Uneinsichtiger Rüpel: Verdoppelte Geldbuße

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 22.07.2023
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|2205 Aufrufe

Der Betroffene war einer der schwierigen Zeitgenossen. Die ihm vorgeworfene Handy-OWi tat er als "Kleinigkeit" ab. Eine kleine (strafrechtlich irrelevante) Drohung kam dazu und schließlich noch ein Schlag auf das Polizeifahrzeug. Dem AG war das zu viel. Statt 100 Euro Regelgeldbuße hielt es 200 Euro für angemessen. Sauber!

 

 

1. Der Betroffene wird wegen vorschriftswidriger Benutzung eines elektronischen Gerätes, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, als Führer eines Kraftfahrzeugs zu der Geldbuße von 200,00 € verurteilt.

 2. Die Kosten des Verfahrens und die eigenen notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt der Betroffene.

 Gründe: 

 I.

 Über die Kurzpersonalien des Betroffenen hinaus ist bekannt, dass er einen Abschlepp- und Pannendienst betreibt.

 Das Fahreignungsregister des Betroffenen weist folgende Eintragung auf:

 Mit Bußgeldbescheid des LRA O. vom ...2021, rechtskräftig seit dem 23.10.2021, wurde gegen den Betroffenen wegen eines am 17.08.2021 begangenen Geschwindigkeitsverstoßes (Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 26 km/h. Zulässige Geschwindigkeit: 50 km/h. Festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug): 76 km/h) eine Geldbuße von 100,- € verhängt.

 II.

 Der Betroffene befuhr am 30.08.2022 um 18:05 Uhr als Führer des Pkw Fiat mit dem amtlichen Kennzeichen ... die H. Straße Höhe Lidl in 7... E. in Fahrtrichtung Crailsheim. Er benutzte dabei willentlich und wissentlich ein Smartphone, indem er es mit der rechten Hand aufnahm und telefonierte, wobei er wusste, dass ein solches Mobiltelefon während des Führens eines Fahrzeuges nicht benutzt werden darf, wenn es hierfür aufgenommen oder gehalten werden muss. Aufgrund des Telefonats wurde er von der ihm entgegenkommenden Polizeistreife in Person der Zeugen PHM T. und POM B. einer Verkehrskontrolle unterzogen. Als ihm der Vorwurf eröffnete wurde, stellte er den beiden Polizeibeamten in Aussicht, dass er nie wieder für die Polizei Fahrzeuge abschleppen würde, wenn er wegen so einer Kleinigkeit angezeigt würde. Er fragte die beiden Polizeibeamten zudem, ob sie nichts Besseres zu tun hätten. Der aufgebrachte Betroffene schlug ferner aus Wut mit seiner flachen Hand auf die Motorhaube des Streifenwagens.

 III.

 1. Die Feststellungen zur Person des Betroffenen beruhen auf den Angaben seines Verteidigers, den Angaben im Bußgeldbescheid sowie auf der Verlesung des Fahreignungsregisters.

 2. Der Betroffene hat sich in der Hauptverhandlung dahingehend eingelassen, dass er sein Handy „vielleicht“ in der Hand gehabt habe, um es umzulegen. Zum Telefonieren hätte er seine Handyschutzhülle aufklappen und sein Smartphone durch Eingabe eines Codes entsperren müssen. Geld spiele keine Rolle. Er möchte aber, dass jeder seine Worte auch spricht wie es war.

 3. Die Sachverhaltsfeststellungen beruhen auf den glaubhaften, im Wesentlichen übereinstimmenden und aufgrund des persönlichen Eindrucks des Gerichts vom Betroffenen auch nachvollziehbaren Aussagen der uneidlich vernommenen Polizeibeamten PHM T. und POM B. .

 a) Der Zeuge PHM T., an dessen Glaubwürdigkeit das Gericht keinerlei Zweifel hat, gab an, dass er sich noch sehr gut an den Vorfall erinnern könne, weil es sich so aufgeschaukelt habe. Er habe zur Tatzeit gemeinsam mit seinem Kollegen POM B. mit dem Streifenwagen die H. Straße in Richtung Ellwanger Stadtmitte befahren. Ihnen sei dann der Betroffene in dessen Transporter entgegengekommen. Der Betroffene habe dabei sein Smartphone in der Hand gehabt. Zudem seien Sprechbewegungen erkennbar gewesen. Aus diesem Grund sei er einer Kontrolle unterzogen worden. Der Betroffene habe ihn und seinen Kollegen dann gefragt, ob diese wissen, wer er sei. Er würde nichts mehr für die Polizei machen, wenn er angezeigt würde. Er habe zudem gefragt, ob er wegen so einer Kleinigkeit angehalten würde. Schließlich habe er auf die Motorhaube des Streifenwagens geschlagen. Dahingehend, dass er sein Smartphone nur umgelegt hat, habe er sich vor Ort nicht eingelassen.

 b) Der Zeuge POM B., an dessen Glaubwürdigkeit das Gericht ebenfalls keinerlei Zweifel hat, gab an, dass auch er als Beifahrer im Streifenwagen den Betroffenen gesehen habe, wie dieser mit einem Handy in der rechten Hand während der Fahrt Sprechbewegungen machte. Bei der anschließenden Verkehrskontrolle sei der Betroffene direkt aufbrausend und aggressiv gewesen. Er habe den beiden Zeugen in Aussicht gestellt, dass er für die Polizei keine Dienste mehr leisten würde, wenn er angezeigt würde. Er habe ihn und seinen Kollegen zudem gefragt, ob diese nichts Besseres zu tun hätten. Der Betroffene habe auf die Motorhaube des Streifenwagens geschlagen. Dahingehend, dass er sein Smartphone nur umgelegt hat, habe der Betroffene sich vor Ort nicht eingelassen. Auch der Zeuge B. gab zu Protokoll, dass er sich aufgrund des selten respektlosen Verhaltens des Betroffenen noch gut an den Vorfall erinnern könne.

 c) Dass die beiden Zeugen sich nicht mehr hundertprozentig sicher waren, wo genau der Betroffene sein Smartphone gehalten hat (am Ohr oder vor dem Mund) begründet im Hinblick auf den seit dem Vorfall verstrichenen Zeitraum und die hohe Anzahl der seitdem von den beiden Zeugen beobachteten Handyverstößen keine ernstlichen Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen. Dies vor dem Hintergrund, dass beide Polizeibeamten definitiv Sprechbewegungen und ein Mobiltelefon gesehen haben wollen sowie der Handyverstoß vor Ort vom Betroffenen eingeräumt wurde, indem er diesen als „Kleinigkeit“ bezeichnete.

 d) Ebenfalls keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen kommen dadurch auf, dass das Smartphone des Betroffenen vor einem Telefonat wohl – wie von ihm in der Hauptverhandlung vorgeführt – entsperrt werden und die Handyschutzhülle aufgeklappt werden müsste. Für den durchschnittlichen Smartphone-Nutzer ist dies heutzutage problemlos auch einhändig und während des Führens eines Kraftfahrzeugführers möglich. Zudem kann der Betroffene dies auch schon vor Fahrtantritt erledigt haben.

 e) Vom Jähzorn des Betroffenen, der sofort laut wird, wenn ihm ein Satz nicht genehm ist, konnte sich das Gericht in der Hauptverhandlung einen eigenen Eindruck verschaffen, sodass das Gericht auch die Aussagen der Zeugen zum Nachtatverhalten des Betroffenen als überaus glaubhaft beurteilt.

 IV.

 Auf Grund des festgestellten Sachverhalts hat sich der Betroffene vorsätzlich einer Ordnungswidrigkeit des verbotswidrigen Aufnehmens oder Haltens eines Mobiltelefons als Führer eines Kraftfahrzeuges nach §§ 23 Abs. 1a, 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO, § 24 StVG schuldig gemacht.

 V.

 Es ist von einem Bußgeldrahmen auszugehen, der grundsätzlich die Verhängung einer Geldbuße zwischen 5,00 € und 2.000,00 € ermöglicht (§ 17 Abs. 1 OWiG, § 24 Abs. 3 Nr. 5 StVG).

 Der Bußgeldkatalog sieht bei der vom Betroffenen begangenen (typischerweise) vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit einen Regelsatz von 100,00 € vor (Nr. 246.1 Anh. BKatV).

 Dieser Regelsatz war aufgrund der fehlenden Unrechtseinsicht sowie dem aggressiven und respektlosen Nachtatverhaltenen des Betroffenen angemessen zu erhöhen.

 Die fehlende Unrechtseinsicht des Betroffenen zeigte sich dadurch, dass der Betroffene seinen Handyverstoß vor Ort als „Kleinigkeit“ abtat und die beiden Polizeibeamten fragte, ob diese nichts Besseres zu tun hätten. Nach dem vom Betroffenen in der Hauptverhandlung gewonnen Eindruck hat sich an dieser Einstellung bislang nichts geändert, da er den Ernst der ihn kontrollierenden Polizeibeamten (Verfolgung mit Blaulicht, Eröffnung des Vorwurfs, förmliche Belehrung, Ordnungswidrigkeitenanzeige, Belanglosigkeit seiner beruflichen Stellung etc.) immer noch nicht nachvollziehen konnte und sich immer noch zu Unrecht wie ein Straftäter behandelt fühlte.

 Das Nachtatverhalten des Betroffenen gegenüber den beiden ihn kontrollierenden Polizeibeamten vor Ort, insbesondere die Drohung damit, dass er nicht mehr für die Polizei tätig würde, wenn es zur Anzeige käme, sowie das Schlagen mit der flachen Hand auf die Motorhaube des Streifenwagens, ist in der Tat – wie vom Zeugen POM B. ausgedrückt – als selten respektlos zu beurteilen.

 Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass sich der Betroffene nach seiner Persönlichkeit durch eine niedrigere Geldbuße nicht hinreichend beeindrucken lässt.

AG Ellwangen Urt. v. 14.4.2023 – 7 OWi 36 Js 5096/23, BeckRS 2023, 9342

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