Zustimmung zu Cookies: Prescht der deutsche Gesetzgeber mit dem TTDSG zu weit vor?

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 09.03.2021

Den Entwurf der ePrivacy VO hatten wir u.a. schon hier im Blog. Mittlerweile gibt es einen Referentenentwurf der Bundesregierung eines „Gesetzes zur Regelung des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien“ (TTDSG) vom 12.01.21. Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf am 10.02.21 beschlossen.

Einige Anmerkungen zum Thema Cookie Zustimmung im vorgeschlagenen § 22 (Einwilligung bei Endeinrichtungen) aus Sicht der Diensteanbieter:

  • Es muss gesetzlich sichergestellt werden, dass die vom Nutzer gegenüber dem Diensteanbieter abgegebene Willenserklärung auch faktisch erfüllbar ist. Der Referentenentwurf des TTDSG beinhaltet bislang jedoch keine Befolgungspflicht, durch die sichergestellt ist, dass erteilte Einwilligungen von Endnutzern gemäß § 22 effektive Wirkung entfalten.
  • Die Einstellungen des Nutzers über Personal Information Management Systemen müssen Vorrang vor Softwareeinstellungen (beispielsweise von Browsern, Betriebssystemen oder anderen Voreinstellungen) haben.
  • Es ist nicht klar, was passiert, wenn ein Endnutzer bei der Nutzung eines Dienstes eine Einwilligung nach § 22 erteilt, diese jedoch keine Wirksamkeit entfalten kann, da die Softwareeinstellung diese bewusst erteilte Einwilligung unwirksam machen.
  • Das Thema Einwilligung ist nicht allein auf Internetbrowser beschränkt ist. Schaut man auf mobile Endgeräte oder auch andere internetfähige Haushaltsgeräte, wird deutlich, dass die zum Abrufen und Darstellen von Informationen aus dem Internet eingesetzten Betriebssysteme und Softwareanwendungen eine Torwächterfunktion einnehmen. Die Regelung in § 22 darf deshalb nicht auf Browser beschränkt sein.
  • Eine Abkehr vom Einwilligungszwang, der viele Nutzer entweder überfordert oder ermüdet, ist von Nöten. In der DSGVO ist die Ermächtigungsgrundlage des „berechtigten Interesses“ (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO) etabliert, die auch für das TTDSG Anwendung finden sollte. So ließen sich im Wege der Interessenabwägung der Beteiligten und deren Rechten und Freiheiten zielführende Ergebnisse erzielen. Nutzer könnten zusätzlich und unabhängig von den Abwägungsentscheidungen der Diensteanbieter, ihre Interessen durch entsprechende Datenschutzeinstellungen der von ihnen genutzten Browser wahren.

Was meinen Sie, wie sollte eine gesetzgeberische Lösung aussehen?

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7 Kommentare

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Ich habe das ewige Wegklicken von Cookie Bannern satt! Wenn der EU Gesetzgeber auch nach Jahren die gehypte ePrivacy VO nicht gebacken bekommt, muss halt das TTSDG her. Mit den Anmerkungen oben stimme ich weitgehend überein.

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Oben heißt es, die Diensteanbieter vertreten die Meinung, Zitat "Eine Abkehr vom Einwilligungszwang, der viele Nutzer entweder überfordert oder ermüdet, ist von Nöten.".

Die Interessen der Diensteanbieter (das wären dann wohl zum Beispiel Microsoft, SN-Nesbot, T-Online, Google, Bing, Baidu, Altaba-Yahoo, Youtube, Skype, Zoom, Facebook, Twitter, Instragram, Amazon, Alibaba, Zalando, Lieferando, Sina, Yandex, Ebay, TikTok, Whats-App, Linkedln, Xing, Flickr, Tublr, Reddit, Netflix, Shopify, Bongacams, Chaturbate, YouPorn, X-Hamster, PornHub, Online-Zeitungen, Online-Fernsehsender, Online-Streamingdienste, ...?)

stehen, was den Datenschutz angeht, den Interessen der Internetnutzer entgegen.

Wenn sich nun Lobbyisten und Vertreter der Diensteanbieter aufspielen und so auftreten, als wären sie die Interessenvertreter der Internetnutzer, und als hätten sie das Recht für die Internetnutzer zu sprechen, dann wäre sowas wohl ziemlich dreist und nicht gerade seriös, sondern wohl tendenziell irreführend und anmaßend.

Es ist nun also wohl die Zeit gekomen, wo die Internetnutzer eine Art Gewerkschaft brauchen, sich also wohl besser endlich organieseren sollten.

Gruppierungen wie etwa der Chaos-Coputer-Club, die Piraten-Partei, oder der Arbeitskreis-Vorratsdatenspeicherung, haben die Interessen der Internetnutzer im Hinblik auf einzelne Gesichtspunkte ehrlich und gewissenhaft vertreten, aber es ist inzwischen wohl Zeit für die gründung einer größeren und umfassenderen Verbaucherschutz-Organisation für Internet und Digitales.

So, wie sich die Gewerkschaften u die Interessen der Arbeitneher kümmern, oder so, wie der ADAC sich um die Interessen der Autofahrer kümmert, oder so, wie der DAV sich um die Interessen der Rechtsanwälte kümmert, so braucht es endlich eine Organsisation welche die Interessen der Internetnutzer umfassend vertritt.

Daß die Diensteanbieter sich als Vertreter der Interessen der Dienstenutzer gerieren, ist erschreckend, und muß auf Widerspruch stoßen, und sollte eine empörte Gegenreaktion hervorrufen.

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Das ist ein etwas seltsames Wort, der Begriff "Einwilligungszwang".

Das klingt so, als würde an die Menschen, die im Internet unterwegs sind, und die Einwilligungen abgeben können, damit gleichsam gewaltsam nötigen, ihnen quasi den Arm umdrehen, oder als sei es für sie so etwas wie Folter, also etwas ihre rechte Verletzendes und etwas Belastendes und Schmerzhaftes.

In Wirklichkeit ist der Einwilligungsvorbehalt jedoch ein die Menschen und deren Daten schützendes Recht.

Der Einwilligungsvorbehalt verbessert also die Rechtsposition der Menschen bzw. Nutzer und Verbraucher, er ist also ein Vorteil, und anders, als die Internetwirtschaft bzw. deren Dienstevertreter uns mit dieser Wortschöpfung wohl subtil suggerieren möchten, nicht etwa ein Nachteil für die Menschen.

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Google soll (laut einer Meldung der Internetseite der ARD-Tagesschau von Anfang der Woche auf Druck von Kunden und Verbraucherschützern, insbesondere wohl aus den US-Bundesstaaten Washington, Oregon und Kalifornien) angekündigt haben, irgendwann im Laufe des nächsten Jahres auf Cookies und Tracking und personalisierte Werbung verzichten zu wollen.

Apple soll (der ARD-Meldung nach) bereits derzeit bzw. schon seit geraumer Zeit darauf verzichten.

Es geht also offenbar auch anders, als Facebook & Co. bzw. deren Lobbyisten uns und dem Bundeskabinett glauben machen wollen.

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Sehe ich nicht so. Der Einwilligungsvorbehalt läuft doch ins Leere, wenn die User das Banner ungelesen zum tausendersten Mal wegklicken. Es gib doch intelligenere technische Lösungen wie Personal Information Management Systeme.

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Es wird immer dreister. Einwilligungszwang? Hört doch einfach auf, mich zu beschatten, dann braucht ihr niemanden mit
nervigen Bannern zumüllen. Keiner zwingt euch, übergriffige Verarbeitungen durchzuführen, die der Gesetzgeber euch vorenthält und für die Einwilligungen daher nur als Notlösung in Betracht kommen.
Und führt keine Personalakten über mich, um herauszufinden, dass ich das alles nicht will: meine Do-not-track-Einstelung reicht völlig!

"Zur Verbesserung des Benutzungsverhältnisses stimmen Sie zu, dass wir bei Nutzung unseres Kondoms Ihr Nutzerverhalten aufzeichnen"? Nein, ich will das nicht.
Lasst mich doch einfach in Ruhe und schwadroniert nicht von Einwilligungszwang! GottimHimmel

Und liebes Beck Online, speichert doch in einem Cookie, dass ich keine Beobachtung wünsche, und fragt mich nicht in jedem neuen Tab neu! Das nervt! Und kann so aufdringlich auch nicht rechtmäßig sein.
Danke

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Also bei Beck läuft es doch vergleichsweise sehr ausgewogen bei der Abwägung der Interessen von Anbieter und Nutzern.

Der größte Teil der anderen Internetseiten respektieren die Interessen der Nutzer sehr viel weniger.

Schade, daß die Internetseiten bei Heise und Telepolis, die lange sehr nutzerfreundlich und verbraucherfreundlich waren, nun auch sehr nachdrücklch und sehr aufdrücklich Cookies plazieren wollen.

Bei den Internetseiten von Spiegel und Bild-Zeitung ist es ja ganz schlecht, da gibt es quasi einen Cookie-Zwang.

Die Internetseite der ARD-Tagesschau scheint dagegen in Sachen Datenschutz und Verbraucherfreundlichkeit wohl vorbildlich zu sein.

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