OLG Köln: Abwesenheitsverhandlung - Beweisanträge und genutzte Beweismittel

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 16.02.2023
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|1019 Aufrufe

Der Betroffene war von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen antragsgemäß entbunden worden. Es kam zu einer Verurteilung und einem erfolglosen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Hintergrund waren einmal mehr vor allem Probleme im Rahmen des Akteneinsichtsrechts. Das OLG hat aber auch zu Fragen der Abwesenheitsverhandlung Stellung genommen. Echtes Basiswissen,d aher gut für`s Blog:

 

Im Abwesenheitsverfahren nach § 74 Abs. 1 OWiG dürfen grundsätzlich nur die dem Betroffenen bekannten Beweismittel verwendet werden. Dies folgt aus dem auch im Bußgeldverfahren verbindlichen, aus Art. 103 Abs. 1 GG sich ableitenden Grundsatz, dass ein Gericht seine Entscheidung nur jene Tatsachen und Beweismittel zugrunde legen kann, zu denen sich die Verfahrensbeteiligten äußern konnten. Dieser Grundsatz kann jedoch Einschränkungen erfahren, soweit der Betroffene damit rechnen kann und muss, dass bestimmte Tatsachen oder Beweismittel im Verfahren Berücksichtigung finden (SenE v. 30.05.2017 – III-1 RBs 138/17 –; SenE v. 11.04.2019 – III-1 RBs 138/19 -). Geht es um einen Geschwindigkeitsverstoß, muss der Betroffene daher damit rechnen, dass die die verfahrensgegenständliche Messung betreffenden Messunterlagen in die Hauptverhandlung eingeführt werden (SenE v. 11.04.2019 – III-1 RBs 138/19 -)....

 

Folge: Will das Gericht "neue" Beweismittel verwerten, muss es einen Fortsetzungstermin anberaumen und dem Betroffenen Kenntnis geben von der Absicht, diese Beweismittel in das Verfahren einzuführen.

 

Im Abwesenheitsverfahren sind in vorbereitenden Schriftsätzen enthaltene Beweisanträge lediglich Anregungen, die angebotenen Beweise zu erheben. Ihnen muss das Tatgericht nur dann nachkommen, wenn es durch die Aufklärungspflicht hierzu gedrängt wird (SenE v. 16.02.2018 – III-1 RBs 45/18 -; BeckOK-OWiG-Hettenbach, 36. Edition Stand 01.10.2022, § 74 Rz. 12 m. N.). 

Also: Bei Rechtsbeschwerdeeinlegung ist dann die so genannte "Aufklärungsrüge" zu erheben.

 

Zitate aus:

OLG Köln, Beschl. v. 27.12.2022 - 1 RBs 409/22

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