LAG Düsseldorf: Wer den Impfnachweis fälscht, riskiert seinen Arbeitsplatz

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 15.02.2023
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1279 Aufrufe

Die Corona-Pandemie wird die Arbeitsgerichte noch eine Weile beschäftigen, auch wenn sie mittlerweile nicht mehr als schwerwiegende Bedrohungslage wahrgenommen wird. Viel Streit gab es um den Nachweis einer erfolgten Impfung. Ein solcher Fall wurde jetzt vor dem LAG Düsseldorf (11 Sa 433/22, PM 07/23) verhandelt.

Es ging um einen seit 2002 als Messwärter beschäftigten Arbeitnehmer, der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt war. Mit In-Kraft-Treten des § 28b Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in der Fassung ab dem 24.11.2021 forderte die Beklagte alle ihre Beschäftigten auf, im Rahmen der „3G-Regelung“ vor Dienstantritt einen vollständigen Impf-, Genesenen- oder Testnachweis vorzulegen. Am 24.11.2021 und 25.11.2021 zeigte der Kläger der Personalabteilung jeweils einen negativen Corona-Test vor. Am 26.11.2021 legte er einen Impfausweis vor. Ausweislich dessen war er am 05.07.2021 mit der Impfcharge COMIRNATY Ch.-B.: EX9661 und am 16.08.2021 mit der Impfcharge COMIRNATY Ch.-B.: EX9117 geimpft worden. Beide Impftermine waren mit folgendem Stempel versehen: „Impfzentrum Duisburg Im auftrag des Landes NRW“ und trugen dieselbe Unterschrift.

Am 29.12.2021 kündigte die beklagte Arbeitgeberin nach Beteiligung des Betriebsrats und der Schwerbehindertenvertretung sowie nach eingeholter Zustimmung des Inklusionsamts das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos und hilfsweise fristgerecht. Sie hat behauptet, der Impfausweis sei gefälscht. Dem hat der Kläger widersprochen. Die Kündigungsschutzklage blieb vor dem Arbeitsgericht ohne Erfolg. Die LAG Düsseldorf hat hierzu in einer umfangreichen Beweisaufnahme u.a. eine Kriminalhauptkommissarin, den damaligen ärztlichen Leiter des Test- und Impfzentrums Duisburg, die Amtsapothekerin der Stadt Duisburg sowie einen vom Kläger benannten Zeugen vernommen. Im Rahmen der streitigen Verhandlung zum Ergebnis der Beweisaufnahme hat die Kammer dem Kläger das vorläufige Beweisergebnis mitgeteilt. Danach sei die Beweislage zu seinen Lasten erdrückend. So sei dreifach abgesichert, dass es die auf seinem Impfpass verzeichneten Chargennummern nicht gegeben habe. Dies hat zunächst die Kriminalhauptkommissarin aufgrund einer Abfrage über den sog. „Chargenchecker“ bei dem Paul-Ehrlich-Institut bekundet. Der Leiter des Impf- und Testzentrums Duisburg konnte eine Liste des zentralen Apothekenkühlschranks der Stadt Duisburg vorlegen, auf der mit Datum versehen sämtliche verimpften Chargen verzeichnet waren. Am 05.07.2021 und am 16.08.2021 waren die im Impfpass des Klägers verzeichneten Chargen nicht verimpft worden. Die Amtsapothekerin der Stadt Duisburg konnte bekunden, dass eine Herstellerabfrage bei Biontech ergeben habe, dass diese Chargen nicht existierten. Die Zeuginnen und der Zeuge haben außerdem bekundet, dass aufgrund des Rechtschreibfehlers („Im auftrag“) im verwandten Stempel sowie aufgrund von dessen Qualität, Design und Größe von einer nicht im Impfzentrum Duisburg verwandten Fälschung auszugehen sei. Der Leiter des Impf- und Testzentrums Duisburg hat außerdem ausgesagt, dass im hier relevanten Zeitraum - anders als vom Kläger behauptet - grundsätzlich keine Impfungen ohne Termin erfolgten. Soweit der vom Kläger benannte Zeuge bekundet hatte, dass er mit diesem am 16.08.2021 zum Impfzentrum gefahren sei, konnte er nur bekunden, dass er auf dem Parkplatz gewartet und nicht einmal gesehen hatte, ob der Kläger in das Impfzentrum gegangen war. Selbst wenn man insoweit nicht abschließend von einer Falschaussage ausgehe, ändere dies an der erdrückenden Beweislage nichts.

Zur rechtlichen Bewertung äußert sich die Pressemitteilung wie folgt:

„Die Vorlage eines gefälschten Impfausweises in der Absicht die Nachweispflicht des § 28b Abs. 1 IfSG zu umgehen, stellt eine Verletzung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht dar. Die Verletzung wiegt so schwer, dass sie geeignet ist, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Die Vorlage eines gefälschten Impfausweises zeugte von einem hohen Maß krimineller Energie, so dass das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber nachhaltig gestört war. Der Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses ist zudem eine Straftat (§ 279 StGB). Wegen der Schwere des Verstoßes kam es weder auf eine Wiederholungsgefahr noch auf den langjährigen störungsfreien Bestand des Arbeitsverhältnisses an.“

Zu einem Urteil ist es in diesem Verfahren nicht gekommen. Der Kläger hat im Anschluss an das Rechtsgespräch und die Hinweise der Kammer seine Berufung gegen das klagabweisende Urteil der Vorinstanz zurückgenommen.

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