habe durch die fehlerhafte Ablehnung des Beweisantrags auf Einholung eines technischen Gutachtens gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen, weil es sich nicht deutlich genug zur vom Verteidiger aufgeworfenen Frage der Verwertbarkeit der Messung positioniert habe, ist sein Vorbringen offensichtlich unsubstantiiert. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (vgl. BVerfGE 22, 267 <274>; 65, 293 <295 m.w.N.>; 96, 205 <216>). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann nur dann festgestellt werden, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles ergibt, dass das Gericht tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung nicht erwogen hat (vgl. BVerfGE 22, 267 <274>; 65, 293 <295 f. m.w.N.>; 70, 288 <293>; 85, 386 <404>; 96, 205 <216 f.>; stRspr). Solche besonderen Umstände hat der Beschwerdeführer hier nicht ansatzweise dargelegt. Sowohl aus dem gerichtlichen Hinweis vor der Hauptverhandlung als auch aus der Urteilbegründung ergibt sich, dass das Amtsgericht bei der Feststellung der Ordnungsmäßigkeit der Geschwindigkeitsmessung die Grundsätze des standardisierten Messverfahrens anwendete. Es kam daher nach seiner erkennbaren Auffassung nicht auf die unter Beweis gestellte mangelnde Überprüfbarkeit der Messung an.

 4. Auch soweit der Beschwerdeführer meint, er werde durch die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde (§ 79 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 1 OWiG) in seinem Recht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) und wegen einer entsprechenden Entscheidung durch den Einzelrichter anstatt durch die Kammer gemäß § 80a Abs. 3 OWiG in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verletzt, genügt die Verfassungsbeschwerde offensichtlich nicht den Begründungsanforderungen. Sie legt weder dar noch ist ersichtlich, dass das Oberlandesgericht die Voraussetzungen zur Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 80 Abs. 1 OWiG verkannte. Insbesondere fehlt es wie vorstehend ausgeführt an einer Verletzung von Verfahrensrechten. Dies gilt ebenfalls für den gerügten Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, wobei insofern die Grenze zur Verfassungswidrigkeit erst überschritten ist, wenn die – fehlerhafte – Auslegung und Anwendung einfachen Rechts willkürlich (vgl. BVerfGE 3, 359 <364 f.>; 29, 45 <48 f.>; 87, 282 <284 f.>; stRspr) oder offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 6, 45 <53>; 29, 45 <49>; 82, 286 <299>). Es fehlen Anhaltspunkte dafür, dass das Oberlandesgericht willkürlich oder offensichtlich unhaltbar die Sache nicht dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1 OWiG übertragen hat, zumal diese Regelung im Zulassungsverfahren nicht gilt (vgl. § 80a Abs. 3 Satz 2 OWiG).

 5. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

 II. Der Antrag auf Auslagenerstattung ist abzulehnen, da er unbegründet ist. Nach § 34a Abs. 3 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht die volle oder teilweise Erstattung von Auslagen auch dann anordnen, wenn die Verfassungsbeschwerde erfolglos geblieben ist. Dies gilt auch, wenn sie, wie hier, nicht zur Entscheidung angenommen wurde (vgl. BVerfGE 36, 89 <92>; BVerfGK 7, 283 <302 f.>). Die Anordnung der Auslagenerstattung steht im Ermessen des Gerichts und setzt voraus, dass besondere Billigkeitsgründe vorgetragen oder ersichtlich sind (stRspr; vgl. BVerfGE 7, 75 <77>; 20, 119 <133 f.>; 85, 109 <114 ff.>; 87, 394 <397 f.>; 89, 91 <97>; 133, 37 <38 f. Rn. 2>), was vorliegend nicht der Fall ist.

 Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

BVerfG Beschl. v. 20.6.2023 – 2 BvR 1167/20, BeckRS 2023, 16934

 

Dann muss es eben im Ausgangsfall der Wiederaufnahmeantrag richten.....

 

 

Ach so - das BVerfG hat entsprechend auch zwei andere Verfassungsbeschwerden entschieden:

zu TraffiStar S350 - BVerfG Beschl. v. 21.6.2023 – 2 BvR 1090/21, BeckRS 2023, 17011

zu PoliScan M1 HP  BVerfG Beschl. v. 21.6.2023 – 2 BvR 1082/21, BeckRS 2023, 17009

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