Fahrverbot neben Fahrerlaubnisentziehung? BGH: "Nö - nicht so einfach!"

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 18.09.2018
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|3915 Aufrufe

Eigentlich weiß jeder Verkehrsrechtler: Fahrverbot neben Fahrerlaubnisentziehung ist grundsätzlich ein "no go". Natürlich gibt es Ausnahmen. Denkbar etwa ist m.E. ein Fall eines Angeklagten, der eine Fahrerlaubnis inne hat, aber mit einem Mofa eine Trunkenheitsfahrt hinlegt. Der zeigt sich durch die Tat ungeeignet zum Führen von Kfz und muss möglicherweise auch zielgenau mit einem Fahrverbot belegt werden, damit er auch mal eine Zeit ohne das fahrerlaubnisfreie Mofa auskommt. Wie gesagt: Derartige Konstellationen sind die Ausnahme! Der BGH hatte gerade einen Fall aus dem Jugendstrafrecht. Da hatte die Jugendkammer beides verhängt/festgesetzt. Lustigerweise hat das LG nichtmals geschrieben, auf welcher Vorschrift das Fahrverbot im Jugendstrafrecht fußt. War aber letztlich nicht so schlimm. Der BGH zum Fahrverbot:

2. Die - offenbar auf § 44 Abs. 1 Satz 1 StGB, § 8 Abs. 3 JGG in der
jeweils zur Tatzeit geltenden Fassung gestützte - Verhängung eines Fahrverbots
neben der Festsetzung der isolierten Sperrfrist (§ 69a Abs. 1 Satz 3 StGB)
stößt auf durchgreifende rechtliche Bedenken. Zur Begründung hat das Landgericht
im Wesentlichen ausgeführt, dass ein dreimonatiges Fahrverbot "als
Denkzettel … zur Einwirkung auf den Angeklagten erforderlich" sei, "seiner
Schuld sowie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz" entspreche und "insgesamt
nicht zu einer unangemessen harten Sanktion" führe. Das hält rechtlicher Überprüfung
nicht stand.
Fahrverbot und Fahrerlaubnisentziehung bzw. Festsetzung einer isolierten
Sperrfrist schließen einander regelmäßig aus. Denn das Fahrverbot nach
§ 44 StGB setzt voraus, dass sich der Täter gerade nicht als ungeeignet zum
Führen von Kraftfahrzeugen im Sinne des § 69 StGB erwiesen hat. Deshalb
kommt ein Fahrverbot neben einer Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. der
Festsetzung einer isolierten Sperrfrist nur in Betracht, wenn das Gericht dem
Täter auch das Fahren mit gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 FeV fahrerlaubnisfreien
Fahrzeugen verbieten oder nach § 69a Abs. 2 StGB bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen
von der Sperre ausnehmen will (vgl. LK/Geppert, StGB, 12. Aufl.,
§ 44 Rn. 17 f.; SSW-StGB/Mosbacher/Claus, 3. Aufl., § 44 Rn. 6;
MüKoStGB/Athing/von Heintschel-Heinegg, 3. Aufl., § 44 Rn. 8). Das war hier
den Urteilsgründen zufolge ersichtlich nicht der Fall.
Es kann dahinstehen, ob die am 24. August 2017 in Kraft getretene neue
Fassung des § 44 StGB durch das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren
Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17. August 2017 (BGBl. I, S. 3202)
den Bereich erweitert hat, in dem ein Fahrverbot neben Fahrerlaubnisentziehung
bzw. isolierter Sperrfrist in Betracht kommt, weil das Fahrverbot nach der
Neuregelung den Gerichten bei allen Straftaten als zusätzliche Sanktionsmöglichkeit
zur Verfügung steht, um "zielgenau, spürbar und schuldangemessen auf
den Täter einzuwirken" (BT-Drucks. 18/11272, S. 1). Denn der Angeklagte
beging die der Verhängung des Fahrverbots sowie der Festsetzung der isolierten
Sperrfrist zugrunde liegende Tat am 19. Dezember 2016 und im Hinblick auf
das Fahrverbot ist gemäß § 2 Abs. 1 StGB das zur Tatzeit geltende Recht
maßgeblich, weil es sich dabei um eine Nebenstrafe handelt.

BGH, Beschluss  vom 7.8.2018 - 3 StR 104/18

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